Evangelisches Gemeindelexikon



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Schwarzes Kreuz

Das S.K. wurde 1925 von Johannes Muntau, dem damaligen Präsidenten des Strafvoll­zugsamtes am Oberlandesgericht in Celle, gegründet. Seine Grundüberzeugung war, daß »einem gescheiterten Menschen erst dann wirklich geholfen ist, wenn er durch die Botschaft von der in Christus vollbrach­ten Versöhnung mit Gott eine innere —> Wiedergeburt erlebt«. Aus der gleichen Grunderfahrung entstand in den 20er Jahren in Frankfurt/M. durch den Kaufmann Alfred Dubian die »Arbeitsgemeinschaft Gefange­nenmission«, die 1959 mit dem »S.K.« unter Beifügung des Wortes »Gefangenenmis­sion« vereinigt wurde. Das S.K. ist dem —»• Diakonischen Werk der Ev. Kirche in Deutschland angeschlossen, finanziell von Kirche und Staat unabhängig. Ein Freundes­kreis, der über die ganze Bundesrepublik verstreut ist, trägt das Werk (5 hauptamtli­che Mitarbeiter) mit seinen Spenden.

Zu den Aufgaben gehören:

1. Verkündigungs- und Seelsorgedienste in —> Gottesdiensten, —» Bibelstunden, Ge­sprächskreisen und Einzelgesprächen in­nerhalb der Vollzugsanstalten. 2. Seelsorger- licher Briefwechsel mit Inhaftierten durch die Geschäftsstelle, die beiden Außenstellen und mehrere hundert Briefpaten. 3. Gestal­tung und Versand eines eigenen Abreißka­lenders mit einem großgedruckten Bibelvers für jeden Tag (25 000 Geschenkexemplare in 130 Vollzugsanstalten). 4. Monatlicher Ver­sand von etwa 12 000 christlichen Schriften.



  1. In Einzelfällen Versorgung mit Beklei­dung zur Entlassung und Hilfe bei Arbeits­und Wohnungssuche. 6. Vorträge über die Arbeit in den Gemeinden.

Die Erfahrung des S.K.es in mehr als 50 Jah­ren:

Der Gefangene und Entlassene braucht in seiner Labilität nichts so sehr wie die Kraft­quelle eines echten Gottesverhältnisses und einer lebendigen christlichen Gemeinde. Die Geschäftsstelle befindet sich in Celle.

Lit.: 50 Jahre S.K., Jubiläumsausgabe des Mittei­lungsblattes Nr. 5/197s ~ Mitteilungsblatt (zwei­monatlich, 14000 Aufl.)

