Seit 1996 wird die Finanzierung des Schwangerschaftsabbruches für alle (deutsche und ausländische) Frauen mit geringem Einkommen (= unter 941 € mtl. verfügbare persönliche Einkünfte der Frau zzgl. 228 € für jedes von der Frau unterhaltene Kind, zzgl. der 250 € übersteigenden Anteils der Miete bis zu einem Betrag von 284 €; das Einkommen des Partners spielt keine Rolle!) im "Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen" (SchwHG, BGBl v. 25.o8.95) vollständig neu geregelt, www.bundesrecht.juris.de/schwhg
Zuständig ist seitdem nicht mehr das Sozialamt, sondern die Krankenkasse, die die Leistung aus Mitteln des Landes erstattet bekommt. "Besteht keine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse, kann die Frau eine ... gesetzliche Krankenversicherung am Ort ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes wählen", die dann die Leistung erbringen muß (§ 3 Abs. 1 SchwHG).
Bei der Kasse muss eine aktuelle Sozialhilfebescheinigung bzw. ein aktueller Sozialhilfebescheid vorgelegt werden, eine Beratungsbescheinigung darf nicht verlangt werden, da diese nur für die den Abbruch vornehmende ÄrztIn relevant ist. Die Kasse muß dann eine Kostenübernahmebescheinigung ausstellen. Die Frau hat für den Abbruch freie Arztwahl, freie Wahl zwischen ambulanten und stationären Abbruch und freie Wahl an welchem Ort sie den Abbruch durchführen lässt.
Da das Sozialamt nicht mehr zuständig ist, muß dort der Wunsch die Schwangerschaft abzubrechen nicht mitgeteilt werden. Es kann auch ein anderer Grund angegeben werden, weshalb die Sozialhilfebescheinigung benötigt wird (z.B. für Gericht oder Anwalt; oder normaler Bescheid zwecks Prüfung der Berechnung, §§ 33,35 SGB X, §§ 37/39 VwVfG). Bei Verweigerung der Leistung kann beim Sozialgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Krankenkasse beantragt werden.
Voraussetzung für die Leistung ist ein "Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt" der Frau in Deutschland. Das Gesetz nennt als Leistungsberechtigte u.a. ausdrücklich die Empfängerinnen von Leistungen nach AsylbLG. Zweck der Wohnsitzregelung kann daher nur sein, auszuschließen, daß Frauen die Leistung in Anspruch nehmen, die lediglich zum Zweck des Abbruches nach Deutschland einreisen. Diese Motivation kann überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Schwangerschaft wie auch der Entschluß sie abzubrechen bereits vor der Einreise entstanden sind, auch in solchen Fällen dürften aber in der Regel andere Einreisemotive überwiegen (z.B. Asylantrag), was ggf. darzulegen wäre. Zu berücksichtigen ist zudem die Rechtsprechung des BVerfG (s.u.).
Rechtsprechung: Aus dem Urteil des BVerfG v. 28.05.95, NJW 1993, 1751 zur Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs nach § 218 StGB folgt die Vorgabe für den Gesetzgeber, zu verhindern, "daß Frauen den Weg in die Illegalität suchen und damit nicht nur sich selbst gesundheitlichen Schaden zufügen, sondern auch dem Ungeborenen die Chance einer Rettung durch ärztliche Behandlung nehmen." Nach Auffassung des BVerfG darf deshalb keine Frau aus finanziellen Gründen gehindert sein, ärztliche Hilfe für die Durchführung eines straffreien Schwangerschaftsabbruches in Anspruch zu nehmen. Aus dieser Rechtsprechung folgt ein Anspruch auf Kostenübernahme grundsätzlich unabhängig vom ausländerrechtlichen Status.
