Der Vater zweier fast erwachsener Töchter, seit 20 Jahren mit einer Amerikanerin verheiratet, verdient seine Brötchen durchs Schreiben. Nach vielen Büchern, Lesungen und literarischen Gesprächen fasste er den Entschluss, für sein neues Projekt ein Tagebuch zu führen. Eine Zeitreise, eine "literarische Vaterschaft", in der nicht er, sondern seine beiden Töchter Marlene (20) und Emily (fast 18) im Mittelpunkt stehen. Fast ist es ihm gelungen und in nahezu jedem Eintrag spielen Alltag, Probleme, Erlebnisse und Wesensart der beiden Mädchen die entscheidende Rolle. Doch der belesene Schriftsteller würzt seinen "Lebensabschnittsbericht" mit teils sehr langen Zitaten aus literarischen Werken, zu denen er in Amerika Seminare und Vorlesungen hält: von Adorno, Walter Benjamin, über Shakespeare zu Arthur Schnitzler, von zeitgenössischen Kollegen bis zu Versen von Leonhard Cohen oder den Beatles bis zu eigenen Liebesgedichten.
Dazu Dialoge aus heutigen Schulklassen und "Denglish" aus seiner zweisprachigen Familie. Beschrieben und reflektiert wird über die Zeit der Kindheit, über die Abnabelung und den Amerikaaufenthalt der ältesten Tochter, über ihren ersten festen Freund und die damit verbundenen Eifersuchtsgefühle des Vaters. Aber auch andeutungsweise über die Zeit, in der der Autor und seine Frau zur Stabilisierung der Familie die Hilfe einer Beratungsstelle nutzten. Vorgestellt wird eine intakte, glückliche Familie, in der die Beschäftigung mit Literatur eine wesentliche Rolle spielt. Ich habe die meisten der 424 Seiten sehr gerne gelesen, bereiten sich mich und meine beiden Töchter doch auf die Zeit in ein paar Jahren vor. Das Vatertagebuch ist eine Liebeserklärung an Frau und Töchter, eine Ermutigung zur Selbstständigkeit aller vier Familienmitglieder und beschreibt aus der Sicht des Vaters zwei selbstbewusste und verantwortungsvolle Töchter auf dem Weg ins Erwachsenenwerden. Für Väter mit Töchtern in der Pubertät als Vorbereitung und zur eigenen Reflektion sehr empfohlen. CMS
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