Veiler


Schweizer Ev. Kirchenbund

Die Landeskirchen in der Schweiz sind Kan­tonalkirchen. Sie sind stark von der Ge­schichte ihres jeweiligen Kantons geprägt worden und unterscheiden sich daher oft sehr voneinander, indem sie dem Charakter der Einwohnerschaft, lokalen Überlieferun­gen und der kleinen politischen Einheit, in der sie lebten, seit alters entsprachen. Um der drohenden Isolierung zu entgehen, ent­stand bereits im 16. Jh. die »Ev. Tagsatzung« als Querverbindung zwischen den Einzel­kirchen. Sie wachten über die gemeinsamen Interessen und leisteten als Gemein­schaftswerk bedrängten ev. Kirchen im Aus­land (Ungarn, Frankreich, Waldenser im Piemont, sowie kleinen Diasporagruppen in der kath. Innerschweiz) geistliche und fi­nanzielle Hilfe. - Die im Jahre 1858 begrün­dete »Schweizerische Kirchenkonferenz« führte als »brüderliche Vereinigung der re­formierten Kirchen der Schweiz« im we­sentlichen die gleichen Aufgaben weiter, bis sie nach dem 1. Weltkrieg auf Anregung des Federal Council of Churches of Christ in America am 7. September 1920 in den »Schweizerischen Ev. Kirchenbund« um­gewandelt wurde. Zuerst gehörten ihm nur die Kantonskirchen an, aber bereits 1922 trat die —» Methodistenkirche ihm bei, und im Laufe der Zeit folgten andere Freikirchen sowie weitere »auf dem Boden der Reforma­tion stehende kirchlich organisierte Glau­bensgemeinschaften«. Sie müssen minde­stens 5000 Mitglieder haben, um von der Abgeordnetenversammlung, die jährlich Zu­sammentritt, aufgenommen werden zu können. Außerdem können ev. ref. Schwei­zerkirchen im Ausland dem Kirchenbund angehören. »Die Zugehörigkeit zum Kir­chenbund verpflichtet die Mitglieder zur Stärkung der Einheit des schweizerischen Protestantismus. Sie beeinträchtigt Selb­ständigkeit und Eigenart der einzelnen Mit­glieder nicht« (Verfassung, Art. 5).-Wesent­liche Aufgaben des Kirchenbundes sind: Wahrung, Stärkung und Ausbreitung des ev. Glaubens in der Schweiz; Zusammenfas­sung aller protestantischen Kräfte; Pflege der geistlichen Verbundenheit der Mitglie­der; Gründung und Förderung ev. Werke in der Schweiz; Vertretung der Gesamtheit seiner Mitglieder besonders gegenüber den Behörden der Schweizerischen Eidgenossen­schaft, im Ökumenischen Rat der Kirchen (—» ökumenische Bewegung) sowie gegen­über den Kirchen des Auslandes (lt. Art. 2 der Verf.). - Die Abgeordnetenversammlungen mit ihren 80 Delegierten finden jährlich einmal, abwechselnd in verschiedenen Kan­tonen, meist in altehrwürdigen Rathäusern statt. Zum Vorstand gehören 7 Mitglieder und je ein deutsch- und französischsprachi­ger Sekretär. Der Vorstand tritt bis zu 15 mal im Jahr zusammen. Gegenwärtiger Präsi­dent ist Pfr. Dr. W. Sigrist. - Auf dem Wege über Kommissionen nimmt der Kirchen­bund Einfluß auf die Theologische Arbeit, soziale Fragen, Presse-, Radio-, Fernseh- und Filmwesen. Er weiß sich auch mitverant­wortlich für die Aufgaben des Schweiz. Mis­sionsrats, das Hilfswerk der Ev. Kirchen der Schweiz (HEKS), den Verband für Innere Mission und Liebestätigkeit und die Ev. Ju­gendverbände. - Die Glaubensgrundlage des Kirchenbundes lautet: »Der K.B. bezeugt Je- sum Christum als seinen alleinigen Herrn. Er erkennt in der Hl. Schrift das Zeugnis der göttlichen Offenbarung. Er bekennt, daß wir errettet sind durch Gnade und gerechtfertigt durch den Glauben« (Verf., Präambel).

Lit.: Verfassung des Schweiz. Ev. Kirchenbundes v. 12.6.1950 - Emile Marion, Die protestantische Schweiz, 1958

Möller

Schweizer Evangelistenkonferenz



1965 wurde die S.E. gegründet. »Sie erstrebt eine Bruderschaft von —> Evangelisten (voll- und nebenamtlichen), Seelsorge unterein­ander und gegenseitigen Austausch der in der —> Evangelisation gemachten Erfahrun­gen«. Auf den jährlich stattfindenden Ar­beitstagungen wird von landes- und frei­kirchlichen Pfarrern und Predigern Orien­tierung in theologischen und weltanschau­lichen Fragen der Gegenwart sowie Zurü­stung zu evangelistischem Dienst gesucht. Die Arbeitsgemeinschaft für —> Zeltmission gehört zur S.E. - Jährlich erscheint eine »Handreichung zur Evangelisation«. - Die

Leitung der S.E. obliegt einem Bruderrat. - Geschäftsstelle: —> Asyl Rämismühle.

Möller

Scofield Bibel - In den Auflagen von 1909 und 1917 wurde die S. zu einem Standard­werk in Teilen des bibeltreuen angloameri- kanischen Christentums. Die überarbeitete


