Pregizer, Christian Gottlob, *18.3.1751 Stuttgart, t30.10.1824 Haiterbach/Schwarz- wald. Theologiestudium in Tübingen. In der Jugend beeinflußt vor allem von F. Chr. Oe- tinger. Pfarrer in Haiterbach. In anschaulicher, volkstümlicher Predigtweise rühmte er das Gnadenwerk Jesu, das bereits für uns vollbracht ist. Er lud ein, es »zu erkennen, zu verlangen, zu ergreifen und darin die Seligkeit zu finden«. Er betonte, daß wir im Glauben jetzt schon Leben und Seligkeit haben. Trotz allem Spott und aller Anklage, er habe ein »Juhe-Christentum«, sind in weiten Gegenden des Schwabenlandes große Segenswirkungen, besonders in den Pregizer Gemeinschaften, bis heute lebendig. Bei Pregizer und den von ihm beeinflußten Kreisen tritt die Freude im Herrn, die Freude über die Rechtfertigung des Sünders aus Gnaden als kennzeichnender Zug hervor.
Lit.: G. Müller, Christian Gottlob Pregizer - sein Leben und seine Schriften, 1961
Grünzweig
Christian Gottlob Pregizer
Presbyter
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SCHON IM AT BEGEGNET DER BEGRIFF IN DER doppelten Bedeutung von alter Mann oder Ältester. Im letzteren Sinne entspricht er einer Amtsbezeichnung. Die Ältesten ordnen und leiten, z.B. in der Verwaltung oder Rechtsprechung, die Angelegenheiten einer Stadt, eines Stammes oder auch Gesamtisraels. Um 200 v.Chr. ist in Jerusalem der Ältestenrat (Synhedrium) nachweisbar, der wohl in Anlehnung an die siebzig von Mose berufenen Ältesten (Ex 24,1 und Num 11,16ff.) aus 70 (bzw. 71) Mitgliedern besteht. Nach der Zerstörung Jerusalems (70
n.Chr.) wird der Begriff hauptsächlich für ordinierte Schriftgelehrte gebraucht, aber auch für die Vorsteher der jüdischen Synagogengemeinden. Die geistliche und theologische Färbung des Titels, die schon von der Wüstenwanderung Israels her mitschwang, verstärkt sich. Doch wird der Titel P. dann vom
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Jh. n.Chr. an, vielleicht weil er sich inzwischen in der christlichen Gemeinde durchgesetzt hat, im Judentum durch andere Bezeichnungen ersetzt.
2. Ist der Zusammenhang mit dem AT auch unverkennbar, so macht der Begriff P. in der ntl. Gemeinde doch eine eigenständige Entwicklung durch. P. übernehmen die Gemeindeleitung (Apg 11,30 und 21,18) und die damit verbundenen Funktionen. Allerdings ist dieser Prozeß nicht einheitlich verlaufen.
Die stärker charismatisch geprägten pauli- nischen Gemeinden scheinen eine freiere Leitungsstruktur gehabt zu haben (z.B. Korinth), als die Jerusalemer Urgemeinde. Ungeklärt ist auch für die ntl. Zeit das Verhältnis der Amtsbezeichnungen P. und Bischof zueinander. Nach Tit 1,5.7 möchte man sie als austauschbar betrachten. Bedeutsam ist jedoch, daß im NT die Gemeindeleitung durchweg in den Händen mehrerer P., also eines Ältestenkreises, liegt. Diese kollegiale Leitungsstruktur ist erst im 2. und 3. Jh. n.Chr. durch den monarchischen Episkopat abgelöst worden.
