Evangelisches Gemeindelexikon



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Schniewind, Julius, *28.5.1883 Elberfeld, 17.9.1948 Halle/S. Professor für NT, ab 1921 in Halle, ab 1927 in Greifswald (ord. Prof.), ab 1929 in Königsberg, wo er zum geistli­chen Berater der Bekennenden Kirche Ost­preußens wird, 1935 strafversetzt nach Kiel, 1936 nach Halle, dort 1937 Entzug der Lehr­erlaubnis. Reisedienst in ganz Deutschland. Nach Kriegsende wieder akademische Lehr­tätigkeit, seit 1946 zusätzlich Propst zu Halle und Merseburg.

S. war Theologe der Hl. Schrift. Er hat als Fachwissenschaftler des NTs (vergleichbar mit A. —> Schiatter) die Eigenart des bibli­schen Zeugnisses besser verstehen gelehrt und bei vielen Menschen - auch außerhalb des wissenschaftlichen Lernens und Lehrens - das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Bibel entscheidend gefördert. Seine Kom­mentare zu Mk und Mt sind Frucht eines Forschens und Ringens, das sich bei aller Nähe zu den theologischen Vätern und Freunden in einer erstaunlichen Offenheit gegenüber den Fragen jener Kritiker vollzog, die durch ihre Arbeit die Autorität der Bibel in Frage stellten. Stets achtete er auf den Zu-





sammenhang des NTs mit dem Alten und der jüdischen (apokalyptischen) Enderwar­tung. In der Entmythologisierungsdebatte hat er nachdrücklich die Einheit des erhöh­ten Christus mit dem irdischen Jesus betont.

S. ist zutiefst von seinem hallenser Lehrer

M. —» Kähler geprägt gewesen. Wie ihm ging es auch S. um den »lebendigen Gott« der Bi­bel, um die reformatorische Grundfrage nach dem gnädigen Gott und um die Erneue­rung des Christenstandes. Im Pietismus sah er das »Wachhalten der reformatorischen Fragestellung«.

S.s Seelsorge und sein oftmals prophetischer Durchblick müssen im Zusammenhang mit einer lebendigen Enderwartung gesehen werden, in die er auch die Krisen und Kata­strophen seiner Zeit mit einbezog. Die »Freude der Umkehr«, von der S. bis zuletzt Zeugnis abgelegt hat, wird nur dort recht verstanden, wo man sieht, daß es der kom­mende Weltenrichter ist, der in Jesus in un­sere Zeit gekommen ist und uns die Gnade anbietet. Die Rechtfertigung verstand S. als das Bestehen im letzten Gericht. Seine theo­logischen Grundanliegen wurden vor allem von O. Michel (Tübingen) weitergeführt.

Lit.: Mk 1968“ - Mt 196812 - E. Kähler, Jul. Schniewind, Nachgelassene Reden und Aufsätze, 1952 - ders. (Hg.), J.S.: Die Freude der Buße. Zur Grundfrage der Bibel, 1956 - Kraus/Michel (Hg.): J, S.: Zur Erneuerung des Christenstandes, 1966 - H. J. Kraus, Julius S. - Charisma der Theologie, 1965

Lindner

Schöpfung, Lehre von der



I. Biblisches Gesamtzeugnis Die Bibel redet auf ihren ersten Seiten vom Anfang, auf ihren letzten vom Ende der sichtbaren Schöpfung. Zwar wird von Schöpfung als Beginn der Menschheitsge­schichte vornehmlich in der ’>Ur»-Ge­schichte (Gen 1 — 11) und von der Vollen­dung in der Offb gehandelt, doch durch­dringt diese Grundsicht jede biblische Schrift. Das Zeugnis vom Anfang der irdi­schen Menschheit und dem gewährten krea- türlichen Lebensraum ist unabdingbar auf die Vollendung bezogen. Die Bibel kennt im Widerspruch zu antiken Schöpfungsmythen und modernen säkularen Weltanschauun­gen (-» Weltbild) nur einen heilsgeschichtli­chen Begriff des irdischen Menschen und seiner Welt. Nur unter dieser Voraussetzung kann Weltwirklichkeit als auf Vollendung bezogene Schöpfung geglaubt und auf mo-

derne wissenschaftliche Erkenntnisse über —» Mensch und Welt bezogen werden.