  1. Auflage (1967}, »The New Scofield Refe­rence Bible«, erschien 1972 unter Benutzung des durch Überschriften aufgegliederten Luthertextes von 1914 und mit Einleitungs­artikeln zu allen biblischen Büchern auf Deutsch. Der Begründer, Dr. C. I. Scofield (1843-1921), Jurist, später Bibellehrer, wollte eine Auslegung schaffen, die frei von Bibelkritik, allein aus der Schrift gewonnen und damit allgemeingültig ist. Das aus der juristischen Beweisführung übernommene Kettenverweissystem zeigt parallel zum Text das erste und letzte Vorkommen wich­tiger Themen und Begriffe an, verfolgt sie durch die Bibel und verweist auf Fußnoten mit eingehenden Erläuterungen. Dabei geht man von der Einheit und der umfassenden Harmonie der Bibel sowie der schrittweisen Entfaltung aller biblischen Wahrheiten aus. Nach den Grundsätzen Darbys wird da­von ausgegangen, daß Gott mit Israel und der Gemeinde nach verschiedenen Ge­sichtspunkten handelt, was das Verständnis der alttestamentlichen Verheißungen und die Lehre von den letzten Dingen (z.B. Ent­rückung der Brautgemeinde vor der großen Trübsal) bestimmt und die Grenzen des all­gemeinen Anspruchs der S. zeigt.

Lit.: C.I.Scofield, Legen wir die Bibel richtig aus?, 1974 - E.R.Sandeen, The Roots of Fundamenta- lism, Chicago 1970

Egelkraut



Seckendorff, Henriette von, *22.4.1819 Obernzenn bei Ansbach, 125.6.1878 Bad Cannstatt. Früh verwaist, von einem schwe­ren Rückenmarksleiden wunderbar befreit, wurde v.S. in ihrer Wahlheimat Stuttgart eine Seelsorgerin für viele Kranke und Schwermütige. Seit 1868 besaß sie ein Haus in Cannstatt, in dem Kranke und Bedrängte eine Zuflucht fanden. In Verbindung ste­hend mit -» Blumhardt d.Ä. und Dorothea —> Trudel in —> Männedorf, praktizierte sie die Heilung durch —» Gebet. Ihr Werk wurde durch Anna Schlichter fortgeführt und die »Villa Seckendorf« 1904 von der Pilgermis­sion —» Chrischona übernommen.

Lit.: H.v.Seckendorff, Andachten 1875, 1963^1

Rothenberg

Seele

Im AT kommt das Wort nephesch, das an den meisten Stellen mit »Seele« übersetzt wird, 75 5mal vor. Die Grundbedeutung des Wortes ist Leben. Es beschreibt das Lebewe­sen im Unterschied zur Leiche. In vielen Texten ist es das Ich des —> Menschen und wird am besten mit dem Personalpronomen übersetzt. In einigen Stellen beschreibt Seele den Bereich des Atmens. Atem ist die spe­zielle Schöpfergabe Gottes für den Men­schen (Gen 2,7). In anderen Stellen bedeutet Seele soviel wie der Sitz des Begehrens und Verlangens oder aber der Bereich der Emo­tionen. Bedenkt man, daß das Weinenkön­nen soviel bedeutet wie, der Mensch hat eine eigene Geschichte, ein eigenes Los, so be­deutet Seele im AT soviel wie der Mensch als Person, als einzelner, als Ich, als einma­lige Persönlichkeit vor Gott.

In der griechischen Übersetzung des AT wird nephesch = Seele mit Psyche übersetzt. Viele Forscher halten diese Übersetzung für ungenügend oder gar irreführend, weil damit dem griechischen Seelenglauben Eingang in das biblische Denken gegeben wird. Für Plato waren Seele und Leib zwei von einan­der unabhängige, getrennte und sich wider­sprechende Bereiche (= Dualismus). Platos Lehre liegt einmal der bis ins 7. Jh. vor Chri­stus zurückgehende Glaube an die Vergel­tung des menschlichen Tuns im Jenseits zu­grunde, zum anderen die im 6. Jh. zum ersten Mal bezeugte Lehre von der Seelenwande­rung. In der Ethik des Pythagoras ist die Seele nicht nur getrennt vom Körper, son­dern auch wertvoller als dieser. Der Körper ist das »Grab der Seele«. Bei Plato besitzt nur die Seele Unsterblichkeit. Der Mensch wird ausschließlich nach dem Zustand seiner Seele beurteilt. Diese Lehre Platos über die Seele, die Psyche, hat in der Bibel keinen Eingang gefunden. Wo Forscher oder ein­zelne Gruppen und Sekten oder auch wis­senschaftliche Richtungen aller Jahrhun­derte die Trennung von Leib und Seele in die biblischen Gedanken eintragen wollen, muß ihnen nachdrücklich entgegengetreten wer­den. Die Scheidung von Seele und Leib in zwei Bereiche widerspricht dem biblischen Gebrauch des Wortes Psyche. Die griechi­sche Übersetzung des AT übernimmt Psy­che, das Wort für Seele, aus dem vorplatoni­schen Sprachgebrauch. Es bedeutet auch dort soviel wie Atem, Leben, Sitz des Begeh­rens und der Gefühle sowie das Zentrum der religiösen Äußerungen und kann für Mensch oder statt eines Pronomens stehen.

