Seligkeit -» Heil
Severing, Heinrich, *1832 Münsterland, 116.2.1892 Weidenau, erster Prediger beim
Verein für —> Reisepredigt im Siegerland. Ausbildung in der Diakonenanstalt in Duisburg, dann Diakon bei Pastor Stursberg in Mülheim (Ruhr). S. war von 1863 -1892 Reiseprediger im Siegerland. Er sammelte zusammen mit »Bundesagent« (Sekretär) We- gener vom »Westdeutschen Jünglingsbund« in allen größeren Orten des Siegerlandes die jungen Männer in Jünglingsvereinen und wurde stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes der Jünglingsvereine. S. zitierte oft Frage 60 des Heidelberger Katechismus: Wie bist du gerecht vor Gott? und ging in großer Treue den Erweckten nach. Neben den Bibelstunden in 90 Ortschaften des Siegerlandes machte er jährlich etwa 1 500 Hausbesuche. S. verfaßte 1881 das Buch: »Die christlichen Versammlungen des Siegerlandes«. Er war gegen schwärmerische Anschauungen und liebloses Urteilen und betonte stets: »In der Hauptsache Einheit, in Nebendingen Freiheit, in allem aber die Liebe«.
Lit.: J. Schmitt: Die Gnade bricht durch, 19583, S. 33 3-337
Lehmann
Sexualethik
1. die norm. In den zurückliegenden Jahren wandten sich Humanwissenschaften wie Psychologie, Medizin und Soziologie vermehrt dem menschlichen Sexualverhalten zu. Da sie nur das immer schon von der —» Sünde gezeichnete Verhalten erfassen können, dürfen diese deskriptiven Disziplinen bei aller Verständnishilfe, die sie der —» Seelsorge bieten, nicht zur normgebenden Instanz werden. Die staatliche Gesetzgebung setzt zwar den maximalen Handlungsspielraum für nicht strafbares Verhalten, kann aber für die ev. Ethik weder normierend noch blockierend sein. Auch die Psychoanalyse bietet nur in sehr beschränktem Maße Anleitung, denn sie macht die Sexualität zum menschlichen Grundtrieb und damit seine Befriedigung zum Grundrecht. Dieser Denkansatz löste tiefgreifende Verwirrung aus. Wer vom Sexualtrieb in seiner Vorfind- lichkeit ausgeht, verabsolutiert den Status quo und billigt dem Trieb eine Eigengesetzlichkeit zu. Wie in allem so gewinnt die christliche Ethik auch hier ihre Norm von Gottes Offenbarung; damit ist dieser Trieb dem Willen Gottes unterzuordnen und ihm dienstbar zu machen.
1. DIE SEXUALITÄT ALS GABE DES SCHÖPFERS. Nach Gen 1,27 ist die Sexualität von Gott gewollte Schöpfungsgabe, die unter seinem ausdrücklichen Segen steht. Der Bibel fehlt ein spezifisches Wort für Sexualität, d.h. sie ist nicht abstrahierbar, sondern immer nur in ihrer Gebundenheit an den ganzen Menschen in seiner leiblich-seelischen Existenz vorfindbar. Sie bestimmt den ganzen Menschen, den Gott als Mann oder Frau mit seiner ganzen, geschlechtlich bestimmten Persönlichkeit geschaffen hat. In ihrer Geschlechtlichkeit sind Mann und Frau zueinander gewiesen und aufeinander angewiesen (Gen 2,18-23). Die Geschlechtlichkeit gehört zum gottgewollten Menschsein. Damit wendet sich die Bibel gegen jegliche Vergöttlichung und Vergötzung der Geschlechtlichkeit, wie sie dem alten Orient und vielen animistischen Religionen eigen ist, gegen ihre Entwertung und Verachtung, wie sie in der Gnosis, dem Mönchtum und einigen Zweigen des —»Pietismus auftrat, und gegen ihre Entpersönlichung und Kommerzialisierung, wie sie in der westlichen Kultur der Gegenwart begegnet.
v das wesen der Geschlechtlichkeit. Im Gegensatz zum animalischen Bereich, wo die Geschlechtlichkeit ausschließlich der Zeugung dient, zielt sie beim Menschen darüber hinaus auf gegenseitige Beglückung und Hingabe ab und führt zur tiefsten Erkenntnis des Mann- und Frauseins. Spricht die Bibel von der geschlechtlichen Vereinigung positiv von »Erkennen« (z.B. Gen 4,1.17), dann ist das nicht nur euphemistische Umschreibung, sondern Beschreibung des eigentlichen Wesens der geschlechtlichen Vereinigung. Sie darf deshalb nie ausschließlich biologisch oder sachlich gesehen werden. Sie umfaßt immer Hingabe der Persönlichkeit und Erschließung des innersten persönlichen Bereichs. Deshalb muß sie in Liebe und Verantwortung eingebettet werden (—» Ehe). Nach dem Sündenfall ist die Geschlechtlichkeit umgeben von der Scham, die als natürlicher Schutzinstinkt der Wahrung der Keuschheit dient, indem sie insbesondere die primären Geschlechtsmerkmale dem Blick der Öffentlichkeit entzieht. Die Scham weicht der innigen Liebe zweier Menschen. Was vor den andern verdeckt und ihnen damit entzogen ist, unterliegt in der Liebe keinerlei Verhüllung mehr. Man schämt sich nicht mehr voreinander, er
kennt einander und gibt sich einander hin.
