Art. 6 GG, BGB, AuslG - Eheschließung, Scheinehe, islamische Ehe; Aufenthaltsrecht durch Vaterschaft; Kindernachzugsalter
LG Saarbrücken 5 T 869/97 v. 15.03.99, InfAuslR 1999, 467, IBIS C1480 (Scheinehe; beabsichtige Ehe eines Muslims mit einer geistig behinderten unter Betreuung stehenden Deutschen) Im Hinblick auf die grundsätzlich bestehende Eheschließungsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung deutsch/ausländisch Verlobter sind im konkreten Fall sehr erhebliche und gewichtige Gründe erforderlich, um die Ablehnung der Eheschließung zu stützen. Das setzt voraus, dass der ehefremde Zweck sowohl ausschließlich als auch offenkundig und jederzeit nachweisbar von beiden Heiratswilligen verfolgt worden ist (zum neu gefassten Eherecht, BGB §§ 1311 S.2, 1314 Abs. 2 Nr. 5, 1353 Abs. 1; § 5 Abs. 4 Personenstandsgesetz).
VGH Hessen 12 TG 2545/99 v. 21.03.00, InfAuslR 2000, 385; EZAR 023 Nr. 20. Die Ausländerbehörde darf das Führen der eheliche Lebensgemeinschaft, wenn die Ehe gültig geschlossen und nicht aufgehoben ist, nur bei begründeten Zweifeln und unter Achtung der Intimsphäre der Ehegatten überprüfen. Zum Umfang der Befragungen und Überprüfungen.
OVG Schleswig-Holstein 11 M 3199/00, B.v. 15.11.00, InfAuslR 2001, 82 Für die Annahme einer Scheinehe reicht es nicht aus, wenn der Zweck der Ehe zwar auch, aber nicht ausschließlich die Verschaffung des Aufenthaltstitelswar. Das Innehaben zweier Wohnungen schließt die Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft nicht von vorneherein aus.
OVG Me-Vo 3 M 35/00, B.v. 22.06.00, InfAuslR 2001, 128 Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht auch, wenn die Eheleute ihre höchstpersönliche Beziehung so ausgestalten, dass sie nicht in einer gemeinsamen Wohnung leben.
OVG Berlin 8 SN 175.00, B.v. 19.07.00, InfAuslR 2001, 81 Die Erteilung eines Aufenthaltstiteslzur Eheschließung im Eilrechtschutzverfahren kann als Ausformung der verfassungsrechtlichen Garantie effektiven Rechtschutzes geboten sein. Die durch Art. 6 GG geschützte Absicht, beginnend mit der Heirat eine Ehe im Heimatland des deutschen Ehepartners zu führen, wird durch eine Verfahrensdauer im Hauptsacheverfahren von mehreren Jahren vereitelt. Der Verweis der Antragsgegnerin auf das vom Ausland zu betreibende Visumsverfahren lässt im übrigen die Frage offen, inwiefern sie von ihrer Auslandsvertretung aus weitere Ermittlungen hbinsichtlich der Seriosität der Eheführungsabsicht anzustellen gedenkt, wenn es an einem tatsächlichen Zusammenleben der Eheleute zwangsläufig fehlt.
VGH München, 10 CE 99.968 v. 02.07.99, NVwZ-Beilage I 2000, 5, IBIS C1518 Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung (§ 55 Abs. 2 AuslG, Art, 6 GG) für den nach Ablehnung seines Asylantrags ausreisepflichtigen, sorgeberechtigten Vater eines bei einer Pflegefamilie untergebrachten nichtehelichen deutschen Kindes, der den regelmäßigen Kontakt zu seinem Kind pflegt. Zum Anspruch des Vaters auf Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AuslG bzw. Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG.
VGH Ba-Wü 13 S 2456/99 v. 02.05.00, EZAR 020 Nr. 14 Leitsatz: "Ein (bestandskräftig) ausgewiesener Ausländer, der eine familiäre Lebensgemeinschaft mit einem nichtehelichen minderjährigen Kind unterhält, kann Anspruch auf Erteilung einer Duldung haben, um eine Legalisierung seines Aufenthalts nach § 30 Abs. 4 AuslG zu ermöglichen."
