Landesarbeitsgericht Ba-Wü 6 Sa 1/98 v. 25.6.98, IBIS C1392, InfAuslR 1998, 514: § 19 AFG führt nicht automatisch dazu, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigen darf, wenn dieser keine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung mehr besitzt, aber einen Asylfolgeantrag gestellt hat und daraufhin - zwei Wochen später - eine Duldung erhält. In einem solchen Fall gilt die Arbeitserlaubnis gem. §§ 8 Abs. 2, 5 Nr. 5 AEVO nicht als erloschen, sondern mit ex-tunc Wirkung als ununterbrochen bestehend.
Bundesarbeitsgericht v. 12.01.00, 7 AZR 863/98, InfAuslR 2000, 296; www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/R6348.pdf Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 23. Oktober 1998 - 9 Sa 348/98 - (Quelle: Pressemitteilung BAG)
Der aus Bosnien stammende Kläger war zunächst geduldet. Seit 1995 erhielt er eine mehrfach verlängerte befristete Aufenthaltserlaubnisse. Seit Mai 1993 war der Kläger ununterbrochen aufgrund von insgesamt 15 befristeten Arbeitsverträgen als Pflegehelfer beim Freistaat Bayern beschäftigt. Überwiegend war in den Verträgen als Befristungsgrund das Ende der Duldung, der Aufenthaltsbefugnis oder der Arbeitserlaubnis genannt. Der letzte, am 27. September 1996 geschlossene Arbeitsvertrag sah eine Befristung bis zum 12. Mai 1997 vor. Als Befristungsgrund war "Ende der Aufenthaltserlaubnis" angegeben. Der Beklagte lehnte eine weitere Beschäftigung darüber hinaus ab, obwohl die Aufenthaltserlaubnis des Klägers am 28. April 1997 bis zum 28. Oktober 1997 verlängert wurde.
Der Kläger hält die Befristung des Arbeitsverhältnisses für unwirksam. Der beklagte Freistaat verteidigt sie mit der Begründung, bei Vertragsschluss sei offen gewesen, ob die Aufenthaltserlaubnis verlängert werde. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Die Befristung des Arbeitsvertrags kann mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis allenfalls dann sachlich gerechtfertigt werden, wenn im Zeitpunkt der letzten Vereinbarung eine hinreichend zuverlässige Prognose erstellt werden kann, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Arbeitnehmers werde diesmal nicht erfolgen. Daran fehlte es. Die Prognose des Freistaats hatte sich in der Vergangenheit immer wieder als unzutreffend erwiesen. Auch bei der letzten Befristung wurde sie nicht bestätigt, sondern die Aufenthaltsgenehmigung des Klägers verlängert.
SGG - Beiladung; Zuständigkeit der Sozialgerichte ab 01.01.05
OVG Lüneburg 4 ME 541/04, B.v. 18.01.05 In sozialhilferechtlichen Streitigkeiten sind die Verwaltungsgerichte seit dem Inkrafttreten der Neuregelungen in den SGB II und XII und der Änderung des AsylbLG ab dem 01.01.05 nicht mehr befugt, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Insoweit sind nunmehr die Sozialgerichte zuständig. Das gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die vor dem 01.01.05 anhängig gewesen sind.
Gegen Entscheidungen nach dem SGB II und dem SGB XII ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Das 7. SGGÄndG enthält hinsichtlich der am 31.12.04 bei den Verwaltungsgerichten anhängig gewesenen Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet der Sozialhilfe keine Übergangsvorschrift. Das bedeutet, dass diese Verfahren bei den Verwaltungsgerichten anhängig bleiben (Grundsatz der „perpetuatio fori“).
Trotzdem bleiben die Neuregelungen nicht ohne Auswirkung auf anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes können Sozialhilfeträger selbst im Falle eines Obsiegens der Antragsteller zur (vorläufigen) Gewährung von Leistungen frühestens ab dem Monat verpflichtet werden, in dem der Senat in der Sache entscheidet. Dagegen ist es den Hilfesuchenden zuzumuten, Ansprüche für vergangene Zeiträume im Hauptsacheverfahren (Widerspruch bzw. Klage) durchzusetzen.
