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§ 68 AufenthG / 84 AuslG - Verpflichtungserklärung



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§ 68 AufenthG / 84 AuslG - Verpflichtungserklärung



VGH Ba-Wü 6 S 2371/93, B.v. 19.11.93, IBIS e.V.: C1163, FEVS Bd. 45/95, 32; VBlBW Heft 3/94, 109,

ebenso VGH Bayern, 12 CE 94.101, B.v. 23.02.94, IBIS e.V.: C1164, NVwZ-RR 8/94, 450; BayVBl 24/94, 756; In­f­AuslR 1/96, 23.

Ein Anspruch auf Leistungen nach BSHG bzw. § 2 AsylbLG besteht auch bei Vorlie­gen ei­ner Ver­pflichtungs­erklärung nach § 84 AuslG. Die Erklärung nach § 84 AuslG gegenüber der Aus­län­der­be­hörde be­grün­det regelmäßig keinen eigenen Rechtsanspruch des Hilfe­suchenden Auslän­ders ge­gen den Erklären­den auf Be­zahlung des Lebensunterhalts. Die Soziallei­stung darf nicht unter Verweis auf § 2 BSHG (Nachrang) verwei­gert werden.
LSG Ba-Wü L 5 Ar 2474/94, B.v. 02.10.96, IBIS e.V.: C1165, InfAuslR 3/1997, 116 Die Bedürftigkeit ei­nes Ausländers (als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe) entfällt nicht dadurch, daß ein Dritter für ihn gegenüber der Ausländerbehörde eine Verpflichtungserklärung im Sinne des § 84 AuslG abgegeben hat. Aufgrund der Verpflichtungserklärung könnte allenfalls das Arbeitsamt von dem Erklärenden die dem Ausländer zu zahlende Arbeitslosenhilfe erstattet verlangen. Ob ein solches Erstattungsbegehren Erfolg haben könnte, braucht das Gericht im Rechtsstreit um den AlHi-Anspruch nicht zu entscheiden.
OLG Düsseldorf 10 U 2/92, Urteil v. 09.07.92, IBIS e.V.: C1166, NVwZ 4/93, 405. Die Forderung der Behörde, Kran­ken­behandlungskosten in Höhe von 66.000.- DM erstattet zu bekommen, wurde vom Gericht ab­gewie­sen.

Bei einer Verpflichtungserklärung gem. § 84 AuslG, die der Erklärende zu dem Zweck abgegeben hat, die Ab­schiebung seiner Verlobten zu verhindern, handelt es sich um einen öffentlichrechtlichen Vertrag (vgl. § 54 S.1 NRWVwVfG; Kanein-Renner, AuslG, 5.A., § 84 Rn 2). In § 57 VwVfG ist für einen öffentlich-recht­li­chen Ver­trag die Schriftform normiert, soweit nicht durch eine Rechtsvorschrift eine andere Form vor­ge­schrieben ist, wo­für vorlie­gend jedoch nichts ersichtlich ist. Der Vertrag ist daher gem. §§ 126.2 und 125. S. 1 BGB i.V. m. § 62 S. 2 VwVfG nichtig, da nur die dem Erklärenden auferlegte Verpflichtung schriftlich fest­gehalten wurde, nicht aber die Gegen­leistung der Behörde (= Nichtvollzug der Abschiebung). Weitere Be­denken gegen die Wirk­samkeit des Vertrages ergeben sich aus §§ 54, 56 VwVfG, wonach ein Aus­tausch­vertrag gem. § 56 VwVfG ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 54 S.2 VwVfG voraussetzt. Dort ist ge­regelt, daß die Behörde anstelle des Er­laß eines Verwaltungsaktes auch ein Rechtsgeschäft mit demjenigen schließen kann, an den sich der Verwal­tungsakt sonst richten würde. Diese Voraussetzung liegt aber nicht vor, da die Abschiebungsverfü­gung sich ggf. nicht gegen den Erklärenden, sondern gegen seine Verlobte gerichtet hätte.

Insbesondere ergeben sich Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages aus 56.1 S.2 , § 59.2 Nr. 4 und § 60 VwVfG, wonach die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein muß, die Be­hörde sich keine unzulässige Gegenleistung versprechen lassen darf und bei Wegfall der Geschäftsgrund­lage der Vertrag geändert oder gekündigt werden kann. Der Erklärende hätte demnach von der Behörde seine Entlas­sung aus seiner Verpflichtung verlangen können, als sich für ihn herausstellte, daß es nicht mehr zu einer Ehe­schließung kommen wird.

§ 84 AuslG steht dem nicht entgegen. Der Haftungsumfang nach § 84 AuslG geht weit über den üb­lichen Le­bensunterhalt hinaus und umfaßt auch das Krankheits- und Pflegefallrisiko, weshalb der Abschluß ent­spre­chen­der Versi­cherungen praktisch unumgänglich ist (Kanein-Renner § 84 Rn 3), da diese Kosten schwer vor­herzuse­hen sind. Die Behörde hat vorliegend aber versäumt, den Erklä­renden - in Kenntnis sei­nes sozialen Status (ungelernter Arbeiter) -- auf dieses außerordentliche Haftungsrisiko hinzuweisen.

An dieser Rechtslage ändert sich nichts, wenn man von einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis ausge­hen würde (vgl. Brunner ZAR 91, 31f.), da eine interessengerechte Auslegung eine Haftung für einen au­ßeror­dentli­chen, unvorhersehbaren Bedarf - der zudem noch nach Auflösung des Ver­löbnisses eintrat - nicht zu be­gründen vermag.
VG München M 15 K 93.2743 v. 01.09.94, IBIS e.V.: C1167, InfAuslR 11/94, S. 403. Aufenthaltsrechte können nicht nach Belieben von einer Verpflichtungserklärung abhängig gemacht werden. Im vorliegenden Fall ist die Ver­pflichtungserklärung nichtig und es kann kein Kostenersatz gefordert werden,

- weil der bosnische Kriegsflüchtling bei Abgabe der Erklärung zu seinen Gunsten bereits seit 14 Tagen in Deutschland war und auch ohne die Verpflichtungserklärung nach Weisungslage An­spruch auf Erteilung einer Duldung gehabt hätte, außerdem