Auch im nachbiblischen Judentum sind Seele und Leib keine sich widersprechenden Bereiche. Im Augenblick des Todes verläßt zwar die Seele den Körper, aber bei der Auf­erstehung der Toten wird der auferweckte Leib wieder mit der Seele verbunden. Überall, wo im NT das Wort Seele = Psyche vorkommt, bezeichnet es den ganzen Men­schen. Wenn es heißt, es wurden mehr als 3 ooo Seelen gerettet (Apg 2,41), so bedeutet dies soviel wie, 3 000 Menschenleben beka­men ein neues, von Gott verliehenes und nicht vom Tod begrenztes Leben. Seele be­deutet soviel wie der Mensch, der ein Leben besitzt, das über den Tod hinausreicht. Auch da, wo die Offb von einer zeitweiligen Tren­nung der Seele vom Leib weiß (Offb 6,9), rechnet sie damit, daß vor Gottes Thron der Mensch als eine Person steht, der eine neue Leiblichkeit empfangen hat (Offb 20,4). Mit S. bezeichnet das NT den durch Jesu Sterben geretteten und von Gott mit ewigem Leben beschenkten Menschen.

Lit.: C. Westermann, Seele, in: Theologisches Handwörterbuch zum AT, 1976, Sp. 71 - 96 - H. W. Wolff, Anthropologie des Alten Testamentes, 1973

Bräumer


Seelsorge

Das Wort ist kein biblischer Begriff, die Sa­che jedoch kommt besonders in den paräne- tischen Teilen der ntl. Briefe zum Ausdruck. Das verwendete Hauptverb ist parakaleo mit seiner großen Bedeutungsbreite von »trö­sten« über »ermutigen« bis »ermahnen«.



  1. Seelsorge im NT

1. das ziel der s. kann man zusammenfassen als »Aufbauhilfe am neuen Menschen«, der durch Christus wurde und nun unter den Verhältnissen einer nicht erneuerten Welt wirklich werden soll. Aus dieser Spannung ergibt sich die Aufgabe der S.: Sie ermahnt, sich der Herrschaft Gottes zur Verfügung zu stellen und ein neues Denken dafür zu ent­wickeln (Röm 12,1 f.); sie macht Mut, die Spielregeln der alten Welt zu durchbrechen (Röm i2,i 7ff-)/ sie ruft immer wieder zur Ba­sis von Vergebung und Neuanfang (2Kor

  1. 3) und tröstet angesichts der harten Er­fahrung jetzt noch unübersteigbarer Gren­zen der alten Welt (2Kor 1,3ff.). Solche S. ist Verwirklichungshilfe (O. Riecker: »Seelen­führung als Verwirklichung«), daß die »neue Kreatur« nicht Innerlichkeit bleibt, sondern sich leibhaft (Röm 12,1) vom Gemeindeall­tag bis hin zum Alltag als Staatsbürger zeigt (Röm 13; iPetr 2,11 ff.).

  1. träger dieser s. ist a) am Beispiel des Apo­stels der besonders berufene und begabte Mitarbeiter (2Kor 6,1). In Röm 12 erscheint Seelsorge unter den Gnadengaben (—» Cha­rismen); iKor 14 haben die —» Propheten auch eine seelsorgerliche Funktion; in Gal 6,1 ist S. Aufgabe geistlich Gesonnener; in iKor 6 ist vom »Weisen« die Rede und in iThess 5 ist S. Aufgabe vorstehender Brüder, b) Aus dem Wesen der Gemeinde als »Leib Christi« oder als »königliche Priesterschaft« aber folgt, daß in gewisser Weise jeder an dieser Praxis des Voranhelfens beteiligt sein soll (Phil 2,1 -4; Mt 18,15ff.; 1 Kor 12,25-26; Röm 15/14f•; Eph 4,15L). Die seelsorgerlich gegliederte —> Gemeinde als ganze ist also Träger der S.

