2 Konzentrationsräume und Ausstrahlungsgebiete
der Familiennamen
Laut unseren Forschungen sind die ungarischen FamN hauptsächlich in
folgenden Landschaften, Landkreisen bzw. Städten des deutschen Sprachraumes
vorzufi nden: Aachen, LK [= Landkreis] Aschaffenburg, LK Bad Tölz-
Wolfratshausen, LK Berchtesgadener Land, LK Bergstraße, Berlin, Bielefeld,
Bochum, Bonn, LK Borken, LK Böblingen, Burgenlandkreis, Breisgau-
Hochschwarzwald, LK Darmstadt-Dieburg, Dortmund, Dresden, Duisburg, LK
Düren, Düsseldorf, LK Ebersberg, Enzkreis, Essen, LK Esslingen, LK Euskirchen,
Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, LK Fulda, LK Fürth, LK Giessen,
LK Göppingen, Hagen, Halle, Hamburg, LK Region Hannover, LK Heidenheim,
Stadtkreis Heilbronn, LK Helmstedt, Hochtaunuskreis, Höxter, Ingolstadt, LK
Karlsruhe, LK Kleve, LK Konstanz, Köln, LK Kulmbach, Lahn-Dill-Kreis, LK
Ludwigsburg, Ludwigshafen am Rhein, Main-Tauber-Kreis, Main-Kinzig-Kreis,
LK Marburg-Biedenkopf, Märkischer Kreis, LK Mettmann, Mühlheim an der
Ruhr, München, LK Neuburg-Schrobenhausen, LK Neuss, Niederschlesischer
Oberlausitzkreis, LK Nürnberger Land, Ortenaukreis, Ostalbkreis, Pforzheim,
LK Recklinghausen, Rems-Murr-Kreis, Rhein-Neckar-Kreis, LK Rügen, LK
Saarlouis, Saarpfalz-Kreis, Schwarzwald-Baar-Kreis, LK Straubing-Bogen,
Stuttgart, LK Tuttlingen, LK Unna, Vogtlandkreis, LK Waldeck-Frankenberg, LK
Wesel, Westerwaldkreis, Wien, Wiesbaden, Wolfsburg, Wuppertal, Zollernalbkreis
(http://christoph.stoepel.net/geogen/v3/).
Wenn man die Bevölkerungsdichte verrechnet, fi ndet man in zurückgehender
Reihenfolge die meisten Namen bzw. Namensvarianten in folgenden Landkreisen
und Städten: Berlin, München, Hamburg, Rems-Murr-Kreis, LK Ludwigsburg,
Düsseldorf, Frankfurt am Main, Duisburg, Köln, LK Karlsruhe, Stadtkreis
Heilbronn, LK Nürnberger Land, Rhein-Neckar-Kreis, Lahn-Dill-Kreis, Ingolstadt.
Die absoluten Spitzenreiter sind die zwei Goßstädte Berlin und München.
Die meisten ungarischen Familiennamenregionen kommen im westlichen Teil
Deutschlands vor. Familiennamen ungarischen Ursprungs sind in der Schweiz
vorwiegend im nördlichen Teil des Landes im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet,
in Österreich im östlichen Teil des Landes im österreichisch-ungarischen
Grenzgebiet, im Burgenland-Kreis und in Wien anzutreffen.
447
Familiennamen aus dem Ungarischen
3 Äußere Erkennungszeichen der ungarischen Familiennamen
Der Vorname steht im Ungarischen generell nach dem Familiennamen. Der Familienname
vor dem Vornamen verkörpert das Attribut des Grundwortes innerhalb
der attributiven Konstruktion. Die meisten Familiennamen sind komplexe
Strukturen, wie zum Beispiel Antalfi ‘Sohn von Antal’ aus Antal ‘Anton’ und
fi (gekürzte Form von fi a ‘Sohn von’), Tihanyi ‘aus Tihany’ aus dem Ortsnamen
Tihany und -i (Ortsnamensuffi x) ‘aus’ , Mihályka ~ Mihálka ‘Michel’ aus
Mihály ~ Mihál ‘Michael’ und -ka (Kosenamensuffi x). Es gibt jedoch Namen,
die von diesem Typ abweichen können. Hierzu gehören mehrteilige Adelsnamen,
zum Beispiel: almási Szalay, balatoni Farkas, Hevesi-Szabó, lokodi Sándor,
Soltész-Nagy, Tóth de Kaba ~ Tóth-Kabay, Vajai Vay, Várady-Szabó, zombori
Rónay. Familiennamen können auch mit verschiedenen Zusätzen vorkommen,
zum Beispiel mit Übernamen (Kisgyörgy ‘kleiner Georg’). Zu den komplexen
Familiennamen gehören noch diejenigen, die aus zwei Eigennamen bestehen. Sie
sind miteinander mit Bindestrich verbunden, manchmal bleibt der Bindestrich
zwischen den zwei Eigennamen aus, zum Beispiel: Várady-Szabó, Vályi-Nagy,
Fekete Nagy, Fekete Szûcs.