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DIE ENTARTUNG DER GESCHLECHTLICHKEIT. Die Geschlechtlichkeit ist ein bevorzugtes Einfallstor der -> Sünde. Hier wird der Mensch zutiefst in seiner Würde als Ebenbild Gottes, in seiner Liebesfähigkeit, Hingabebereitschaft, Treue, Verantwortlichkeit, ja in seiner Personhaftigkeit getroffen, durch die er mehr ist als ein animalisches Bündel instinktgelenkter Triebe. Die Bibel hat ein striktes Nein gegen geschlechtliche Promiskuität in jeder Form. Sexuelle Zügellosigkeit und Perversität sind Zeichen der Loslösung vom Schöpfer und des Dahingegebenseins durch den Zorn Gottes (Röm
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27; Eph4,i7ff.). Homosexualität kann psychisch mitbedingt sein, wird damit aber nicht gerechtfertigt. Masturbation als Selbstbefriedigung führt nach heutiger Erkenntnis zwar nicht zu körperlichen Schäden. In ihr wird die Geschlechtlichkeit aber selbstsüchtig benutzt und der Mensch über die Länge der Zeit zur Liebe und Hingabe unfähig gemacht. Geschlechtlichkeit, die den andern zum bezahlten oder unbezahlten Lust- und Zweckobjekt macht, ist Mißbrauch und steht unter dem Verdikt, Sünde zu sein. Sexuelle Früherlebnisse, d.h. vor Ausreifung der Persönlichkeit und Liebesfähigkeit, führen leicht zu sexueller Hörigkeit, die sich zu seelischer Blockierung auswach- sen kann, die eine spätere Ehe belastet. Petting bildet keine Alternative, denn Liebe läßt sich nur in ganzem Vertrauen und in Verantwortung erfahren. Demgegenüber ist zu betonen, daß vor- oder außereheliche Enthaltsamkeit weder zu psychischen noch zu physischen Schäden führen muß, sondern zur Charakterstärkung und positiven Persönlichkeitsentfaltung beitragen kann.
Ohne Disziplinierung, Zurückhaltung, Rücksichtnahme und damit gewissen Triebverzicht kommt es weder zu Integrierung der Gesamtpersönlichkeit noch zur Kulturbildung (zur Frage der Ehelosigkeit —> Ehe). I schlechtlichkeit zur vollen und letzten persönlichen Hingabe, Vereinigung und Beglückung werden. Umgekehrt ist zu sagen, daß zur ehelichen Liebesgemeinschaft die sexuelle Leibesgemeinschaft gehört (iKor 7,1 ff.). Da mit der geschlechtlichen Vereinigung immer die Möglichkeit der Kinderzeugung gegeben ist und unter bestimmten Umständen auch in der Ehe eine Beschränkung der Kinderzahl geboten ist, stellt sich die Frage der Empfängnisverhütung. Die völlige Enthaltsamkeit darf nicht als der selbstverständliche, christliche Weg propagiert werden, denn Gott wird kaum zwei Menschen in der Ehe zusammenführen, um dann von ihnen zu verlangen, daß sie im Blick auf dieses wesentliche Stück der Ehe leben, als wären sie unverheiratet. Andererseits dürfen die leicht zugänglichen Kontrazeptiva nicht dazu verleiten, die Bereitschaft zum Kind leichtfertig zu verdrängen und selbstsüchtig dem Lustgewinn zu leben. Christen sind in ihrer Stellung vor Gott gefordert, in liebender Verantwortung füreinander, u.U. in seelsorgerlicher Absprache, und unter Berücksichtigung medizinischer Aspekte gemeinsam ihre Entscheidung zu treffen. Dabei darf die stürmische Entwicklung auf dem Gebiet der Verhütungsmittel nicht darüber hinwegtäuschen, daß die psychischen und physischen Langzeitwirkungen noch nicht abzuschätzen sind.
6. besondere problemkreise. In einer Umwelt, die die Sexualität entpersönlicht, verkom- merzialisiert, zum allgemeinen Konsumgut macht und von der Bindung an Gottes gute Ordnung löst, ist es für die christliche Jugend schwer, eine gesunde Einstellung zu ihrer eigenen Geschlechtlichkeit zu finden. Dabei nimmt in einer übersexualisierten Atmosphäre die geschlechtliche Erlebnisfähigkeit erschreckend ab und wird zum Problem. Je leichter kontrazeptive Mittel zugänglich sind und je konsumbetonter und lustorientierter das Leben, desto akuter wird in der Ehe die Gewissensfrage der Empfängnisregelung. Dazu wirft die z.T. beruflich bedingte, ursprünglich vielleicht gar nicht gewollte Ehelosigkeit bes. unter Frauen ganz neue Probleme auf. Hiermit stellen sich der ev. Sexualethik, Sexualpädagogik und Seelsorge Aufgaben, denen sie sich in ihrer Verantwortung vor Gott und den ihr anvertrauten Menschen nicht entziehen darf.
Lit.: A. Köberle, Geschlechtlichkeit im Zeugnis der Bibel, 1973-O. Piper, Die Geschlechter, 1954-
N. H. Soe, Christliche Ethik, r9653 - I. Trobisch, Mit Freuden Frau sein, 1974 - Zeitschrift: Sexualethik und Seelsorge (allgemeinverständlich).
Egelkraut
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