VGH Baden-Württemberg 7 S 920/98 U.v. 04.05.98, IBIS C1348, FEVS 1999, 33; GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VGH Nr. 2. www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE100089900&psml=bsbawueprod.psml&max=true Leitsatz: "Die Regelung des § 4 Abs. 1 AsylbLG eröffnet Hilfeleistungen bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen und schließt Ansprüche nur bei chronischen Krankheiten ohne Schmerzzustände aus. Demgemäß ist es einem Leistungsberechtigten, der an einer chronischen Erkrankung leidet, unbenommen, Maßnahmen zur Linderung seines Schmerzzustandes (hier: orthopädische Schuhe) in Anspruch zu nehmen."
Sachverhalt: Der Kläger leidet an einer alten entzündlichen Knochenveränderung des Beines, wodurch die Gehfähigkeit stark eingeschränkt wird. Das Sozialamt hatte die Leistung abgelehnt, weil die vorgesehene orthopädische Versorgung ohne gesundheitliche Gefährdung aufgeschoben werden könne. Eine dringende Erforderlichkeit bzw. Lebensnotwendigkeit der Behandlung sei nicht gegeben.
Gründe: Der Kläger hat Anspruch auf die Leistungen. Dabei ist unerheblich, ob die Beschwerden eine akute oder eine chronische Erkrankung darstellen. Denn der Kläger kann jedenfalls die orthopädischen Schuhe zur Behandlung seiner Schmerzzustände verlangen. Eine solche Behandlung ist im Gegensatz zu dem im § 4 Abs. 1 AsylbLG aufgeführten Tatbestandsmerkmal der akuten Erkrankungen nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung nicht an das Erfordernis eines akuten Stadiums geknüpft. Die gesetzliche Regelung eröffnet also Leistungen bei akuten Erkrankungen oder Schmerzzuständen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, B 12 Rn 65) und schließt Ansprüche nur bei chronischen Erkrankungen ohne Schmerzzustände aus (Röseler in Huber HdA, § 4 AsylbLG Rn 4).
Demgemäß ist es einem Leistungsberechtigten, der an einer chronischen Krankheit leidet, unbenommen, Maßnahmen zur Linderung seines Schmerzzustandes in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen kann es keinen Unterschied machen, ob der erforderlicherweise zu behandelnde Schmerzzustand chronischer, d.h. langsam wachsender, oder akuter, d.h. schnell wachsender Natur ist.
Angesichts der ärztlichen Befunde muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger trotz des Abklingens der 1996 aufgetretenen Entzündung des Kniegelenks als Folge einer schweren Arthrose nach wie vor unter Schmerzen mittlerer bis starker Intensität leidet. Als einzige Linderungsmöglichkeit kommen nur orthopädische Schuhe in Frage. Eine kurzfristige Besserung des Schmerzzustandes durch Medikamente ist zwar nach Angaben von Dr. A. möglich, jedoch dem Kläger auf längere Zeit nicht zuzumuten und scheidet daher als Maßnahme zur Linderung der Krankheitsfolgen und des Schmerzzustandes aus.