- weil § 84 AuslG im Kontext mit § 14 AuslG zu sehen ist und demnach nur die Erteilung einer "Auf­ent­halts­genehmigung" (vgl § 5 AuslG) von der Abgabe einer Verpflichtungserklärung ab­hängig ge­macht wer­den darf, nicht aber die Erteilung einer Grenzübertrittsbescheinigung oder Dul­dung.
VG Hannover, 3 A 124/94 v. 24.11.94, IBIS e.V.: C1168, InfAuslR 3/95, 110 - Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG stellt ein (öffentlich rechtliches) Rechtsgeschäft dar, das durch die Annahme seitens der Aus­län­derbe­hörde Verbindlichkeit erlangt hat. Die Verpflichtungserklärung ist wegen Verstoßes ge­gen § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG insoweit nichtig, als sie sich über die Dauer des ursprünglich vorge­sehenen Auf­ent­hal­tes (für den von der dt. Bot­schaft in Zagreb ein zeitlich befristetes Besuchervi­sum auf Grundlage der Ver­pflich­tungser­klärung ausge­stellt worden war) hinaus auf die Zeit bis zur Ausreise des Ausländers bezieht. § 14 AuslG be­stimmt eindeutig, daß die Verpflichtungserklärung sich auf einen be­stimmten Zeit­raum bezie­hen muß, der die vorgesehen Aufenthalts­dauer nicht über­schreiten darf. Für die Zeit nach Ablauf des Be­su­chervisums ist nur jeweils eine Duldung erteilt wor­den, für deren Erteilung die Verpflichtungserklä­rung of­fenbar ohne Belang ge­wesen ist. Die Ver­pflich­tungserklä­rung ist daher nichtig, soweit sie über den Zeitraum von drei Monaten hin­ausgeht.
VG Regensburg RO 4 K 94 1410, U.v. 14.03.95, IBIS e.V.: C1169, InfAuslR 1995, 236 Eine Verpflichtungserklärung ist wegen Verstoßes gegen § 14 AuslG insoweit nichtig, als sie über einen bestimmten Zeitraum, der die vorgesehene Aufent­haltsdauer nicht über­schreiten darf, hinausgeht.
VG München M 6 K 95.4573, U.v. 14.02.96, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1170.pdf, InfAuslR 1996, 213: Ein Bescheid des So­zi­alam­tes München zum Er­satz der Sozialhilfekosten aufgrund einer Verpflichtungserklärung für mit Besu­chervi­sum ein­gereiste bosni­sche Kriegsflüchtlinge mit hier erteilten Duldungen ist unwirksam, weil die Ver­pflich­tungserklärung für die "Gesamtdauer" des Aufenthaltes "gerechnet ab Einreise" ab­gegeben worden war. Bei der Erklärung han­delt es sich um einen öffentlich rechtlichen Vertrag mit ei­ner unausgespro­chenen, aber im­plizierten Gegenlei­stung der Ausländerbehörde zugunsten eines Dritten, auf die dieser sonst keinen Rechtsanspruch hätte. Nach § 14 AuslG darf die Verpflichtung aber einen bestimmten Zeit­raum nicht über­schreiten. Diese Bestim­mung dient er­kennbar dem Schutz des sich verpflichtenden Dritten und stellt daher keine bloße Ordnungs­vorschrift dar, daher verstößt die zeitlich unbegrenzt abgegebene Erklärung gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB (vgl Palandt-Heinrichs, BGB-Komm., 55.A., § 134 Rn 8 ff) und ist insge­samt nichtig. Auch eine Teilnichtigkeit kommt nicht in Betracht (wird ausgeführt), so daß auch die Sozialhilfe­kosten für den Zeitraum der Gültigkeit des Besuchervisums nicht erstattet werden müs­sen.
VG Sigmaringen 3 K 405/95, B.v. 04.04.95, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1171.pdf Die Ablehnung der Sozialhilfe mit dem Hinweis, die Antrag­stel­ler könnten gem. § 2 BSHG (Nachrangprinzip) ihre Hilfebedürftigkeit beseitigen, indem sie bei Ihren Ver­wandten Unterkunft nehmen, die eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG abge­geben ha­ben, ist unzulässig. Daß die Verwandten auf Nachfrage dem Sozialamtes erklärt haben, sie seien nicht in der Lage die geforderte finanzielle Unterstützung zu gewähren, aber grundsätzlich bereit die Antragsteller in ih­rer Wohnung aufzunehmen, ändert hieran nichts, solange die realen Mög­lichkeiten zur Aufnahme der An­tragsteller tatsäch­lich fehlen. Die Verwandten bewohnen als Ehepaar mit drei Kindern eine Dreizimmerwoh­nung und haben ein Einkommen von 2.800.- DM/Monat, die Aufnahme von fünf weiteren Personen ist al­lein schon wegen der beengten Wohnverhältnisse nicht zumutbar.
VG Sigmaringen 3 K 486/94, U.v. 12.04.95, IBIS e.V.: C1172, InfAuslR 2/96, 70. Verpflichtungserklärun­gen sind gegenüber der Ausländerbehörde nach Maßgabe des § 157 BGB ("Treu und Glauben") aus­zule­gen, in­haltliche Einschränkungen durch Streichungen bei einer Formularerklärung dabei zu be­rücksichti­gen. Vorlie­gend war die im Formular vorgesehene Verpflichtungsformel für einen über einen Touristenauf­enthalt hinaus­gehenden Auf­enthalt durchgestrichen worden. Das Einreisevisum für die bosnischen Flücht­linge war auf einen Monat befristet, die Vorabzustimmung der Ausländerbehörde nur für einen "Be­suchsaufent­halt" erteilt worden. Ein längerer oder Daueraufenthalt war daher zwi­schen den Beteiligten nicht vereinbart. Gemäß § 43 VwGO (Feststellungsklage) wird daher festge­stellt, daß die Verpflichtung über den Zeitraum von gut drei Monaten hin­aus, in dem der Verpflichtete Unterkunft und Lebensunterhalt bereitge­stellt hat (danach hatte er die Verpflich­tung infolge von Konflikten mit den von ihm aufgenommenen Flücht­lingen gegenüber der Behörde gekün­digt), nicht mehr besteht.
VG Arnsberg 8 K 7057/94, U.v. 13.02.96, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1173.pdf Rechtsgrundlage der Verpflichtungserklärung ist nicht § 84, sondern § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG. § 84 AuslG regelt lediglich die Form und Rechtsfolgen einer Ver­pflich­tungserklärung, systemgerecht ist sie deshalb im Abschnitt "Verfahrensvorschriften" des AuslG aufge­nommen. Eine Verpflichtungserklärung ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AuslG "Bedin­gung" für die Auf­enthalts­genehmigung. Aus dieser Verknüpfung folgt, daß für jede Neuerteilung und Verlängerung die Frage neu auf­zuwerfen ist, ob die Aufenthaltsgenehmigung von der Erteilung einer Verpflichtungserklä­rung abhängig zu machen ist. Daraus folgt, daß die Verpflichtungserklärung nur soweit reicht wie die Aufenthalts­genehmigung, für die sie die "Bedingung" bildet. Dieses Ergebnis wird durch den Wortlaut von § 14 AuslG bestätigt, wonach eine Ver­pflichtungser­klärung nur für einen bestimmten Zeit­raum, der die vorgesehene Aufenthaltsdauer nicht überschrei­ten darf, gefordert werden kann. Die Erklä­renden waren deshalb nicht über den Zeitraum der Gültigkeit des Besu­chervisums hinaus zum Unterhalt verpflichtet, obwohl die Verpflichtung unbefristet für die Gesamtdauer des Auf­enthaltes formuliert war und anschließend Aufenthaltsbefugnisse für die bos­nischen Flüchtlinge erteilt wurden.
VG Würzburg, W 7 K 95.1202, U.v. 08.03.96, IBIS e.V.: C1174, InfAuslR 6/96, 211 - Behördliche Forderun­gen sind aufgrund § 84 AuslG nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar, ein Lei­stungsbe­scheid darf und muß nicht ergehen. Eine Verpflichtungserklärung ist nur für einen be­stimmten Zeit­raum vorgese­hen, der die Dauer der vorgesehenen Aufenthaltsgenehmigung nicht überschreiten darf. Die Heranziehung der Leistungsverpflichteten ist nur für einen entsprechend begrenzten Zeitraum zuläs­sig, nur soweit die Inanspruch­nahme von Sozialhilfe nicht auf unvorher­sehbaren Umständen beruht und die Heranzie­hung zum Ersatz nicht zu wirtschaftlichen Ruin des Verpflichteten führt.
VGH Bayern M 6 K 95.4573 v. 14.02.96, IBIS e.V.: C1175, InfAuslR 6/96, 213 - Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG ist gem. § 134 BGB insgesamt nichtig, wenn sie unter Verstoß gegen das gesetzliche Verbot aus § 14 AuslG für einen unbefristeten Zeitraum eingegangen wurde (vgl Palandt, BGB, § 134 Rn 8f). Die Auf­rechterhaltung des Erstattungsanspruches für einen bestimmten Zeitraum ist nicht mög­lich. Auch eine Teilnichtig­keit (§ 139 BGB) kommt nicht in Frage (wird ausgeführt).
VG Saarland 4 K 206/94, Urteil v. 17.12.96, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1176.pdf Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG ist nichtig, wenn sie einem Dritten eine zeitlich unbegrenzte Kostentragungspflicht auferlegt, da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB; § 14 AuslG). Abgesehen davon erscheint es unbillig, die Verpflichtung auf die Zeit nach Ablauf des Visums zu erstecken, da insoweit für bosnische Flüchtlinge aufgrund des Erlasses des Innenministeriums des Saarlandes ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung bestand, der nicht von einer Verpflichtungserklärung abhängig gemacht werden konnte.
VGH Ba-Wü 1 S 1143/96, Urteil v. 26.03.97; InfAuslR 1997, 309; VBlBW 1997, 352, NVwZ-Beil. 1997, 82 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1316.pdf Leitsätze:" Die Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG kann unter bestimmten Voraussetzungen auch dann gefordert werden, wenn der Aufenthalt des Auslän­ders nur geduldet wird. Eine Ver­pflichtungserklärung ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn die vom Verpflichteten übernom­mene Haftung ihrem Umfang nach völlig unangemessen ist und der Verpflichtete bei Abgabe der Erklärung einer psychischen Zwangslage ausgesetzt war."