  2. DER KREIS DER EMPFÄNGER DIESER S. ist zu­gleich enger und weiter als der der traditio­nellen S. Enger: denn nicht der Mensch als solcher, sondern der durch Christus Erneu­erte (—» Wiedergeburt) ist Gegenüber dieser S.; weiter: denn solche S. ist nicht erst für die Grenzsituation der Leiderfahrung oder die Gefahr der Trennung von Gott und der Ge­meinde (S. als Gemeindezucht) da, sondern gerade für die Situation der vielgestaltigen täglichen —» Nachfolge.

  1. S. in Bewegungen und Kirchen mit er-

WECKLICHER PRÄGUNG

  1. WÄHREND IM PROTESTANTISMUS S. LEICHT NE­BEN DER PREDIGT ZUM AUSSERORDENTLICHEN werk des Pfarrers wurde, wurde umgekehrt in den erweckten Bewegungen S. oft zum Hauptcharakteristikum. Der primäre Grund dafür ist nicht, wie oft gesagt, der moderne Individualismus und das Gemeinschaftsge­fühl des 18. und 19. Jh.s, sondern die ansatz­weise Wiedergewinnung des oben skizzier­ten Bildes der Gemeinde, das Luther be­kanntlich in der »Deutschen Messe« auch vor Augen hatte, ohne die Leute dazu zu ha­ben.

  2. vom älteren -» Pietismus bis hin zur »Gruppenbewegung« (-» Moralische Aufrü­stung), die man beide S.-bewegungen ge­nannt hat, entstand eine ganz neue Praxis der S.: der gegenseitige Hausbesuch zwi­schen Pastor und Gemeindeglied; der Aus­tausch der Glieder untereinander; —» Haus­kreise mit seelsorgerlichem Charakter; mit großer Sorgfalt betriebene Briefs.; »S. an der eigenen Seele«, d.h. wache Eigenbeobach­tung; die wichtige Funktion der Lektüre geistlicher Biographien; seelsorgerliche Zentren wie z.B. das —> Blumhardts. Noch stärker ist durch die Gruppenbewegung,die auf die Seelsorgeliteratur z.B. von O. Riek- ker, P. Tournier, H. Bürki, A. Richter, W. Becker Einfluß hatte, die vor allem aber als Sauerteig in vielen Gruppen und Kirchen wirkt, S. allgemeiner üblich geworden. Die Verwirklichungshilfen sind hier: —> Beichte und Wiedergutmachung; »Stille Zeit« als S. an der eigenen —> Seele; Zweierschaft; Kor­rektur durch .Leben in einer Mannschaft. Ziel ist die verbindliche Lebensgestaltung unter Gottes Führung.

3. verg lichen mit dem bild des nt gibt es cha­rakteristische Gefahren a) S. wird, dem all­gemeinen Leitbild folgend, zu sehr Sache des Pastors; b) S. wird zu sehr zur Pflege und Be­treuung des Erreichten ohne dynamische Zielsetzung; c) S. hat die Kernprobleme der Lebensgestaltung zu wenig im Blick und kümmert sich statt dessen zu sehr um die —> Heiligung in Randfragen. Die Gruppenbe­wegung mit ihrer dynamischen, alltagso­rientierten S., die gerade diese Gefahren vermeiden möchte, hat ihrerseits eine ge­wisse elitäre Gefährdung. Die hilfreiche Verbindung dieser hochmotivierten Mann­schaftsarbeit mit dem normalen Gemeinde­leben ist oft nicht leicht für beide Seiten. In der Gesamtbilanz aber ist deutlich, daß diese Bewegungen gerade die seelsorgerliche Di­mension der Gemeinde des NT wieder vor­stellbar gemacht haben. I scheint das Konzept einer Gemeindeseel­sorge fast als Luxus. Dies Urteil hat je mehr Berechtigung, desto mehr Gemeindeseel­sorge nur Betreuungsfunktion wahrnimmt. Uns müßte aufgehen, daß ein Hauptsinn der S. als Aufbauhilfe am neuen Menschen ja darin besteht, daß wir fähig werden zu Sen­dung und Dienst am nichtchristlichen Men­schen, was heute besonders die Gestalt einer »missionarischen Seelsorge« annehmen könnte.

