BVerfG 2 BvR 2292/00, B.v. 15.05.02, InfAuslR 2002, 406, IBIS M2222. Auch bei 'Direktabschiebung' ist eine polizeiliche Freiheitsentziehung (hier: für 11 Stunden) nur nach richterlicher Prüfung zulässig. Die richterliche Anordnung ist grundsätzlich vor der Freiheitsentziehung herbeizuführen, nachträglich ist sie nur in Ausnahmefällen zulässig, muss dann aber unverzüglich nachgeholt werden.
Volltext: www.bverfg.de/entscheidungen/frames/rs20020515_2bvr229200
Pressemitteilung BVerfG: www.bverfg.de/bverfg_cgi/pressemitteilungen/frames/bvg63-02
Leitsätze: "1. Aus Art. 104 Abs. 2 GG folgt für den Staat die Verpflichtung, die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters - jedenfalls zur Tageszeit - zu gewährleisten und ihm auch insoweit eine sachangemessene Wahrnehmung seiner richterlichen Aufgaben zu ermöglichen.
2. Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen."
Vorliegend wurde das an die Festnahme um 15.30 anschließende Polizeigewahrsam bis zum Folgetag 3 Uhr zwecks anschließender (erfolgter) Abschiebung um 7.30 Uhr früh ab Flughafen H. im Nachhinein für verfassungswidrig erachtet, da die Polizeihaft ohne richterlichen Beschluss erfolgte (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG - Unverletzlichkeit der Freiheit der Person - i.V.m. Art. 104 Abs. 2 GG - Richtervorbehalt bei Freiheitsentziehung). Der bloße Hinweis auf den "Dienstschluss" des zuständigen Amtsgerichts als Grund für die unterlassene richterliche Entscheidung reicht nicht aus, weil es allgemein festgelegte Dienstzeiten für Richter nicht gibt.
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