Evangelisches Gemeindelexikon


Pilgermission -> Chrischona



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Pilgermission -> Chrischona

Pinkerton, Robert, *1780 Schottland, 17.4.1859 England. Agent der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft. P. wurde 1805 Missionar der Edinburghischen Mis­sionsgesellschaft unter den russischen Tar- taren und war 1809-13 Hauslehrer ver­schiedener Familien. Als Agent der Bibelge­sellschaft reiste P. 1824-29 ständig in Österreich, Polen und Deutschland und führte 1830-57 eine Agentur der Bibelge­sellschaft in Frankfurt/Main. 1857 legte er sein Amt nieder und trat in den Ruhestand. Lit.: S. R. Steiner, Robert Pinkerton in »Die Bibel in der Welt«, Bd. 6, 1963, S. r 51 ff Detzler

Plakatmission

Einzelne Gruppen engagierter Christen aus Landes- und —» Freikirchen gründeten nach dem Krieg P.en; die Kirchen richteten Wer­bestellen und Öffentlichkeitspfarrämter ein. Das Plakat ist heute zu einem wichtigen Mittel der missionarischen Arbeit gewor­den. Fast jede Kirchengemeinde (Gemein­schaft) hat einen Schaukasten, der als eine Art »Schaufenster« der Gemeinde gilt. Einige P.en haben in Verkehrsmitteln, War­tezimmern, Krankenhäusern, Sprechzim­mern etc. Anschlagflächen gemietet oder eine Genehmigung, Wechselrahmen aufzu­hängen. So werden die Menschen dort ange­sprochen, wo sie einen Moment Zeit haben und zwanglos die Plakate betrachten kön­nen.

Die Posterwelle der sechziger Jahre brachte dem Plakat besonders unter jungen Leuten

eine neue Blütezeit. Neben reinen Bibel­spruchplakaten bemüht man sich um eine zeitgerechte Gestaltung für Jugendliche. Durch eine gute Zuordnung von Wort und Bild gelingt es oft treffend, die Situation des modernen Menschen im Horizont der bibli­schen Botschaft anschaulich zu formulieren. Der Text des Plakats muß kurz und unmit­telbar verständlich formuliert sein. Die Pla­kate können keine Predigt ersetzen, sie sol­len Anstöße zum weiteren Nachdenken oder Nachfragen vermitteln.

Lit.: W. Wilken, Die Werbung der Kirche, 19702

Trebing

Pluralismus bedeutet gewollte, zum Prin­zip erhobene Vielfalt (»plural«« vom latein. »pluralitas««: Vielheit). »Pluralität«* dagegen Vielheit als Tatbestand.

»-ismus« beinhaltet einen Standpunkt, oft eine —» Ideologie. P. ist die philosophische Anschauung, die die Wirklichkeit als eine vom Zufall bestimmte Vielheit von Einzel­teilen versteht. Diese Teile bilden insgesamt kein Ganzes, sondern fallen in eine Vielheit von Bestimmungsgründen auseinander. Daraus ergibt sich eine Relativierung aller Erkenntnisse und Werte. Pluralität stellt die Tatsache fest, daß es viele Antworten auf die Frage nach richtig und falsch, gut und böse gibt. P. will diese Frage in der Schwebe hal­ten und keiner Antwort zuführen.

P. ist das Charakteristikum der modernen westlichen Gesellschaft in ihrer Vielheit der Formen, Gruppierungen, Normen und Wer­te. Auch das Individuum muß in dieser Umwelt seine Existenz als »pluralistischer«« Mensch bewältigen, woraus eine individua­listische, gegenüber Normen und Werten unverbindliche Lebenshaltung resultiert. Neben der positiven Seite des P., daß Grup­pen wie einzelne in erhöhter Verantwortung für Zielsetzung und Gestaltung von Leben und Umwelt befreit sind (z.B. Religions­freiheit), werden auch die negativen Seiten klar: Gemeinsames, individuelles und sinn­volles Leben erweist sich ohne Einigung auf bestimmte Grundwerte als unmöglich. Dabei steht die Kirche ständig in der Versu­chung, auch im eigenen Bereich den P. zu be­jahen und sich damit bewußt oder unbewußt fremden Weltanschauungen zu verschrei­ben. Die Abwehr des P. in der Kirche hat sich vor allem in der Schriftauslegung zu bewäh­ren. Die —> Bibel selbst verkörpert als Kanon wie als schriftlich bezeugtes Wort Gottes eine Vielheit und Verschiedenheit der Aus­sagen über Gottes Offenbarung in dieser Welt. Aber diese Vielheit und Verschieden­heit zeigen alle in die Mitte, auf den einen —> Jesus Christus hin, in dem Gott sich ein für alle Male geoffenbart hat. Die Bibel bezeugt eine Vielheit der Aussagen über Person und Wirken des einen gekreuzigten und auf er­standenen Jesus Christus. Gottes Heilsan­gebot richtet sich umgekehrt an die Vielen, d.h. an alle in ihrer völligen Verschieden­heit. Paulus nimmt die Vielheit und Ver­schiedenheit seiner Hörer sehr ernst (iKor 9), um sie alle für den einen Jesus Christus zu gewinnen.

Vielheit ist stets auf den Einen und das Eins werden bezogen. Vielheit und Einswer- den bilden ein Ganzes. Im biblischen Sinn kann von Pluralität gesprochen werden. Das ist aber nur eine Sprachregelung. Sachlich steht die Kirche Jesu Christi vor der Aufgabe, sich mit der pluralistischen Wirklichkeit, in der sie lebt, auseinanderzusetzen und mit ihrer Botschaft und Lebensform das Ganze von Vielheit und Einswerden zu bezeugen.

Lit.: Arnoldshainer Konferenz (Hg.), P. in der Kir­che. Chancen und Grenzen, o. J.