BVerfG 2 BvR 1523/99 v. 31.08.99, NVwZ 2000, 59, EZAR 622 Nr. 37, IBIS C1519 Besteht eine Vater-Kind-Beziehung, ist zu beachten, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch die Möglichkeit der Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich wird. Die Betreuungsaufgaben, die der Vater erbringen kann - allein oder gemeinsam mit der Mutter - entfalten ggf. auch als Beistandsgemeinschaft aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen aus Art 6 GG.
Ein Zurücktreten des Interesses am Vollzug ausländerbehördlicher Entscheidungen könnte aufgrund der vom Gesetzgeber mit der Reform des Kindschaftsrechts getroffenen Entscheidung zugunsten nichtehelicher Väter und eines gemeinsamen Sorgerechts sowie eines Anspruchs des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen anzunehmen sein.
In ausländerrechtlichen Eilverfahren ist zu berücksichtigen, dass gerade bei einem kleinen Kind (im vorl. Fall ist das Kind 2 1/2 Jahre alt) die Entwicklung sehr schnell voranschreitet, so dass hier im Lichte von Art. 6 GG auch eine verhältnismäßig kurze Trennungszeit schon unzumutbar sein kann. Es dürfte daher unzulässig sein, den Vater abzuschieben allein unter Hinweis darauf, dass er seine Ansprüche auf ein Aufenthaltsrecht auch im Hauptsacheverfahren vom Ausland aus verfolgen kann.
EGMR Beschwerde Nr. 29192/95 (Ciliz), Urteil v. 11.07.00, InfAuslR 2000, 473 Wird einem Ausländer, der geschieden wurde und sich um die gerichtliche Regelung seines Umgangsrechts mit seinem bei der Mutter lebenden Sohn bemüht, die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung und seine Wiedereinreise nach erfolgter Abschiebung zur Teilnahme an den weiteren Verfahrensschritten verweigert, so stellt die einen Eingriff in sein Familienleben i.S. d. Art. 8 EMRK dar.
VG Frankfurt/Oder 5 L 428/00 v. 31.07.00, InfAuslR 2000, 503 Zum Anspruch einer Deutschen auf Erteilung einer Betretenserlaubnis nach § 9 Abs. 3 AuslG für ihren ausgewiesenen und mit einem Einreiseverbot belegten Bräutigam zwecks Durchführung der Eheschließung.
OVG Sachsen 3 BS 713/99, B.v. 31.08.00, SächsVBl 2001, 116; IBIS C1633. Erklären nicht miteinander verheiratete Eltern nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB, dass sie die Sorge für Ihr Kind gemeinsam ausüben werden, dann ist entsprechend dem verfassungsrechtlichen Schutzgebot nach Art 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG die Abschiebung des ausländischen Elternteils rechtlich unmöglich i.S.d. § 55 Abs. 2 AuslG und deshalb eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG zu erteilen. Etwas anders könnte nur dann gelten, wenn erkennbar Umstände vorliegen, aufgrund derer die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, dass die nicht miteinander verheirateten Eltern ihr gemeinsames Sorgerecht nicht ausüben und ihrer entsprechenden Pflicht nicht nachkommen werden.
OVG Nds 4 MA 911/01, B.v. 17.05.01, InfAuslR 2001, 387; IBIS e.V. C1662 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1662.pdf Der Antragsteller kann vorläufig eine Duldung gemäß § 55 Abs. 2 AuslG beanspruchen, weil er mit einer deutschen Staatsbürgerin B. nach islamischem Ritus verheiratet ist. Der Schutz der Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 GG erfordert die Duldung des Antragstellers zur Gewährleistung des ehelichen Zusammenlebens der Eheleute im Bundesgebiet (vgl. OVG Nds. 4 M 443/00 B.v. 03.03.00 und 4 MA 1129/01 v. 20.04.01). Auch eine nach islamischem Ritus geschlossene Ehe ist nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Die Behörde hat die ehelichen Bindungen bei ihrer Ermessensausübung pflichtgemäß zur Geltung zu bringen (BVerwG, Urt. v. 30.4.1985 – 1 C 33.81 -, BVerwGE 71, 228; OVG Nds. a.a.O. m.w.N.).