Bei einer Vielzahl von Familiennamen fi nden wir mehrere Schreibvarianten
(oft auch Lautvarianten) nebeneinander. Aufgrund der (gängigen) Ansicht, dass
Familiennamen auf auslautendes y Zugehörigkeit zum Adelsstand ausdrücken,
fand die Schreibung von y für i weite Verbreitung (Budai ~ Buday, Egri ~ Egry).
Die Endung fi wird nach der alten Rechtschreibung mit fy, ffy (Bánfi ~ Bánffy,
Antalfi ~ Antalfy ~ Antalffy) geschrieben. Eine ältere Schreibweise haben die Familiennamen,
die im Auslaut anstatt t, k, g die Schriftzeichen th, kh, gh enthalten
(Horvát ~ Horváth, Pák ~ Pákh, Balog ~ Balogh). Diese Schreibweise ist auch im
Nameninneren vorzufi nden (Barta ~ Bartha). Weit verbreitet war ursprünglich
die Schreibung von anlautendem w für v (Wenczel neben Vencel). Das s im Auslaut
wurde oft verdoppelt (Sas ~ Sass, Balasi ~ Balassi). Die Laute ö, õ wurden
mit den archaischen Schriftzeichengruppen eö, es (Örsi ~ Eörsi, Vörös ~ Weöres),
der Laut sz mit den archaischen Schriftzeichen z, s (Dioszegi ~ Diozegi ~
Diosegy/ Diosegi, Szabó ~ Zabo) bezeichnet (KÁLMÁN 1989, S. 88).
László Vincze
448
4 Erläuterungen zur Bildung der Familiennamen im Ungarischen
Das ungarische Familiennamensystem lässt sich seiner Entstehung nach in folgende
semantische Hauptgruppen aufteilen (Beispiele aus HAJDÚ 2003, S. 790 –798,
800 – 803, 806; A JÁSZÓ 1991, S. 498): (1) Familiennamen aus Rufnamen (Patronyme):
(a) aus nicht christlichen Rufnamen des Vaters wie Alárd, Beke, Hanta; (b)
aus nicht christlichen Rufnamen der Mutter wie Aranka; (c) aus dem christlichen
Rufnamen der Mutter wie Anna, Margit, Katalin oder des Vaters wie Ambrus, Benedek,
János; (2) Familiennamen nach der Herkunft: (a) nach der Zugehörigkeit
zu einem Volk oder einer Volksgruppe wie Horvát aus horvát ‘Kroate’, Cseh aus
cseh ‘Tscheche’, Kun aus kun ‘Kumane’, Jász aus jász ‘Jasse’; (b) aus Ortsnamen
ohne Suffi x wie Akli, Apáti, Petri; (c) aus Ortsnamen mit dem Suffi x i, aus Siedlungsnamen
wie Alpári, Hunyadi, aus Namen von Verwaltungseinheiten (Komitaten),
die auch als Siedlungsnamen vorkommen können wie Hevesi, Nógrádi,
Tolnai, aus Landschaftsnamen wie Alföldi, Erdei, Felföldi; (3) Familiennamen
nach der Wohnstätte, zum Beispiel nach Ortsteilen oder Geländebezeichnungen
wie Felszegi aus felszeg ‘der obere, nördliche oder höhere Teil der Siedlung’ und i
‘aus’, Vég aus vég ‘eine Person, die am Ende oder am Rand der Siedlung wohnt’,
Havasi ‘Bewohner des Schneeberges’ aus havas ‘Schneeberg’ und i ‘aus’, Hegyi
‘Bergbewohner’ aus hegy ‘Berg’ und i ‘aus’, Pallag ~ Parlag aus pallag ~ parlag
‘Brachacker’; (4) Familiennamen nach Berufen: (a) aus unmittelbaren Berufsbezeichnungen
wie Kovács ‘Schmied’, Varga ‘Schuhmacher’, Pintér ‘Fassbinder’,
Szabó ‘Schneider’, Ács ‘Zimmermann’, Révész ‘Fährmann’; (b) aus mittelbaren
Berufsbezeichnungen: (I) nach einem charakteristischen Werkzeug (Háló ‘Fischernetz’,
Balta ‘Handbeil’, Kalapács ‘Hammer’), Gegenstand (Kötél ‘Strick’,
Kupa ‘Trinkgefäß, Becher, Pokal’, Tál ‘Schüssel’), Materie, Stoff (Vas ‘Eisen’,
Olaj ‘Öl’, Kõ ‘Stein’); (II) nach der gesellschaftlichen Stellung (Polgár ‘Bürger’,