Lücke


Pötzsch, Arno, *23. n. 1900 Leipzig, 119.4.1956 Cuxhaven. P. war zunächst Für­sorger, kam dann auf Umwegen zur Theolo­gie. 1935 wurde er Pfarrer in Wiederau bei Rochlitz (Sachsen). Im Krieg tat er Dienst als Marine-Seelsorger in Amsterdam, wo seine erste Liedersammlung erschien. 1946 bis 1956 war P. Pfarrer an der Garnisonkirche in Cuxhaven, von einem Herzleiden geplagt. - Der Dichter war durch Anlage und Lebens­führung von grüblerischem Ernst geprägt; heiter hat man ihn kaum gesehen. Seine Texte sind Zeugnisse überwundener An­fechtung- und einer kindlich-frommen Ein­falt, wie sie sich ausspricht in dem Kinder­lied »Meinem Gott gehört die Welt««.

Lit.: A. P., Sein Wort geht durch die Zeiten, 1968 Rothenberg



Posaunenverbände

  1. Entstehung

Die Posaunenchöre entstanden im Zusam­menhang mit den -» Erweckungsbewegun­gen des 19. Jh.s und mit der Ausbreitung der Jungmännervereine (—» CVJM und Ev. Ju-



Posaunenverbände: Auf dem Posaunenfest in Dortmund. (Foto: Hans Lachmann)

gendwerk). Der erste Posaunenchor wurde 1843 im Ev. Jungmännerverein Jöllenbeck gegründet. Dieser Zweig der Jugendarbeit breitete sich in allen Jungmännerbünden aus. Ihre geistliche und musikalische Prä­gung erhielten die Chöre zuerst durch Edu­ard Kuhlo (1822-1891) und danach durch dessen Sohn Johannes —> Kuhlo, der als er­ster Reichsposaunenmeister des Ev. Jung­männerwerkes in Deutschland zum bedeu­tendsten Förderer der Posaunenchöre wurde. I

  1. Gründung weiterer Verbände 1935 entstand neben der Jungmänner- werks-Posaunenarbeit ein zweiter eigen­ständiger Posaunenverband, der seit 1945 unter der Bezeichnung Posaunenwerk der EKD bekannt ist. Seither bestehen also zwei große P., zu denen zur Zeit insgesamt ca. 60000 Bläser gehören. Dazu kommen etwa 15 000 Bläser im Bereich der DDR. Außer­dem bestehen in beiden Teilen Deutsch­lands mehrere kleine Verbände, unter ihnen der freikirchliche »Bund Christlicher Po­saunenchöre Deutschlands«. Auch in deut­schen Auslandsgemeinden sind einzelne Po­saunenchöre entstanden. Demnach kann heute mit einer Zahl von über 6000 Chören mit insgesamt etwa 80000 Bläsern gerech­net werden.

rv. Heutige Tendenzen Auffallend ist die steigende Zahl der Jung­bläser und die Verjüngung der Chöre. Die Verbände betreuen die Chöre vor allem in folgenden Bereichen: Geistliche und musi­kalische Zurüstung, Lehrgänge für Bläser und Chorleiter, Lnstrumentenvermittlung, Entwicklung neuer Dienstformen wie z.B.

Lit. W. Hermes, Hermann Heinrich Grafe, 1933, S.

1S1 f-



Julius Anton Eugen Wilhelm von Poseck
Campingmission, Herausgabe von Literatur, Choralmusik, neue geistliche Lieder, Musik zum Singen und Blasen sowie freie Spielmu­sik. Zusammenarbeit der Verbände ge­schieht hauptsächlich bei Kirchentagen und Gemeindetagen, sowie bei Bereitstellung neuer Schulungsliteratur und bei der Wei­terbildung der hauptamtlichen Posaunenre­ferenten.

Mergenthaler



Poseck, Julius Anton Eugen Wilhelm von, *2. 9. 1816, Zirkwitz/Pommern, f6. 7. 1896 Lewisham bei London. Studierte ka­tholische Theologie und Jura. Regierungsre­ferendar, Schriftsteller, Liederdichter, Sprachlehrer und »Missionar« in Wort und Schrift. Er entstammte dem Uradel aus dem Vogtland, wurde ev. getauft und kath. erzo­gen. Nach dem Studium (1843) Beamter in Düsseldorf. Er bekehrte sich, gab die Beam­tenlaufbahn auf, übersetzte —» Darbys Schriften und war an der Herausgabe der »Elberfelder Bibel« (-»Bibelübersetzung) be­teiligt. Ab 1856 Sprachlehrer in London. Vorrangig blieb sein Einsatz für die Sache Gottes. Die Spaltung unter den Anhängern Darbys (1882) überschattete seinen Lebens­abend. Sein bekanntestes Lied: »Auf dem Lamm ruht meine Seele«.

Brenner


Postvereinigung, christl. -> Berufsmis­sionen 8.

Prädestination



P. ist die Lehre von der Vorherbestimmung durch Gott. Sie hängt eng zusammen mit der Erwählungslehre. Die Bibel antwortet auf zweifache Weise auf die Frage, wie der —» Glaube zustandekommt und warum der eine Mensch glaubt und der andere nicht.

  1. DER UNIVERSALE HEILSWILLE GOTTES

Gott »will, daß allen Menschen geholfen werde« (iTim 2,4). Das Evangelium hat uni­versellen Charakter. Gott liebt die »Welt« (Joh 3,16). Christus ist das Lamm Gottes, das der »Welt« Sünde trägt (Joh 1,29). Der Ruf zur Buße und zum Glauben ist an »alle« ge­richtet (Mk 1,15; Apg2,38; 17,30). Dadurch ist der Mensch in die —» Entscheidung geru­fen. Hört er den Ruf und leistet Folge, wird er gerettet, lehnt er ab, geht er verloren. So ist der Mensch für seine Entscheidung verant­wortlich.

