Leistungsumfang: akute, schmerzhafte Krankheit; zur Sicherung der Gesundheit unerlässliche Behandlung
OVG Münster 24 B 1290/94, B.v. 28.06.94 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1203.pdf Ein hörbehindertes ausländisches Kind hat keinen Anspruch auf Hörgeräte. Die Hörbehinderung ist keine "akute Erkrankung oder Schmerzzustand" und kann deshalb nach § 4 AsylbLG nicht versorgt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die ärztlich verordneten Hörgeräte zur Deckung besonderer Bedürfnisse des Antragstellers als Kind nach § 6 AsylbLG geboten sind. Auch nach § 2 AsylbLG werden die Hörgeräte nicht gewährt, da auf diese als Leistung der Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 120.1 BSHG für Ausländer kein Rechtsanspruch besteht.
Anmerkung: Der Beschluß offenbart Rassismus gepaart mit Behindertenfeindlichkeit der Richter, die sich nicht scheuen, Gesetze falsch auszulegen: Eine Hörbehinderung kann - als typischerweise gerade bei Kindern akuter und ständig veränderlicher Prozeß - sehr wohl eine akute, ggf. auch eine schmerzhafte Erkrankung sein. Völlig offensichtlich ist aber, daß für die sprachliche wie für die schulische Entwicklung es ein geradezu unabweisbares Bedürfnis von Kindern ist, mit den erforderlichen Hörgeräten versorgt zu werden. Schließlich ist auch die Argumentation mit der Eingliederungshilfe falsch: Die Leistung ist nämlich nach § 37 BSHG als Krankenhilfe (analog zu § 27 Nr 3 SGB V) zu gewähren, und auf Leistungen der Krankenhilfe haben nach § 120.1 BSHG Ausländer einen Rechtsanspruch! Deshalb darf nicht auf eine andere Regelung verwiesen werden, nach der die Leistung zwar prinzipiell ebenso gewährt werden könnte, nach der aber vorliegend auf die Leistung kein Rechtsanspruch besteht. Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 120.1 BSHG für Ausländer nur als Ermessensleistung zu gewähren, aber auch die zu treffende Ermessensabwägung kann (aufgrund des zu § 6 AsylbLG gesagten) nur zugunsten der Leistung ausfallen.
Die Entscheidung verstößt auch gegen das - allerdings erst seit November 1994 geltende - Verbot der Diskriminierung Behinderter in Art 3 Grundgesetz.