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Die lutherische -» Reformation hat zwar die Priesterhierarchie abgeschafft, doch wurde sie in mancher Hinsicht durch das Kirchenleitungsamt des Theologen ersetzt. An die Stelle des Gegensatzes »Laie und geweihter Priester« trat nun der Gegensatz »Laie und ordinierter Theologe«. Erst in der Reformation Calvins erfolgte wieder eine gewisse Rückbesinnung auf die ntl. Presby- terialverfassung. Das Kollegium der P. wacht über Lehre, Verkündigung und Ordnung der Gemeinde und im Idealfall werden auch die einzelnen Leitungsdienste in der Gemeinde, einschließlich Predigt, von Mitgliedern des Presbyteriums wahrgenommen. In Verbindung mit der Lehre vom —> Priestertum aller Gläubigen wurde das Prinzip der Gemeindeleitung durch einen Ältestenkreis für die meisten -» Freikirchen konstitutiv, auch wenn der Titel P. normalerweise nicht gebraucht wird. Im Mittelpunkt steht dabei der doppelte Gedanke, daß die Vielfalt der geistlichen Gaben in der Gemeinde Jesu auch in der Gemeindeleitung zum Ausdruck kommen muß, daß aber diese nur funktional verstanden werden darf. Dieses Denken hat zur Folge, daß eine Trennung der Gemeinde in »Geistliche« und »Laien« schon vom Ansatz her unmöglich wird. Der Gegensatz zwischen Laien und ordinierten Amtsträgern als besonderer Stand ist prinzipiell überwunden, da auch der P. ausschließlich von seinem Dienst in der Gemeinde und für Christus her verstanden wird. Im zwischenkirchlichen Gespräch stellt allerdings die Frage des —» Amtes und der presbyterialen Verfassung der Gemeindeordnung nach wie vor eines der schwierigsten Probleme dar.
Lit.: H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, 1953 - W. Michaelis, Das Ältestenamt, 1953 - E. Schweizer, Gemeinde und Gemeindeordnung im NT, 19622 - J. Roloff, Apostolat, Verkündigung, Kirche, 1965 - U. Brockhaus, Charisma und Amt, 1972
Rott
Priestertum aller Gläubigen
I. Priestertum aller Gläubigen Der Begriff kennzeichnet vor allem jene Fragestellung, die die Bedeutung des einzelnen Gliedes der Gemeinde geistlich begründet und gefüllt sehen möchte. Mit nahezu dem gleichen Grundproblem beschäftigt sich die aber mehr kirchenrechtlich oder strukturbezogen angesetzte Frage nach dem Laientum überhaupt. Der heute erkennbare Stand der Erörterung in beiden Richtungen legt es nahe, diese Begriffe nicht länger isoliert nebeneinander zu behandeln. Dazu führt vor allem die seit ca. dreißig Jahren neu begonnene theologische Aufarbeitung beider Fragestellungen.
1. Entstehung und Geschichte. Der Gedanke geht auf iPetr 2,5.9 und Offb 1,6; 5,10; 20,6 zurück, für die Ex 19,5 f als Grundlage gilt. Schon Just. Martyr, Irenäus, Tertullian, dann auch Origenes und Augustin erarbeiten und untermauern den ntl. Begriff des »priesterlichen Volkes«. »Wir sind alle Priester, da wir ja Glieder des einen Priesters sind« (Augustin). Von Anfang an wird der Priesterbegriff vom NT her vor allem verstanden als Berufung aller Gerechtfertigten zum geistlichen Dienst. Daher stellt der Gedanke des P.a.G. schon immer auch die Frage nach dem Verhältnis zum jeweiligen Amtsverständnis der Kirche.
Den Begriff und die Lehre vom P.a.G. prägt schließlich Luther zur Überwindung des hierarchischen Amtspriestertums. Dabei meint auch er nicht etwa die Gleichheit aller Getauften, sondern die Berufung aller wahrhaft Glaubenden zum priesterlichen Dienst ohne spezielles Mittlertum. Die Berufung in bestimmte Ämter durch die Gemeinde bleibt jedoch um der Ordnung willen nötig. - Nach Ph. J. Spener ist »Priester der allgemeine Name aller Christen«. Daher wohl die Wandlung des Begriffs zu »allgemeines P. der G.«. Gedacht ist im —> Pietismus an die Aufgaben des Opferns, des Betens und Seg- nens, der Wortverkündigung (nicht des Leh- rens!), später auch an Liebestätigkeit (J. H. —» Wiehern), ebenfalls bei Anerkennung des besonderen —> Amtes. - Überwiegend bleibt freilich der Gedanke an eine aktive Teilnahme am gottesdienstlichen Leben der Gemeinde.
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Missverständnisse. Unter dem Einfluß der
Demokratie wird allerdings im 20. Jh. mit Hinweis auf das P.a.G. die Selbstverwaltung der Gemeinde gefordert bis hin zur sog. geistlichen Selbstversorgung (Infragestellung des berufenen Amtes). Der biblische Gedanke vom P.a.G., der das geistliche Wesen und die zentrale Aufgabe des Christen umschreiben will, wird so verfälscht zur Frage nach der Struktur der Gemeinde (Laientum gegenüber Priestertum). Aus der Frage nach der geistlichen Berufung des einzelnen Gemeindegliedes wird die Frage nach seiner sog. Mündigkeit, seinem Recht. Weithin ist die Diskussion um die Verantwortung der Glieder der christlichen Gemeinde heute immer noch vom soziologischen und politischen Denken bestimmt (Stichworte: demokratische Gemeinde
struktur, Autoritätskritik, Recht der Laien, Recht des einzelnen u.a.). Dafür kann die Schriftgrundlage des P.a.G. nicht in Anspruch genommen werden. Immerhin wird dabei deutlich, daß der vorhandene Begriff des Laientums als nicht ausreichend biblisch bzw. geistlich gestützt empfunden wird.