Béres ‘(Acker-)Knecht’, Nemes ‘Adeliger’, Szolga ‘Knecht’, Úr ‘Herrscher, Gebieter’);
(5) Familiennamen aus Übernamen: (a) nach körperlichen Merkmalen
wie Kövér ‘dick’, Kopasz ‘kahl(köpfi g)’, Veres ‘Rot(haariger)’, Csonka ‘verstümmelter
Mensch’; (b) nach der Wesensart wie Néma ‘stumm’, Jámbor ‘fromm’,
Ravasz ‘schlauer, hinterlistiger Mensch’, Okos ‘klug’.
Aus der Sicht der Morphologie kann man folgende Typen unterscheiden (Beispiele
aus HAJDÚ 1974, S. 131; HAJDÚ 2003, S. 811– 816, 819; KÁZMÉR 1993, S.
209, 346 –347, 434, 440, 684):
449
Familiennamen aus dem Ungarischen
(1) Familiennamen aus Patronymen in Stammform wie Fa, Bok, Bors, Kos;
(2) Zusammensetzungen, wobei die Familiennamen aus folgenden Elementen
entstehen können:
(a) Übername + Patronym wie Kisgyörgy aus kis, kicsi ‘jung, klein von
Wuchs’ und György ‘Georg’, Nagypál aus nagy ‘große, hervorragende
Person, führende Persönlichkeit, älter’ und Pál ‘Paul’;
(b) Herkunftsname + Patronym wie Tótpál aus Tót ‘Slawe, Slowake’ und
Pál ‘Paul’;
(c) Patronym + Patronym wie Páljános aus Pál ‘Paul’ und János ‘Johannes’;
(d) Zusammenrückungen aus nicht christlichen oder christlichen Rufnamen +
Nachsilbe fi (gekürzte Form des Appellativs fi ú ‘Sohn’) wie Bánfi ‘Sohn
von Bán’ aus Bán und fi , Antalfi ‘Sohn von Antal’ aus Antal und fi ;
(3) Kurzformen
(a) einsilbige, von Patronymen erhaltene Kurzformen, die auf eine geschlossene
Silbe enden, wie Gyõr (gekürzt aus den alten Formvarianten von
György: Györgyös ~ Györgyüs ~ Györgyes), Kár ~ Kar (höchstwahrscheinlich
gekürzt aus Károly, Kar ist vermutlich eine archaische Schriftvariante),
Moj (gekürzt aus Mojzses);
(b) zweisilbige, von Patronymen erhaltene Kurzformen, die auf eine geschlossene
Silbe enden, wie Sebes (gekürzt aus Sebestyén), Zakar (gekürzt
aus Zakariás), Ágos ~ Ágas (gekürzt aus Ágoston ~ Ágaston);
(c) zweisilbige, von Patronymen erhaltene Kurzformen, die auf eine offene
Silbe enden, wie Bali (geküzt aus Bálint), Ágó (gekürzt aus Ágoston),
Tóbi (gekürzt aus Tóbiás);
(4) Suffi gierungen
(a) unverkürzte Vollformen von Patronymen + einfache Suffi xe: a (Balassa
zu Balázs ~ Balás), e (Beke zu Bek ~ Bék), i (Mihályi zu Mihály ~
Mihál);
(b) von Patronymen erhaltene Kurzformen + einfache Suffi xe: a (Anda zu
András), ó (Baló zu Balázs, Bálint), s, (a)s (Ágos ~ Ágas vermutlich zu
Ágoston);
(c) von Patronymen erhaltene Kurzformen + komplexe Suffi xe: kös/ kes (Györkös
~ Györkes ~Gyürkös ~ Gyerkes zu György ~ Gyürgy ~ Gyergy,
Lõkös ~ Lõkes zu Lõrinc);
László Vincze
450
(5) Familiennamen aus Patronymen im Genitiv auf i, a, e. Dieser Typ kommt
im ungarischen Familiennamensystem sehr selten vor. Am Anfang der
frühen altungarischen Zeit waren folgende possessive Personalsuffi xe
allgemein verbreitet: á / é ~ í. Später wurden die langen possessiven Personalsuffi
xe im Wortauslaut kurz: a/ e ~ i. Das possesive Personalsuffi x
é wurde zu i abgeschwächt (Balassi aus Balázsé). Es ist in vielen Fällen
schwer zu entscheiden, ob das i ein Patronymikonsuffi x (Miklósi) oder
ein auf Personennamen zurückgehendes Ortsnamensuffi x (Miklósi) ist.
