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§§ 20, 23 SGB II, §§ 28, 37, 73 SGB XII - Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts



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§§ 20, 23 SGB II, §§ 28, 37, 73 SGB XII - Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts



BSG B 7b AS 14/06 R 7b, U.v. 07.11.06 www.sozialgerichtsbarkeit.de , www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2044.pdf Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem an einem anderen Ort bei der Mutter lebenden minderjährigen Kind eines ALG II-Empfänger nicht in analoger Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wohl aber nach § 73 SGB XII möglich, die Beiladung des Sozialhilfeträgers gemäß § 75 SGG ist im Sozialgerichtsverfahren hierzu notwendig.

§§ 20, 23 SGB II, §§ 28, 37, 73 SGB XII - durch Regelleistung nicht gedeckter Schulbedarf



LSG Nds-Bremen L 7 AS 666/07 ER, B.v. 03.12.07, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2164.pdf Schülermonatskarte vom Sozialamt nach § 73 SGB XII für 17jährige Gymnasiastin, die ALG II bezieht. Das nächste Gymnasium ist 22 km entfernt, die Monatskarte kostet 89 €, ein Darlehen nach § 23 SGB II würde zu einer Schuldenspirale für die Betroffene führen. Ob die Hilfe nach § 73 SGB XII als Beihilfe oder Darlehen zu gewähren ist, bleibt im Hauptsacheverfahren zu klären.
LSG Rh-Pfalz  L 3 AS 76/07, U.v. 25.11.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2277.pdf Beihilfe für ALG II-Berechtigten von 139 € für nicht durch die Lehrmittelfreiheit finanzierte Schulbücher vom Sozialamt nach § 73 SGB XII, da es sich um eine atypische Bedarfslage handelt.

Eine Erhöhung des ALG II-Regelsatzes gem. § 20 SGB II ist nach dem Konzept des SGB II nicht möglich (BSG B 7b AS 14/06 R, U.v. 07.11.06). Der Mehrbedarf nach § 21 SGB II oder die Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II sind nicht einschlägig. Ein Darlehen gemäß § 23 Abs. 1 SGB II in dem Sinne, dass die Rückzahlung nach § 44 SGB II erlassen wird, kommt nicht in Betracht. Das Darlehen würde ad absurdum geführt und zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Regelsatzerhöhung führen (BSG, a.a.O.).


§§ 20, 23 SGB II, §§ 28, 37, 73 SGB XII; §§ 12, 21 BSHG - Passkosten



VGH Baden-Württemberg 6 S 3076/92 v. 14.06.94, IBIS C1135, InfAuslR 10/96, 346, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1135.pdf Anspruch auf eine einma­lige Beihilfe für Passverlän­gerungskosten gemäß §§ 11, 12 und 21 BSHG für ehemalige Asylbewer­ber mit einer Duldung. Passkosten für Ausländer sind ggf. ein durch eine einmalige Bei­hilfe zu berücksich­tigen­der außerge­wöhnli­cher Bedarf, der in den Regelsätzen nicht enthalten ist, was sich bereits daraus er­gibt, dass diese Kosten für Deutsche nicht zum notwendigen Lebensun­terhalt gehören (so VGH Ba-Wü 6 S 1336/92 v. 16.3.94).

Das BSHG umfasst nicht nur das physische Existenzminimum, sondern auch solche Aufwendun­gen, die er­for­der­lich sind, damit der Hilfesuchende seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen kann. Sozialhilfe soll ein der Men­schenwürde entsprechendes Leben und damit auch ein Leben im Rah­men und unter Beach­tung der Ge­setze ermöglichen, so dass die hierzu erforderlichen Kosten zum notwendigen Lebensbedarf zu rech­nen sind. § 4 AuslG regelt die Passpflicht für Ausländer. Die Ver­letzung der Passpflicht ist nach § 92 Abs. 1 Nr. 2 AuslG strafbar. Ein Passersatz gemäß § 14 AuslG steht vorliegend nicht zur Verfügung, die Dul­dungsbeschei­nigung stellt - auch wenn sie nach § 39 AuslG einen Ausweisersatz beinhaltet - keinen Passersatz im Sinne von § 4 Abs. 2 AuslG dar, zumal sie nicht zur Einreise in das Heimatland berechtigt.


