§ 7a AsylbLG - Sicherheitsleistung
VG Stuttgart 9 K 4534/99 v. 22.12.99, GK AsylbLG § 7a VG Nr. 1; IBIS e.V. C1512 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1512 (ebenso VG Stuttgart 9 K 5483/99 v. 07.02.00, NVwZ-Beilage I 2000, 86; IBIS e.V. C1576, hier wurden 550.- beschlagnahmt)
Sachverhalt: Der geduldete Antragsteller wurde am 25.9.99 in Stuttgart durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes einer Personenkontrolle unterzogen. Dabei wurden in seiner Geldbörse ein 100 DM Schein, drei 20 DM Scheine und Münzgeld gefunden. Dem Antragsteller wurden die drei 20 DM Scheine gemäß § 7a AsylbLG abgenommen und sichergestellt. Der Restbetrag wurde ihm belassen. Mit Bescheid vom 27.9.99 hat das Sozialamt Stuttgart folgende Verfügung getroffen:
"1. Die Ihnen für die Zeit vom 1.9. bis 30.9.99 gewährten Leistungen sind in Höhe von 60 DM zu erstatten.
2. Das bei Ihnen vorgefundene Vermögen in Form von Bargeld in Höhe von 60 DM wird hiermit sichergestellt.
3. Der sichergestellte Betrag wird mit der Erstattungsforderung verrechnet, so dass von Ihnen keine Zahlungen zu leisten sind. Der Restbetrag wird wegen der Ihnen und Ihrer Familie laufend zu gewährenden Leistungen nach dem AsylbLG als Sicherheitsleistung einbehalten.
4. Die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung wird angeordnet."
Der Antragsteller begeht mit seinem Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 12.10.99 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines am selben Tag erhobenen Widerspruchs gegen den Bescheid des Sozialamts.
Das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug hat das Sozialamt damit begründet, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller nach Abschluss eines möglicherweise lang andauernden Rechtsschutzverfahrens sein Vermögen nicht mehr einsetzen können, weil es nicht mehr vorhanden sei oder der Antragsteller Deutschland bereits wieder verlassen habe.
Das VG hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 des Bescheids aufgehoben. Hinsichtlich der Ziffer 2 hat das VG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt.
Gründe: 1. Die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts kann im öffentlichen Interesse von der Verwaltungsbehörde besonders angeordnet werden (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). In diesem Fall ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung grundsätzlich schriftlich zu begründen (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO). Die Begründung muss inhaltlichen Mindestanforderungen genügen. Sie muss erkennen lassen, dass die Behörde hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung eine Ermessensentscheidung getroffen hat und dabei insbesondere auch davon ausgegangen ist, dass es für die Anordnung des Sofortvollzugs eines besonderen Interesses bedarf, das über das Interesse am Erlass des Verwaltungsakts selbst hinaus geht. Der Begründungszwang dient überdies dazu, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst wird. Erforderlich ist daher eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehung notwendig ist dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden, zurücktreten muss (vgl. hierzu Kopp, VwGO, 11.a., § 80 Rn 84f; Eyermann, VwGO, 10. A., § 80 Rn 42 f.). Auch wenn es für die formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung nicht darauf ankommt, ob die abgegebene Begründung inhaltlich gerechtfertigt ist, müssen die angegebenen Gründe doch grundsätzlich geeignet sein, ein besonderes Vollzugsinteresse zu belegen.