Die Ausländerbehörde war nicht berechtigt, ohne Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin eine ihrem Umfang nach unbeschränkte Haftungsübernahme entgegenzunehmen. Im Hinblick auf eine Duldung dürfen Auflagen angeordnet werden (§ 56.3 S.2 AuslG), daraus folgt, daß grundsätzlich für eine Duldung auch eine Haftungserklärung verlangt werden darf, wenn kein Anspruch auf die Duldung besteht. Vorliegend dürfte dagegen allerdings der generell geltende Abschiebestopperlaß sprechen.

Die Verpflichtung kann sich im Einzelfall aufgrund konkreter Umstände als sittenwidrig erweisen (§ 138 BGB). Das ist der Fall, wenn die übernommene Haftung ihrem Umfang nach unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten völlig unangemessen ist. Die Klägerin befand sich in einer moralischen Zwangslage - während sie selbst kein originäres Interesse an der Aufnahme ihrer Eltern (etwa zur Betreuung von Kindern) hatte, war es allein ihre Absicht, sie vor den Kriegswirren in ihrer Heimat zu schützen.

Die Verpflichtete ist ohne eigenes Einkommen und Vermögen. Das Einkommen ihres ihren Eltern gegenüber nicht unterhaltsverpflichteten Ehemannes muß außer Betracht bleiben. Vor allem die unbeschränkte Haftungs­übernahme auch für Kosten im Krankheits- und Pflegefall kann vom Umfang her unübersehbar sein, es ist auch nicht ohne weiteres möglich eine Versicherung für diese Risiken abzuschließen. Stellt sich heraus, daß angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse die übernommene Haftung völlig unangemessen ist, geht das zu Lasten der Ausländerbehörde.