VG Kassel 5 G 4275/96(3) v. 30.12.96, bestätigt durch VGH Hessen 9 TG 4275/96 v. 11.6.97, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1415.pdf Anspruch auf Passbeschaffungskosten nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 11 BSHG zwecks Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß § 32 AuslG anstelle einer Duldung (483.- DM bzw. 1.690.- DM/Person für iranische Pässe). Notwendiger Lebensbedarf umfasst auch solche Aufwendungen, die erforderlich sind, damit der Hilfsbedürftige seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen und sich drohenden Bestrafungen entziehen kann. Danach stehen den Antragstellern Passbeschaffungskosten zu, vgl. ebenso VGH Ba-Wü, InfAuslR 1996, 346, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1135.pdf. Nach § 4 AuslG müssen Ausländer, die sich in Deutschland aufhalten einen gültigen Pass besitzen. Zwar beinhaltet eine Duldung unter Umständen eine Ausweisersatz nach § 39 AuslG, ein solcher Ausweisersatz ist aber kein Passersatz i.S.d. § 4 Abs. 2 AuslG, vielmehr sind Pass- und Ausweispflicht scharf voneinander zu trennen. Während die Ausweispflicht der Identitätsfeststellung im Inland dient, ist der Pass darüber hinaus ein Einreisepapier für den Heimatstaat. Die Passkosten gehören nicht von den Sozialhilferegelsätzen abgedeckten laufenden Bedürfnissen des täglichen Lebens, sondern stellen einen außergewöhnlichen Bedarf dar, für den eine einmalige Beihilfe zu gewähren ist (vgl. VGH Ba-Wü a.a.O.).
VG Bremen 3 K 1825/02, U.v. 06.02.03, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1753.pdf Anspruch auf einmalige Beihilfe zur Beschaffung eines Passes als notwendiger Lebensunterhalt nach §§ 11, 12 BSHG.

Sachverhalt: Die Ausländerbehörde hatte den Antragsteller aufgefordert, sich zum Zwecke der Ausreise u.a. um Ausstellung eines Passes zu bemühen (Mitwirkungspflicht gemäß § 70 AuslG). Der Antragsteller machte geltend, dass er als sorgeberechtigter Vater von zwei deutschen Kindern Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis habe, diese aber nicht erhalte, da er seiner Passpflicht gemäß § 4 AuslG nicht genüge. Das Sozialamt lehnte den Antrag ab, da Passkosten nicht zum notwendigen Lebensunterhalt gehörten und ein Pass für den Aufenthalt in Deutschland nicht erforderlich sei, der Antragsteller könnte sich von der Ausländerbehörde Passersatzpapiere ausstellen lassen.

Gründe: Sozialhilfe deckt nicht nur das Existenzminimum ab, sondern beinhaltet die zur Erhaltung eines menschenwürdigen Lebens erforderlichen Mittel und soll damit auch ein Leben unter Beachtung der Gesetze ermöglichen. Deshalb umfasst die Hilfe zum Lebensunterhalt auch solche Aufwendungen, die erforderlich sind, damit der Hilfebedürftige seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen kann (VGH Ba-Wü InfAuslR 1996, 346, Passkosten für Ausländer, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1135.pdf, m.w.N.).

Ausländer, die nach Deutschland einreisen oder sich dort aufhalten, müssen einen gültigen Pass besitzen (§ 4 AuslG). Der Kläger ist weder nach den einschlägigen Rechtsverordnungen des BMI von der Passpflicht befreit noch verfügt er über einen anderen Ausweis (wie z.B. Reisedokument, Grenzgängerkarte, Reiseausweis, Passierschein o.ä.) als Passersatz. Einen Bescheinigung über die Aufenthaltsgenehmigung beinhaltet unter gewissen Umständen zwar einen Ausweisersatz (§ 39 AuslG), stellt aber keinen Passersatz dar. Das AuslG unterscheidet deutlich zwischen Pass- und Ausweispflicht. Die Ausweispflicht dient der Identitätsfeststellung im Inland (vgl. Renner , § 4 Rn 2 und § 39 Rn 2 und 5). Der Pass ist hat darüber hinaus die Bedeutung eines Einreisepapiers für den Heimatstaat des Ausländers.