Diesen Anforderungen genügt die Vollzugsanordnung im Bescheid vom 27.9.99 nur hinsichtlich der unter Ziff. 2 geregelten Sicherstellung. Der befürchtete Verlust des Geldbetrages durch Verbrauch oder Ausreise des Antragstellers begründet lediglich ein Interesse an der sofortigen Inbesitznahme des Geldes, erklärt jedoch kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Erstattungsanspruchs (Ziff. 1 des Bescheids) und dessen durch Aufrechnung erfolgten Erfüllung (Ziff. 3 des Bescheids). Weshalb auch insoweit Rechtsbehelfen des Antragstellers die aufschiebende Wirkung genommen werden soll, lässt sich dieser Begründung nicht entnehmen. Die Vollzugsanordnung war daher im tenorierten Umfang aufzuheben. Dadurch wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.99 insoweit wiederhergestellt, ohne dass es einer ausdrücklichen Anordnung des Gerichts bedarf (Finkelnburg, vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreit, 4. A. Rn 895).
2. Soweit sich der Antrag gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Sicherstellung wendet, war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO wiederherzustellen. Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung muss ein Obsiegen des Antragstellers im Widerspruchsverfahren als wahrscheinlicher eingestuft werden als dessen Unterliegen. Da somit hinsichtlich der unter Ziff. 2 verfügten Sicherstellung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen, überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.
Als belastender Verwaltungsakt bedarf die unter Ziff. 2 des Bescheids getroffene Regelung einer Ermächtigungsgrundlage. Hieran fehlt es indessen.
Das Sozialamt stützt seinen Bescheid insoweit auf § 7a AsylbLG. Als Rechtsgrundlage kann § 7a S. 1 nicht dienen, da dem Leistungsträger hier lediglich ein Recht eingeräumt wird, Sicherheiten zu fordern. Die "Sicherstellung" eines Geldbetrages ist jedoch selbst keine Anordnung einer Sicherheitsleistungen und beinhaltet diese auch nicht notwendigerweise, da die hiermit verfolgte Zwecksetzung vielgestaltig sein kann. Das Verlangen einer Sicherheitsleistung ist nicht Gegenstand des Bescheids der Antragsgegnerin geworden.
Als Ermächtigungsnorm kommt auch § 7a S. 2 nicht in Betracht. Der Wortlaut dieser Norm lässt allerdings nicht notwendigerweise auf den Sinn schließen. Die wohl als missglückt zu bezeichnende und auch unter Beziehung der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/10155, S. 6) nur schwer verständliche sprachliche Fassung müsste daher im Wege der Auslegung auf ihren Inhalt hin untersucht werden. Im summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kann jedoch im Wege der "Negativbestimmung" geprüft werden, was jedenfalls diese Norm als Rechtsgrundlage nicht hergibt. Eindeutig festzustellen ist, dass § 7a S. 2 zu Vollstreckungshandlungen ermächtigt, und zwar zu solchen des unmittelbaren Zwangs. Unmittelbarer Zwang ist nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 S. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch. § 7a S. 2 ermächtigt daher den Leistungsträger, auf die Person körperlich einzuwirken, von der Sicherheit verlangt worden ist. Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall jedoch nicht eine vollstreckungsrechtliche Zwangsmaßnahme der Sozialamts, sondern eine durch Verwaltungsakt getroffene Regelung, die als solche keine Vollstreckungsmaßnahme darstellt. Hierfür bietet § 7a S. 2 keine Anspruchsgrundlage.
Die Antragsgegnerin kann ihren Bescheid auch nicht auf § 32 Abs. 1 Polizeigesetz Ba-Wü stützen. Die dort beschriebene Möglichkeit der Sicherstellung dient dem Schutz des Eigentümers oder rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache. Sie führt nicht zu einer Beschränkung der Verfügungsmacht des Berechtigten, sondern ist aufzuheben, wenn dieser es verlangt (Drews u.a., Gefahrenabwehr, 9. A. S. 209). Die Wegnahme und Einzahlung des Geldes auf ein Konto des Sozialamts geschah ausweislich der Behördenakten gegen den Willen des Antragstellers und stellt daher keine Sicherstellung im polizeirechtlichen Sinne dar.
Das Gericht hat daher ernstliche Zweifel an der Existenz einer Rechtsgrundlage für die verfügte Sicherstellung.