Anmerkung: Revisionsentscheidung dazu = BVerwG 1 B 138/97 v. 16.7.97, InfAuslR 1997, 395, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1317.pdf Das BVerwG bestätigt im das Urteil des VGH bezüglich der Frage der Sittenwidrigkeit sowie des geforderten "Wahrheitsgehaltes" (bzgl. der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erklärenden), hält allerdings abweichend vom VGH auch eine Teilnichtigkeit der Verpflichtung für möglich und verweist das Verfahren insoweit an den VGH zurück.
VGH Baden-Württemberg Urteil 1 S 1143/96 v. 26.03.97; InfAuslR 1997, 309; VBlBW 1997, 352, NVwZ-Beil. 1997, 82 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1316.pdf Leitsätze:" Die Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG kann unter bestimmten Voraussetzungen auch dann gefordert werden, wenn der Aufenthalt des Auslän­ders nur geduldet wird. Eine Ver­pflichtungserklärung ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn die vom Verpflichteten übernom­mene Haftung ihrem Umfang nach völlig unangemessen ist und der Verpflichtete bei Abgabe der Erklärung einer psychischen Zwangslage ausgesetzt war."
BVerwG Beschluss 1 B 138/97 v. 16.07.97, InfAuslR 1997, 395; NVwZ 1998, 411, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1317.pdf (Revisionsent­schei­dung zu VGH Ba-Wü 1 S 1143/96 v. 26.3.97 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1316.pdf ): Das BVerwG bestätigt im das Urteil des VGH bezüglich der Frage der Sittenwidrigkeit sowie des geforderten "Wahrheitsgehaltes" (bzgl. der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erklärenden), hält allerdings abweichend vom VGH auch eine Teilnichtigkeit der Verpflichtung für möglich und verweist das Verfahren insoweit an den VGH zurück.
VG Koblenz Urteil 3 K 2561/96.KO vom 26.05.97, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1368.pdf Eine Verpflichtungserklärung ist ein öffentlich-rechtli­cher Ver­trag zugunsten Dritter, so dass die Vorschriften der §§ 54 ff VwVfG über öffentlich- rechtliche Verträge zur Anwendung kommen. Der Vertrag ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nichtig, wenn sich die Behörde eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. Hier hat die Ausländerbehörde gegen den Grundsatz der Geset­zesbindung der Verwaltung verstoßen, indem sie nicht nur die Erteilung der Besuchsvisa, sondern auch die an­schließende Erteilung von Duldungen von der Abgabe der Verpflichtungserklärung abhängig gemacht hat. Die Verwaltung ist nicht befugt, diese Bedingung an ein Bleiberecht zu knüpfen, das - etwa in Gestalt einer Dul­dung nach §§ 54, 55.2 AuslG - jedem Ausländer bzw. einer bestimmten Personengruppe einheitlich und ohne Bedin­gungen hätte gewährt werden müssen (hier: Duldungen für bosnische Kriegsflüchtlinge).
VG Frankfurt/M Urteil 6 E 3494/95 (§) v. 27.05.97 (nicht rechtskr.) IBIS C1318, NVwZ-Beil. 1997, 84 Sozialhil­fekosten können aufgrund einer zugunsten Verwandter bosnischer Kriegsflüchtlinge, die eine Duldung erhalten haben, abgegebenen Verpflichtungserklärung zurückgefordert werden, § 14 AuslG steht der Wirksamkeit nicht entgegen (wird ausführlich begründet). Bezüglich der Krankheitskosten ist die Erklärung wegen des unkalkulier­baren Risikos jedoch unwirksam, da sittenwidrig.
VG Frankfurt/M Urteil 6 E 3557/95 (§) v. 27.05.97 (nicht rechtskr.) IBIS C1319, NVwZ-Beil. 1997, 88 Sozialhil­fekosten können aufgrund einer zugunsten bosnischer Kriegsflüchtlinge, die eine Duldung erhalten haben, ab­gegebenen Verpflichtungserklärung nicht zurückgefordert werden, wenn der Erklärende bei Abgabe der Erklä­rung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung diesen Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (§ 119.1 BGB). Vorliegend ging es nicht wie in anderen Fällen darum, die Einreise aus Bosnien zu ermöglichen, sondern nur um die Verlegung der bereits im Bundesgebiet befindlichen Bosnier in ein anderes Bundesland zwecks ge­sundheitlicher Erholung nach erfolgter Magenoperation für die dafür erforderliche Zeit von voraussichtlich drei Monaten, in der der Verpflichtete die Bosnier in seiner Wohnung aufgenommen und versorgt hat. Der Verpflich­tete konnte davon ausgegangen, dass bei Auszug aus seinem Haus die Erklärung erlischt.
VG Frankfurt/M Urteil 6 E 2176/96 (1) v. 27.05.97, IBIS C1369 Die Angabe "Besuch ca. 1 Monat" als Zweck des Auf­enthaltes bewirkt eine entspr. Befristung der Verpflichtungserklärung, Sozialhilfekosten für darüber hinausge­hende Zeiträume können nicht zurückgefordert werden.
VG Frankfurt/M, Urteil 6 E 3515/95 v. 27.05.97, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1436.pdf

Volltext im Internet: www.rz.uni-frankfurt.de/vg-frankfurt/95_3515.htm .

Das VG weist die Forderung nach Erstattung von 10.440.- DM Krankenbehandlungskosten als sittenwidrig zurück. Leitsätze: "1.Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 Abs. 1 AuslG, mit der sich der Unterzeichner verpflichtet, die öffentlichen Mittel zu erstatten, die für ärztliche Behandlung und Krankenhausaufenthalt eines Ausländers während dessen Aufenthalt in der Bundesrepublik entstehen werden, ist unter dem Aspekt einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 GG) nichtig, wenn objektiv keine Möglichkeit besteht, den Ausländer gegen das Krankheitsrisiko zu versichern. 2.Das Krankheitsrisiko bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge, die nach 1991 Zuflucht in der Bundesrepublik gesucht haben, konnte durch private Krankenversicherungen nicht abgedeckt werden, weil die Versicherungsunternehmen nicht bereit waren, entsprechende Versicherungsverträge abzuschließen. 3.Ist für eine Ausländerbehörde erkennbar, dass der Unterzeichner einer Verpflichtungserklärung im Sinne des § 84 Abs. 1 AuslG wegen seiner Unerfahrenheit die Konsequenzen seiner Verpflichtungserklärung im Hinblick auf die Krankenkosten nicht abgesehen hat und deshalb das unkalkulierbare Risiko einer lebenslangen Überschuldung eingeht, so ist die Annahme einer solchen Erklärung ohne vorherige Aufklärung wegen Verletzung des Grundrechts der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) nichtig."