  1. DER ERWÄHLENDE GOTT

Zum oben Gesagten stehen gleichsam in »hartem Gegensatz« eine ganze Reihe von Schriftstellen, die aussagen, daß sich Gottes Heilswille nur an den Menschen verwirk­licht, die er erwählt hat (Eph 1,4; 2Thess 2,13,- Röm ii,7; 2Tim 2,io; Tit i,i; iPetr 2,8f.; Offb 17,14; Mk 13,27; Mt24,3i). InMk 4,nf. sagt Jesus mit Bezug auf Jes 9, daß seine Gleichnisse das Sehen und Erkennen, die Vergebung und Bekehrung geradezu ver­hindern sollen. Johannes führt den Mißer­folg der Predigt Jesu auf das Handeln Gottes zurück: »Darum konnten sie nicht glauben« (Joh i2,39f.). Bei der Missionspredigt durch Paulus kommen die einen zum Glauben, weil sie zum »ewigen Leben verordnet sind«, während die anderen nicht glauben, offenbar, weil Gott sie nicht dazu bestimmt hat (Apg 13,48). Paulus spricht vom »Vorsatz Gottes« (Röm 8,28), den er »vor der Zeit der Welt« gefaßt hat (2Tim 1,9). Es ist ein »ewi­ger Vorsatz« (Eph 3,11) »ehe der Welt Grund gelegt war« (Eph 1,4). Für die P. spricht auch in Röm 9 das Beispiel von Jakob und Esau (11 —13) und das Bild vom Töpfer und dem Ton (21).

  1. THEOLOGISCHE STELLUNGNAHMEN Ursache zur P.lehre wurde die Gnadenlehre des Augustin. Die doppelte P. (göttliche Be­stimmung zur Rettung und Verdammnis)

lehrten die Reformatoren Calvin, Zwingli und der junge Luther. Unter den neueren Theologen lehnen —> Barth und —» Brunner die doppelte P. ab und legen das Gewicht ganz auf die objektive —» Erwählung in Chri­stus. K. —> Heim versteht das »prae« nicht spekulativ als urzeitliches »vorher«, son­dern als »vorher« der Ewigkeit des gegen­wärtigwirkenden Gottes. Ähnlich will A. —> Schiatter die Erwählung mit dem Werk Got­tes an uns verbunden sehen: »Erst nachdem wir im Besitz der Gnade stehen, haben wir vor Augen, daß uns Gott ewiglich erkoren hat.«.

  1. ERKENNTNISSE AUS DER PRÄDESTINATIONS­LEHRE

a) Wir können Gottes souveränes Handeln nicht erklären. Gott ist niemandem etwas schuldig, b) Es ist nur Gnade, wenn jemand zum Glauben kommt. Unsere Rettung steht völlig außerhalb unseres Vermögens, unse­rer Kräfte und Anstrengungen und ist allein in Gottes Willen verankert, c) Erkennbar ist P. nicht vor, sondern nur in dem durchs Wort gewirkten Glauben, d) P. ist immer Erwäh­lung zum Dienst und darf keine ich-bezo- gene Frömmigkeit hervorbringen.

Lit.: E. Brunner, Die christl. Lehre von Gott, Dog­matik 1, 1946 - K. Barth, Kirchliche Dogmatik 11,2 - K. Heim, Die christliche Ethik, 19 s 5 - A. Schlat- ter, Das christliche Dogma, 1911

Aeschlimann

Prediger —> Pastor Predigerausbildung -> Ausbildung Predigerseminare -> Ausbildung

Predigt

Das Wort P. wurde durch Luther zum Hauptbegriff für die Weitergabe des Evange­liums. Es ersetzt bzw. verdeckt sprachlich den Reichtum von etwa 30 griechischen Verben. Vor allem führt es in der Sache zu einer falschen Vorstellung. »In der Bibel be­deutet das Wort »predigen« fast überall etwas anderes als einen gottesdienstlichen Vortrag halten« (H. Brunotte).



  1. Wesensmerkmale urchristlicher Predigt 1. die urchristliche p. ist bei allem Anknüp­fen an außerchristliche Formen (s.u.) weder religiöser Lehrvortrag nach Kunstrede, son­dern am ehesten vergleichbar mit alttesta- mentlicher —> Prophetie. Sie ist Heroldsruf, gute Nachricht, daß jetzt Gott kommt und seine Herrschaft aufrichtet. Die Verkündi­gung fächert sich inhaltlich auf a) in die mis­sionarische Zentralbotschaft, daß die Herr­schaft Gottes durch Jesus angebrochen ist, b) in die Botschaft von der zukünftigen Vollen­dung dieser Herrschaft, c) in die Botschaft, daß Gott zwischen Anbruch und Vollen­dung durch seinen Geist handelt, Umkehr ermöglicht und Gemeinde baut. Das ergibt die Doppelheit der Verkündigung als Mis­sions- und Gemeindepredigt. »Muster« für die erste werden erkennbar hinter den P.en der Apg und 1 Kor 15,1 ff; reiche Anschauung für das zweite bieten die Briefe des NT, in denen die Zentralbotschaft umfassend ent­faltet wird für das Menschen- und Weltbild, für die Lebensgestaltung und das Leiden der Gemeinde sowie für den Gemeindeaufbau.

  1. URCHRISTLICHE P. IST NICHT NUR WORT- SON­DERN AUCH GEISTGESCHEHEN (I TheSS 1,5; I Kor 2,4L; 4,20), zu dem man ermächtigt sein muß (Apg 1,8). Sie hat Vollzugscharakter und geschieht nicht selten als Wort und Zei­chen (Röm 15,18f.; 2Kor 2,i4ff.; 11,12; Hebr

  1. . Sie ist nicht primär Information son­dern Kampfhandlung und Teilhaben am Triumphzug Christi an allen Orten.

