VGH Hessen, Urteil 10 UE 2030/95 v. 29.08.97, IBIS C1370, InfAuslR 1998, 166; EZAR 603 Nr. 5. Leitsätze:
1. Die Erstattungspflicht gem. § 84 Abs. 1 AuslG folgt unmittelbar aus dem Gesetz und beruht nicht auf einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtung.
2. Bei der Verpflichtung gem. § 84 AuslG handelt es sich um ein einseitiges öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft sui generis und nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. §§ 54ff. VwVfG bzw. §§ 54ff HVwVfG.
3. Das Schriftformerfordernis gem. § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist erfüllt, wenn die Urkunde allein von dem sich verpflichtenden Bürger unterzeichnet worden ist.
4. Eine Verpflichtung gem. § 84 AuslG kann nur für den Zeitraum der vorgesehenen Aufenthaltsdauer, also in der Regel nur für die Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung verlangt werden.
5. Eine Verpflichtung gem. § 84 AuslG für die Dauer einer gemäß §§ 54 und 55 Abs. 2 AuslG zwingend zu erteilenden Duldung kann von der Ausländerbehörde bzw. der Auslandsvertretung nicht verlangt werden.
6. Die Erstattungspflicht gem. § 84 Abs. 1 AuslG ist auf die Zeit der vorgesehen Aufenthaltsdauer bzw. auf die Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung beschränkt.
7. Die Ausländerbehörde bzw. die Auslandsvertretung muss den sich gem. § 84 Abs. 1 AuslG verpflichtenden Bürger umfassend, sachgerecht und im Hinblick auf die im jeweiligen Einzelfall naheliegenden finanziellen Auswirkungen und Risiken belehren, die Belehrung ist von Amts wegen durchzuführen und aktenkundig zu machen. Fehlt es daran, muss die Erstattung begehrende Behörde in der Regel sich diesen Umstand in der Weise zurechnen lassen, dass ein gleichwohl ergangener Bescheid über den Erstattungsanspruch wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben ist.
Der VGH hat mit dem sehr ausführlich begründeten, die vorliegende Rechtsprechung zur § 84 AuslG umfassend würdigenden Urteil den vom VG zunächst für rechtmäßig erklärten Heranziehungsbescheid des Sozialamtes, der die Klägerin zur Erstattung der Leistungen für eine 5-köpfige bosnische Flüchtlingsfamilie verpflichtete, aufgehoben. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zugelassen.
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