VGH Ba-Wü Urteil 6 S 2561/96 v. 22.08.97, InfAuslR 1998, 47; NVwZ 1998, 428; VBlBW 1998, 76, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1320.pdf

Leitsatz: "Eine Person, die sich gegenüber einer Ausländerbe­hörde verpflichtet hat, die Kosten des Lebensunterhaltes und die Ausreisekosten eines Ausländers zu tragen, kann je­denfalls dann, wenn es sich aus der Verpflichtungserklärung selbst ergibt, dass sie nur im Rahmen des § 14 AuslG abgegeben wurde, nur in Anspruch genommen werden, wenn dem Ausländer eine Aufenthaltsgenehmi­gung er­teilt wurde."

Vorliegend kann das Sozialamt keinen Erstattungsanspruch geltend machen, weil die Erklärung zum Zweck der Er­teilung eines Visums abgegeben wurde, die Leistungsberechtigten jedoch ohne Pass und Visum (illegal) ein­gereist sind.
VGH Hessen, Urteil 10 UE 2030/95 v. 29.08.97, IBIS C1370, InfAuslR 1998, 166; EZAR 603 Nr. 5. Leitsätze:

1. Die Erstattungspflicht gem. § 84 Abs. 1 AuslG folgt unmittelbar aus dem Gesetz und beruht nicht auf einer ent­sprechenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtung.

2. Bei der Verpflichtung gem. § 84 AuslG handelt es sich um ein einseitiges öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft sui generis und nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. §§ 54ff. VwVfG bzw. §§ 54ff HVwVfG.

3. Das Schriftformerfordernis gem. § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist erfüllt, wenn die Urkunde allein von dem sich ver­pflichtenden Bürger unterzeichnet worden ist.

4. Eine Verpflichtung gem. § 84 AuslG kann nur für den Zeitraum der vorgesehenen Aufenthaltsdauer, also in der Regel nur für die Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung verlangt werden.

5. Eine Verpflichtung gem. § 84 AuslG für die Dauer einer gemäß §§ 54 und 55 Abs. 2 AuslG zwingend zu ertei­lenden Duldung kann von der Ausländerbehörde bzw. der Auslandsvertretung nicht verlangt werden.

6. Die Erstattungspflicht gem. § 84 Abs. 1 AuslG ist auf die Zeit der vorgesehen Aufenthaltsdauer bzw. auf die Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung beschränkt.

7. Die Ausländerbehörde bzw. die Auslandsvertretung muss den sich gem. § 84 Abs. 1 AuslG verpflichtenden Bürger umfassend, sachgerecht und im Hinblick auf die im jeweiligen Einzelfall naheliegenden finanziellen Auswirkungen und Risiken belehren, die Belehrung ist von Amts wegen durchzuführen und aktenkundig zu ma­chen. Fehlt es daran, muss die Erstattung begehrende Behörde in der Regel sich diesen Umstand in der Weise zu­rechnen lassen, dass ein gleichwohl ergangener Bescheid über den Erstattungsanspruch wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben ist.


Der VGH hat mit dem sehr ausführlich begründeten, die vorliegende Rechtsprechung zur § 84 AuslG umfassend würdigenden Urteil den vom VG zunächst für rechtmäßig erklärten Heranziehungsbescheid des Sozialamtes, der die Klägerin zur Erstattung der Leistungen für eine 5-köpfige bosnische Flüchtlingsfamilie verpflichtete, aufgeho­ben. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zugelassen.
VGH Bayern 12 B 96.1165, Urteil v. 17.07.97, InfAuslR 1998, 45; NVwZ-RR 1998, 264; EZAR 603 Nr. 4 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1320a.pdf (nicht rechtskräftig - siehe dazu BVerwG weiter unten!) Leitsätze:

"1. Der Erstattungsanspruch nach § 84.1 AuslG kann durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden.

2. Durch die Abgabe einer Verpflichtungserklärung nach § 84.1 AuslG gegenüber der Ausländerbehörde kommt kein öff.-rechtlicher Vertrag zustande. Die Formvorschrift des Art. 57 BayVwVfG ist daher nicht einschlägig.

3. Eine für die Gesamtdauer des Aufenthaltes des Ausländers abgegebene Verpflichtungserklärung kann nur in­soweit einen gesetzlichen Erstattungsanspruch nach § 84.1 AuslG auslösen, als sie in einem konkreten Verwal­tungsverfahren für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung bestimmend war. Die Erteilung einer Duldung kann jedenfalls dann nicht zu einem Erstattungsanspruch führen, wenn auf die Duldung unabhängig von einer Verpflichtungserklärung ein Rechtsanspruch besteht."

Eine psychische Zwangslage, in der sich die Klägerin, die die Erklärung zugunsten ihres Bruders und seiner Fami­lie abgegeben hat, führt nicht zur Sittenwidrigkeit bzw. Nichtigkeit der Verpflichtungserklärung (a.A. VGH Ba-Wü v. 26.3.97, InfAuslR 1997, 309). Die für die Dauer der Gültigkeit des Visums (3 Monate) geleistete Sozialhilfe ist da­her zurückzuerstatten.
OVG NRW 17 A 2160/97 v. 23.09.98; EZAR 603 Nr. 8; NWVBl. 1999, 185, IBIS C1420: Die Erklärung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ist eine einseitige öffentlich-rechtliche Verpflichtungserklärung sui generis. Als solche unterliegt sie denselben Wirksamkeitsanforderungen wie sonstige verwaltungsrechtliche Erklärungen, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet sind. Die Inanspruchnahme aus einer wirksamen Verpflichtungserklärung ist ausgeschlossen, wenn hierdurch die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG unterlaufen wird. Dies ist bei einer auf "unbefristet(e)" Zeit abgegebenen Verpflichtungserklärung der Fall.
OVG Lüneburg 11 L 492/97 v. 27.08.98, FEVS 1999, 316, IBIS e.V. C1500 Hat die Ausländerbehörde im Hinblick auf eine Verpflichtungserklärung der Erteilung eines auf drei Monate befristeten Visums zugestimmt, ist die Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1 AuslG auf diesen Zeitraum beschränkt. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG sowie daraus, dass die Ausländerbehörde vorliegend ihre gegenüber den Klägern bestehenden besonderen Hinweis- und Aufklärungspflichten über die finanziellen Auswirkungen der Erklärung verletzt hat (wird ausgeführt). Das Urteil bezieht sich auf eine zu Zwecken des Familiennachzugs (§ 17 Abs. 1 AuslG) abgegebene Erklärung.
BVerwG, Urteil 1 C 33.97 v. 24.11.98, EZAR 603 Nr. 7; InfAuslR 1999, 182; ZfSH/SGB 1999, 288; NVwZ 1999, 779; FEVS 1999, 289; DVBl 1999, 537; JZ 1999, 671; GK AsylbLG § 8 BVerwG Nr. 1; IBIS C1371

