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Definition und Zuordnung des „oeffentlichen Defizits“



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Definition und Zuordnung des „oeffentlichen Defizits“


Das „Maastricht-Defizit“ bezeichnet das oeffentliche Defizit im Sinne des Finanzierungsdefizits des Sektors Staat gemaess der Definition des ESVG1. Es ist der Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach Konsolidierung innerhalb und zwischen den einzelnen Bereichen des Staatssektors. Der Schulden-Begriff umfasst neben den oeffentlichen Finanzschulden – Verbindlichkeiten, denen Geldmittel als Gegenleistung gegenueberstehen – auch Verbindlichkeiten aufgrund von Lieferungen und Leistungen sowie Verbindlichkeiten aus Finanzierungsleasing. Die Grenzen der Moeglichkeiten der statistischen Erfassung lassen es allerdings angezeigt erscheinen, sich zunaechst auf die Finanzschulden zu beschraenken, die allein schon genuegend Nuesse zum Knacken geben, nicht nur von deren Bewertung her – man denke nur an indexgebundene Darlehen, an Nullkuponanleihen, an Waehrungstauschvertraege -, sondern auch von der Konsolidierung innerhalb des oeffentlichen Sektors. Dies deswegen, weil beispielsweise bei den Darlehen der Laender oder des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds an Gemeinden bei weitem keine Deckungsgleichheit in den Daten beim Glaeubiger und denen beim Schuldner besteht. Bezueglich des Finanzierungsleasing ist zu erwarten, dass die EU eigene Meldungen vorsehen und genauere Pruefungen durchfuehren wird.
Eine Gegenrechnung mit Forderungen aus selbst gewaehrten Darlehen ist nicht vorgesehen, was vor allem bei den Laendern zu einem hohen Forderungsueberhang fuehren wuerde.
Gemaess Art 104 Aus 2 werden die Referenzwerte der „Maastricht-Kriterien“ in einem dem Vertrag beigefuegten Protokoll1 im einzelnen festgelegt. Nach Artikel 2 dieses Protokolls ueber das Verfahren bei einem uebermaessigen Defizit werden die Begriffe „oeffentlich“, „Defizit“, und „Investitionen“ unter Bezugnahme auf das ESVG 95 definiert2.


Zum Begriff „oeffentlich“


Bei der Berechnung des oeffentlichen Defizits muss zunaechst geklaert werden, welche statistischen Einheiten sogenannte „Institutionelle Einheiten des Sektors Staat“ sind. Das ESVG 1995 normiert als „Institutionelle Einheit“ einen „wirtschaftlichen Entscheidungstraeger, der durch einheitliches Verhalten und Entscheidungsfreiheit bezueglich seiner Hauptfunktion gekennzeichnet ist. Eine gebietsansaessige institutionelle Einheit sollte neben der Entscheidungsfreiheit in ihrer Hauptfunktion [...] ueber eine vollstaendige Rechnungsfuehrung verfuegen [...]“. Der Sektor Staat umfasst demnach „alle institutionellen Einheiten, die zu den sonstigen Nichtmarktproduzenten [...] zaehlen [...]“3.


Zuordnungen zum Oeffentlichen Defizit


Zentrales Prinzip bei der Berechnung des „Maastricht-Saldos“ gemaess ESVG ist die strikte Zuordnung aller wirtschaftlichen Vorgaenge entweder zu Leistungs- oder zu Finanztransaktionen, die sich aus dem uebergreifenden Prinzip der Integration der volkswirtschaftlichen Sektoren in die Gesamtwirtschaft ergibt. Kriterium ist die Geldvermoegenswirksamkeit einer Transaktion, ob sie das Geldvermoegen senkt (Ausgabe) oder erhoeht (Einnahme): Personalausgaben, Subventionen, Transferzahlungen an Private Haushalte oder Zinsausgaben vermindern, Steuer- oder Gebuehreneinnahmen, Verkauf von Liegenschaften oder Gebaeuden erhoehen fuer sich gesehen den Kassenbestand und damit das Geldvermoegen. Eine Darlehensgewaehrung und Beteiligung vermindern dagegen das staatliche Geldvermoegen nicht. Der Staat erwirbt nur eine andere Forderung. Derartige Vorgaenge werden im ESVG Finanztransaktionen genannt.
Finanztransaktionen bleiben bei der Berechnung des Maastricht-Defizits unberuecksichtigt, weil es sich nur um Umschichtungen im Finanzvermoegen handelt, aber um keine dauerhafte Be- oder Entlastung der oeffentlichen Budgets: Gewaehrte oder aufgenommene Darlehen werden wieder zurueckbezahlt, zuerst gebildete Ruecklagen werden aufgeloest, Wertpapiere und Beteiligungen koennen wieder veraeussert werden.
Das Maastricht-Defizit wird von der Leistungsreihe bestimmt, sie ist identisch mit der Veraenderung des staatlichen Reinvermoegens bzw. der Nettoposition. Diese ist wiederum spiegelbildlich dem Saldo der Veraenderung der Forderungen und Verbindlichkeiten gleich. Das Maastricht-Defizit ist also das Scharnier zwischen der Veraenderung im Reinvermoegensstatus als Ergebnis der Ausgaben und Einnahmen der Leistungsreihe und des damit identischen Saldos der Veraenderungen der Forderungen und Verbindlichkeiten.
Folgendes Schema veranschaulicht die Darstellung des Staates in der VGR:


  1. Produktionskonto

  2. Verteilungs- und Verwendungskonten

  3. Vermoegensveraenderungskonto

III.1 Vermoegensbildungskonto .

III.2 Finanzierungskonto



  1. Vermoegensbilanzen

Zur Berechnung des Maastricht-Defizits sind die Positionen relevant, die sich oberhalb des Strichs befinden. Dies bedeutet, dass Transaktionen im Rahmen des Finanzierungskontos nicht defizitrelevant sind.


Neben der Auflistung der Transaktionen, die zum „Finanzierungssaldo“ fuehren, ist auch der Verbuchungszeitpunkt wesentlich. Im ESVG 1995 - Abschnitt 1.57 wird definiert: „Stromgroessen werden im ESVG nach dem Grundsatz der periodengerechten Zurechnung gebucht, d.h. zu dem Zeitpunkt, zu dem ein wirtschaftlicher Wert geschaffen, umgewandelt oder aufgeloest wird bzw. zu dem Forderungen oder Verbindlichkeiten entstehen, umgewandelt oder aufgehoben werden.
Das Produktionsergebnis wird daher nicht gebucht, wenn der Kaeufer es bezahlt, sondern wenn es produziert wird. Der Verkauf eines Vermoegensgegenstandes wird zu dem Zeitpunkt ausgewiesen, zu dem das Eigentum wechselt, und nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem die entsprechende Zahlung erfolgt. Zinsen werden in der Periode gebucht, in der sie auflaufen, unabhaengig davon, ob sie in dieser Periode tatsaechlich gezahlt werden [...] Mitunter ist jedoch eine gewisse Flexibilitaet in der Anwendung der Buchungsregeln notwendig. Das gilt insbesondere fuer Steuern und andere Transaktionen des Staates, die in der oeffentlichen Rechnungslegung meist zum Zeitpunkt der Zahlung gebucht werden. Da es manchmal schwierig ist, exakt vom Zahlungs- auf den Leistungszeitpunkt ueberzugehen, muessen gewisse Naeherungsloesungen angewandt werden“1.



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