Das Sozialamt durfte den Antragsteller auch nicht an die Ausländerbehörde verweisen, um sich dort Passersatzpapiere ausstellen zu lassen Ein solcher Passersatz darf nur ausgestellt werden, wenn ein Ausländer einen Pass oder Passersatz nachweislich nicht besitzt und nicht in zumutbarer Weise erlangen kann. Diese Voraussetzungen sind im Fall des Antragstellers nicht erfüllt.

Entgegen den Ausführungen des Sozialamtes hat der Ausländer die Pflicht, einen gültigen Pass zu besitzen. Eine Verletzung dieser Pflicht ist strafbar, § 92 Abs. 1 Nr. 2 AuslG.



Daraus folgt, dass die erforderlichen Passbeschaffungskosten, zu denen u.a. die Passgebühren sowie etwaige Fahrtkosten gehören, dem nach §§ 11 und 12 BSHG notwendigen Lebensunterhalt zuzurechen sind. Diese Kosten sind im dem Antragsteller gewährten BSHG-Regelsatz nicht enthalten. Sie gehören nicht zu den laufenden, durch Regelsatzleistrungen abgedeckten Bedürfnissen des täglichen Lebens (§ 1 Abs. 1 Regelsatz-VO). Vorliegend besteht ein außergewöhnlicher Bedarf, der durch eine einmalige Beihilfe zu decken ist. Dafür spricht bereits die Höhe der in Rede stehenden Kosten. Da die Kosten nicht durch Regelsatzleistungen gedeckt sind, sind sie als einmalige Beihilfe zu gewähren.
LSG Berlin-Brandenburg L 15 B 24/06 AY PKH, B.v. 04.12.06 www.sozialgerichtsbarkeit.de
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2011.pdf Bewilligung von PKH für Geltendmachung von Passkosten nach SGB XII. Aus § 73 SGB XII ergibt sich möglicherweise ein entsprechender Anspruch, vgl. auch BSG B 7b AS 7/06 R vom 07.11.2006, das für die Deckung bestimmter vom Regeleistung nach dem SGB II nicht gedeckte Kosten auf § 73 SGB XII verweist. Dass die Antragstellerin sich das Geld für den Pass inzwischen von einer Freundin geliehen hat, steht dem Anspruch nicht entgegen.
LSG NRW L 20 B 67/07 AY ER, B.v. 14.09.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2093.pdf Einmalige Beihilfe für Passkosten nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 28 I S. 2 SGB XII. Wg. des Eilverfahrens und der offenen Frage welche Gebührenermässigungen die serbische Botschaft gewähren könnte nur als Darlehen. Ob der Anspruch auch nach § 73 SGB XII analog besteht bleibt offen.
VG Bremen S 5 K 1619/06, B.v. 21.09.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2114.pdf PKH für Passkosten nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 37 SGB XII (Darlehen) oder § 73 SGB XII (Zuschuss).
SG Halle S 13 AY 76/06, U.v. 30.01.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2153.pdf Passkosten nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII, da die Kosten nicht im Regelsatzbedarf nach § 28 SGB XII enthalten sind, weil sie für Deutsche aufgrund entsprechender Gebührenbefreiungsregelungen nicht anfallen. Übernahme als Zuschuss oder Darlehen bleibt offen.
OVG Sachsen 4 A 144/08, U.v. 03.06.08, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2184.pdf Übernahme von Passbeschaffungskosten nach § 2 AsylbLG für eine afghanischen Staatsangehörige (im Jahr 2004) nach §§ 11, 12, 21 BSHG analog i.V.m. § 2 AsylbLG, bestätigt VG Dresden a.a.O. Die Kosten der Passbeschaffung gehören zur Sicherung des Existenzminimums, weil dazu auch solche Aufwendungen gehören, mit denen der Hilfsbedürftige seine gesetzlichen Pflichten erfüllen kann.
LSG Nds-Bremen L 9 B 219/08 AS, B.v. 28.08.08 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/13963.pdf PKH für Passkosten analog § 73 SGB XII für Empfänger von ALG II.
SG Duisburg S 16 (31) AY 12/06, U.v.09.10.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2251.pdf (Berufung anhängig LSG NRW L 20 AY 44/08) Passkosten nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII als Zuschuss, da diese Kosten nicht im Regelsatzbedarf nach § 28 SGB XII enthalten sind und vorliegend Gründe für eine Ermessensentscheidung für eine Darlehensgewährung nicht erkennbar sind.
SG Berlin S 51 AY 46/06, U.v. 26.11.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2234.pdf Passkosten nach § 73 SGB XII i.V.m. § 2 AsylbLG. Das Sozialamt hatte die Kosten von 199 Euro unter Verweis auf die Ansparmöglichkeit aus dem Regelsatz abgelehnt, bezüglich einmaliger Beihilfen enthalte § 31 SGB XII einen abschließenden Katalog, Passkosten gehörten nicht dazu. § 6 AsylbLG sei im Rahmen der Leistungen nach § 2 AsylbLG nicht einschlägig. Die Klägerin, die von der Ausländerbehörde in ihrer Duldung zur Passbeschaffung aufgefordert war, hatte die Passkosten durch ein Darlehen einer Freundin finanziert.