Leitsätze: "1. Der Erstattungsanspruch gem. § 84 Abs. 1 AuslG ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

2. Zur Begründung des Anspruchs gem. § 84 Abs. 1 AuslG genügt eine einseitige, vom Verpflichtungsgeber unterzeichnete Willenserklärung gegenüber der Ausländerbehörde oder Auslandsvertretung (Verpflichtungserklärung).

3. Verpflichtungserklärungen müssen nicht befristet sein und sich nicht auf einen bestimmten Aufenthaltstitel beziehen. Die im Zusammenhang mit der Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind grundsätzlich im Hinblick auf den Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 22. Mai 1992 auszulegen. Die Erklärung, den Unterhalt des Ausländers für die Zeit seines bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, ist hinreichend bestimmt.

4. Gegen Ansprüche gem. § 84 Abs. 1 AuslG kann grundsätzlich nicht eingewendet werden, Verpflichtungserklärungen zur Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge seien unter sachwidriger Ausnutzung staatlicher Übermacht abgegeben worden und überforderten die Verpflichtungsgeber unzumutbar.

5. Die Erstattungspflicht gem. § 84 Abs. 1 AuslG erstreckt sich nur auf rechtmäßig erbrachte Aufwendungen.

6. Die nach § 84 AuslG anspruchsberechtigte Behörde hat bei atypischen Gegebenheiten nach Ermessen über die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zu entscheiden. Ein Ausnahmefall in diesem Sinn liegt bei der Aufnahme der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge in der Regel vor.

7. Zu den maßgeblichen Ermessenserwägungen."


Wortlaut Presseerklärung BVerwG: Die Klägerin, eine in München lebende Bosnierin, die selbst nur über ein bescheidenes Einkommen verfügt und deren Haushalt sechs Personen umfaßt, hatte im September 1992 die Einreise ihres Bruders und dessen vierköpfiger Familie durch die schriftliche Erklärung ermöglicht, deren Lebensunterhalt zu tragen. Aufgrund dieser Erklärung wurde sie zur Zahlung der der Familie ihres Bruders für die Zeit von Oktober 1992 bis Oktober 1993 gewährten Sozialhilfe in Höhe von 26.636 DM herangezogen. Die Klage hatte vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof teilweise Erfolg. Nach dessen Ansicht besteht ein Erstattungsanspruch nur für den dreimonatigen Zeitraum der Gültigkeit der Einreisevisa; die Verpflichtungserklärung erstrecke sich nicht auf den anschließenden Zeitraum des gemäß dem Beschluss der Innenministerkonferenz lediglich geduldeten Aufenthalts der Flüchtlinge.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die grundsätzliche Erstattungspflicht der Klägerin bejaht: Die von der Klägerin und nicht auch von einem Behördenvertreter unterzeichnete Verpflichtungserklärung genügt als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung der gesetzlich vorgesehenen Schriftform. Inhalt und Reichweite der Erklärung sind nach objektiven Umständen hinreichend bestimmbar; maßgebend ist hier der Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina und dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 22. Mai 1992. Weder dem Ausländergesetz noch allgemeinen Rechtsgrundsätzen lässt sich entnehmen, dass Verpflichtungserklärungen befristet sein und sich auf einen bestimmten Aufenthaltstitel beziehen müssten; daher ist es insbesondere unschädlich, dass den bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet Duldungen erteilt wurden. Die politische Entscheidung, Bosnienflüchtlingen die Einreise nur bei Vorliegen einer Verpflichtungserklärung nach § 84 des Ausländergesetzes zu gestatten, verstößt weder gegen rechtsstaatliche Grundsätze noch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB).
Der angefochtene Bescheid ist dennoch aufgehoben worden, weil die Beklagte gebotene Ermessenserwägungen nicht angestellt hat. Das Ausländergesetz regelt nicht die Frage, ob die Behörde einen Erstattungsanspruch gemäß § 84 geltend machen muss oder ob sie insoweit Ermessen auszuüben hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat unter Rückgriff auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auf gesetzliche Regelungen vergleichbarer Fallgestaltungen entschieden, dass die Behörde in atypischen Fällen nach Ermessen darüber zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang sie den Erstattungspflichtigen heranzieht. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Zum einen waren die Regeln der Innenministerkonferenz zur Aufnahme von Bosnienflüchtlingen auf Beschleunigung und Vereinfachung des Aufnahmeverfahrens angelegt. Dementsprechend wurde die finanzielle Leistungsfähigkeit der Verpflichtungsgeber im allgemeinen nicht geprüft, so dass es geboten ist, persönlichen Härten bei Erlass der Heranziehungsbescheide Rechnung zu tragen.
Zum andern waren die finanziellen Lasten, die sich aus der Aufnahme von Bosnienflüchtlingen ergeben konnten, weder für den Einzelnen noch für die Ausländerbehörden abschätzbar. Indem die zuständigen Behörden dessen ungeachtet Flüchtlingen die Einreise gestatteten, haben sie Mitverantwortung für das damit verbundene Risiko übernommen. Das erfordert die Prüfung, ob es nach Maßgabe aller Umstände gerechtfertigt ist, dass die finanziellen Folgen dieser Risikoentscheidung allein von den Verpflichtungsgebern getragen werden.
Im Rahmen der danach gebotenen Ermessensausübung wird nicht nur auf die Besonderheiten der Einzelfälle einzugehen, sondern auch zu berücksichtigen sein, dass die staatliche Fürsorge für die Bosnienflüchtlinge, die - anders als die von der Klägerin unterstützte Familie - ohne Visum eingereist sind, insgesamt von der Allgemeinheit getragen worden ist.
OVG Münster 17 E 66/98 v. 18.12.98, ZFSH/SGB 1999, 288; GK AsylbLG § 8 OVG Nr. 1; IBIS C1430 Leitsatz: "Verfahren über Erstattungsforderungen auf Grund einer Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG sind auch dann nicht gerichtskostenfrei, wenn es sich um die Erstattung von nach dem AsylbLG erbrachten Leistungen handelt." Es handelt sich um keine Streitigkeit der in § 188 Abs. 2 VwGO genannten Sachgebiete, sondern um eine Streitigkeit auf dem Gebiet des Ausländerrechts.
Anmerkung: Streitigkeiten nach AsylbLG sind gemäß § 188 Abs. 2 VwGO grundsätzlich gerichtskostenfrei, so alle (!) hier zum AsylbLG vorliegenden Entscheidungen, vgl. zur Begründung OVG Münster, IBIS C1112; ZfSH/SGB 1994, 368, sowie OVG Hamburg, Bs IV 83/94 v. 27.6.94, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1113.pdf.
OLG Celle 1 W 25/98 v. 8.3.99, NVwZ-RR 2000, 119, IBIS C1530 Ein zivilrechtlicher Anspruch der Klägerin, einer Hochschule gemäß Niedersächischem Hochschulgesetz, auf Erstattung von Krankenbehandlungskosten durch den Unterzeichner einer Verpflichtungserklärung gemäß § 84 AuslG besteht nicht. Der Hochschule sind aufgrund eines mit der Schwester des Beklagten abgeschlossenen privaten Krankenhausvertrages für die Behandlung Kosten entstanden, damit sind aber keine öffentlichen Mittel - wie etwa bei der Gewährung von Sozialhilfe oder einer Unterbringung - zur Verfügung gestellt worden. Dass die Klägerin nicht aus der Verpflichtung gemäß § 84 begünstigt ist, ergibt sich auch daraus, dass nach § 84 Abs. 2 der Erstattungsanspruch nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar ist, eine Vollstreckbarkeit aus einem privaten Krankenhausvertrag aber nicht in Betracht kommt. Damit kann die Hochschule aber auch nicht als begünstigte Dritte aus der Verpflichtungserklärung angesehen werden.
VG Hannover 3 A 3320/01, U.v. 20.11.01, InfAuslR 2002, 195; NVwZ-RR 2002, 443; IBIS C1732 Eine Erklärung nach § 14 i.V.m. § 84 AuslG, für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu sorgen, verliert ihre Wirksamkeit, wenn der Ausländer einen von der Erklärung unabhängigen Anspruch auf Aufenthalt erwirbt (hier: Aufenthaltserlaubnis als EU-Arbeitnehmerin). Die Garantieerklärung ist zeitlich auf den Zeitraum beschränkt, in dem dem Aufenthalt des Ausländers seine Unfähigkeit, für sich selbst zu sorgen, ausländerrechtlich entgegengehalten werden kann.