Entscheidungen zum Ausländerrecht
UN - Kinderrechtskonvention als Abschiebungshindernis
VG Hannover, Urteil vom 11.04.1997 - A 7174/96 – IBIS C1379 Das VG hat die Abschiebung eines minderjährigen Kindes unter Bezugnahme auf die UN-Kinderschutzkonvention untersagt: ”Die Klage hat indes Erfolg, soweit der Kläger die Aufhebung der Abschiebungsandrohung in Nr. 4 des Bescheids des begehrt. Das ergibt sich aus dem ”Übereinkommen über die Rechte des Kindes” vom 20.11.1989 (KRK), wie es am 05.12.1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen worden ist und das durch Gesetz vom 17.02.1992 am 05.04.1992 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist. Der Kläger ist, da er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Kind im Sinne des Art. 1 KRK (vgl. FamRZ 1992, 253 f.). Nach § 3 Abs. 1 KRK ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt; gemäß Abs. 2 der Norm verpflichten sich die Vertragsstaaten, dem Kind den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen erforderlich sind. Nach Art. 20 Abs. 1 KRK hat ein Kind, das vorübergehend oder dauernd aus seiner familiären Umgebung herausgelöst wird, Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand des Staates.
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben ist die Abschiebungsandrohung aufzuheben. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers sind seine Eltern etwa im März 1995 verhaftet worden, und er weiß nicht, an welchen Ort sie verbracht worden sind. Seit dieser Zeit hat er keinen Kontakt mehr mit ihnen gehabt, so dass zu befürchten steht, dass sie nicht mehr am Leben sind. Bei einer Durchführung der Abschiebung in sein Heimatland wäre er völlig auf sich selbst gestellt und insbesondere gezwungen, ohne Fürsorge, Schutz und Betreuung durch die Eltern eine Unterkunft zu finden sowie seinen Lebensunterhalt - im ohnehin wirtschaftlich notleidenden Äthiopien - allein zu bestreiten. Ein solches ”dem eigenen Schicksal überlassen” steht mit den vorgenannten Regelungen der KRK nicht im Einklang, da es das danach vorrangig zu berücksichtigende Kindeswohl außer acht lässt (vgl. VG Arnsberg, Beschl. v. 07.05.1996 - 5 L 1598/95 A -, InfAuslR 1996, 285).
Danach kann auch die Ratifikationsurkunde der Bundesregierung vom 06.03.1992 (BGBl. 1992 II 990) - wonach die KRK innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung findet und nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, das das Recht der Bundesrepublik beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Bedingungen des Aufenthalts von Ausländern zu erlassen - nichts ändern. Es ist bereits zweifelhaft, ob sie einen zulässigen Vorbehalt darstellt; jedenfalls spricht mehr dafür, dass sie mit Blick auf Art. 51 Abs. 2 KRK unwirksam ist (vgl. dazu Menzel, Zeitschrift für Ausländerrecht (ZAR) 1996, 22ff. (23)).
Schließlich ergibt sich ein Abschiebungsverbot auch aus Art. 1 und 2 des von der Bundesrepublik ratifizierten Haager Minderjährigenschutzabkommen vom 05.10.1961 - (BGBl. II 1971, 217). Nach Art. 1 MSA sind die Behörden des Aufenthaltsstaats u.a. verpflichtet, Maßnahmen zum Schutze der Person des Minderjährigen zu treffen. Schutzmaßnahmen in diesem Sinne sind nicht nur solche, die den eigentlichen Zweck der Vormundschaft betreffen. Vielmehr lässt sich aus Art. 1 MSA auch die Verpflichtung und das Recht herleiten, ggf. ausländerrechtliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um den weiteren Verbleib eines ausländischen Kindes im Bundesgebiet zu sichern. Dies setzt freilich zwingend voraus, dass der weitere Verbleib des Kindes im Interesse des Kindeswohls zwingend geboten ist. Da diese Voraussetzungen jedoch im Falle des Klägers erfüllt sind, unterliegt die Abschiebungsandrohung auch unter diesem Gesichtspunkt der Aufhebung (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 24.11.1993 - 5 E 11833/93 - NVwZ 1994, 1137).”
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