Der Schlüssel zu einem heilsgeschichtli­chen Schöpfungs- und Zukunftsverständnis ist —> Jesus Christus. Aus seinem Heilshan­deln an der leiblichen, seelischen und geist­lichen Not seiner Mitmenschen, seiner Ver­kündigung in göttlicher Vollmacht sowie seiner Preisgabe an den Fürsten des Todes und seiner Auferweckung und Machtüber­nahme über die Schöpfung läßt sich der tie­fere Hintergrund der Leiblichkeit und Na­türlichkeit »dieses Äons« erschließen. Aus den Heilungsberichten der Evangelien wird deutlich: Jesus, der Gottessohn, ist über die Sünden-, Krankheits- und Todesnot des Menschen innerlich zutiefst betroffen (Mt 14,14; 20,34; Lk 7,13; Joh 11,38). Seine Hei­lungstat ist Widerspruch gegen die Todes­macht, die Gottes Schöpfung entstellt. Es ist der vorweggenommene Anbruch der neuen Schöpfung, die mit seiner —> Auferstehung besiegelt ist. Die durch Krankheit und Tod gezeichnete Leiblichkeit und Natur ist der diabolischen Widermacht preisgegeben (Röm 5,12-19; 8,20). Die Naturgesetzlich­keit repräsentiert als die uns zugewandte »sichtbare« Seite der Schöpfungswirklich­keit die Oberflächenstruktur eines Macht­kampfes (K. -> Heim). Die Schuldfrage ist am Kreuz von Golgatha gelöst, die Macht­entscheidung bleibt bis zum Anbruch der neuen Schöpfung im Zeichen der —» Wieder­kunft Jesu Christi noch verborgen. Das heißt, der uns zugekehrte gegenständliche Wirklichkeitsaspekt, den die Wissenschaf­ten zum Gegenstand haben, ist zugleich Verhüllung Gottes, denn der gefallene, sterbliche Mensch könnte der unmittelba­ren Gottesbegegnung nicht standhalten (Offb 21,3). Allein von Jesus Christus aus können wir die urzeitliche und endzeitliche Prophetie der Schrift, Anfang und Ende, an­gemessen heilsgeschichtlich auslegen. Die biblische Urgeschichte (Gen 1 — 11) hat ein verbindliches Gesamtzeugnis: darum ist der irdische Mensch sterblich, geschlechtlich, muß die Frau (Eva) in Schmerzen Kinder ge­bären und der Mann (Adam) in Mühsal sei­nen Acker bestellen und ist die Umkehr in das Paradies verwehrt (Gen 2,4b-3). Dem ungehorsamen Menschen kann der Lebens­raum entzogen werden (Gen 6-8). Die große Stadt mit der Einhei tssprache und der Super­religion wird dem gefallenen Menschen nicht gelingen (Gen ri). Das ur- und endge­schichtliche Rahmenzeugnis der Bibel stellt den endlichen Menschen mit seinem Fragen nach Anfang und Ende unter einen doppel­ten Vorbehalt: in der kommenden Schöp­fung ist das Schema dieser Welt aufgehoben (iKor 7,31); die urständliche Schöpfung, über die die Prädikation »siehe, es war sehr gut« (Gen 1,31) gesprochen wird, ist durch das Grundgesetz der Vergänglichkeit jen­seits der Schwelle des Paradieses verhüllt. Die weitgehende Nichtbeachtung des ur- ständlichen (protologischen) und endzeitli­chen (eschatologischen) Vorbehaltes erzeugt einen Kreis von Mißverständnissen und Scheinproblemen hinsichtlich des Schöp­fungsglaubens und der Reich-Gottes-Erwar- tung. Deshalb ist der christologische Be­zugspunkt gegenüber dem isolierten Einsatz bei den Schöpfungsberichten (Gen 1 bis 2) zu beachten.