Eine Kürzung des Anspruchs auf Sozialhilfe (hier: auf Pflegegeld nach § 68ff. BSHG) wegen einer nach §§ 14, 84 AuslG abgegeben Erklärung ist unzulässig. Die Garantieerklärung bewirkt keinen Rechtsanspruch des Ausländers auf Unterhaltsleistungen gegenüber dem Garantiegeber und ist deshalb nicht mit einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Hilfeempfänger vergleichbar.
VG Karlsruhe 8 K 521/02, B.v.18.03.02, InfAuslR 2003, 113 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2447.pdf Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG steht einem Anspruch auf Leistungen nach AsylbLG nach dessen § 8 Abs. 1 nur dann entgegen, wenn der Leistungsberechtigte vom Unterzeichner der Verpflichtungserklärung auch tatsächlich Leistungen erhält (ebenso bereits VGH Ba-Wü 6 S 2371/93, B.v. 19.11.93, InfAuslR 1994, 52 http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE118089300&psml=bsbawueprod.psml&max=true sowie VGH Bayern U.v. 23.02.94, 12 CE 94.101, InfAuslR 1996, 23).

Nach türkischem Recht, das vorliegend gemäß § 18 Abs. 1 EGBGB maßgeblich ist, kann zwischen Geschwistern eine Unterhaltsanspruch bestehen, der nach § 8 AsylbLG den Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG ausschließen kann.


