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Beweislast; konkretisierte Aufforderung zur Mitwirkung; Verwaltungsverfahren



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Beweislast; konkretisierte Aufforderung zur Mitwirkung; Verwaltungsverfahren



VG Göttingen 2 B 2440/98 v. 21.12.98, GK AsylbLG § 1a VG Nr. 8,
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1262.pdf. Sachverhalt: Die Antragsteller sind Albaner aus dem Kosovo und am 2.9.1998 ohne im Besitz von Reisepässen zu sein nach Deutschland eingereist. Ihnen sind Duldungen bis zum 31.12.1998 erteilt worden. Das Sozialamt des Kreises Northeim stellte neben der Kostenübernahme für die Unterkunft Wertgutscheine für Ernährung, Gebrauchsgüter und Körperpflege aus. Barleistungen (Taschengeld) wurden nicht bewilligt. Das VG hat die Kürzung aufgehoben.
Das Sozialamt trägt vor: der Wunsch, in Deutschland Sozialleistungen zu erlangen, sei prägendes Einreisemotiv, auch die Vernichtung von Ausweispapieren sei eine typische Erscheinungsform ost- und südosteuropäischer Sozialflüchtlinge; durch die Verschleuderung von 3.000 DM (diesen Betrag hätten sie an eine Schlepperorganisation bezahlt) hätten die Antragsteller bewußt herbeigeführt; dieses Geld hätte ihnen ein relativ angenehmes Leben in einem Nachbarstaat Jugoslawiens ermöglicht.
Entscheidungsgründe: Die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG machen nur etwa 75 bis 80 % der BSHG-Regelsätze aus, sie sind so bemessen, dass der von ihnen erfasste Personenkreis noch ein -verfassungsrechtlich garantiertes - menschenwürdiges Leben führen kann (BVerwG v. 29.9.98 - 5 B 82.97). Das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 GG) verlangt, dass weitere Leistungseinschränkungen nur nach Prüfung des Einzelfalles erfolgen dürfen, wobei der Anspruch auf Führung eines menschenwürdigen Lebens oberste Entscheidungsleitlinie zu sein hat. Diese Prüfung hat nicht erst bei der Frage einzusetzen, welche Leistungen den Umständen nach unabweisbar geboten sind, sondern auch schon bei den Voraussetzungen, die die Leistungseinschränkung (ggf.) rechtfertigen (vgl. zu alledem Hohm, NVwZ 1998, 1045; Streit/Hübschmann, ZAR 1998, 266).
Zu beachten ist dabei insbesondere, dass das Gesetz keine Beweislastumkehr normiert, dass also die Leistungsbehörde darlegen und ggf. beweisen muss, dass die eine oder andere vom Gesetz aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist.
Wird dem Ausländer vorgeworfen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu vereiteln, so ist er ferner vor einer Leistungseinschränkung ggf. aufzufordern, eine bestimmte Handlung vorzunehmen oder zu unterlassen; in jedem Fall ist er anzuhören.
Dies vorausgeschickt, haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht bzw. anders gewendet: hat der Antragsgegner weder bewiesen noch überhaupt dargelegt, dass eine der beiden Voraussetzungen, unter denen Leistungen nach § 1a AsylbLG eingeschränkt werden können, vorliegt. Zum einen hat der Antragsgegner nicht dargelegt, dass der Wunsch, Leistungen nach diesem Gesetz zu erhalten, für die Einreise prägend war; die Hilfebedürftigkeit und die Suche nach einer auch materiell erträglichen Zuflucht ist vielmehr geradezu typisch für die Situation politisch Verfolgter (zu denen sich die Antragsteller zählen, auch wenn sie - zunächst - keine Asylanträge gestellt haben). Andererseits ist der Umstand, dass die Antragsteller nicht über jug. Reisepässe verfügen, nicht dafür entscheidend, dass gegen sie zur Zeit keine aufenthaltsbeendende Maßnahmen vollzogen werden können; denn wegen der nach wie vor außerordentlich gespannten Lage im Kosovo werden derzeitig Abschiebungen dorthin ohnehin nicht durchgeführt, die Antragsteller haben folglich Duldungen erhalten. Die Frage, warum sie ihre Pässe bei Einreise nicht dabei hatten, ist deshalb nicht erheblich. Schließlich spielt der Grund für ihre Bedürftigkeit keine Rolle.

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