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Weiterentwicklung. Während bis in unser Jh. der Begriff vorwiegend auf das Priestertum Jesu bezogen und damit die Arbeit am Begriff des geistlichen Opfers (Röm 12,1.2) erneut herausgefordert wird (so besonders im -» evangelikalen Bereich), gerät nun zu Recht die Frage nach —» Vollmacht und Dienst der Glaubenden ins Blickfeld. Das ntl. Wort von der —» Gemeinde als Leib Christi und entsprechend das Verständnis vom Wirken des Hl. —> Geistes in der Gemeinde (Leib) durch Gaben und Dienste der einzelnen sind neu zu beachten. Das Wort vom P.a.G. stützt somit nicht einen »radikalen Anspruch, mit dem man sich dem Urteil und Gnadenzuspruch des brüderlichen P. entzieht« (H. A. Dombois), oder mit dem sich gleiche Rechte und Pflichten für alle fordern lassen. Vielmehr meint es, daß alle, je nach Berufung und Begabung durch den Geist, in der Vollmacht Jesu geistliche Verantwortung füreinander und für den Auftrag der Gemeinde tragen.
So scheint gegenwärtig mit größerer Klarheit als je zuvor erkannt zu werden, besonders von Röm 12 her, daß das P.a.G. mehr Aspekte umfaßt als das vom Pietismus bestimmte Verständnis. Es wird der gedankliche und wesensmäßige Zusammenhang mit allen Fragen drängend, die sich mit der Verwirklichung des Christseins und der christlichen Gemeinde beschäftigen.
Lit.: H. Behm, Der Begriff des allgem. Pr. 1912 - H. A. Dombois, Recht der Gnade, 1969/1974 - Ev. Erw. Katechismus, 197s - freikl.: H. Lenhard in: Wort und Tat 7/67.
n: Laientum
1. BEGRIFF, GESCHICHTE, WESEN. Laie (von griech. laos = Volk; laikos = zum Volk gehörig) kommt im NT nicht vor, wird auch von Anfang an nicht im ntl. bestimmten Sinn verwendet (zuerst 95 bei Clemens von Rom). L. gilt als Gegensatzbegriff zum Kleriker ( = berufenen Amtsträger, Amt) und ist, besonders in der katholischen Kirche, in diesem Sinne durchgeführt. In der kirchenrechtlichen Bedeutung hat das hochbewertete Priestertum das L. unter das Urteil der Unmündigkeit oder mindestens Abhängigkeit gebracht. Dem Wesen nach sind freilich aus dem L. durch die Geschichte bis heute vielfältige Bewegungen innerhalb und außerhalb der Kirche hervorgegangen: Mönchsorden, die Brüder vom gemeinsamen Leben, die Katharer, Waldenser, Wiclif, Hus, die Täufer usw. Vom L. aus sind also für Frömmigkeit, geistliches Leben und Mission wichtige Impulse ausgegangen. Luther nimmt hier die Lehre vom P.a.G. auf (vgl. I,i) und macht damit deutlich, wie das kirchenrechtliche Verständnis von L. die biblisch-theologische Erkenntnis verfälscht hat. Im Protestantismus blieb L. aber weiter ein Unterscheidungsbegriff, wenn auch mehr auf die theologische Kompetenz des ausgebildeten Amtsträgers bezogen. I und viele Modelle geliefert. Sie rechnen mit der geistlichen Mündigkeit des wiedergeborenen Christen und damit mit dem P.a.G. Es ist hier nicht möglich, alle weitere Entfaltung der Formen und Aktivitäten durch das L. bis heute zu nennen. Fest steht aber, daß ohne dieses der jetzige Stand der Missionsund Evangelisationsarbeit undenkbar wäre. Inzwischen ist es lebendige Erkenntnis in allen Kirchen, daß die Kirche Jesu ihre entscheidende Einwirkungskraft auf die Welt überhaupt nur durch die Vielzahl ihrer Glieder, eben die Laien, hat. Allerdings vermißt man dabei oft eine Absicherung gegen das bloß emanzipatorische Verständnis von Mündigkeit. Neben einer Fülle erörternder oder berichtender Literatur gibt es wichtige Verlautbarungen, die alle auf eine zunehmend biblisch-theologische Ausrichtung hinweisen. Die Dokumente des —*■ Internationalen Kongresses für Weltevangelisation in Lausanne (1974) gehören dazu. Evangeli- kale dürfen aber auch die Äußerungen des 2. Vatikan. Konzils (Dekret über das Laienapostolat, 1965) und die aus dem Bereich der protestantischen Kirchen nicht übersehen. Der Müheaufwand, um die Sprachschwie- rigkeiten zu überbrücken, wird sich lohnen.
