VG Berlin 17 A 630.96, B.v. 10.12.96, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1191.pdf Eine Kürzung für Bosnier mit Duldung ist rechtswidrig. Dies gilt vorliegend auch für eine Familie mit Ehemann aus Rest-Jugoslawien/Montenegro und Ehefrau mit bosnischer Staatsangehörigkeit sowie vier Kindern, davon zwei aus Rest-Jugoslawien/Montenegro und zwei in Berlin geboren. Die Duldung aller Antragsteller wurde verlängert aufgrund der Weisung 92 (betr. die Staatsangehörigen Bosniens). Voraussetzungen für Leistungen nach § 2 AsylbLG ist, daß die freiwillige Ausreise, wenn sie objektiv möglich wäre, jedenfalls unzumutbar ist (vgl dazu VGH Ba-Wü 6 S 1712.95 und OVG Hamburg Bs IV 130.95). Dem liegt der Gedanke aus dem Sozialhilferecht zugrunde, daß nur derjenige Anspruch auf (volle) Leistungen staatlicher Hilfe hat, der sich nicht selbst (hier durch Wahrnehmung der Möglichkeit zur Ausreise) helfen kann (§ 2 BSHG).
Zudem ist die Duldung aus Gründen erteilt worden, die die Antragsteller nicht zu vertreten haben. Nach Beendigung der Kampfhandlungen hat die bosnische Seite in den Verhandlungen über ein Rückführungsabkommen deutlich gemacht, daß die Verhältnisse im Land eine sofortige Rückkehr einer großen Zahl von Flüchtlingen nicht zuließen. Wegen der Kriegszerstörungen, der schlechten wirtschaftlichen Lage und dem in der Regel sehr kalten Winter bestehen gegenwärtig keine Möglichkeiten, eine größere Zahl von Rückkehrern ausreichend mit Unterkunft, Nahrung und Kleidung zu versorgen (vgl "Die Welt" v. 20.11.96). Die Senatsverwaltung für Inneres hat deshalb letztendlich (faktisch) eine generelle Aussetzung der Abschiebung bis zum 31.03.97 festgesetzt (TSP v. 30.10.96, BlnMoPo v. 3.11.96, BlnZtg v. 26.11.96, u.a.).
Die Kammer geht nach summarischer Prüfung davon aus, daß eine freiwillige Rückkehr zumindest derzeit unzumutbar ist. Voraussetzung wäre ggf., daß der Flüchtling aus eigenen Kräften und Mitteln oder durch private Hilfe in Jugoslawien menschenwürdig leben könnte, d.h. daß er in seine eigene Unterkunft zurückkehren oder bei Verwandten/Freunden eine im Winter beheizbare Unterkunft, Nahrung und Kleidung erhält oder auf andere Weise die Möglichkeit hat sich den notwendigen Lebensunterhalt zu beschaffen. Es bleibt dem Sozialamt überlassen, durch Ermittlungen und Befragungen im Einzelfall festzustellen, ob wegen besonders günstiger Verhältnisse die Rückkehr schon jetzt möglich ist, eine Weigerung in diesem Falle würde die abgesenkten Leistungen nach § 3ff AsylbLG rechtfertigen. Diese Feststellungen hat das Sozialamt in eigener Zuständigkeit zu treffen (und nicht die Ausländerbehörde).
Ein Anordnungsgrund liegt vor. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Kammer, daß bereits die Kürzung auf das z. Lebensunterhalt Unerläßliche die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt, weil andernfalls effektiver Rechtsschutz ausgeschlossen wäre, zumal mit der Kürzung (der Geldleistungen) grundsätzlich auch die Versagung von Bekleidungshilfe, die Gewährung von Sach- statt Geldleistungen und das Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften verbunden ist.
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