Weitere Beispiele: a (Jánosa aus János), i (Jánosi aus János), e (Szépe
aus Szép) (KÁLMÁN 1989, S. 44, 85; BENKÕ 1991, S. 272).
5 Häufige Familiennamen – vereinzelte Familiennamen – sprachlich
und semantisch interessante Familiennamen
Die Verbreitung ungarischer Familiennamen im heutigen deutschen Sprachraum
ist noch kaum untersucht. Die Rangfolge der häufi gsten Namen in Ungarn (1.
Tót(h) ‘Slowake’ 2. Nagy ‘groß’ 3. Kovács (ts) ‘Schmied’ 4. Horvát(h) ‘Kroate’
5. Szabó ‘Schneider’ 6. Varga ‘Schuster’ 7. Molnár ‘Müller’ 8. Kis(s) ‘klein’ 9.
Farkas ‘Wolf’ 10. Szücs ‘Kürschner’) spiegelt sich zum Teil auch im deutschen
Sprachraum wider (KUNZE 2000, S. 205). In dem von uns untersuchten Namenmaterial
kommen folgende Familiennamen am häufi gsten vor: Balogh, Farkas,
Gellért, Horváth, Kovács, Kiss, Markó, Molnár, Nagy, Német, Szabó, Szûcs, Tóbiás,
Tóth, Varga. Die meisten dieser Namen (Balogh, Farkas, Horváth, Kovács
(ts), Kiss, Molnár, Nagy, Németh, Szabó, Szûcs, Tóth, Varga) konzentrieren sich
im Stadtkreis München. Gellért geht auf den deutschen Rufnamen Gerhard zurück.
Die Vergabe dieses Namens wurde zum Teil durch Heiligenkult gefördert.
Für die ungarische Rufnamengebung ist vor allem der heilige Gerhard, der erste
Bischof des historischen Komitats Csanád (11. Jh.) von Bedeutung. Der Missionar
Gellért wurde in der Zeit des Religions- und Erbfolgezwistes (1046) von
den Heiden gefangen genommen und getötet. Zur Beliebheit von Gerhard trugen
auch die Sagen von seinen mutigen Taten bei (BÁLINT 1977, S. 296; KÁZMÉR
1993, S. 402).
Während der Arpaden-Zeit (895–1301) und auch in den nachfolgenden Jahrhunderten
haben sich verschiedene Völker auf dem Land der Madjaren in stattlicher
Zahl niedergelassen. Die Namen dieser Völker wurden in Familiennamen
451
Familiennamen aus dem Ungarischen
(Horváth, Tóth, Németh) bewahrt (KÁZMÉR 1993, S. 480, 769, 1080).
Die Personennamen Farkas, Balogh sind uns aus der alten fi nnisch-ugrischen
Sagenwelt bekannt. Farkas war vermutlich ein Totemname. Die Motivation der
Namengebung kann ein Patronymikon, eine metaphorische Bezeichnung einer
Eigenschaft oder die Erlegung eines Wolfes, der in der altungarischen Zeit für
ein Totemtier gehalten wurde, sein (KÁLMÁN 1989, S. 42, 44, 46 – 47; KÁZMÉR
1993, S. 79, 346). Die ersten ungarischen Familiennamenbelege für die ältesten
Berufe tauchen im 14. Jh. auf: Kovács (1389), Molnár (1330), Szabó (1349),
Szücs (1365?), Varga (1389) (KÁZMÉR 1993, S. 629, 745, 955, 1031, 1120).
