Evangelisches Gemeindelexikon



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Erbsünde —► Sünde

Erfahrung (Erlebnis)



  1. Die Begriffe sind seit dem Pietismus gebräuchlich, um besonders gegenüber or­thodoxer Kirchlichkeit auszudrücken, in welcher Weise das Verhältnis zu Gott ge­geben ist, nämlich nicht als Anerkennung dogmatischer Lehren oder durch spekulati­ves Nachdenken, sondern eben als E. der Einwirkung Gottes auf unser Leben.

  2. Als zentrale E. gilt die —» Wiedergeburt. Sie steht aber nicht für sich, sondern eröffnet ein durch weitere E.en charakterisiertes Gottesverhältnis. Als Inhalte der E. werden die biblisch bezeugten Gegebenheiten christlicher Existenz wie —> Heilsgewißheit, Friede, Freude, —> Gebetserhörungen, —» Geistesleitung, —» Liebe zum Bruder und zum Feind wiedererkannt. Dabei wird nüch­tern gesehen, daß dies Gottesverhältnis die Anfechtung durch Leiderfahrung und rät­selhafte Führungen Gottes einschließt.

  3. Der Begriff Erlebnis meint stärker die in­dividuelle, subjektive Art und Weise der E. Sicher ist er damit gefährlicher als der erste- re, aber nach W. de —» Boor doch geeignet, um darauf hinzuweisen, daß die Wirklich­keit Gottes so gegeben wird, daß sie zum In­halt des je eigenen Lebens wird.

  4. Eine doppelte Abgrenzung ist nötig zur Erlebnisfrömmigkeit älterer (-» Schleierma­cher) und neuerer Prägung, a.) Gott zu erle­ben ist keine religiöse menschliche Fähig­keit, die es zu entwickeln und zu steigern gilt, sondern eine Wirklichkeit, die von Gott her durch den Heiligen Geist aus Gnaden gegeben werden muß. b.) Das Erlebnis selbst ist kein Maßstab dafür, wer oder was Gott für einen Menschen oder für eine Gruppe von Menschen ist. Maßstab der E. ist die ge­schichtliche Christusoffenbarung, wie sie uns biblisch bezeugt ist. Zu recht lehnen protestantische Theologen, besonders Ver­treter der dialektischen Theologie (K. -» Barth), die subjektivistische Erlebnisfröm­migkeit ab. In ihrer Ablehnung jeglicher E. aber verkennen sie das biblische Gottesver­hältnis. Unter den Theologen haben sich be­sonders A. -*• Tholuck, M. -* Kähler, K. -> Heim und auch E. —> Brunner darum be­müht, das mit E. bezeichnete Gottesver­hältnis als das biblisch gemeinte auch theo­logisch zu verdeutlichen.

  5. In die heutige Situation eines neuen Su- chens nach E. hinein, besonders unter der jüngeren Generation, hat —» evangelikale Theologie und Verkündigung eine mehrfa­che Aufgabe: a.) Hilfestellung, daß die Suche nach Gotteserfahrung sich an der Schrift orientiert, b.) Hilfestellung, daß nicht indi­viduell bedingte Erlebnismuster zur Lehre erhoben werden, c.) Vor allem aber ist es ihre Aufgabe, nicht aus Angst vor Schwärmerei oder theologischer Zensur biblische E. mit Gott zu minimalisieren, sondern zu ihr zu ermutigen.

Lit.: K. Heim, Glaube und Denken, 1938 - E. Brun­ner, Wahrheit als Begegnung, 19632

Liebschner




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