OVG Saarland 1 W 8/01, B.v. 18.01.02, InfAuslR 2002, 231 Die zwischen einem Ausländer und einer Deutschen nach islamischen Kodex geschlossene Ehe unterfällt jedenfalls dann nicht dem Schutz des Art. 6 GG bzw. Art 8 EMRK, wenn auch nach dem Heimatrecht des Ausländers (hier: Algerien) keine rechtsgültige Ehe vorliegt.
VG Frankfurt M. 1 G 2703/02 (1), B.v. 07.10.02, IBIS M2726 Ehe nach islamischen Ritus ist nicht durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt, polygame Ehe nicht durch Art. 8 EMRK geschützt.
EGMR 29192/95, U.v. 11.07.00, EZAR 935 Nr. 10 Es stellt einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben dar, wenn einem Elternteil, das eine gerichtliche Regelung des Umgangs mit dem gemeinsamen, nach der Ehescheidung bei der Mutter lebenden Kind anstrebt, der weitere Aufenthalt verwehrt und er abgeschoben wird.
Österreichischer Verfassungsgerichtshof B 1151/01-12, B.v. 06.12.01, IBIS C1679, InfAuslR 2002, 131 mit Anm. Rittstieg, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1679.pdf, www.vfgh.gv.at/vfgh/presse/B1151-12-01.pdf
Der Beschluss macht erneut erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Herabsetzung des Höchstalters für den Kindernachzug geltend. In Österreich wurde durch § 21 FremdenG 1997 der Nachzug auf die Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt.
Der öVfGH hatte diese Altersgrenze mit Erkenntnis G 16/00 v. 19.06.00, IBIS e.V. C1680, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1680.pdf , www.vfgh.gv.at/vfgh/presse/G16-6-00.pdf aufgehoben. Daraufhin hat der Gesetzgeber die Altersgrenze auf die Vollendung des 15. Lebensjahres festgesetzt, was der öVfGH nunmehr ebenfalls als unzulässig ansieht.
Nach Auffassung des ÖVfGH sind unter 16-jährige nach der allgemeinen Lebenserfahrung und gebotener Durchschnittsbetrachtung von ihren Eltern abhängig und im Regelfall nicht selbsterhaltungsfähig. Wegen der Betreuungsbedürftigkeit dieser Kinder, die sich in ihrer Schulpflicht sowie dem bis zur Beendigung der Schulpflicht geltenden Beschäftigungsverbot manifestiert, liege eine sachfremde Ungleichbehandlung der Drittstaatsangehörigen vor.
BVerfG 2 BvR 231/00, B.v. 30.01.02, IBIS M1945 Verfassungsrechtlicher Schutz der Vater-Kind-Beziehung. Der Kläger ist abgelehnter Asylbewerber aus der Türkei, der mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Tochter hat, die ebenfalls als Klägerin an dem Verfahren beteiligt ist. Der Kläger hielt sich teilweise mit Kenntnis der Ausländerbehörde, teilweise ohne deren Kenntnis bei seiner Tochter und deren Mutter auf. Teilweise war er wegen unbekannten Aufenthalts zur Fahndung ausgeschrieben.
Das VG Kassel wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung mit der Begründung ab, eine schützenswerte Beziehung zwischen ihm und seiner Tochter i.S.d. Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK sei nicht hinreichend deutlich gemacht worden.