VG Karlsruhe 8 K 1469/00, B.v. 17.07.00, GK AsylbLG § 7a VG Nr. 2 Die Anordnung, einen Verrechnungsscheck (über 200 DM, von einem Cousin an den Leistungsberechtigten zugesandt und auf dessen Namen ausgestellt) einzuziehen, findet ihre Rechtsgrundlage in dem in § 7a AsylbLG enthaltenen Tatbestandsmerkmal "Sicherheit verlangen". § 7a S. 2 betrifft nicht die Anordnung der Sicherheitsleistung, sondern deren Vollstreckung. Die Vorschrift bezweckt die Zulassung einer vereinfachten Vollstreckung. Die Überführung des in Polizeigewahrsam befindlichen Verrechnungsschecks an die Sozialbehörde unter Ausschluss der Inbesitznahme durch den Leistungsberechtigten stellt eine Maßnahme des unmittelbaren Zwangs i.S.d. §7a S. 2 dar. Der Verrechnungsscheck stellt verwertbares Vermögen i.S.d. § 7 Abs. 1 dar. Er darf dem Antragsteller vorliegend als Sicherheitsleistung in Hinblick auf die zu gewährenden Leistungen abverlangt werden, da es sich bei der Zeitspanne zwischen Erlass des mit Sofortvollzug ausgestatteten Bescheides (Verlangen einer Sicherheitsleistung) und der tatsächlichen Ausreise (= 3 Wochen) um einen künftigen Leistungszeitraum handelte, für den dem Antragsteller Leistungen, die den Scheckbetrag überstiegen, nämlich 220,44 DM, gewährt wurden. Die Kammer lehnt es daher ab, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches wiederherzustellen.
VGH Ba-Wü 4 S 667/01, B.v. 02.05.01, FEVS 2002, 516; InfAuslR 2001, 382 Wendet sich ein Dritter unter Berufung auf sein Eigentumsrecht gegen die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 7a AsylbLG (=vorliegend Beschlagnahme von anlässlich der Abschiebung eines Ausländers aufgefundenem Bargeld durch die Polizei), ist für die auf Herausgabe des Geldbetrags gerichtete Klage der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben. Ob die Polizei zur Beschlagnahme befugt war, wurde im vorliegenden Verfahren nicht entschieden.
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Anmerkung: vgl auch Zeitler, S., Darf die Polizei nach dem AsylbLG bei Asylbewerbern aufgefundene Geldbeträge sicherstellen? Zeitler legt dar, weshalb er derartige Beschlagnahmen anlässlich von Polizeikontrollen für rechtswidrig hält. VBlBW 2001, 296; IBIS C1685
Beschlagnahme von Sozialhilfenachzahlung
VG Düsseldorf 13 K 5829/99, U.v. 08.11.02, GK AsylbLG § 7a VG Nr. 3 Sachverhalt: Die Kläger erhieten bis Juni 1997 Leistungen nach § 120 BSHG und seitdem Leistungen nach §§ 3-7 AsylbLG. Auf ihre Klage gegen die Anrechnung des Einkommens Haushaltsangehöriger aufgrund § 16 BSHG für einen Zeitraum in 1994 wurde ihnen 1998 eine Nachzahlung von 4097 DM bewilligt, die das Sozialamt jedoch zugleich als "Sicherheitsleistung" gemäß § 7a AsylbLG einbehielt.
Gründe: Die Nachbewilligung stellt kein Vermögen i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG dar. § 76 BSHG bestimmt ausdrücklich, dass Sozialhilfe kein Einkommen im Sinne des BSHG darstellt. Dementsprechend sind Leistungen nach dem AsylbLG auch nicht als Einkommen i.S.d. § 7 AsylbLG anzusehen. (vgl. GK AsylbLG, § 7 Rn 19, Schellhorn, BSHG 16.A., § 7 AsylbLG Rn 6). Nur diese Auslegung ist mit der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs. 4 GG vereinbar. Das Gebot der Wirksamkeit des Rechtsschutzes wäre verletzt, wenn eine gerichtlich erstrittene Nachzahlung von Sozialhilfe erneut als anzurechnendes Vermögen anzusehen wäre (vgl. VG Stade 1 A 2016/97, U.v. 25.03.99). Der Rechtsschutz wäre ausgehölt, wenn die Kläger im Falle einer Fehlberechnung praktisch ohne Rechtsschutz dastünden.
