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- §§ 4 und 6 AsylbLG, § 2 AsylbLG, § 27 Abs. 2 SGB V - medizini­sche Ver­sorgung



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4.9 - §§ 4 und 6 AsylbLG, § 2 AsylbLG, § 27 Abs. 2 SGB V - medizini­sche Ver­sorgung



OVG Münster 24 B 1290/94, B.v. 28.06.94 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1203.pdf Ein hörbehindertes ausländisches Kind hat kei­nen Anspruch auf Hörgeräte. Die Hörbehinderung ist keine "akute Erkrankung oder Schmerzzu­stand" und kann des­halb nach § 4 AsylbLG nicht versorgt werden. Es ist auch nicht ersicht­lich, daß die ärzt­lich ver­ordneten Hörgeräte zur Deckung besonderer Bedürfnisse des Antragstellers als Kind nach § 6 Asyl­bLG ge­boten sind. Auch nach § 2 AsylbLG werden die Hörgeräte nicht gewährt, da auf diese als Leistung der Ein­gliederungshilfe für Behinderte nach § 120.1 BSHG für Ausländer kein Rechtsan­spruch besteht.
Anmerkung: Der Beschluß offenbart Rassismus gepaart mit Behindertenfeindlichkeit der Richter, die sich nicht scheuen, Gesetze falsch auszulegen: Eine Hörbehinderung kann - als ty­pi­scher­weise gerade bei Kindern akuter und ständig veränderlicher Prozeß - sehr wohl eine akute, ggf. auch eine schmerzhafte Erkrankung sein. Völlig of­fensichtlich ist aber, daß für die sprach­liche wie für die schuli­sche Ent­wicklung es ein geradezu unab­weisbares Bedürfnis von Kindern ist, mit den erforderli­chen Hörge­rä­ten versorgt zu werden. Schließlich ist auch die Argu­mentation mit der Eingliederungs­hilfe falsch: Die Lei­stung ist nämlich nach § 37 BSHG als Krankenhilfe (analog zu § 27 Nr 3 SGB V) zu gewähren, und auf Lei­stungen der Kranken­hilfe haben nach § 120.1 BSHG Ausländer einen Rechtsanspruch! Deshalb darf nicht auf eine andere Regelung verwiesen werden, nach der die Leistung zwar prinzipiell ebenso gewährt werden könnte, nach der aber vorliegend auf die Leistung kein Rechtsanspruch be­steht. Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 120.1 BSHG für Aus­länder nur als Ermessensleistung zu gewähren, aber auch die zu treffende Ermes­sensabwägung kann (aufgrund des zu § 6 AsylbLG gesagten) nur zugunsten der Leistung ausfal­len.

Die Entscheidung verstößt auch gegen das - allerdings erst seit November 1994 geltende - Verbot der Dis­kri­minie­rung Behinderter in Art 3 Grundgesetz.