Auf Grundlage seiner Rechtsprechung zum Schutz von Ehe und Familie im Ausländerrecht gibt das BVerfG der hiergegen erhobenen Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen statt. Das VG habe die schützenswerte familiäre Bindung der Antragsteller nicht hinreichend berücksichtigt. Die Entscheidung macht deutlich, dass auch eine Vater-Kind-Beziehung, die unter dem Druck der drohenden Abschiebung des Vaters nur unter schwierigen Bedingungen und mit Einschränkungen geführt werden kann, unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht.
OLG Brandenburg 8 Wx 32/02, B.v. 28.08.02, InfAuslR 2002, 478 Den aus Art. 6 GG ableitbaren Schutz steht Deutschen und Ausländern gleichermaßen zu, unabhängig davon, ob und nach Maßgabe welcher Rechtsordnung die - vorbehaltlich des deutschen ordre public - begründet wurden. Zur Wirksamkeit einer im Ausland (hier: in Dänemark) geschlossenen Ehe bedarf es nicht eines formellen Aktes in Deutschland. Auch eine in Dänemark unterlassene Prüfung der Ehefähigkeit steht der Wirksamkeit der Ehe nach deutschem Recht nicht entgegen. § 1309 BGB ist lediglich eine Sollvorschrift. Ebenso führt die unterlassene Ehefähigkeitsprüfung nach § 69b PStG nicht zur Unwirksamkeit Es kommt allein darauf an, ob der deutsche Ehepartner im Zeitpunkt der Eheschließung tatsächlich ledig war.
VG Hamburg 16 VG 5205/2002, B.v. 11.12.02, IBIS M3249, Asylmagazin 4/2003, 41, www.asyl.net/Magazin/Docs/2003/M-3/3249.pdf Abschiebungshindernis des ausländischen Vaters eine deutschen Kindes während laufendem Sorgerechtsverfahren. (...) Auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, nämlich einen Duldungsanspruch nach § 55 Abs. 2 AuslG bis zum rechtskräftigen Abschluss des familiengerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf seine Scheidung von seiner deutschen Ehefrau und die Regelung des Sorge- und Umgangsrechts für seine im Juli 2000 geborene Tochter, die deutsche Staatsangehörige ist. Der Antragsteller kann beanspruchen, während dieses Zeitraumes von Abschiebemaßnahmen verschont zu bleiben, da die Abschiebung solange rechtlich unmöglich im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG ist. Dem Antragsteller steht zudem ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 28 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf das laufende familiengerichtliche Verfahren zum Umgangsrecht zu (vgl. OVG Saarland, B.v. 05.03.01, 9 W 7/00 - Juris.). Würde der Antragsteller vor einer familiengerichtlichen Entscheidung abgeschoben, könnte er sein Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG nicht ausüben.
VGH Ba-Wü 1 S 1381/01, U.v. 05.08.02, IBIS M3106, www.asyl.net/Magazin/Docs/2003/M-3/3106.doc Die Ausübung der elterlichen Sorge gem. § 23 Abs. 1 Nr. 3 AuslG bestimmt sich nach dem Leitbild der Familie, das durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16.12.1997 (BGBl I, S. 2942) geändert worden ist. Voraussetzung einer Aufenthaltserlaubnis für das sorgeberechtigte, ausländische Elternteil eines Deutschen, das nicht in häuslicher Lebensgemeinschaft mit seinem Kind lebt, ist die aktive Wahrnehmung des Sorgerechts durch tatsächliche Erziehungs- und Betreuungsbeiträge (im Anschluss an VGH Ba-Wü 11 S 1700/01, B. v. 30.11.01, EzAR 020 Nr. 17).
VG Gelsenkirchen 8 L 2580/02, B.v. 17.01.03, InfAuslR 2003, 195 Einem Ausländer, der in familiärer Lebensgemeinschaft mit seinem nichtehelichen Kind und dessen Mutter lebt, ist es nicht zuzumuten, zwecks Beschaffung der erforderlichen Passpapiere und Durchführung eines geordneten Visumsverfahrens in sein Heimatland aus- und wieder einzureisen.