in. Weiterfohrende Aufgaben Das Wort vom P.a.G. und der »Laien«-Be- griff haben eine geschichtliche Barriere geschaffen (v. Goessei). H. Kraemer möchte fortan nur »L.« gebrauchen, weil er P.a.G. für historisch zu belastet hält, obgleich dies der eigentliche ntl. Gedanke ist. Die Überwindung der Barriere wird in der Tat aber möglich, wenn das biblische Verständnis von Gemeinde wiedergewonnen wird. Vor allem ist hier von ihrer Struktur und von ihrem Auftrag zu sprechen. Dies wiederum scheint schlechterdings ohne das ntl. Verständnis des Heiligen Geistes bzw. seine Erfahrung nicht auszukommen.
1. die kirche JESU ist zuerst als Ganze gesandt zur Mission und zum Dienst für Gott in der —» Welt. Mit der Entdeckung der L. ist also eigentlich der erste Schritt zur Neuentdek- kung der Gemeinde getan. Als Gottes Volk kennt sie keinen unterschiedlichen Status von Ordinierten und Laien, wohl aber verschiedene Funktionen. Wenn die Gesamtheit der Gemeinde in ihrer Existenz sozusagen die Mission und der Dienst Jesu Christi ist, muß also die Rolle der »Ämter« über
prüft werden. Eine Grundlage gibt Eph. 4,11.12 (das Problem des Kommas in V.12 dürfte endgültig geklärt sein): alle Heiligen sind zum Dienst bestimmt. Die interne Dienst- (so richtiger als »Ämter««-) Struktur darf nur mit der Leibstruktur zusammen gesehen werden.
2. der Auftrag der gemeinde hat schon immer jedes Glied betroffen. Die nicht theologisch gebildeten Glieder haben ihn oft selbst entdecken müssen. Aufgabe der Theologen wäre es, in der Gemeinde eine biblische Schau zu vermitteln, die den einzelnen seihen Platz erkennen läßt. Sie muß ihm für diesen Platz das Wissen um die Gegenwart Christi in ihm und um die Wirkungen des Geistes klar und fest machen. Damit ist aber auch unausweichlich die Frage nach dem Heiligen Geist in der Gemeinde (oder: nach der charismatischen Gemeinde) gestellt. »Es geht nicht um die Aktivierung der Laien, sondern um das Kommen des Geistes«« (v. Goessel/Stephan). D.h. es geht mehr um die geistliche Erneuerung der Dienste als um bloße Strukturveränderung oder neue Aktivitäten. - Es gibt wohl ein exegetisches Verständnis des NT, das nur aus einer entsprechenden Erfahrung heraus treffend werden kann. Das gilt auch für das Problem L. So wird eine biblische Verwirklichung des Lebens der einzelnen Gemeinde den Begriff L. entbehrlich machen.
Lit.: Yves Congar, Der Laie, 1957 - Hendrik Krae- mer, Theologie des L., 1959 - von Goessel/Stephan, Die missionarische Dimension, 1965
Riemenschneider
Prochanow, Iwan Stepanowitsch, *17■
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1869 Wladikawkas, f6.10.193 s Berlin. Molokanenkreisen entstammend wird P. der Begründer des Bundes der -» Evangeliumschristen in Rußland. 1887 empfing er in Tiflis die Glaubenstaufe. Er wird Ingenieur, studiert auch Theologie in Berlin, Paris und England. Ein vielseitig gebildeter Mann, begabter -» Evangelist, Dichter vieler geistlicher Lieder, gründet und leitet er ein Predigerseminar in Petersburg und schreibt seine wichtige »Predigtlehre««.
Lit.: W. Kahle, Ev. Christen in Rußland und der So- vetunion, 1978
Brandenburg
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