Herrnhuter -> Brüdergemeine
Heukelbach, Werner, *8.5.1898 Wiedenest, f 5-2.1968 ebenda, vollzog als 3ojähri- ger Bahnbeamter mit seiner Entscheidung für Jesus Christus eine radikale Lebenswende und wurde nach vorzeitiger Pensionierung mit 38 Jahren vollzeitlicher —» Evangelist. Seine geistliche Heimat fand er in den christlichen —» Versammlungen; seine Missionsarbeit betrieb er unter Mitwirkung von Gläubigen aller Gemeindekreise, denen sich die durch ihn Gewonnenen anschlossen. Mit seiner einfachen Verkündigung erreichte er die Massen in großen Sälen und Zelten. Er wurde Pionier der
Evangeliumsverkündigung durch die Massenmedien im deutschsprachigen Raum: Über 1 Million Traktate, Hefte usw. monatlich in mehr als 60 Ländern; seit 1957 70 bis 80 Rundfunksendungen pro Monat, evange- listische Anzeigen in großen Zeitungen und regelmäßige Kurzbotschaften über Telefon. Auch Flugzeuge setzte H. mit seinem überall bekannt gewordenen Ruf: »Gerade du brauchst Jesus!« ein. Seit seinem Tode wird das »Missionswerk W. H.« von Mitarbeitern weitergeführt.
Lit.: Holm-Dieter Roch, Naive Frömmigkeit der Gegenwart, 1969
Schrupp
Hexenwahn
Volkstümliche Vorstellungen von Unholden, Werwölfen u.ä. gab es schon seit dem Altertum und allenthalben. Den eigentlichen Hexenprozeß gab es nur im Raum der westlichen Christenheit. Die erste Einäscherung wegen des den Hexen später allgemein zugeschriebenen Tatbestands erfolgte 1275 in Toulouse. Bis 1350 gab es in Südfrankreich etwa 600 Hexenverbrennungen. Um 1360 griffen die Verfolgungen auf Oberitalien über. Nur langsam dehnten sie sich auf andere Länder aus. Als 1484 die Bulle »Summis desiderantes affectibus« von Papst Innozenz VIII erschien, die den H. allgemein sanktionierte, hatte es zwar in den meisten Ländern schon sporadisch Hexenprozesse gegeben, oft gegen kirchliche und obrigkeitliche Widerstände, aber von einer allgemeinen Ausbreitung des Wahns konnte noch keine Rede sein. Wesentlich zu dessen Ausbreitung trug dann der Buchdruck bei. Der 1487 erschienene Malleus maleficarum (»Hexenhammer«) der Dominikaner-Inquisitoren H. Institoris und J. Sprenger wurde vierzigmal nachgedruckt! Die öffentlich durchgeführten Verbrennungen erregten nicht nur Furcht, sondern entzündeten auch Phantasie und Mißtrauen. Die Pestzüge jener Zeit verstärkten die latente Panik im Volk. In der zweiten Hälfte des 16. und Anfang des 17. Jh.s steigerte sich der Wahn zu einer allgemeinen Hysterie, die hunderttausende von unschuldigen Opfern forderte. Am furchtbarsten waren die Hexenjagden in den deutschen Fürstbistümern, aber schreckliche Verfolgungen gab es in allen katholischen und protestantischen Ländern.
Eine Vorbedingung dieser Entwicklung war
die Ausbildung eines neuen Prozeßverfahrens, des Inquisitionsprozesses, der von der kirchlichen Inquisition im Zusammenhang mit der Verfolgung der Katharer und Waldenser in Südfrankreich geschaffen, von Papst Gregor EX. 1232 zur Institution erhoben wurde. Im Unterschied zum Akkusa- tionsprozeß kann das Inquisitionsverfahren auf Denunziation oder Verdacht hin eingeleitet werden, der Angeschuldigte hat kein Recht auf einen Rechtsbeistand, die Folter ist erlaubt und wurde zur Regel, dem Geständnis folgte zumeist die Verbrennung. Die Inquisition war bevollmächtigt, auch ohne Erlaubnis der Bischöfe Ketzer- bzw. Hexenverfolgungen aufzunehmen. Im 15. Jh. wurde das Inquisitionsverfahren dann mehr und mehr auch von der weltlichen Justiz übernommen, wenn gegen Ketzer oder Hexen vorgegangen wurde.