Gründe: Eine "sonstige Lebenslage" i.S.d. § 73 SGB XII ist gegeben, wenn die bedarfsauslösende Situation weder im SGB XII noch in anderen Bereichen des Sozialrechts geregelt und bewältigt wird (Berlit in LPK XII, 8.A., § 73 Rn 4). Der Bedarf ergibt sich aus der Passpflicht nach §§ 3 Abs. 1, 48 AufenthG (SG Halle S 13 AY 76/06, U.v. 30.01.08; SG Duisburg S 16 (31) AY 12/06, U.v. 09.10.08). Die Kosten liegen nach Auskunft der serbischen Botschaft bei 188 Euro und können nicht erlassen werden. Hinzu kommen die Kosten für die eidesstattliche Versicherung, die die Klägerin zur Bestätigung ihrer Identität für die Passausstellung benötigte.

Passkosten sind nicht in den Regelsätzen nach § 28 SGB XII enthalten (SG Duisburg, a.a.O.). Ausgehend vom Schreiben des BMI vom 13.07.07 bestand keine Notwendigkeit zur Aufnahme von Pass- und Personalausweisgebühren in die Regelsatzleistung, da für Deutsche bei Bedürftigkeit von den Gebühren abgesehen werden kann, vgl. § 3 Gebührenverordnung zum PassG. Als bedürftig ist ein Passbewerber gemäß Ziffer 20.2 der Allg. VwV zum PassG insbesondere anzusehen, wenn er Anspruch auf laufende Sozialhilfe oder höchstens entsprechende Einkünfte hat. Wegen dieser gebührenrechtlichen Möglichkeiten ist von keinem Bedarf auszugehen, der bei der Regelsatzbemessung hätte aufgefangen werden müssen. Pass- und Personalausweisgebühren werden nicht in Abteilung 12 ("andere Waren und Dienstleistungen") der der Regelsatzbemessung zugrundeliegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe EVS genannt (vgl. zur EVS Schwabe, ZfF 2008, 145). Daher kann die Klägerin auch nicht auf ein Ansparen im Regelsatz enthaltener Mittel verwiesen werden. Da die Passkosten nicht im Regelsatz enthalten sind, scheidet auch ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII aus.

Daraus folgt, dass dem Sozialamt ein Ermessen hinsichtlich der Passkosten nicht zusteht. Aufgrund der Rückzahlungspflicht gegenüber der Darlehensgeberin besteht die Bedarfslage fort und wandelt sich in einen Erstattungsanspruch (LSG Bln-Brandenburg L 23 B 58/07 SO PKH, B.v. 28.06.07).