  1. Folgerungen für die Verkündigung und Lehre sowie den Bezug zu wissenschaftli­chen Erkenntnissen:

Ur- und Endgeschichte begründen die Exi­stenz und Erfahrungsbedingungen des Men­schen in der vergänglichen Gestalt der sichtbaren Schöpfung. Das biblische Den­ken verpflichtet, das Sichtbare von den un­sichtbaren Wirklichkeitssphären zu unter­scheiden (Kol 1,16). Die Wissenschaften bringen die gegenständlichen Oberflächen­strukturen auf Begriffe und Gesetze. Die Physik, die Biologie, die Humanwissen­schaften treffen »Feststellungen«: so sind die Gesetzmäßigkeiten im endlichen Erfah­rungsraum des Menschen. Sie beschreiben nicht Gottes gute Schöpfung. Was gegen­ständliche Wirklichkeit wird, ist Resultat einer in sich zwiespältigen unsichtbaren Grundwirklichkeit dieses Äons. Die Evolu­tionsbiologie beschreibt die Lebensgesetze »jenseits« des Paradieses, einen harten Exi­stenzkampf ums Dasein, in den alle Kreatu­ren nach dem Fall verstrickt sind. Der Tod erscheint notwendig als biologischer Me­chanismus. Daraus ergeben sich folgende Hinweise:

a) In der Biologie hat sich seit Darwin ein Entwicklungsmodell zur Erklärung des Ge­samtzusammenhanges der Lebensformen durchgesetzt. Es beruht auf der Annahme zufallsgesteuerter Veränderung der Erbanla­gen und dem Uberlebensvorteil im harten Daseinskampf. Kritisch anzumerken ist der

Hypothesencharakter des Erklärungsmo­dells. A. Portmann betont, daß die ästheti­sche Repräsentanz der Pflanzen und Tiere aus den genannten Entwicklungsmecha­nismen unerklärlich ist. Überzeugende Be­lege für Artübergänge konnten nicht be­schafft werden. Die Annahme eines sich über Millionen von Jahren erstreckenden Ubergangsfeldes von Primat-Frühformen zum heutigen Menschen bleibt im Rahmen der Spekulation. Wichtiger als die Einwände gegen den Erklärungsanspruch des Evolu­tionsmodells im Rahmen seiner eigenen Voraussetzungen bleibt der Tatbestand, daß die psychisch-geistige Dimension des Le­bens durch Entwicklungsmechanismen auf der Basis von »Zufalls«-Argumenten nicht begriffen werden kann, b) Für die theologische Argumentation im Rahmen der Verkündigung und Unterwei­sung ist demgegenüber festzuhalten, daß alle »wissenschaftliche« Erkenntnis Ge­setzmäßigkeiten erforscht, die den den Mächten dahingegebenen Äon repräsentie­ren (Gen 3,17L; Röm 5,r 2ff.}. Die ganze »Na­türlichkeit« wird Einflußbereich des Für­sten dieser Welt (2Kor 4,4; Eph 2,2; Joh 12,31). Deshalb sind Harmonisierungsver- suche zwischen biologischen Entwick­lungsgesetzen und den biblischen Schöp­fungserzählungen, die den Gang vom Ur­ständ in die nachparadiesische Sterblichkeit und Lebensmühsal begründen, ebenso ver­fehlt wie die Erwartung des —> Reiches Got­tes in den Bedingungen dieses Äons. Anfang und Ende markieren im biblischen Zeugnis die heilsgeschichtlichen Grenzpunkte die­ses Äons. Daß das Heilshandeln Gottes an diesen Grenzpunkten des Verstandes des ir­disch-sterblichen Menschen nicht beginnt und endet, ist »frohe Botschaft«, Evange­lium. Anfang und Ende, Paradies und neue Schöpfung sind dem verfügenden Verstand des Menschen entzogen, bis im Zeichen der Wiederkunft Christi die Hülle fallen wird.

Lit.: K. Heim, Weltschöpfung und Weitende, 19743 - H. Rohrbach, Naturwissenschaft, Weltbild, Glaube, 19682 - A. E. Wildcr-Smith, Die Erschaf­fung des Lebens, 1972 - H. W. Beck, Die Welt als Modell, 1973 -V. Pearce, Wer war Adam’, 1974 - W. Heitler, Die Natur und das Göttliche, 1974

Beck


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