VG Hannover - Kammern Hildesheim - 3 B 600/95 HI, B.v. 28.4.95, IBIS e.V.: C1204. Der Antragsteller, dem ins­ge­samt acht Zähne fehlen und dem deshalb ein Abbeißen bzw. Abscheren von Speisen nicht mehr möglich ist, hat einen Anspruch auf Zahnersatz nach § 2 AsylbLG i.V. mit § 120.1 und § 37.1 BSHG. Ihm kann nicht ent­gegen­gehalten werden, daß die Zahnlosigkeit im wesentlichen bereits im Herkunftsland be­standen habe und deshalb die Be­hand­lung grundsätzlich aufschiebbar sei. § 37 BSHG ist eine Einschrän­kung da­hinge­hend, daß Leistungen nur in der Höhe gewährt werden kön­nen, in der Leistungen der ge­setzlichen Kran­kenversicherung in Betracht kommen, nicht zu entneh­men (BVerwG, NVwZ-RR 94, 100 und BVerwG, ZfS 94, 21).Während in der gesetzlichen Kranken­versicherung Teilleistungen und damit ein Ei­genanteil ge­rechtfertigt sein mögen, ist im Sozialhilferecht die Hilfe so zu bemessen, daß der notwendige Bedarf tatsäch­lich in vollem Umfang befriedigt wer­den kann. § 27 Abs. 2 SGB V in V. mit § 2 AsylbLG legt für Asylsuchende im Anschluß an die ein­jährigen Einschränkungen der zahnmedizini­schen Versorgung nach § 4 AsylbLG keine erneute ein­jährige Wartefrist für die zahnmedizinische Versorgung nach § 2 AsylbLG fest, denn Asyl­suchende sollen nach § 2 AsylbLG nach Ablauf von zwölf Monaten so wie ein sozialhilfesuchen­der Deut­scher behandelt werden.
VGH Bayern 12 CE 94.278, B.v. 23.01.95, FEVS 46/96, 141, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1187.pdf (vgl. oben 4.1). Geduldete Bürger­kriegs­flüchtlinge haben regelmäßig Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG. Dies schließt auf­grund § 2 AsylbLG i.V. mit § 120.1 BSHG und § 69 BSHG Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Halb­satz 2 das Pflege­geld für das außer­gewöhnlich pflegebedürftiges erheblich geistig behinderte Kind der Antragsteller mit ein.
VG Chemnitz 5 K 2317/95, B.v. 15.2.96, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1100.pdf: Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG haben Anspruch auf Krankenhilfe entsprechend § 37 BSHG und nicht nach § 4 AsylbLG. Der Erlaß des sächsi­schen In­nenmini­steriums, der eine Differenzierung zwischen Leistungsberechtigten nach § 2 Asyl­bLG und Lei­stungsbe­rechtigten nach BSHG unmittelbar vornimmt, ist für die Behörde nicht bindend, denn er ver­stößt ge­gen den aus­drücklichen Wortlaut des § 2 AsylbLG. Vorliegend wurde der Antrag auf Erlaß einer einstwei­ligen Anord­nung wg. einer Zahnprothese dennoch abgelehnt, weil die Eilbe­dürftigkeit (negative Folgen für benach­barte Zähne und Magenerkrankung infolge verzögerter Be­handlung) nicht nachgewiesen war.
VG Berlin 8 A 84/97, B.v. 25.2.97, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1101.pdf Anspruch auf "Berlin-Karten-S" gemäß § 6 AsylbLG als sonstige, zur Si­cherung der Gesundheit unerläßliche Leistung für den Antragstel­ler und für seine Ehefrau für die Fahrtko­sten zur Behandlung im Behandlungszentrum für Folteropfer. Die Behandlung findet kontinuierlich an zwei Termi­nen pro Woche in Anwesenheit der Ehefrau statt. Der Antrag­steller ist nach fachärztlicher Stellungnahme aus Angst immer noch nicht in der Lage, sich allein in der Stadt zu bewegen, daher ist glaubhaft, daß er und seine Frau nicht mit dem allenfalls für zehn Fahrten anzusetzenden Taschengeldanteil von 40.- DM (vgl Rdschr. Sen Soz Ber­lin VII Nr. 32/96 v. 23.8.96) auskommen können. Das folgt daraus, daß an manchen Tage allein für die Behandlung 4 Fahrscheine gekauft werden müssten. Dazu kommen die für den allgemeinen Lebensunter­halt und aus sonsti­gen persönlichen Gründen notwendigen Fahrten.

Anmerkung: Die "Berlin-Karte-S" (auch "Sozialkarte") ist selbst kein Fahrausweis, berechtigt aber zum Kauf ei­ner verbilligten Monatsnetzmarke bei den Berliner Verkehrsbetrieben zum Preis von 40.- DM. Die Verkehrs­be­triebe erhalten dann die Differenz zum vollen Preis vom Land Berlin erstattet. Aufgrund von Sparmaßnah­men wird die Karte seit Mitte 1996 von den Sozialämtern nur noch an nach BSHG unmittelbar Leistungsberech­tigte, aber nicht mehr an Berechtigte nach AsylbLG (außer im begründeten Einzelfall) ausgegeben.
VG Frankfurt/M 8 G 638/97(1), B.v. 9.4.97, NDV-RD 1997, 138 (mit kritischer Anmerkung Sauer), www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2054.pdf Ein kurdischer Asylbewerber, der an einer akut lebensbedrohli­chen Leberzirrhose infolge einer seit meh­reren Jahren bestehenden chronischen Hepatitis leidet, hat keinen An­spruch auf Zusicherung der Kostenüber­nahme für die von der Universitätsklinik als einzig mögliche lebensret­tende Maßnahme dringend angeratene Le­bertransplantation. Dies folgt daraus, daß es sich bei der zugrunde­liegenden Hepatitis um eine chronische Er­krankung handelt, § 4 AsylbLG aber nur die Behandlung akuter Erkran­kungen zulässt. Hieran ändert auch die Tat­sache nichts, daß die Asylklage nicht von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg ist, da dem Antragsteller möglicher­weise wegen drohender Gruppenverfolgung, aber auch aus gesundheit­lichen Gründen (§ 53 AuslG) ein Bleibe­recht zustehen wird.
Anmerkung: Das Gericht setzt sich in dieser skandalösen Entscheidung an keiner Stelle mit dem Anspruch des Antragstellers nach § 6 AsylbLG (=sonstige Leistungen, die zur Sicherung der Gesundheit unerläßlich sind) aus­einander, ebensowenig mit Artikel 1 und 2 der Verfassung (Menschenwürde, Recht auf Leben). Im Ergebnis han­delt es sich bei der Entscheidung um eine Art Todesurteil. Erst nachdem ARD-Monitor über den Fall berichtete, hat der verantwortliche Hochtaunuskreis seine Entscheidung korrigiert und die Kostenübernahme zugesichert. Die Behandlung setzte jedoch erst so spät ein, dass der Asylbewerber kurz darauf verstarb.

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