Das Ermessen in Bezug auf die Leistung als Beihilfe oder Darlehen nach § 73 Satz 2 SGB XII ist hingegen nicht auf den Zuschuss reduziert. Aufgrund Alters, Schulabschlüsse und Ausbildung ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin in absehbarer Zeit eine Erwerbstätigkeit findet und das Darlehen ratenweise tilgen kann. Eine etwaige Ungleichbehandlung mit Deutschen knüpft daran an, dass Serbien eine Freistellung von den Gebühren nicht vorsieht. Hierfür haben deutsche Behörden auch im Lichte des Gleichheitssatzes nicht einzustehen. Entscheidend ist, dass die mit der Passpflicht verbundene Kostenlast der Klägerin durch die Leistung nach § 73 SGB XII sozialstaatlich bewältigt wird.
SG Lüneburg S 26 AY 33/07 U.v. 19.02.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2269.pdf Beihilfe für Passbeschaffungskosten von 680 € für sechs Familienangehörige nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII, da die Kosten nicht im Regelsatz enthalten sind. Nach einem Schreiben des BMI vom 13.07.07 bestand keine Notwendigkeit zur Aufnahme von Pass- und Personalausweisgebühren in die Regelsatzleistungen, da bei Bedürftigkeit des (deutschen) Sozialhilfebeziehers keine Gebührenerhebung erfolgte.

Grundsätzlich anders stellt sich die tatsächliche Lage bei Beziehern von Leistungen nach § 2 AsylbLG dar, bei denen im Übrigen Gebühren und Beschaffungskosten in ungleich größerer Höhe anfallen. Dieser Regelungsproblematik hat sich der Gesetzgeber offensichtlich nicht gestellt, was auch der Umstand zeigt, dass für Bezieher von Grundleistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG eine gesetzliche Regelung in § 6 AsylbLG besteht. In der Regelsatzverordnung werden Pass- und Personalausweisgebühren nicht gesondert aufgeführt, was den Rückschluss zulässt, dass sie nicht im Regelsatz enthalten sind. Damit scheidet eine analoge Anwendung von § 37 SGB XII, der sich auf die Regelbedarfe bezieht, und die nach dieser Norm einzig zulässige Darlehensgewährung aus.

Der bestandskräftige Ablehnungsbescheid war gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X aufzuheben, da sie Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. § 44 SGB X ist über § 9 Abs. 3 AsylbLG auch auf Leistungsberechtigte nach AsylbLG anwendbar (BSG B 8 AY 5/07 R, U.v. 17.06.08)

Die Passbeschaffungskosten sind als Zuschuss zu gewähren, da nach § 73 SGB XII ein Darlehen nur in Betracht kommt, wenn die begründete Erwartung besteht, dass die Leistungen in absehbarer Zeit zurückgewährt werden. Dies ist hier nicht der Fall (Krankheit des Ehemannes, Kinderbetreuung der Ehefrau).

Darüber hinaus ist im Rahmen der Ermessensausübung nach § 73 SGB XII zwingend zu berücksichtigen, dass die Initiative zur Beschaffung von Heimreisedokumenten einzig vom Beklagten ausging. Dieser hat zur Recht auf der Einhaltung der Passpflicht bestanden, § 3 AufenthG. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, § 95 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Wenn aber eine Verwaltungsbehörde ausländerrechtlich (zu Recht) die Einhaltung der Passpflicht einfordert, kann sie sich auf der anderen Seite sozialrechtlich nicht einer Kostenübernahmepflicht entziehen, wenn entsprechende Bedürftigkeit vorliegt.
LSG Sachsen L 3 AS 114/06 NZB, B.v. 22.08.07 www.sozialgerichtsbarkeit.de Keine Beihilfe nach SGB II für Pass- und Personalausweiskosten für Deutsche (hier: 8 € Gebühr und 11,25 € für Passfotos), da Personalausweiskosten von der Regelleistung gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II mit umfasst sind. Es ist durch Umschichtung innerhalb der Regelleistung innerhalb eines Monats möglich, den Betrag von weniger als 6 % der Regelleistung aufzubringen. Auch ein Ansparen über mehrere Monate ist möglich und zumutbar gewesen.

Es ist nicht ersichtlich ist, wozu der Antragsteller (etwa für die Aufnahme einer Berufstätigkeit mit Auslandseinsätzen) zudem auch einen Reisepass benötigt.

Die Regelleistung umfasst nach § 20 Abs. 1 SGB II insbes. Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne Heizung, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die Regelleistung bildet "im Rahmen des ALG II das ‚soziokulturelle’ Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem ... fungierenden Sozialhilfe ab." (BT-Drs. 15/1516, 56), Die Ausweiskosten werden somit von der Regelleistung erfasst. Demnach besteht allenfalls Anspruch auf ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II.