VG Minden 11 K 1203/02, U.v. 11.11.02 www.justiz.nrw.de Tatbestand: Der bosnischen Familie O. wurde ein für März 2001 gültiges Visum zum Besuch des hier lebenden Klägers erteilt. Der Kläger hatte sich gem. § 84 AuslG verpflichtet, für "zwei Monate ab Einreise" die Kosten für den Lebensunterhalt der Familie zu tragen. Die Familie reiste während der Gültigkeitsdauer des Visums nicht ins Bundesgebiet ein, wurde aber im Oktober 2001 in die Bundesrepublik überstellt, da sie in Norwegen einen Asylantrag gestellt hatte und Deutschland auf Grund des erteilten Schengenvisums für den Asylantrag zuständig war. Das Sozialamt forderte den Kläger auf, die an die Familie O. gezahlten Leistungen nach AsylbLG zu erstatten.
Gründe: Der Bescheid ist rechtswidrig. Der Wille, sich zu verpflichten, ist - wenn die Erklärung im Zusammenhang einem Besuchsvisum abgegeben wird - regelmäßig auf die Dauer des Besuchsvisums und den beabsichtigten Aufenthaltszweck beschränkt. Die Verpflichtung erstreckt sich deshalb regelmäßig nicht auf einen Aufenthalt der Verwandten, der zu einem anderen Zweck und zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt und nicht mehr in einem ursächlichem und zeitlichen Zusammenhang mit dem Visum steht (vgl. VGH Mannheim6 2561/96, U.v. 22.08.97, InfAuslR 1998, 47). Die Erklärung wurde in zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang mit dem Besuchsvisum abgegeben und auf zwei Monate beschränkt, ging also ersichtlich davon aus, dass der Aufenthalt nur Besuchszwecken dient.
Anders als bei Anträgen auf eine Aufenthaltserlaubnis hängt das Recht eines Ausländers, in Deutschland um Asyl nachzusuchen, nicht davon ab, dass sein Lebensunterhalt durch eigenes Vermögen oder das Vermögen von Verwandten gesichert ist. Sein Recht auf Einreise hängt in diesem Fall nicht davon ab, dass Dritte sich zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde verpflichten. Bedarf es zum Aufenthalt von Verwandten nicht der Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung, kann - sofern dies nicht ausdrücklich erklärt wird - auch nicht angenommen werden, dass Dritte sich in einer derartigen Weise gegenüber der Ausländerbehörde zu Erstattung von Leistungen verpflichten wollen.
OVG Lüneburg 7 LB 182/02, U.v. 20.07.05, InfAuslR 2005, 485 www.dbovg.niedersachsen.de/index.asp Eine Kommune kann regelmäßig die Kosten für den Aufenthalt eines Ausländers von demjenigen zurückfordern, der vor Erteilen einer Einreisegenehmigung eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgegeben hat (§ 84 AuslG, jetzt § 68 AufenthG). Ein solcher Regelfall liegt bei einer Einladung aus persönlichen Gründen vor. Eine Ausnahme (mit der Folge, dass die Behörde hinsichtlich der Rückforderung eine Ermessensentscheidung zu treffen hätte) kann nicht mit einer Hinweis- und Aufklärungspflicht der Behörde begründet werden. Denn diese ist nicht verpflichtet, nach Abgabe dieser Erklärung den Garantiegeber auf das Kostenrisiko hinzuweisen, bevor sie der Einreise zustimmt.
VG Braunschweig 3 A 55/04, U.v. 26.01.06, InfAuslR 2006, 389 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/8199.pdf Dem im Jahre 1999 bundeseinheitlich benutzten Formular für eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG ist nicht zu entnehmen, dass sich eine zeitliche Beschränkung der Haftung nicht auf die Ausreise- und Abschiebungskosten bezieht.
SG Düsseldorf S 35 AS 245/06 ER, B.v. 05.12.06 www.sozialgerichtsbarkeit.de Eine selbstschuldnerische Bürgschaft eines Dritten gegenüber der Ausländerbehörde steht der Gewährung von Leistungen nach SGB II nicht entgegen.

Herr H verpflichtete sich lediglich, dafür Sorge zu tragen, dass die Antragstellerin keine Leistungen nach BSHG in Anspruch zu nehmen braucht. Dies dürfte sich nicht auf das SGB II beziehen, denn beim SGB II handelt sich um ein Nachfolgegesetz zur Arbeitslosenhilfe (SGB III) und nicht zum BSHG. Nachfolgegesetz des BSHG ist das SGB XII.

Unabhängig davon dürfte aus der Verpflichtung, die Herr H eingegangen ist, kein Anspruch der Antragstellerin gegenüber Herrn H entstanden sein. Dies folgt aus der Tatsache, dass Herr H als Bürge einspringt. Der Bürge kann aber in der Regel nur von demjenigen in Anspruch genommen werden, gegenüber dem er bürgt, nicht vom dem demjenigen, für den er bürgt.
BSG B 8 AY 1/09 R, B.v. 26.10.10 Für Einwände des Unterzeichners einer Verpflichtungserklärung (Haftung für den Lebensunterhalt nach § 68 AufenthG) gegen Erstattungsansprüche des Trägers der Asylbewerberleistungen ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Die Sozialgerichte sind dafür nicht zuständig.
SG Dortmund S 47 AY 58/11 ER, B.v. 11.05.11 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2446.pdf Eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG steht gemäß § 8 Abs 1 AsylbLG einem Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG dann nicht entgegen, wenn sich der Verpflichtete weigert, den Lebensunterhalt des Angehörigen tatsächlich sicher zu stellen. Nur diese Auslegung ist bezüglich des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Sicherung des Existenzminimums gem Art 1 Abs 1, 20 Abs 1 GG verfassungskonform (vgl. BVerfG 09.02.10 - 1 BvL 1/09).

Die Antragstellerin hat auch keinen unterhaltsrechtlichen Anspruch gegen Herrn x. nach BGB oder aufgrund der Verpflichtungserklärung, denn letztere betrifft nur das Verhältnis zwischen Herrn x. und der Verwaltung, sie gewährt aber der Antragstellerin selbst keinen Anspruch. Sie hat daher auch keine Möglichkeit, gegen Herrn x. selbst vorzugehen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen, wobei ihr selbst dann keine "bereiten Mittel" zur Verfügung stünden, wenn sie einen solchen Anspruch hätte und dieser nicht ohne gerichtliche Zwangsmittel erfüllt würde.


LSG Halle L 5 AS 643/15 B ER B.v. 09.10.15 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2679.pdf ALG II für syrischen Flüchtling, der aufgrund einer Verpflichtungserklärung seines Bruders im Wege der Familienzusammenführung nach Deutschland gekommen ist und eine AE nach § 23 Abs. 1 AufenthG erhalten hat, nachdem der zugereiste Bruder als Flüchtling anerkannt wurde und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2, 1. Alt. AufenthG erhalten hat. Das Vorhandensein einer Verpflichtungserklärung setzt dieser Aufenthaltstitel gerade nicht voraus. Zum anderen begründet die Verpflichtungserklärung nur einen Kostenersatzanspruch der Behörde gegen den Verpflichtungsgeber, nicht jedoch einen unmittelbaren Anspruch des Antragstellers gegen den Verpflichtungsgeber. RA Philippsohn aus Hannover, der die Entscheidung erstritten hat, weist darauf hin, dass nach dieser obergerichtlichen Entscheidung in gleichartig gelagerten Fällen zumindest Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.

Literatur zu Fragen der Wirksamkeit von Verpflichtungserklärungen:

  • Rittstieg, InfAuslR 1994, 58 und 284

  • Christ, InfAuslR 1996, 216

  • Einzinger, Rechtsgutachten zu § 84 AuslG (sh. Litera­turliste)

  • Reich/Schmitz, JZ1995, 1002 (zu § 84 AuslG & Sittenwidrigkeit)

  • Welte, BWVP 1996,155 (stellt die Position des BMI dar).

  • Schlette, NVwZ 1998, 125, Rechtsfragen der "Verpflichtungserklärung" nach §§ 14 I, 84 AuslG

  • Siehr/Bumke, ZAR 1998, 210, Die Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG


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