VG Frankfurt/M 3 G 757/99(1), B. v. 02.06.99, GK AsylbLG § 1a VG Nr. 12;
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1462.pdfDie für die kurdischen Antragsteller (Familie mit drei Kindern) aus der Türkei gemäß § 1a Nr. 2 AsylbLG vorgenommene Kürzung der Grundleistungen um den Barbetrag für alle Haushaltsangehörigen ist rechtswidrig. Die nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylantrags geduldeten Antragsteller haben eine Petition beim Hessischen Landtag eingereicht und werden deshalb nach Erlasslage nicht abgeschoben. Zudem haben sie beim Bundesamt einen Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens bezüglich der Feststellung von Abschiebehindernissen nach § 53 AuslG gestellt, auch in solchen Fällen wird nach Erlasslage von aufenthaltsbeendenen Maßnahmen abgesehen. Weder die Erlasslage noch die Verfahrensdauer haben die Antragsteller zu vertreten. Das Einlegen der Petition sowie der Wiederaufnahmeantrag stellen kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar - die Antragsteller haben lediglich die ihnen von der Verfassung bzw. der Rechtsordnung eingeräumten Möglichkeiten in Anspruch genommen. Zudem fehlt es vorliegend offensichtlich am Willen der Ausländerbehörde, die Abschiebung zu vollziehen, dies haben die Leistungsberechtigten nicht zu vertreten. Die Ausländerbehörde könnte im Rahmen der genannten Erlasslage eine "Freigabe" des Innenministeriums beantragen, um den Vollzug der Abschiebung zu betreiben. Soweit das Sozialamt behauptet, die Antragsteller hätten bei der Passbeschaffung nicht mitgewirkt, ist dieses Vorbringen nicht substantiiert. Eine Leistungskürzung rechtfertigt dieses (vermeintliche) Verhalten nicht, weil die Behörde es unterlassen hat, die Antragsteller unter Hinweise auf die Leistungskürzung unter Fristsetzung zur Mitwirkung aufzufordern (vgl. Streit/Hübschmann, ZAR 1998, 266 (269)).
Auch das vorliegend praktizierte Verwaltungsverfahren - die Ausländerbehörde meldet dem Sozialamt im Wege des Datenabgleichs den vermeintlich unter § 1a fallenden Personenkreis, sodann nimmt das Sozialamt ohne nähere Prüfung die Kürzung vor - ist offensichtlich rechtswidrig. Erst nach Eingang des Eilantrags bei Gericht hat das Sozialamt sich bei der Ausländerbehörde um Mitteilung der Gründe bemüht, die zur Nennung des Antragstellers führten. Es entspricht -zurückhaltend formuliert - keinem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren, die Betroffenen hinsichtlich der Kürzung nicht mit entsprechender Begründung zu bescheiden, sondern die Leistungen ohne die gebotene vorherige Anhörung teilweise einzustellen und es dem Engagement der Betroffenen zu überlassen, die Gründe hierfür in Erfahrung zu bringen.