  1. URCHRISTLICHE P. IST SCHLIESSLICH EIN GE­SCHEHEN ..PERSONHAFTER, BEGEGNISHAFTER ART« (E. Brunner). An die Stelle der Person Jesu tritt nicht ein abstraktes Wort- oder Geistgeschehen, sondern die lebendige Per­son des geisterfüllten Zeugen bzw. der geisterfüllten Gemeinde. Die Qualifikation des Zeugen ist eine doppelte: die -» Voll­macht zum Reden in Jesu Namen und ein Existenzvollzug, der die Botschaft sichtbar macht (iThess if.; 2Kor). Das NT kennt so­wohl den besonders gesetzten, herausste­henden Zeugen, als auch die charismatische Begabung vieler zum Wort (1 Kor 12-14) und die Beteiligung aller am Verkündigungsge­schehen (iPetr 3).

  2. nach ORT, zeit und Situation treffen wir auf die ganze Palette der Möglichkeiten, von der persönlichen Begegnung bis hin zur Tempelhalle, dem Philosophensaal und dem Marktplatz, von der Gerichtssituation bis hin zur geborgenen Gemeindeversammlung in den Häusern.

S- NACH ART UND GESTALT IST DIE P. VIELFÄLTIG. Sie kann anknüpfen an die synagogale Aus­legungspraxis, an die prophetische Form oder an die popularphilosophische griechi­sche Wanderpredigt. Theologische For­schung und geistliche Bewegungen machen es gegenwärtig bewußt, daß in den Anfängen der Anteil an geistgewirkter Spontanver­kündigung neben der auslegenden Verkün­digung erheblich war (iKor 14).

II Der Beitrag von Pietismus und Erwek- kung zur Erneuerung urchristlicher Pre­digt

Die Verengung der urchristlichen Verkündi­gung zur P. schon in der Zeit der frühen Kir­che ist ein Beleg für den Sieg des griechi­schen Geistes über den biblischen Geist. Faktisch ist immer wieder die Befreiung er­folgt, z.B. durch Franziskus und Petrus Wal­des und die von ihnen ausgehenden Bewe­gungen. Die Verkündigung der Reformato­ren selbst gewinnt wesentliche biblische Merkmale wieder. In der nachreformatori- schen Predigtpraxis und Theorie aber ist das prägende Leitbild wieder der gottesdienstli­che Vortrag. Im —> Pietismus forderte Spener in seiner Programmschrift »Pia desideria« eine andere Art zu predigen. Folgende Kenn­zeichen erwecklicher P. lassen sich erheben:



  1. DIE P. KONZENTRIERT SICH AUF DIE BIBLISCHE ZENTRALBOTSCHAFT DER RETTUNG DURCH JESUS. Hauptziel ist die -> Bekehrung als Bruch mit der Vergangenheit. In der Gemeindepredigt der sich bildenden Gruppen und Gemein­schaften begegnen dann die z.T. schon im äl­teren Pietismus vorhandenen Anschluß­themen: Hinführung zu eigenem Bibelstu­dium und —» Gebet; —> Heiligung (besonders intensiv in der —» Heiligungsbewegung und bei hervorragenden Vertretern wie O. —» Stockmayer); die Verpflichtung jedes Chri­sten zum Zeugnis; Gemeinschaft - beson­ders in der —» Gemeinschaftsbewegung; Gemeindebau - besonders in den —» Freikir­chen; —» Wiederkunft Christi - mit regional unterschiedlicher Intensität. In einigen Gruppen zeigt die Verkündigung eine speku­lative (—» Hahn'sche Gemeinschaften), in anderen allgemein eine lehrhafte Neigung {—> Darbysten). Insgesamt aber prägt überall der erweckliche Grundtyp, und alle übrigen Themen haben nie seine allgemeine Gültig­keit und Intensität gehabt. Vielfach ist Ge­meindepredigt einfach identisch mit er­wecklicher P. und richtet sich an den »al­ten« Menschen im »neuen« oder trägt als allgemeinstes weiteres Kennzeichen eine stark seelsorgerliche Note.

  2. NICHT NUR IM ANGELSÄCHSISCHEN, SONDERN auch im deutschen bereich will die P. dies

Ziel nicht nur darstellen, wie denn nach Th. —» Christlieb, »gerade die größten und ge­segnetsten Prediger . . . nie bloß darstellend, sondern in erster Linie wirksam predigten« (Homiletik, S. 103, einzige wissenschaftl. Predigtlehre eines dt. Erweckungstheolo­gen). Sie hat besonders bei den angelsächsi­schen Leitbildern dieser P. wie —» Finney, —» Moody und —» Spurgeon einen propheti­schen Vollzugscharakter. Bei etlichen, für die —> Blumhardt stellvertretend stehen soll, tritt neben das Reden das Handeln in Jesu Namen durch Heilen (—> Krankenheilung) und —» Exorzismus. Aufs Ganze gesehen aber ist im Unterschied etwa zur Pfingst- bewegung das Wort Hauptinstrument des Geistes.

  1. der Verkündiger als Person wird in neuer Weise in seiner Bedeutung für die P. erkannt. Er ist der »Bevollmächtigte des Christus« (O. S. v. Bibra) und als selbst Erweckter und in der Heiligung Lebender ist er Zeuge für die Wahrheit seiner Botschaft. Jede Periode und fast alle Gebiete haben herausragende Predi­ger. Undenkbar aber sind die Bewegungen ohne die Fülle der ungenannten Stundenhal­ter, Reise- und Freiversammlungsprediger, oft Bauern und Handwerker (Material bei P. Scharpff). Das Verkündigungsgeschehen kommt wieder auf eine breite Trägerbasis.

  2. DIE P. GEWINNT DEN NICHTKIRCHLICHEN RAUM, das Haus, die öffentliche Lokalität und das Freie, später dann die großen Hallen und Zelte zurück. Gegenüber der gottesdienstli­chen Einengung wird P. wieder P. »zur Zeit und zur Unzeit«.