EuGH C-459/99 v. 25.07.02, NVwZ-Beilage I 2002, 121; InfAuslR 2002, 417, IBIS M2261 Zum Aufenthaltsrecht von ohne Visum eingereisten aus Drittstaaten kommenden Ehegatten von EU-Bürgern. Ein EU-Mitgliedstaat darf einen Drittstaatsangehörigen, der keinen gültigen Reisepass oder Personalausweis besitzt oder über kein Visum verfügt, nicht an der Grenze zurückweisen, wenn er mit einem EU-Bürger verheiratet ist und sowohl seine Identität als auch seine Ehe nachweisen kann und keine Anhaltspunkte für eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit vorliegen; ein Mitgliedstaat darf einem Drittstaatsangehörigen, der mit einem EU-Bürger verheiratet ist und seine Identität nachweisen kann, nicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verweigern und Maßnahmen zu seiner Entfernung treffen, nur weil er illegal eingereist ist oder sein Visum abgelaufen ist.
EuGH C-413/99 v. 17.09.02, InfAuslR 2002, 463; DVBl 2002, 1616; EZAR 814 Nr. 9 Die Kinder eines EU-Bürgers, die in einem Mitgliedsstaat seit einem Zeitpunkt wohnen, zu dem der EU-Bürger dort ein Aufenthaltsrecht besaß, sind weiterhin zum Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat berechtigt, um dort gemäß Art 12 VU 1612/68 am allgemeinen Schulunterricht teilzunehmen, auch wenn die Eltern nicht mehr Wanderarbeiter im Aufnahmestaat sind und die Kinder selbst keine EU-Bürger sind.
BVerwG 1 C 17.03, U.v. 22.02.05, StAZ 2006, 18; IBIS M6656, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6656.pdf Eine nur nach religiösem Ritus mit Eheschließungswillen eingegangene Verbindung (hier: von staatenlosen Kurden jezidischen Glaubens in Syrien), die der Heimatstaat nicht anerkennt, ist keine Ehe im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG.
BVerfG 2 BvR 1001/04 B.v. 08.12.05, IBIS M7715, Asylmagazin 1/2 2006, 30; EZAR NF 34 Nr. 5 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/7715.pdfZum Aufenthaltsrecht aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der familiären Beziehung zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und seinem Kind (Art 6 GG, § 28 Abs. 1 S. 2 AufenthG).
Das gelebte Umgangsrecht muss entgegen der Auffassung des VGH in Umfang und Intensität nicht der Wahrnehmung des Sorgerechts nahe oder gleich kommen. Auch Brief- und Telefonkontakte sind - zumal bei getrennten Wohnsitzen - neben der persönlichen Begegnung Element familiärer Gemeinschaft, dies muss in die ausländerrechtliche Würdigung angemessen einfließen.
-
Anmerkung: vgl dazu Cernota, Das BVerfG stärkt das Aufenthaltsrecht ausländischer Väter, ZAR 2006, 102
AG Saarbrücken 10 III E 105/05, B.v. 18.01.06, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7740.pdf
Der Standesbeamte darf die Mitwirkung bei der Eheschließung wegen Verdachts einer Zweckehe nicht verweigern, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass zumindest ein Verlobter nicht ausschließlich aufenthaltsrechtliche Zwecke verfolgt.
OVG Hamburg 3 Bs 396/05 B.v. .. . 04.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2006 (Quelle: PE OVG HH v. 25.04.07) Informationen über das Führen einer (Schein-) Ehe dürfen nicht durch verdeckte Informationsquellen beschafft werden. Für die Prüfung, ob ein Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erhalten kann, dürfen nur gesetzlich zugelassene Informationsquellen genutzt werden.
Die bosnische Antragstellerin ist seit 1999 mit ihrem deutschen Ehemann verheiratet. Die Ausländerbehörde lehnte es 2004 ab, die Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, weil der Verdacht einer „Scheinehe“ bestehe, und verwies auf Ermittlungen einer von der Ausländerbehörde beauftragten privaten Detektei. Das OVG gab dem hiergegen gerichteten Antrag der Antragstellerin statt.