Beispiele für vereinzelte ungarische Familiennamen im heutigen deutschen
Sprachraum: Albertfy, Agh, Batya, Balassi, Banhalmi, Banhidi, Banya, Janosa,
Kerekgyarto, Lökös, Pongor, Petöfi , Szegö, Totpal, Wincze, Zsolnai. Albertfi ~
Albertfy ~ Albertffy ‘Sohn von Albert’ (aus Albert und fi , der gekürzten Form des
Appellativs fi ú ‘Sohn’) (KÁZMÉR 1993, S. 33). Auf Familienbeziehungen weisen
folgende Familiennamen hin: Batya aus bátya ‘Onkel, älterer Bruder’; Banya aus
banya ‘altes Weib, bösartige Alte, Hexe, Großmutter’ (KÁZMÉR 1993, S. 106,
85). Bei der Namensform Agh ist die Länge des Vokals nicht bezeichnet. Der lange
Lautwert kann entweder mit einem Strich über dem Vokal oder durch die Doppelschreibung
des nachfolgenden Konsonanten angegeben werden (Ag ~ Ág/Ágh,
Agg). Durch die zwei Schriftbilder entstehen zwei voneinander abweichende Bedeutungen.
Ag, Ág/Ágh (gekürzt aus Ágoston ‘Augustin’; Agg (aus agg ‘ bejahrte,
hochbetagte Person, schlau, erfahren, hochgewachsen’) (KÁZMÉR 1993, S. 28).
Pongor (gekürzt aus der Namensvariante von Pongrác ‘Pankraz’, Pongorác).
Petöfi (gekürzt aus Péter < Pet + Suffi x õ < Petõ + fi ). Der Name fand in Ungarn
als Name des Dichters und Freiheitskämpfers Petõfi , Sándor (1823 –1849) Verbreitung
(KÁZMÉR 1993, S. 866, 851). Familiennamen nach der Herkunft: Banhalmi,
Banhidi, Zsolnai (gekürzt aus den Siedlungsnamen Bánhalma, Bánhida,
Zsolna + Suffi x i ‘aus’) (KÁZMÉR 1993, S. 83, 84, 1171); Familiennamen nach
dem Beruf: Kerekgyarto (aus kerékgyártó ‘Rademacher, Wagner’); Szegõ (aus
szegõ ‘Steinhauer’; nach der Wesensart ‘treubrüchig, Gewalttat verübend, sein
Unwesen treibend’) (KÁZMÉR 1993, S. 981). Archaische Schreibung (w für v im
Anlaut): Wincze neben Vincze. Der älteste Familiennamenbeleg für die archaische
Namensform stammt aus dem Jahre 1440 (KÁZMÉR 1993, S. 1145).
László Vincze
452
6 Wiedergabe der ungarischen Familiennamen im Deutschen
sowie Adaptationserscheinungen
6.1 Kurzer Überblick über das System der Laute im Ungarischen
Beispiele aus GINTER (1991, S. 9 –15, 18 –20, 24 –25):
Kurze Vokale: a, e, i, o, ö, u, ü.
Lange Vokale: á, é, í, ó, õ, ú, û. Die langen Vokale werden in der ungarischen
Rechtschreibung mit einem Strich bzw. zwei Strichen über den Vokalen gekennzeichnet.
Vokalharmonie: Die ungarischen Vokale werden auch danach unterschieden,
ob sie dunkel oder hell sind. Dunkle Vokale: a, á, o, ó, u, ú. Helle Vokale: e, é,
i, í, ö, õ, ü, û. In den meisten ungarischen Wörtern gibt es entweder nur dunkle
oder nur helle Vokale. Die hellen Vokale i, í und é können auch in dunklen
Wörtern vorkommen. Beispiele für dunkle Appellative und Eigennamen: város
‘Stadt’, olaj ‘Öl’, Aranka, Kovács; für helle Appellative und Eigennamen: ebéd
‘Mittagessen’, hideg ‘kalt’, Révész, Nemes, Felföldi; für gemischte Appellative,
Eigennamen: alföld ‘Tiefl and’, almalé ‘Apfelsaft’, Hunyadi, Diószegi.