  3. DIE P. IST AN RHETORISCHEN REGELN NICHT WE­SENTLICH interessiert. —> Tholuck, Theologe und Prediger der —» Erweckungsbewegung, fordert »heilige Einfalt, Verständlichkeit und Popularität« als die höchsten Prädikate der P. und möchte um jeden Preis das »Asch­grau des Verhandlungstones« vermeiden. Eine eigene Lehre zur Gestaltung wird nicht entwickelt. Die P. bewegt sich im Rahmen der allgemeinen Aufbauregeln der kirchli­chen Homiletik, wie die P.-Lehre von Christlieb zeigt. Im Unterschied zur kirchli­chen P. besteht nur ein geringes Interesse an Zeitthemen. Die Bibel selbst liefert den Stoff, ebenso für —» Hofacker, den Biblizisten

  1. T. —> Beck oder B. —» Graham. Entspre­chend ist die Sprache biblisch gesättigt.

Groß aber ist die Variation durch die Predi­gerindividualitäten. Sie reicht vom pak- kend-volkstümlichen -» Hofacker über den tiefsinnigen M. —> Hahn zum künstlerischen

  1. -> Keller und dem geistvollen F. -> Binde und den vielen ungenannten Predigerorigi­nalen.

  2. Ergebnis: Man hat der P. dieser Bewegun­gen Schwächen angekreidet: - daß zu einsei­tig die erweckliche P. das Leitbild ist - daß die Anschlußthemen Nachfolge und Ge­meindebau oft nicht klar sind und zur Ge­setzlichkeit und Introvertiertheit neigen - daß die großen Zeitthemen zu wenig im Blick sind. Das sind zweifellos typische Ge­fahren, besonders beim Weg der Bewegun­gen in die berühmte »dritte Generation«. Im Ergebnis aber haben die Bewegungen gegen­über einer orthodox, liberal oder bloß erbau­lich gewordenen P. erhebliches urchristli- ches Gelände zurückgewonnen. Am nach­haltigsten wirkt sich die Erkenntnis aus, daß Erweckung von Heiden und schlafenden Christen notwendig ist und daß der, der dazu gebraucht wird, selbst erweckt sein und eine erweckliche Gabe haben muß (O. Riecker).

m. Hilfestellung für die gegenwärtige Lage

Die Gesprächsrunde über die »Predigtkrise heute« hat profilierte, sehr unterschiedliche Teilnehmer. Eine laute Stimme rät zum Schweigen zugunsten der Tat und der P. durch das Leben. Die moderne Predigtlehre setzt auf die Ergebnisse der Kommunika­tionsforschung und auf eine entsprechende neue Rhetorik. Die gegenwärtig bekannteste Predigtlehre von R. Bohren wagt es, etwa im Sinne des hier entwickelten P.-Verständnis­ses, die P. als ein Wunder zu bezeichnen, das sich in die gegenwärtige Sprachlosigkeit hinein wieder ereignen müsse. Es scheint, als ereigne sich dies Wunder gegenwärtig vor allem in lebendigen Bewegungen und Ge­meinden der Dritten und Vierten Welt.

Die Kreise pietistischer und erwecklicher Herkunft haben ein geteiltes Verhältnis zur erwecklichen P., zum Teil aus der Erfahrung der eben genannten Defizite. Zum Teil herrscht eine erbauliche Einheitsverkündi­gung, in der keine besondere Zielsetzung er­kennbar ist. Hilfestellung für die P. könnte darin bestehen,

a) daß profilierte Predigttypen erbeten und gewagt werden statt einer Einheitsverkün­digung; z.B. P., die einfach die großen Taten Gottes damals (und heute?) erzählt; z.B. Lehrpredigt, die nicht trocken ist, sondern, selbst fasziniert von der Größe Gottes, die Gemeinde zu faszinieren sucht für das Be­greifen der Breite, Länge, Höhe und Tiefe der Wirklichkeit Christi (Eph 3,18); z.B. ethi­sche P., die mit der Gemeinde daran arbeitet, wie Orientierung für den Lebensstil aus­sieht;

b) daß entgegen herrschenden Trends ein­zelne sich für profilierte Aufträge von Gott heraussteilen lassen, umgekehrt daß Predi­ger und Gemeinde bereit werden, darum zu bitten, daß die Palette der Verkündiger brei­ter wird und Gottes vielgestaltige charisma­tische Begabung der Gemeinde zum Zuge kommt. Es muß das Begreifen wachsen, daß eine Stimme nicht abdeckt, was heute an prophetischem Weckruf, treffender Weisung und seelsorgerlichem Zuspruch nötig ist.

-> Erweckungspredigt

Lit.: R. Bohren, Dem Worte folgen, 1969 - ders., Homiletik, 1971 -O. Riecker, Das evangelistische Wort, 19743 - ders., Herausforderung an die Ge­meinde, r 972 - F. Hauß, Erweckungspredigt - P. Scharpff, Geschichte der Evangelisation, 1964 - E. Beyreuther, Kirche in Bewegung, Geschichte der Volksmission und Evangelisation, 1968 - O. S. v. Bibra, Die Bevollmächtigten des Christus, 1946 - Ch. H. Spurgeon, Ratschläge für Prediger, 1962

Liebschner



Pregizer, Christian Gottlob, *18.3.1751 Stuttgart, t30.10.1824 Haiterbach/Schwarz- wald. Theologiestudium in Tübingen. In der Jugend beeinflußt vor allem von F. Chr. Oe- tinger. Pfarrer in Haiterbach. In anschauli­cher, volkstümlicher Predigtweise rühmte er das Gnadenwerk Jesu, das bereits für uns vollbracht ist. Er lud ein, es »zu erkennen, zu verlangen, zu ergreifen und darin die Selig­keit zu finden«. Er betonte, daß wir im Glauben jetzt schon Leben und Seligkeit ha­ben. Trotz allem Spott und aller Anklage, er habe ein »Juhe-Christentum«, sind in wei­ten Gegenden des Schwabenlandes große Segenswirkungen, besonders in den Pregizer Gemeinschaften, bis heute lebendig. Bei Pregizer und den von ihm beeinflußten Krei­sen tritt die Freude im Herrn, die Freude über die Rechtfertigung des Sünders aus Gnaden als kennzeichnender Zug hervor.