V UMGEKEHRT MÜSSEN WIR GEGENÜBER DEM MODERNEN S.-KONZEPT DEUTLICH MACHEN, a) daß gerade der leidende säkulare Mensch das Angebot einer seelsorgerlich struktu­rierten Gemeinschaft braucht, in der er nicht dazu verurteilt ist, »sich selbst zu fin­den«, sondern wo sich sein zerstörtes Men­schenbild nach dem Bild des Christus erneu­ern kann; b) daß gerade die zunehmende Zahl der seelisch und körperlich Leidenden außerhalb und innerhalb der Gemeinde das oben entwickelte Konzept der S. nötig macht, durch das Menschen wachsen, die mittragen können, deren Gemeinschaft Hoffnung vermittelt, die fähig zum Vollzug der S. sind und die so die schmale Basis der Hauptamtlichenseelsorge verbreitern hel­fen.

  1. Die Brauchbarkeit der Psychologie für die

  2. wird im evangelikalen Raum vorsichtig bejaht. O. Riecker wies früh darauf hin, daß sie für die oft bei den biblischen Grund­wahrheiten stehenbleibende S. eine Hilfe zur Konkretion sei. Bekannte Vermittler psychologischer Einsichten für die S. sind: P. Tournier, Th. Bovet, A. Köberle, A. Mader, A. Lechler, R. Ruthe, W. Trobisch, Chr. Meves. Als Anwendungsbereiche gelten vor allem die Fülle »normaler« Konfliktfelder der Lebensbewältigung wie z.B. Verarbei­tung von Kindheitseindrücken, Selbstfin­dung, Partnerprobleme in der Ehe, Unter­scheidung von Schuld und Schuldgefühlen etc., dann das Erkennen schwerer pathologi­scher Konflikte zur Weitervermittlung an Fachleute. Als Hauptproblem wird gesehen, daß den großen psychologischen Systemen kein biblisches Menschenbild zugrunde liegt, und sie darum weder Ursache noch Heilung von Problemen tief genug erfassen (J.E. Adams). Ziel ist es daher, psychologi­sche Einsichten klar mit einem biblischen S.-Konzept zu verbinden. Aufgrund der zu­nehmenden Zahl seelisch Kranker gilt ein

besonderes Interesse solchen Institutionen und Personen, die entweder beides verbin­den oder eine sinnvolle Zusammenarbeit möglich machen.

Lit.: O. Riecker, Die seelsorgerliche Begegnung, 1947 - Fr. Gutsche (Hg.), Mut zur Seelsorge, 1974 - R. Ruthe, Seelsorge wie macht man das?, 1973- R. Lindner (Hg.), Seelsorge lernen, 1974 - J. A. Adams, Befreiende Seelsorge, 1972

Liebschner

Seemannsmission -> Berufsmissionen 10 Segnen



  1. CHRISTEN SIND ZUM S. BERUFEN (I Petr 3,9). Auch wenn sie eher versucht sind zu klagen, ia zu fluchen, gilt doch: »Segnet, die euch verfolgen. . .<• (Röm 12,14). Im alltäglichen Sprachgebrauch hat sich das Verständnis vom S. vielfach verflüchtigt. Aber auch wenn wir uns Gottes Segen zum Neuen Jahr oder zum Geburtstag wünschen, ist deut­lich, daß der andere in das Kraftfeld der Gnade Gottes hineingestellt werden soll. Das freundliche Wort, der liebevolle Blick und die Fürbitte können sich beim S. mit­einander verbinden. »Segnen« kommt vom lateinischen »signare«, das Kreuzeszeichen schlagen. Mit solchem S. wird ein Mensch dem gekreuzigten und auferstandenen Chri­stus, dem persongewordenen Segen Gottes anvertraut. Die begleitenden Zeichen - ne­ben dem Kreuz die -> Handauflegung oder das Erheben der Hände - tragen der leiblich­geistlichen Wirklichkeit unserer Gemein­schaft Rechnung. So segnet Jesus Christus selber, der uns Menschen lieb hat nach Leib und Seele (Mk 10,13-16). Im Glauben ge­reifte Menschen können durch ihr S. ande­ren eine geistliche Hilfe geben. Den Segen, den ein Mensch von Eltern oder Großeltern empfangen hat, vergißt er im Leben nicht.

