Peter Härtling
„Nachgetragene
Liebe“
Dtv
ISBN:
978-3-423-11827-9
D: 8,50 €
A: 8,80 €
15,20 sFr
"Zwischen meiner Geburt (1933) und dem Tod meines Vaters am 21. Juli 1945 lagen
zwölf Jahre. Es blieb uns wenig Zeit".
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Der Schriftsteller Peter Härtling schrieb diese autobiographische, zeitgeschichtlich aufschlussreiche Erzählung, die in seine Kindheit, Familie und Heimat zurückführt, um Gestalt und Wesensart des früh verstorbenen Vaters wiederzufinden. Was zu Lebzeiten nicht möglich war, wird hier - die Vergangenheit vergegenwärtigend - mit begreifender Liebe nachgetragen. Ich habe zu diesem Taschenbuch für lesegewohnte Erwachsene eine Gastrezension von Lothar Hitzges aus Schweich gefunden:
„In unseren Köpfen sammelte sich Unrat; wir meinten, es sei die Welt.", schreibt der Autor zu dem was Hitlerdeutschland ihm in seiner Jugend vermittelte. Das Buch mit den Schilderungen eines zehnjährigen Jungen, der mit seiner Familie, aber insbesondere mit seinem Vater hadert, ist ergreifend. Während die Familie, akademisch gebildet und unbeeindruckt von der damaligen Propaganda, ein schweres Leben in Mähren führt, erfährt der Junge eine demagogische Gehirnwäsche in Schule und von gleichaltrigen Kameraden. Was kann es schöneres geben, als im Knabenalter Krieg zu spielen, ein Held zu sein und zu den Siegern zu gehören. Dies ist für einen jungen Heranwachsenden eine sehr große Versuchung. Die Entzweiung mit der Familie, in der es möglicherweise sogar Verschwörer gegen alles gibt, was ihm jetzt heilig ist, ist somit vorprogrammiert.
Die Entfremdung des Kindes zum Vater schmerzt nicht nur den Autor sehr. Besonders auch deshalb, weil der allzu frühe Tod des Vaters eine Korrektur, eine Aufarbeitung nicht mehr zulässt. Deshalb kam es vermutlich zu diesem bemerkenswerten Buch. Eine Annäherung an einen Vater mit den Augen eines inzwischen erwachsen gewordenen Sohnes. Eines Sohnes, der die Welt nun aus dem richtigen Blickwinkel zu betrachten gelernt hat und der etwas sein möchte, was ein verführerisches System unterband, nämlich Sohn.
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