Lit.: G. Müller, Christian Gottlob Pregizer - sein Leben und seine Schriften, 1961

Grünzweig




Christian Gottlob Pregizer


Presbyter



  1. SCHON IM AT BEGEGNET DER BEGRIFF IN DER doppelten Bedeutung von alter Mann oder Ältester. Im letzteren Sinne entspricht er ei­ner Amtsbezeichnung. Die Ältesten ordnen und leiten, z.B. in der Verwaltung oder Rechtsprechung, die Angelegenheiten einer Stadt, eines Stammes oder auch Gesamtis­raels. Um 200 v.Chr. ist in Jerusalem der Äl­testenrat (Synhedrium) nachweisbar, der wohl in Anlehnung an die siebzig von Mose berufenen Ältesten (Ex 24,1 und Num 11,16ff.) aus 70 (bzw. 71) Mitgliedern be­steht. Nach der Zerstörung Jerusalems (70

n.Chr.) wird der Begriff hauptsächlich für or­dinierte Schriftgelehrte gebraucht, aber auch für die Vorsteher der jüdischen Synagogen­gemeinden. Die geistliche und theologische Färbung des Titels, die schon von der Wü­stenwanderung Israels her mitschwang, ver­stärkt sich. Doch wird der Titel P. dann vom

  1. Jh. n.Chr. an, vielleicht weil er sich inzwi­schen in der christlichen Gemeinde durch­gesetzt hat, im Judentum durch andere Be­zeichnungen ersetzt.

2. Ist der Zusammenhang mit dem AT auch unverkennbar, so macht der Begriff P. in der ntl. Gemeinde doch eine eigenständige Ent­wicklung durch. P. übernehmen die Ge­meindeleitung (Apg 11,30 und 21,18) und die damit verbundenen Funktionen. Allerdings ist dieser Prozeß nicht einheitlich verlaufen.

Die stärker charismatisch geprägten pauli- nischen Gemeinden scheinen eine freiere Leitungsstruktur gehabt zu haben (z.B. Ko­rinth), als die Jerusalemer Urgemeinde. Un­geklärt ist auch für die ntl. Zeit das Verhält­nis der Amtsbezeichnungen P. und Bischof zueinander. Nach Tit 1,5.7 möchte man sie als austauschbar betrachten. Bedeutsam ist jedoch, daß im NT die Gemeindeleitung durchweg in den Händen mehrerer P., also eines Ältestenkreises, liegt. Diese kollegiale Leitungsstruktur ist erst im 2. und 3. Jh. n.Chr. durch den monarchischen Episkopat abgelöst worden.



  1. Die lutherische -» Reformation hat zwar die Priesterhierarchie abgeschafft, doch wurde sie in mancher Hinsicht durch das Kirchenleitungsamt des Theologen ersetzt. An die Stelle des Gegensatzes »Laie und ge­weihter Priester« trat nun der Gegensatz »Laie und ordinierter Theologe«. Erst in der Reformation Calvins erfolgte wieder eine gewisse Rückbesinnung auf die ntl. Presby- terialverfassung. Das Kollegium der P. wacht über Lehre, Verkündigung und Ord­nung der Gemeinde und im Idealfall werden auch die einzelnen Leitungsdienste in der Gemeinde, einschließlich Predigt, von Mit­gliedern des Presbyteriums wahrgenom­men. In Verbindung mit der Lehre vom —> Priestertum aller Gläubigen wurde das Prin­zip der Gemeindeleitung durch einen Älte­stenkreis für die meisten -» Freikirchen konstitutiv, auch wenn der Titel P. norma­lerweise nicht gebraucht wird. Im Mittel­punkt steht dabei der doppelte Gedanke, daß die Vielfalt der geistlichen Gaben in der Gemeinde Jesu auch in der Gemeindelei­tung zum Ausdruck kommen muß, daß aber diese nur funktional verstanden werden darf. Dieses Denken hat zur Folge, daß eine Trennung der Gemeinde in »Geistliche« und »Laien« schon vom Ansatz her unmög­lich wird. Der Gegensatz zwischen Laien und ordinierten Amtsträgern als besonderer Stand ist prinzipiell überwunden, da auch der P. ausschließlich von seinem Dienst in der Gemeinde und für Christus her verstan­den wird. Im zwischenkirchlichen Gespräch stellt allerdings die Frage des —» Amtes und der presbyterialen Verfassung der Gemein­deordnung nach wie vor eines der schwierig­sten Probleme dar.

Lit.: H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhun­derten, 1953 - W. Michaelis, Das Ältestenamt, 1953 - E. Schweizer, Gemeinde und Gemeinde­ordnung im NT, 19622 - J. Roloff, Apostolat, Ver­kündigung, Kirche, 1965 - U. Brockhaus, Cha­risma und Amt, 1972

Rott


Priestertum aller Gläubigen

I. Priestertum aller Gläubigen Der Begriff kennzeichnet vor allem jene Fra­gestellung, die die Bedeutung des einzelnen Gliedes der Gemeinde geistlich begründet und gefüllt sehen möchte. Mit nahezu dem gleichen Grundproblem beschäftigt sich die aber mehr kirchenrechtlich oder struktur­bezogen angesetzte Frage nach dem Laien­tum überhaupt. Der heute erkennbare Stand der Erörterung in beiden Richtungen legt es nahe, diese Begriffe nicht länger isoliert ne­beneinander zu behandeln. Dazu führt vor allem die seit ca. dreißig Jahren neu begon­nene theologische Aufarbeitung beider Fra­gestellungen.

