Spener —» Pietismus III. a Spiritismus -» Aberglaube 7.
Spiritualismus
Der Spiritualismus, dessen Vorläufer in der mittelalterlichen Mystik zu suchen ist, trat greifbar, jedoch nicht einheitlich, in der Reformation auf. Thomas Müntzer, Hans Denck, Sebastian Franck und Caspar v. Schwenckfeld sind seine Hauptvertreter. Das Luthertum kennt spiritualistische Einflüsse, die über Valentin Weigel und Johann Arndt bis zu Jakob Boehme und dessen Schülern und schließlich bis zum —» Pietismus reichen. Im deutschen Pietismus haben vor allem Gottfried Arnold, aber auch die »wahren Inspirationsgemeinden« und andere religiöse Individualisten dem S. nahegestanden oder ihn repräsentiert, im englischen Puritanismus waren die Hauptvertreter die —> Quäker. Die —> Erweckungs- und —> Gemeinschaftsbewegung hat vielfach spiritua- listisches Gut bewahrt. - Grundlegend für den S. ist das Gegenüber von Äußerlichem und Innerlichem. Wirklich ist nur das vom Geist (Lateinisch: spiritus) Hervorgebrachte, das mit der »Welt« in eine solche Spannung gerät, daß beide Bereiche auseinanderbrechen. So entsteht eine dualistische Schau, die der äußerlichen »Mauerkirche« die innere »Geistkirche«, den äußeren —> Sakramenten den inneren Glauben, dem Buchstaben den Geist, dem geschichtlichen Jesus den inwendigen, im Herzen wiedergeborenen Christus gegenüberstellt. Die Kirchengeschichte kann nicht anders als ein Prozeß fortlaufender Verweltlichung bzw. als Verfall verstanden werden. Der Gegensatz von Buchstaben und Geist fördert im S. den Abbau der Autorität der Bibel entweder durch »geistliche«, d.h. typologisch-allego- rische Auslegung oder durch neue Geistoffenbarungen (inneres Licht oder inneres Wort), die entweder der Bibel zur Seite oder an deren Stelle gesetzt werden. Die Ablehnung der Kirche und der Sakramente kann zur Separation oder zur »inneren Emigration« aus der Kirche führen. - Eigentliche spiritualistische Gemeindebildungen gab es nicht, da dies wiederum äußere Ordnungen nach sich ziehen müßte. Auch die Schwenckfelder, die Inspirationsgemeinden und die Quäker bilden keine Ausnahmen. Die ersteren waren ursprünglich reine Lesegemeinden, die sich erst nach ihrer 1734 erfolgten Auswanderung nach Pennsylvanien zu einer kleinen selbständigen Kirche entwickelten. Die wahren Inspirationsgemeinden waren stets um inspirierte Propheten versammelt; jedoch ist diese Gabe in ihren Reihen seit geraumer Zeit ausgestorben, weshalb sie nur Lesegottesdienste durchführen (heute in Amana-Kolonien, Iowa/USA). Bei den Quäkern hat die Innerlichkeit keinen Rückzug aus der Welt, sondern eine aggressive Ethik zur Folge gehabt, die mehr als der S. das Gruppenbewußtsein hervorbringt. - Der Hl. Schrift ist der spiritualistische Dualismus von Geist und Welt fremd. Er be
ruht auf philosophischen (platonisch-neu- platonischen) Voraussetzungen. Der Hl. —» Geist der Schrift führt nicht in das »Prinzip Innerlichkeit«, sondern drängt zur Verleib- lichung in der sichtbaren Gemeinde und Welt.
Lit.: R. M. Jones, Geistige Reformatoren, 1925 -G. H. Williams (Hg.), Spiritual and Anabaptist Wri- ters, 1957
Geldbach
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