Die Anordnung der Sicherheitsleistung ist auch deshalb - zumindest teilweise - rechtswidrig, weil der Kläger nicht allein Inhaber der Forderung ist, da Teile der nachbewilligten Leistung auf seine Angehörigen entfallen. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass das Sozialamt von dem nach § 7a eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat. Hier hätte insbesondere berücksichtigt werden müssen, dass es sich um nachbewiligte Sozialhilfe handelte.
Schließlich ist zweifelhaft, ob § 7a S. 2 AsylbLG überhaupt ein abgekürztes Vollstreckungsverfahren der "Einziehung" eines Geldbetrages im Sinne des hier vorgenommenen Einbehalts eines Geldbetrags (der niemals zur Auszahlung gekommen ist) zulässt. Es spricht vieles dafür, dass der Beklagte die Nachzahlung angesichts der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage rechtmäßigerweise nur dann hätte einbehalten dürfen, wenn er Sofortvollzug angeordnet hätte.
Beschlagnahme eines Mobiltelefons
VG Düsseldorf 13 K 6469/00, U.v. 04.08.03, GK AsylbLG § 7 Abs. 1 VG Nr. 29 Das VG hält die mit § 7a AsylbLG begründete Beschlagnahme des Mobiltelefons samt SIM-Karte und Netzteil im Hinblick auf die der Asylantragstellerin zur Verfügung gestellte Unterkunft für rechtens und die Weigerung der Behörde für zulässig, ihr das Mobiltelefon wieder zurückzugeben. Der Barbetrag von 130 DM, über den sie ebenfalls verfügte, wurde hingegen nicht beschlagnahmt, sondern auf die ihr in der Unterkunft zu gewährenden Leistungen für Ernährung, Kleidung und Barbetrag angerechnet. Das VG hält es für zumutbar, die Antragstellerin auf die Nutzung öffentlicher Fernsprecher unter Einsatz ihres Barbetrags zu verweisen, und für zulässig, dass das Sozialamt sich zur Sicherung seines Ersatzanspruchs nach § 7 Abs. 1 S. 3 für die gewährte Unterkunft in Besitz des Handys gebracht hat.
Anmerkung: Offen bleibt, ob das Mobiltelefon - was aber Voraussetzung für eine Beschagnahme nach § 7a wäre - überhaupt verwertbares Vermögen darstellt, was hier scheinbar nicht der Fall ist, da das Handy vom Sozialamt tatsächlich gar nicht verwertet wurde - zumindest fehlen im VG-Beschluss Angaben zum vermuteten Wert des Handys und zum Ergebnis der Verwertung. Offen bleibt auch, weshalb die Antragstellerin ihren Barbetrag nicht dafür nutzen soll, mit ihrem Mobiltelefon zu telefonieren, stattdessen aber auf öffentliche Fernsprecher verwiesen wird.
Das Gericht übersieht, dass - anders als der öffentliche Fernsprecher - für Asylbewerber ein Mobiltelefon in der Regel die einzige Möglichkeit darstellt, selbst telefonisch erreichbar zu sein, und Anrufe entgegenzunehmen, ohne dafür zusätzliche Kosten aufzuwenden. Die - auf Dauer? - verfügte Beschlagnahme des Mobiltelefons beinhaltet deshalb auch - was das Gericht offenbar übersieht - einen schwerwiegenden Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin (Art. 2 GG).
