Tatsächliche Gleichstellung verwirklichen, die Kompetenz von Frauen zur Geltung bringen
Wir wollen in den nächsten fünf Jahren der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft noch näher kommen. Das ist ein Gebot der Verfassung und eine Voraussetzung für eine gerechte und solidarische Gesellschaft. Das ist insbesondere auch ein Gebot der Vernunft: Unser Land kann es sich nicht leisten, auf die Innovationskraft, die Qualifikationen und Kompetenzen von Frauen zu verzichten.
Frauenpolitik in Nordrhein-Westfalen bleibt Querschnittsaufgabe. Nach den Vorgaben des Amsterdamer Vertrags machen wir Gender Mainstreaming zum Leitgedanken unseres politischen Handelns. Bereits bei der Planung wie auch der Durchführung, Begleitung und Bewertung staatlicher Maßnahmen sind deren quantitative und qualitative Auswirkungen auf Frauen und Männer zu berücksichtigen.
Gleichzeitig bekräftigen wir unsere Absicht, spezifische Frauenprojekte und -maßnahmen durchzuführen und zu verstärken, die als “klassische Frauenförderung“ gezielt Benachteiligungen von Frauen angehen.
Beide Ansätze ergänzen sich.
Wir haben heute in Nordrhein-Westfalen eine bundesweit vorbildliche Infrastruktur für Frauen, die offene und versteckte Diskriminierung aufdeckt, die Frauen unterstützt, fördert und sie motiviert, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen: fast 400 kommunale Gleichstellungsbeauftragte, ein Netz von Frauen- und Mädchenhäusern, allgemeine und spezialisierte Frauenberatungsstellen, Einrichtungen gegen sexualisierte Gewalt, Unterbringungsmöglichkeiten für Menschenhandelsopfer, Regionalstellen “Frau und Beruf“ sowie viele Fraueninitiativen und Projekte. Dieses Angebot wollen wir bedarfsgerecht weiterentwickeln, bestehende Lücken schließen und die Kooperation untereinander sowie mit externen Bündnispartnerinnen und -partnern vorantreiben. Dies schließt die Initiierung von Aktionsbündnissen ein. Wir wollen den Aufbau eines Internet-gestützten Informations- und Kommunikationsnetzwerkes für Mädchen und Frauen.
Es gilt, die Chancen für Frauen in der Informationsgesellschaft offensiv zu nutzen. Auch in den anderen Schlüsseltechnologien der Zukunft müssen Frauen Fuß fassen. Wir wollen deshalb besondere Anstrengungen unternehmen, umdie Ausbildungschancen von jungen Frauen in zukunftsorientierten Berufen zu verbessern und die beruflichen Arbeitsplatz- und Aufstiegschancen für Frauen zu erweitern. Wir werden uns dafür stark machen, dass Frauen die Technik, die sie nutzen, zukünftig selbst mitentwickeln und mitgestalten. Deshalb wollen wir bereits in Kindergarten, Schule und Jugendhilfe Mädchen und Jungen eigene Wege zur Aneignung technischen Wissens und von Medienkompetenz ermöglichen. Mit einer Landeskampagne wollen wir gezielt Mädchen ansprechen, um sie für berufliche Perspektiven und Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologien zu interessieren. Mögliche Chancen der Informationsgesellschaft für einebessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zum Beispiel durch Telearbeit in sozialverträglicher Form, werden wir unterstützen.
Frauenförderung im öffentlichen Dienst ist uns Verpflichtung. Das Landesgleichstellungsgesetz hält wirksame Instrumente bereit, die wir konsequent anwenden werden. Frauenförderpläne als Zielvereinbarungen und neue Steuerungsinstrumente stellen sicher, dass effektive Frauenförderung auch zukünftigMarkenzeichen öffentlicher Verwaltung ist. Dies muss erst recht im Rahmen der notwendigen Umstrukturierung des Öffentlichen Dienstes gelten. Verwaltungsmodernisierung und Frauenförderung bedingen einander. Der Ausbau flexibler Arbeitszeitmodelle sowie Teilzeit in Führungspositionen werden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern und Karrierechancen eröffnen.
Eine zukunftsgerichtete Frauenpolitik muss sich im besonderen Maße an den Lebenslagen und Bedürfnissen von Mädchen und jungen Frauen orientieren. Schule und Hochschule kommt dabei eine herausgehobene Verantwortung zu. Wir werden Angebote der reflexiven Koedukation qualitativ und quantitativ weiterentwickeln. Der anstehende Generationenwechsel im Lehrkörper der Hochschulen eröffnet die Chance, verstärkt Professuren mit Frauen zu besetzen. Wir unterstützen die Fortführung und die Weiterentwicklung von Frauenstudiengängen und Frauenprogrammen an den Hochschulen.
Durch eine konsequente Umsetzung der Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes, insbesondere der darin verankerten Koppelung der Mittelvergabe an Fortschritte bei der Frauenförderung werden wir darauf hinwirken, den Anteil von Studentinnen und Wissenschaftlerinnen vor allem in den Bereichen zu steigern, in denen sie unterrepräsentiert sind.
Die Bekämpfung von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt, gegen Frauen und Kinder bleibt für uns auf der Grundlage der Beschlüsse des Landtags in der 12. Legislaturperiode ein wichtiger Schwerpunkt. Wir werden das Handlungskonzept der Landesregierung mit den Säulen “Verbesserung der Prävention“, “Schutz und Hilfe für die Opfer“, “Konsequente Bestrafung der Täter“ sowie “Opferschutz im Verfahren“ konsequent umsetzen und weiterentwickeln. Wir begrüßen nachdrücklich den Aktionsplan der Bundesregierung. Nordrhein-Westfalen ist zur Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Gesamtkonzepts bereit. Wir werden dabei den Sachverstand aller mit der Gewaltproblematik befassten Stellen einbeziehen.
Die effektive Bekämpfung von und die Intervention bei Gewalt, wie sie auch der Aktionsplan fordert, setzt eine enge Kooperation von Polizei, Justiz, Frauen- und Mädchenhäusern, Beratungsstellen, Notrufen und sonstigen Institutionen vor Ort voraus, die wir unterstützen werden. Die von der Bundesregierung angekündigte Vereinfachung einer befristeten Wohnungszuweisung zu Lasten eines gewalttätigen Angehörigen und die Möglichkeit, eine spezielle Grundlage für Schutzanordnungen hinsichtlich Kontakt-, Belästigungs- und Näherungsverboten zu schaffen, bewerten wir positiv. Wir werden unsererseits die notwendigen flankierenden Maßnahmen im polizeirechtlichen Bereich sicherstellen und darüber hinausgehende Konsequenzen für Richter- und Staatsanwaltschaft prüfen. Ausstiegsprojekte für Prostituierte wollen wir weiter fördern und bundesrechtliche Bestrebungen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation von Prostituierten werden wir unterstützen.