Für die Zeit ab Inkrafttreten der SGB II und SGB XII erlassen die Sozialbehörden neue Leistungsbescheide. Der Hilfefall hat damit eine eigenständige Regelung nach neuem Recht erhalten. Da Rechtsschutz gegen diese Entscheidung im Hauptsacheverfahren nur die Sozialgerichte gewähren, kann das VG nicht vorab vorläufigen Rechtsschutz für denselben Regelungszeitraum gewähren (ebenso NdsOVG 12 ME 522/04, B. v. 11.01.05).
Das OVG verkennt nicht, dass Hilfesuchenden in Folge dessen Nachteile entstehen können. Sie können in den aus der Zeit vor dem 01.01.05 anhängig gebliebenen Verfahren aus dem Bereich der Sozialhilfe keine Ansprüche über den 31. Dezember 2004 hinaus durchsetzen und müssen ab dem 01. Januar 2005 ggf. neu Rechtsschutz durch die Sozialgerichte suchen. Die mit dem Wechsel der gerichtlichen Zuständigkeit und der Notwendigkeit, den Rechtsweg ggf. neu zu beschreiten, verbundenen zeitlichen und finanziellen Nachteile sind eine Folge des Fehlens entsprechender Übergangsvorschriften. Sie sind in der Regel aber auch nicht so schwerwiegend, dass diese Nachteile das Recht auf Gewährung von Rechtsschutz durch die Gerichte gem. Art. 19 Abs. 4 GG in verfassungsrechtlich erheblicher Weise einschränkten.
LSG Ba-Wü L 7 AY 3106/06 ER-B, B.v. 01.08.06, www.sozialgerichtsbarkeit.de www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9206.pdf Im Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG kann seit 01.08.06 gemäß § 75 Abs. 5 SGG auch ein - vorliegend bei strittiger örtlicher Zuständigkeit - beigeladener Sozialhilfeträger zur Leistung verpflichtet werden. Diese Regelung gilt entsprechend für die Leistungsträger nach dem AsylbLG.
Eilrechtsschutz zur Sicherung des Existenzminimums
BVerfG, 1 BvR 569/05 v. 12.05.05, www.bverfg.de/entscheidungen/rk20050512_1bvr056905.html
Zum Eilrechtschutz im sozialgerichtlichen Verfahren. Leistungen nach SGB II wurden von SG Köln und LSG NRW wegen nicht aufgeklärter Einkommensverhältnisse unter Verweis auf das Hauptsacheverfahren verweigert. Das BVerfG hat die Verfassungswidrigkeit der Entscheidungen festgestellt.
Die Beschwerdeführer haben im Eilverfahren Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums begehrt. Zwar werden auch solche Leistungen, wenn sie in einem Rechtsbehelfsverfahren erstritten werden, rückwirkend gewährt (vgl. BVerwGE 57, 237 <238 f.>; BVerfGE 110, 177 <188> ). Während des Hauptsacheverfahrens ist jedoch das Existenzminimum nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit dauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht. Dieses "Gegenwärtigkeitsprinzip" ist als Teil des Bedarfsdeckungsgrundsatzes für die Sozialhilfe allgemein anerkannt (BVerwGE 79, 46 <49>; 69, 5 <7>; Fichtner, in: Fichtner, BSHG, 2. A. 2003, § 5 Rn. 2; Rothkegel, ZfSH/SGB 2003, S. 643 <645>).
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Art. 19 Abs. 4 GG stellt besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 1236 <1237>; 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 2004, S. 95 <96>). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ-RR 1999, S. 217 <218>). Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Beschwerdeführer mit seinen Begehren verfolgt (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 2004, S. 95 <96>). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ 1997, S. 479 <480>).
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Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ-RR 2001, S. 694 <695>). Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 1236 <1237>). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. SG Düsseldorf, NJW 2005, S. 845 <847>).
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfGE 82, 60 <80>). Diese Pflicht besteht unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit (vgl. BVerfGE 35, 202 <235> ). Hieraus folgt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden darf. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit selbst als auch für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§ 60, 66 SGB I, wenn über den Anspruch anhand eines dieser Kriterien entschieden werden soll. Aus diesen Gründen dürfen existenzsichernde Leistungen nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen.
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