Die Ausländerbehörde verletzt das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und das davon umfasste Recht auf informationelle Selbstbestimmung, wenn sie zur Aufklärung des Sachverhalts bei bestehendem Verdacht einer Scheinehe eine private Detektei beauftragt, u.a. eine verdeckte Videoüberwachung des Eingangsbereichs der angegebenen ehelichen Wohnung durchzuführen, die Handynummer des Ehegatten verdeckt bei einem Familienangehörigen zu erfragen, an dessen PKW einen GPS-Peilsender anzubringen und eine neuntätige Bewegungsüberwachung vorzunehmen. Weder Bundesrecht noch Landesrecht sehen eine gesetzliche Grundlage für solche Maßnahmen vor.
Erkenntnisse, die die Ausländerbehörde unter Verletzung individueller Rechte erlangt hat, dürfen grundsätzlich weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren verwertet werden.
VG Berlin VG 14 V 42.06, B.v. 10.08.06 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2255.pdf Einstweilige Anordnung zur Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zur Geburt eines deutschen Kindes, § 28 AufenthG.
BVerfG 1 BvL 6/10, U.v. 17.12.13 www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20131217_1bvl000610.html
Die Regelungen zur behördlichen Vaterschaftsanfechtung in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB sind nichtig.
Leitsätze: Die Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB) ist als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit anzusehen (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG), weil der mit der Behördenanfechtung verbundene Wegfall der Staatsangehörigkeit durch die Betroffenen teils gar nicht, teils nicht in zumutbarer Weise beeinflussbar ist.
Die Regelung genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG), weil sie keine Möglichkeit bietet, zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird, und weil es an einer dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts genügenden Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts sowie an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt.
Verfassungsrechtliche Elternschaft (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) besteht bei einer durch Anerkennung begründeten rechtlichen Vaterschaft auch dann, wenn der Anerkennende weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet hat. Allerdings hängt die Intensität des verfassungsrechtlichen Schutzes davon ab, ob die rechtliche Vaterschaft auch sozial gelebt wird.
Literatur und Materialien:
-
Huber, B., Geändertes Kindschaftsrecht und Ausländerrecht, NVwZ 1998, 713
-
Kiehl, W., Elternrecht verhindert Abschiebung, NVwZ 2000, 282 (Besprechung des BVerfG-Beschlusses).
-
Marx, R., InfAuslR 1006, 441 Der aufenthaltsrechtliche Status des nichtsorgeberechtigten Elternteils nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
-
Mees-Asadollah, U. Bedeutung des Kindeswohls bei ausländerrechtlichen Entscheidungen in Bezug auf einen Elternteil, InfAuslR 2003, 178
-
Schütz, C., Rechtspositionen ausländischer Kinder im Falle von Ausweisung und Abschiebung ihrer Eltern, ZAR 2000, 32. Schütz macht Ausführungen zum durch die Kindschaftsrechtsreform geschaffenen Anspruch von Kindern auf Umgang mit ihren (auch nicht sorgeberechtigten) Eltern und der Frage, inwieweit Kinder als Kläger Rechtschutz gegen eine (ggf. bereits rechtskräftige) Ausweisung bzw. Abschiebung ihrer Eltern geltend machen können, und ob dies ggf. auch im Hinblick auf einen künftigen Umgang möglich ist, soweit aktuell kein Umgang stattfindet.
-
IM NRW, Erlass v. 01.07.02 - 43.337, IBIS M2626 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M2626pdf Beurteilung der Vater-Kind-Beziehung eines ausländischen Vaters zu seinem deutschen (§ 23 AuslG) oder ausländischen Kind mit Aufenthaltserlaubnis (§ 22 AuslG): Entscheidend ist die tatsächliche Verbundenheit, insbesondere geistige und emotionale Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der Entwicklung des Kindes; verstärkte Zusammenarbeit mit Jugendämtern erforderlich (Reaktion auf BVerfG, B.v. 30.01.02 - 2 BvR 231/00 - Asylmagazin 6/2002, S. 37).
Dostları ilə paylaş: |