  2. IN DER GESCHICHTE DES VOLKES GOTTES SPIELT

das s. eine wichtige rolle. Man kann sie als eine Geschichte der Weitergabe des Segens verstehen, den Gott dem Abraham bei seiner Berufung gegeben hat (Gen 12,1 ff.). Jesu gan­zes Heilandswerk wird unter Bezugnahme darauf als S. beschriehen (Apg 3,26; Gal

  1. . Die Speisung der Fünftausend, die Feier des Hl. —» Abendmahls stehen im Zei­chen des S.s. Der letzte Anblick des Aufer­standenen vor der Himmelfahrt ist für die Jünger der des segnenden Christus (Lk 24,5of.). Er ist die Hoffnung für die Welt, die sich immer neu mit Fluch belädt. Deshalb sind auch die gottesdienstlichen Feiern der Christenheit vom S. bestimmt. In der auf die Anfänge der Christenheit zurückgehenden allsonntäglichen Liturgie steht der Segen im Namen des Dreieinigen Gottes am Eingang. Pfarrer und Gemeinde segnen sich wechsel­seitig: »Der Herr sei mit euch - und mit dei­nem Geiste«. Was im Gottesdienst an Ver­gebung und Frieden Gottes an die Gemeinde ausgeteilt ist, wird ihr am Schluß im Segen gesammelt zugesprochen: »Der Herr segne dich ... .« (Num 6,24-26). So wird sie als Ge­segnete entlassen, damit sie selber ein Segen sei für die Menschen draußen. In solchem Licht wird das S. auch in anderen kirchli­chen Handlungen (-» Taufe, -> Konfirma­tion, Trauung) bedeutsam, v MEHR ALS SIE AHNEN, LEBEN ALLE MENSCHEN DAVON, DASS GOTT NICHT AUFHÖRT, Seine ganze Schöpfung, insbesondere die Men­schen zu segnen, wie er sie am Anfang ge­segnet hat, als er sie schuf (Gen 1,22.28). Al­ler mörderische Raubbau an der Schöpfung, alle eigensüchtige, gedankenlose Umwelt­verschmutzung hat diesen Segen noch nicht zerstören können. Der Segen des von Gott geheiligten Ruhetages wirkt in unsere Ar­beitswelt hinein, auch dann noch, wenn wir ihn entheiligen. Es ist eine ernste Frage an die Gemeinde Jesu, wie sie der heutigen sä­kularisierten Welt einen Umgang mit der Schöpfung und ihren Gütern vorlebt, in dem der Segen und das S. ihre Stelle haben. Tischgebet, Haushalterschaft über Gottes Gaben, Dank und Lob Gottes wachsen da­mit aus einer privaten Frömmigkeitsübung in den Horizont christlicher Weltverantwor­tung hinein.

  1. IN DER GESCHICHTE DER CHRISTENHEIT ist frei­lich der Segen oft mit Fluch vermischt, ja gar zugedeckt worden. Weithin haben die Chri­sten selber das S. verkannt und vergessen. Um der Christen willen wird vielfach der Name Jesu unter den Völkern nicht geseg­net, sondern gelästert. Hier gewinnt das Se­genszeichen des Kreuzes seinen letzten Sinn. W'er anders kann wirklich segnen, d.h. die gnädige Gegenwart Gottes auch durch Sünde und Fluch hindurch vermitteln, als Jesus Christus selbst? Durch ihn kann der Segen Gottes wirksam werden auch da, wo wir es nicht für möglich halten, in —» Krank­heit, Kummer und -»Tod. Er kann durch die Sünde hindurch noch Segen schaffen, wie bei der großen Sünderin. Die Geschichte des



Pagel
einen Schächers am Kreuz hat er zur Segens­geschichte ohnegleichen gemacht. In der Feier des Hl. Abendmahls ist er segnend ge­genwärtig und gibt uns leibhaftigen Anteil an dem Segen Gottes in der Vergebung der Sünde. So verdichtet sich der Beruf des Seg- nens für die Christenheit darin, daß sie den Frieden aus der Vergebung der Sünden lebt und weitergibt.