Zum Inquisitionsprozeß kommt hinzu die Ausbreitung einer übereinstimmenden Doktrin des Hexenwesens, die ebenfalls im Schoß der kirchlichen Inquisition ausgebildet wurde. Die ersten Autoren, welche über das furchtbare Treiben der neuen Teufelssekte (synagoga diabolica) berichteten, waren bis zu Institoris und Sprenger alle Inquisitoren, meist Dominikaner, wie Nikolaus Jaquier und Johann Nider. Zu der Doktrin, wie sie im »Hexenhammer« vorlag, fügten spätere Hexenbücher nichts wesentlich Neues mehr bei, sie dienten nur der Verbreitung.
In diese Doktrin sind Elemente des Volksaberglaubens aufgenommen, wie Verwandlung in Tiergestalt (Werwölfe) und Hexenflug. Aber die zentralen Aussagen, die durch alle Hexenlehren hindurchgehen, sind (1) die Teufelsbuhlerei, d.h. der Vorwurf, mit Manns- und Weibsteufeln (Incubis und Suk- kubis) geschlechtliche Ausschweifung zu pflegen, und (2) die Teilnahme am Hexensabbat, an dem beim Hexenmahl die Messe verhöhnt wird, wozu man auch den in Bocksgestalt anwesenden Teufel küßt und verehrt und sich zuletzt wieder in wüsten sexuellen Ausschweifungen ergeht. Das innerste Motiv ist wohl die Verteufelung des Sexuellen (—» Sexualethik). Und das läßt zumindest auf die psychologischen Wurzeln des Hexenwahns schließen. Schon für die Kirchenväter des späteren Altertums war die sexuelle Begierde, die Konkupiszenz, die eigentliche Erbsünde, die durch Evas Fall in die Menschheit hineingekommen sei (Ambrosius, Augustinus). Konkupiszenz ist an sich schon Unreinheit, durch die der —»Teufel Macht über die Menschen bekommt. Vom Hintergrund dieser Ansicht her wurde das Keuschheitsgebot für Geistliche aufgestellt. Die Hexendoktrin ist von Zölibatären (Unverheirateten) geschaffen worden, und zwar von Angehörigen jener Orden, die durch ihren direkten Kontakt mit der Bevölkerung jener Versuchung ständig ausgesetzt waren, die sie nach ihren eigenen Veröffentlichungen als dämonische Verlockung anzusehen gewohnt waren. Die Gleichsetzung von Erotik mit Unreinheit prägte, als Folge der asketischen Moralpredigt, auch die Volksfrömmigkeit, auch noch im Protestantismus, so daß die psychologische Voraussetzung für den Hexenwahn gegeben war. Dieser ist demnach aus dem spezifisch spätmittelalterlichen Asketismus zu erklären, der Unkeuschheit mit Dämonie und Ketzerei dogmatisch verknüpft hat, Wie dies im »Hexenhammer«, aber auch in den späteren Hexenbüchern eines Remigius, Bodinus, Binsfeld, Boguet, Danäus, Delrio u.a. ausführlich dargelegt ist.
Auch wenn der Hexenwahn sich schließlich zur allgemeinen Hysterie steigerte und weltliche Gerichte vielleicht mehr Hexen verurteilten als kirchliche (die Akten der geistlichen Inquisition in Italien und Spanien sind freilich der Forschung nie zugänglich gemacht worden), so ist doch die Schuld der Kirche vor allem an der Entstehung dieser entsetzlichen Verirrung nicht zu leugnen. Der Inquisitionsprozeß, wie die Hexendoktrin, sind aus ihrem Schoß hervorgegangen. Biblisch betrachtet sind Vorstellungen wie Bocksteufel, Teufelsbuhlerei und Hexensabbat reiner Wahnwitz, obschon selbst ein Thomas von Aquin die Lehre von Inkubus und Sukkubus vertreten hat. Und vor allem muß die Erinnerung an die Hexenverfolgungen eine bleibende Warnung vor jeder gewaltsamen Verfolgung von tatsächlichen oder vermeintlichen, religiösen oder anderen Ketzern sein.
Lit.: Josef Hansen, Zauberwahn, Inquisition und Hexenprozeß im Mittelalter, 1900- ders., Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter, 1901 - Soldan-Heppe-Bauer, Geschichte der Hexenprozesse, 1911* - Aldous Huxley, Die Teufel von Loudun, dtv 355 - Manfred Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse (Fischer Taschenb. Nr. l8lS|- Flückiger
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