Dies gilt umso mehr, als mit dem Telefon auch die SIM-Karte und damit auch das persönliche Adressbuch sowie der persönliche Nachrichten- (SMS) und Anrufspeicherdatei der Antragstellerin beschlagnahmt wurde, insoweit dürfte durch die Beschlagnahme auch das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis verletzt sein (Art 10 GG).
Zu bedenken ist auch, dass die Betreiber von Asylbewerberunterkünften den Bewohnern meist die Einrichtung eines Festnetzanschlusses in verfassungsrechtlich fragwürdiger Weise und mit oft vorgeschobenen Gründen untersagen (das Gebäude würde beschädigt; die Asylbewerber könnten ihre Telefonrechnung sowieso nicht bezahlen, davor müsse man sie in ihrem eigenen Interesse schützen...), ähnliches gilt ggf. auch für Telefongesellschaften. Angesichts hoher Einrichtungs- und Grundgebühren, der vielfach geltenden 2jährigen Mindestvertragsdauer sowie der nicht absehbaren, oft nur kurzen Wohndauer ist ggf. aber auch aus Sicht des Flüchtlings ein Mobiltelefon dem Festnetzanschluss vorzuziehen. Schließlich stellt sich die Frage, ob - analog dem Mobiltelefon - auch der Festnetzapparat der Beschlagnahmung durch das Sozialamt unterliegt?
Weiter bleibt offen, ob die zur Benutzung der - immer seltener werdenden, in vielen Ortschaften inzwischen ganz fehlenden - öffentlichen Fernsprecher erforderlichen Telefonkarten (für die vermutlich - da der nicht anrufbare Flüchtling alle Anrufe selbst tätigen zahlen muss - deutlich höhere Kosten als für das Handy aufzuwenden wären) nicht ebenso der Beschlagnahme unterliegen müssten. Und was gilt für zur schriftlichen Kommunikation benötigte Briefmarken? Was ist, wenn der Antragsteller einen Fahrschein, eine Zehnerkarte, eine Monatskarte für die Straßenbahn besitzt?
Handelte es sich bei dem Handy tatsächlich um Vermögen von leistungsrechtlich relevantem Wert, stünde dies gemäß § 7 AsylbLG ohnehin dem Leistungsanspruchs der Antragstellerin entgegen, bis sie ihr verwertbares Vermögen aufgebraucht hat. Das Sozialamt hätte also nicht das Handy beschlagnahmen, sondern mangels Bedürftigkeit den Sozialhilfeantrag ablehnen können. Dass das Sozialamt anders gehandelt hat spricht dafür, dass auch das Sozialamt davon ausgeht, dass das Handy realistischerweise keinen relevanten Wert hat.
Offensichtlich ist die Beschlagnahme des Handys weder geeignet, das damit bezweckte Ziel (Sicherung eines Kostenersatzanspruchs des Sozialamts) zu erreichen, noch ist sie verhältnismäßig, weil sie die Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin erheblich beeinträchtigt. Der Zweck der vom Gericht gebilligten Beschlagnahme bleibt damit letztlich im Dunklen.
Im Ergebnis handelt es sich um einen zum Erreichen des vorgeblichen Ziels offensichtlich ungeeigneten, wohl nur mit rassistischen Motiven erklärbaren Verwaltungsakt, der allerdings durch eine vom VG zitierte Auffassung in der Kommentierung gedeckt wird (Deibel ZFSH/SGB 1998, 707ff.). Das auch anderswo zu beobachtende, auf § 7a gestützte, problematische Vorgehen mancher Sozial- und Polizeibehörden bei der Beschlagnahme von Schmuck, persönlichen Gegenständen und Bargeldbeträgen von Asylsuchenden weckt zudem ungute Erinnerungen an die Beschlagnahme und Verwertung der persönlichen Habe in den 30er Jahren zur Ausreise gezwungener jüdischer Mitbürger.
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