Kurze Konsonanten: Aus praktischen Gründen teilen wir die kurzen Konsonanten
in drei Gruppen ein:
(1) Diese Gruppe umfaßt die ungarischen Konsonanten, die in Schriftbild und
Aussprache im wesentlichen mit den deutschen übereinstimmen (b, d, f, g,
h, j, l, m, n).
(2) Die ungarischen Konsonanten unterscheiden sich der Aussprache nach mehr
oder weniger von den deutschen, wobei das Schriftzeichen auch im deutschen
Alphabet vorhanden ist: c (wie c in Cäsar, wie z in zieht, wie ts in
bereits), ly (wie deutsches j in jung), k (stimmlos, aber immer unbehaucht), p
(stimmlos, aber immer unbehaucht), r (immer Zungenspitzen-r), s (wie sch
in Schule, wie s in stehen), sz (wie stimmloses s in Last, das und ß in groß),
t (stimmlos, aber immer unbehaucht), v (wie w in Weg und v in Vase), z (wie
stimmhaftes s in Sieg, lesen).
(3) Laute, die es in der deutschen Sprache nicht gibt bzw. deren Schriftzeichen
nicht Bestandteile des deutschen Alphabets sind: cs (wie tsch in tschechisch,
ch in Couch, tch in Ketchup), dz (das ungarische c, stimmhaft gebildet und
länger artikuliert), dzs (wie englisches j in Jeep, John, g in Gin und italieni-
453
Familiennamen aus dem Ungarischen
sches gi in Giovanni), gy (in gy sind d und j zu einem neuen Verschlußlaut
verschmolzen), ny (wie französisches gn in Eau de Cologne), ty (stimmloses
gy, wie in der deutschen Interjektion tja), zs (wie g in Genie, Gelée, Regime,
j in Journalist, sh in Shukow).
Lange Konsonanten: werden verdoppelt geschrieben (z.B. langes b = bb, langes
n = nn usw). Wenn der Konsonant aus zwei oder drei Zeichen besteht (z.B. sz, gy,
dzs), so wird der entsprechende lange Lautwert nur mit der Doppelschreibung des
ersten Zeichens angegeben (z.B. ssz, ggy, ddzs).
Die Laute a und o können in derselben lautlichen Umgebung vorkommen und
die Wörter unterscheiden wie z.B. in hal ‘Fisch’ – hol ‘wo’, sakk ‘Schach’ – sokk
‘Schock’
6.1.1 Bedeutungsunterschiede durch Kürze und Länge der Vokale i – í,
o – ó, ö – õ, u – ú, ü – û
Beispiele: kint ‘draußen’ – kínt ‘Pein’ in Akk., por ‘Staub’ – pór ‘armer Bauer’,
öt ‘fünf’ – õt ‘ihn’, hurok ‘Schlinge’ – húrok ‘Saiten’, szükség ‘Not’ – szûkség
‘Enge’.
Bedeutungsunterschiede durch den Wechsel der Vokale e und é, bzw. a und á,
Beispiele: fel ‘hinauf’ – fél ‘halb’, agy ‘Gehirn’ – ágy ‘Bett’.
6.1.2 Bedeutungsunterschiede durch den Wechsel stimmhafter und
stimmloser Konsonanten: b – p, d – t, g – k, gy – ty, f – v, z – sz, zs–s.
Beispiele: bor ‘Wein’ – por ‘Staub’, dél ‘Mittag’ – tél ‘Winter’, rág ‘er kaut’ –
rák ‘Krebs’, agya ‘sein Gehirn’ – atya ‘Vater’, folt ‘Fleck’ – volt ‘es war’, zár
‘Schloß’ – szár ‘Stengel’, zseb ‘Tasche’ – seb ‘Wunde’.
6.1.3 Bedeutungsunterschiede durch den Wechsel kurzer und langer
Konsonanten: j – jj, s – ss, z – zz, n – nn, l – ll, r – rr, k– kk
Beispiele: fejel ‘er köpft im Fußball’ – fejjel ‘mit dem Kopf’, vasal ‘er plättet’ –
vassal ‘mit Eisen’, nézem ‘ich schaue es’ – nézzem ‘ich soll es schauen’, fen ‘er
László Vincze
454
schleift’ – fenn ‘oben’, hal ‘Fisch’ – hall ‘er hört’, var ‘Schorf’ – varr ‘er näht’,
lakos ‘Einwohner’ – lakkos ‘lackiert’.