1. Entstehung und Geschichte. Der Gedanke geht auf iPetr 2,5.9 und Offb 1,6; 5,10; 20,6 zurück, für die Ex 19,5 f als Grundlage gilt. Schon Just. Martyr, Irenäus, Tertullian, dann auch Origenes und Augustin erarbei­ten und untermauern den ntl. Begriff des »priesterlichen Volkes«. »Wir sind alle Prie­ster, da wir ja Glieder des einen Priesters sind« (Augustin). Von Anfang an wird der Priesterbegriff vom NT her vor allem ver­standen als Berufung aller Gerechtfertigten zum geistlichen Dienst. Daher stellt der Ge­danke des P.a.G. schon immer auch die Frage nach dem Verhältnis zum jeweiligen Amts­verständnis der Kirche.

Den Begriff und die Lehre vom P.a.G. prägt schließlich Luther zur Überwindung des hierarchischen Amtspriestertums. Dabei meint auch er nicht etwa die Gleichheit aller Getauften, sondern die Berufung aller wahr­haft Glaubenden zum priesterlichen Dienst ohne spezielles Mittlertum. Die Berufung in bestimmte Ämter durch die Gemeinde bleibt jedoch um der Ordnung willen nötig. - Nach Ph. J. Spener ist »Priester der allge­meine Name aller Christen«. Daher wohl die Wandlung des Begriffs zu »allgemeines P. der G.«. Gedacht ist im —> Pietismus an die Aufgaben des Opferns, des Betens und Seg- nens, der Wortverkündigung (nicht des Leh- rens!), später auch an Liebestätigkeit (J. H. —» Wiehern), ebenfalls bei Anerkennung des besonderen —> Amtes. - Überwiegend bleibt freilich der Gedanke an eine aktive Teil­nahme am gottesdienstlichen Leben der Gemeinde.



  1. Missverständnisse. Unter dem Einfluß der

Demokratie wird allerdings im 20. Jh. mit Hinweis auf das P.a.G. die Selbstverwaltung der Gemeinde gefordert bis hin zur sog. geistlichen Selbstversorgung (Infragestel­lung des berufenen Amtes). Der biblische Gedanke vom P.a.G., der das geistliche We­sen und die zentrale Aufgabe des Christen umschreiben will, wird so verfälscht zur Frage nach der Struktur der Gemeinde (Laientum gegenüber Priestertum). Aus der Frage nach der geistlichen Berufung des ein­zelnen Gemeindegliedes wird die Frage nach seiner sog. Mündigkeit, seinem Recht. Weithin ist die Diskussion um die Verant­wortung der Glieder der christlichen Ge­meinde heute immer noch vom soziologi­schen und politischen Denken bestimmt (Stichworte: demokratische Gemeinde­

struktur, Autoritätskritik, Recht der Laien, Recht des einzelnen u.a.). Dafür kann die Schriftgrundlage des P.a.G. nicht in An­spruch genommen werden. Immerhin wird dabei deutlich, daß der vorhandene Begriff des Laientums als nicht ausreichend bi­blisch bzw. geistlich gestützt empfunden wird.



  1. Weiterentwicklung. Während bis in unser Jh. der Begriff vorwiegend auf das Priester­tum Jesu bezogen und damit die Arbeit am Begriff des geistlichen Opfers (Röm 12,1.2) erneut herausgefordert wird (so besonders im -» evangelikalen Bereich), gerät nun zu Recht die Frage nach —» Vollmacht und Dienst der Glaubenden ins Blickfeld. Das ntl. Wort von der —» Gemeinde als Leib Chri­sti und entsprechend das Verständnis vom Wirken des Hl. —> Geistes in der Gemeinde (Leib) durch Gaben und Dienste der einzel­nen sind neu zu beachten. Das Wort vom P.a.G. stützt somit nicht einen »radikalen Anspruch, mit dem man sich dem Urteil und Gnadenzuspruch des brüderlichen P. ent­zieht« (H. A. Dombois), oder mit dem sich gleiche Rechte und Pflichten für alle fordern lassen. Vielmehr meint es, daß alle, je nach Berufung und Begabung durch den Geist, in der Vollmacht Jesu geistliche Verantwor­tung füreinander und für den Auftrag der Gemeinde tragen.

So scheint gegenwärtig mit größerer Klar­heit als je zuvor erkannt zu werden, beson­ders von Röm 12 her, daß das P.a.G. mehr Aspekte umfaßt als das vom Pietismus be­stimmte Verständnis. Es wird der gedankli­che und wesensmäßige Zusammenhang mit allen Fragen drängend, die sich mit der Ver­wirklichung des Christseins und der christ­lichen Gemeinde beschäftigen.

Lit.: H. Behm, Der Begriff des allgem. Pr. 1912 - H. A. Dombois, Recht der Gnade, 1969/1974 - Ev. Erw. Katechismus, 197s - freikl.: H. Lenhard in: Wort und Tat 7/67.