Anmerkung: Das LSG übersieht, dass für den Ausweis selbst (abgesehen von den Fotos) ohnehin keine Kosten entstehen sollten, § 1 Abs. 6 Personalausweisgesetz: "Für die erstmalige Ausstellung des Personalausweises sowie für die Neuausstellung nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist eine Gebühr von acht Euro zu erheben. Die erstmalige Ausstellung des Personalausweises an Personen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist gebührenfrei. Von der Erhebung einer Gebühr kann abgesehen werden, wenn der Gebührenpflichtige bedürftig ist."
LSG Bayern L 7 AS 474/08, B.v. 16.02.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2313.pdf. Keine Beihilfe nach § 73 SGB XII auf die Fahrt- und Fotokosten von 12,39 Euro für Ausstellung eines gebührenfreien Personalausweises für Deutsche, da diese Kosten im Regelsatz enthalten sind und der Kläger im Übrigen auch einen gültigen Reisepass besitzt, der offensichtlich zur Geltendmachung seines ALG II-Anspruchs ausreicht.
SG Bremen S 22 AS 923/10 E, B.v. 25.05.10 Passverlängerungskosten als Darlehen nach § 23 Abs 1 SGB II für unabweisbarer Bedarf, wenn die Kosten eine Höhe erreichen, die nicht kurzfristig aus der Regelleistung angespart werden können, und die Passverlängerung notwendig ist, um den Aufenthaltsstatus zu erhalten.

Das Gericht hat bei der Ausländerbehörde telefonisch in Erfahrung gebracht, dass bei türkischen Staatsangehörigen generell die Vorlage eines gültigen Passes verlangt werde. Nur wenn es nicht zumutbar sei, einen gültigen Pass zu beschaffen, könne mit einem Passersatz gearbeitet werden. Fehlende finanzielle Mittel seien kein Unzumutbarkeitsgrund. Laut türkischen Generalkonsulat beträgt die Verlängerungsgebühr 115,- Euro .

Die Passkosten sind von der Regelleistung umfasst und dem Grunde nach durch Ansparen aufzubringen. Vorliegend besteht aber ein unabweisbarer Bedarf, da die Bedarfsdeckung unaufschiebbar ist und nicht anderweitig gedeckt werden kann. Die Unaufschiebbarkeit ergibt sich aus dem Ablaufdatum des Passes und der Notwendigkeit der Passverlängerung für einen sich in Deutschland aufhaltenden Ausländer.

Das Gericht lässt dahinstehen, ob sich der Anspruch auch aus § 73 SGB XII herleiten lässt.


LSG NRW L 7 B 204/09 AS, B.v. 22.07.2010 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2349.pdf, ebenso LSG NW 25.02.11 - L 19 AS 2003/10 B Kein Zuschuss für Passkosten für Ausländer nach § 73 SGB XII, da keine atypische Lebenslage analog 5. bis 8. Kapitel SGB XII vorliegt. Das LSG lässt offen, ob ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II in Frage kommt, da der Kläger dies nicht beantragt hat und sein Begehren auf einen Zuschuss beschränkt hat. Das LSG lässt offen, ob Passbeschaffungskosten einen Bedarf darstellen, der von den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II umfasst ist.
LSG NI/HB 02.12.10 - L 8 AY 47/09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2359.pdf, ebenso LSG NW 23.05.11 - L 20 AY 19/08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2360.pdf, Passkosten für Ausländer nach § 73 SGB XII. Nach der überwiegenden Rechtsprechung sind Passbeschaffungskosten bei Analogleistungen (§ 2 Abs. 1 AsylbLG) nach Ermessen gemäß § 73 SGB XII zu gewähren. Mittel für die Passausstellung sind nicht in den Regelsätzen des § 28 SGB XII enthalten, weshalb die Kläger nicht auf ein Ansparen im Regelsatz enthaltener Mittel verwiesen werden können. Aus dem gleichen Grund scheidet ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII aus


  • Anmerkung: Siehe auch die Entscheidungen zu Passkosten bei § 6 AsylbLG!

  • Vgl zum Anspruch auf Passkosten für SGB XII Berechtigte und für Alg II Berechtigte nach § 73 SGB XII Hammel, InfAuslR 2012, 137, Die Finanzierung von Passkosten bei mittellosen nichtdeutschen Personen.


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