6.2 Die ungarischen Familiennamen im Deutschen
Manchmal kann man die Gleichheit der Formen von Familiennamen in beiden
Sprachen beobachten. Sie lassen sich jedoch sowohl im Deutschen als auch im
Ungarischen anders interpretieren. Zum Beispiel dt. Marko, ung. Marko/Markó,
auf eine sorbische oder polnische Ableitung von Markus zurückgehender Familienname
(KOHLHEIM 2005, S. 446), gekürzt aus Márkus ‘Markus’ + ó (Koseformsuffi
x) oder gekürzt aus Márton, Marcell ‘Martin, Marzell’ + kó (Koseformsuf-
fi x) (KÁZMÉR 1993, S. 709 –710).
Dt. Eger ung. Eger: 1. Herkunftsname zu den Ortsnamen Eger (Nordwestböhmen),
Egern (Bayern). 2. Eine Ableitung von dem Gewässernamen Eger (linker
Nebenfl uss der Elbe bzw. rechter Nebenfl uss der Wörnitz in Südwestdeutschland
kommt nur vereinzelt infrage. 3. Gelegentlich kann diesem Familiennamen ein
Berufsname für den eggenden Bauern (zu mhd. egen ‘eggen’) zugrunde liegen
(KOHLHEIM 2005, S. 212) – 1. Herkunftsname zu den Ortsnamen Eger (in folgenden
Komitaten von Ungarn: Felsõ-Fehér, Heves, Nyitra, Zala). – 2. aus éger
‘Erle’ (KÁZMÉR 1993, S. 322).
Die langen ungarischen Vokale sind im Deutschen meistens kurz geschrieben:
Rac (Rác), Pinter (Pintér), Hidi (Hídi), Bartok (Bartók), Benkö (Benkõ), Uri
(Úri), Hegedüs (Hegedûs). In manchen Fällen kommen neben den kurzen auch
die langen Vokalvarianten vor: Karacsony ~ Karácsony (Karácsony), Kemeny
~ Kemény (Kemény), Molnar ~ Molnár (Molnár), Szabo ~ Szabó (Szabó). Die
zweierlei Schreibungen von i im Auslaut der ungarischen Namen sind auch auf
deutschem Sprachgebiet oft vorzufi nden: Adi~ Ady, Almasi ~ Almási ~ Almasy,
Jenei ~ Jeney, Tolnai ~ Tolnay. Bei einigen Namen wurde das y im Auslaut nicht
übernommen (z.B. Zsolnai).
Auf deutschem Sprachgebiet, überwiegend in Österreich, aber auch in Deutschland,
sind viele archaische ungarische Namensformen anzutreffen. Außer den
Beispielen geben wir in Klammern auch die ersten historischen Belege für die
archaischen Namensformen an. (Beispiele aus KÁZMÉR 1993, S. 92, 202, 225,
300, 614, 623, 688, 732, 783, 866) Barcza (1565/1736 Theresia Barcza), Czifra
(1661 Czifra Bálint), Tschech (1458 Emericus Tschech), Diosegi (1639 Joannes
Diosegy), Konkol (1453 Georgio Konkol), Kovats (1652 Kovats Andras), Lukats
455
Familiennamen aus dem Ungarischen
(1652 Lukats Janos), Michalka (1482 Matheo Michalka), Ola (1461 Barla et
Georgio ola), Pongratz (1478 Johannis pongratz). Diese Namen nehmen nach
der Rechtschreibung von heute folgende Formen an: Barca, Cifra, Cseh, Diószegi,
Konkoly, Kovács, Lukács, Mihályka, Oláh, Pongrác. Konsonanten aus zwei
Zeichen werden auch unverändert aus demUngarischen ins Deutsche übernommen:
cs (Cser , Csok), gy (Magyar), ly (Konkoly), ny (Hunyadi), sz (Pusztai), ty
(Batya), zs (Zsolnai). Für eindeutschende Schreibung der ungarischen Familiennamen
können wenig Beispiele angeführt werden: s (Janosch zu János, Schandor
zu Sándor), z (Kosak zu Kozák).
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