Lit.: K. Fröt, Salutationen, Benedictionen, Amen, in: »Leiturgia«, Handbuch des ev. Gottesdienstes, hg. v. K. S. Müller und W. Blankenburg, II, 1955, i7off. - CI. Westermann, Der Segen in der Bibel und im Handeln der Kirche, 1968 - E. Schick, Vom Segnen, 1976

Dietzfelbinger

Seitz, Johannes, *11. 2. 1839 Neu weder (Schwarzwald), f4-7.1922 Bad Brambach. S. ist in seiner Jugend sehr stark durch J. C. —» Blumhardt in Möttlingen und Dorothea —» Trudel in Männedorf (Schweiz) beeindruckt und geprägt worden. In einem umfangrei­chen Reise- und Seelsorgedienst (als Evange­list im »Ev. Reichsbrüderbund« und als Hausvater im christlichen Erholungsheim Teichwolframsdorf in Sachsen) hat er sehr real in biblischer Weise mit den Kräften der oberen Welt gerechnet und sie durch anhal­tendes Glaubensgebet in Anspruch genom­men. Er hat im Namen Jesu vielen Kranken, Leidenden, Angefochtenen und vom Teufel Geplagten helfen dürfen. Die —» Pfingstbe- wegung hat er nicht als eine echte Geistes­bewegung anerkannt, sondern er hat die deutsche —» Gemeinschaftsbewegung gegen sie in den Kampf geführt.

Lit.: Max Runge, J. S., 1961

Sekte

Sekte ist neben Kirche und —> Freikirche eine religiöse Sondergemeinschaft. Während der ganzen Kirchengeschichte kam es zu S.nbildungen, doch hat erst der Protestan­tismus besonders in Ländern mit —» Reli­gionsfreiheit eine große Fülle von S.n her­vorgebracht. In Deutschland waren alle reli­giösen Gruppen neben den seit der -» Re­formation reichsrechtlich anerkannten röm.-kath., lutherischen und reformierten Kirchen als S.n verschrieen (z.T. heute noch). Von daher erklärt sich, daß es keinen einheitlichen S.nbegriff gibt. - Die oft ge­nannten Gegensätze zwischen Kirche und S. (z.B. groß-klein, alt-jung, hineingeboren —

freiwilliger Beitritt) sind einem staats- oder volkskirchlichen Denken verhaftet und zur Kennzeichnung einer S. überholt. Statt des­sen werden heute besondere Lehren, die die S.n vertreten, als Maßstab zur Beurteilung herangezogen, sei es, daß die S.n einen (in Kirchen meist vernachlässigten) Lehrpunkt überbetonen (z.B. —» Endzeiterwartung, —» Charismen), sei es, daß sie neben der Bibel neue Offenbarungsträger (z.B. das Buch Mormon oder den Stammapostel der —> Neuapost. Kirche) besitzen, sei es, daß sie in großer Willkür mit der Hl. Schrift umgehen (z.B. —> Zeugen Jehovas) und dadurch neue Lehren entwickeln, sei es, daß sie durch die Art der Interpretation der Schrift diese erset­zen (z.B. Christi. Wissenschaft), sei es schließlich, daß die S.n einem autoritären Führer anhängen (z.B. David Berg von den Children of God; —» Jesus People), den sie auch als wiedergekommenen Christus (Mun-S.) oder als Gott (Father Divine) vereh­ren können. In allen Fällen wird die Einma­ligkeit von Person und Werk Jesu Christi durch Zusätze oder Abstriche verändert. Nimmt man die Lehre als Maßstab, so ergibt sich freilich auch, daß es sektiererische Tendenzen innerhalb der Kirche selbst gibt.


  • Die Beobachtung, daß S.nmitglieder nur geringe Bildung besitzen und sozial unteren Schichten der Gesellschaft angehören, trifft nicht immer zu, hat aber zweifellos Rück­wirkungen auf Lehre und Ausstrahlungs­kraft. - Ein Gespräch mit S.nmitgliedern ist äußerst schwierig, da diese einen Aus­schließlichkeitsanspruch gepaart mit gro­ßem Sendungs- und Missionsbewußtsein vertreten oder, wie in neuen Jugendreligio­nen, in eine Gruppenhörigkeit geraten, über der jeder Kontakt nach außen verlorengeht.

  • Man hat die S.n die »In-sekten an den fau­len Stellen der Kirche« genannt, d.h. sie müssen auch als Frage an Unterlassungen und Fehler der Kirchen verstanden werden. - In Deutschland beziffert man die Zahl der S.nanhänger auf etwa 1 Million.

Lit.: K. Hutten, Seher, Grübler, Enthusiasten, 1968“ - ders., Was glauben die S.n?, 1965 -ders., Die Glaubenswelt des Sektierers, T962 -

F.W.Haack, Großmarkt der Wahrheiten, 1969

Geldbach


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