n: Laientum

1. BEGRIFF, GESCHICHTE, WESEN. Laie (von griech. laos = Volk; laikos = zum Volk gehö­rig) kommt im NT nicht vor, wird auch von Anfang an nicht im ntl. bestimmten Sinn verwendet (zuerst 95 bei Clemens von Rom). L. gilt als Gegensatzbegriff zum Kleriker ( = berufenen Amtsträger, Amt) und ist, be­sonders in der katholischen Kirche, in die­sem Sinne durchgeführt. In der kirchen­rechtlichen Bedeutung hat das hochbewer­tete Priestertum das L. unter das Urteil der Unmündigkeit oder mindestens Abhängig­keit gebracht. Dem Wesen nach sind freilich aus dem L. durch die Geschichte bis heute vielfältige Bewegungen innerhalb und au­ßerhalb der Kirche hervorgegangen: Mönchsorden, die Brüder vom gemeinsa­men Leben, die Katharer, Waldenser, Wiclif, Hus, die Täufer usw. Vom L. aus sind also für Frömmigkeit, geistliches Leben und Mission wichtige Impulse ausgegangen. Luther nimmt hier die Lehre vom P.a.G. auf (vgl. I,i) und macht damit deutlich, wie das kirchenrechtliche Verständnis von L. die bi­blisch-theologische Erkenntnis verfälscht hat. Im Protestantismus blieb L. aber weiter ein Unterscheidungsbegriff, wenn auch mehr auf die theologische Kompetenz des ausgebildeten Amtsträgers bezogen. I und viele Modelle geliefert. Sie rechnen mit der geistlichen Mündigkeit des wiedergebo­renen Christen und damit mit dem P.a.G. Es ist hier nicht möglich, alle weitere Entfal­tung der Formen und Aktivitäten durch das L. bis heute zu nennen. Fest steht aber, daß ohne dieses der jetzige Stand der Missions­und Evangelisationsarbeit undenkbar wäre. Inzwischen ist es lebendige Erkenntnis in al­len Kirchen, daß die Kirche Jesu ihre ent­scheidende Einwirkungskraft auf die Welt überhaupt nur durch die Vielzahl ihrer Glie­der, eben die Laien, hat. Allerdings vermißt man dabei oft eine Absicherung gegen das bloß emanzipatorische Verständnis von Mündigkeit. Neben einer Fülle erörternder oder berichtender Literatur gibt es wichtige Verlautbarungen, die alle auf eine zuneh­mend biblisch-theologische Ausrichtung hinweisen. Die Dokumente des —*■ Interna­tionalen Kongresses für Weltevangelisation in Lausanne (1974) gehören dazu. Evangeli- kale dürfen aber auch die Äußerungen des 2. Vatikan. Konzils (Dekret über das Laien­apostolat, 1965) und die aus dem Bereich der protestantischen Kirchen nicht übersehen. Der Müheaufwand, um die Sprachschwie- rigkeiten zu überbrücken, wird sich lohnen.



in. Weiterfohrende Aufgaben Das Wort vom P.a.G. und der »Laien«-Be- griff haben eine geschichtliche Barriere ge­schaffen (v. Goessei). H. Kraemer möchte fortan nur »L.« gebrauchen, weil er P.a.G. für historisch zu belastet hält, obgleich dies der eigentliche ntl. Gedanke ist. Die Überwin­dung der Barriere wird in der Tat aber mög­lich, wenn das biblische Verständnis von Gemeinde wiedergewonnen wird. Vor allem ist hier von ihrer Struktur und von ihrem Auftrag zu sprechen. Dies wiederum scheint schlechterdings ohne das ntl. Verständnis des Heiligen Geistes bzw. seine Erfahrung nicht auszukommen.

1. die kirche JESU ist zuerst als Ganze gesandt zur Mission und zum Dienst für Gott in der —» Welt. Mit der Entdeckung der L. ist also eigentlich der erste Schritt zur Neuentdek- kung der Gemeinde getan. Als Gottes Volk kennt sie keinen unterschiedlichen Status von Ordinierten und Laien, wohl aber ver­schiedene Funktionen. Wenn die Gesamt­heit der Gemeinde in ihrer Existenz sozusa­gen die Mission und der Dienst Jesu Christi ist, muß also die Rolle der »Ämter« über­

prüft werden. Eine Grundlage gibt Eph. 4,11.12 (das Problem des Kommas in V.12 dürfte endgültig geklärt sein): alle Heiligen sind zum Dienst bestimmt. Die interne Dienst- (so richtiger als »Ämter««-) Struktur darf nur mit der Leibstruktur zusammen ge­sehen werden.



2. der Auftrag der gemeinde hat schon im­mer jedes Glied betroffen. Die nicht theolo­gisch gebildeten Glieder haben ihn oft selbst entdecken müssen. Aufgabe der Theologen wäre es, in der Gemeinde eine biblische Schau zu vermitteln, die den einzelnen sei­hen Platz erkennen läßt. Sie muß ihm für diesen Platz das Wissen um die Gegenwart Christi in ihm und um die Wirkungen des Geistes klar und fest machen. Damit ist aber auch unausweichlich die Frage nach dem Heiligen Geist in der Gemeinde (oder: nach der charismatischen Gemeinde) gestellt. »Es geht nicht um die Aktivierung der Laien, sondern um das Kommen des Geistes«« (v. Goessel/Stephan). D.h. es geht mehr um die geistliche Erneuerung der Dienste als um bloße Strukturveränderung oder neue Akti­vitäten. - Es gibt wohl ein exegetisches Ver­ständnis des NT, das nur aus einer entspre­chenden Erfahrung heraus treffend werden kann. Das gilt auch für das Problem L. So wird eine biblische Verwirklichung des Le­bens der einzelnen Gemeinde den Begriff L. entbehrlich machen.

Lit.: Yves Congar, Der Laie, 1957 - Hendrik Krae- mer, Theologie des L., 1959 - von Goessel/Ste­phan, Die missionarische Dimension, 1965

Riemenschneider

Prochanow, Iwan Stepanowitsch, *17■



  1. 1869 Wladikawkas, f6.10.193 s Berlin. Molokanenkreisen entstammend wird P. der Begründer des Bundes der -» Evangeliums­christen in Rußland. 1887 empfing er in Tif­lis die Glaubenstaufe. Er wird Ingenieur, studiert auch Theologie in Berlin, Paris und England. Ein vielseitig gebildeter Mann, be­gabter -» Evangelist, Dichter vieler geistli­cher Lieder, gründet und leitet er ein Predi­gerseminar in Petersburg und schreibt seine wichtige »Predigtlehre««.

Lit.: W. Kahle, Ev. Christen in Rußland und der So- vetunion, 1978

Brandenburg



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