Gericht bvwg entscheidungsdatum 19. 05. 2016 Geschäftszahl



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19.05.2016rislogo

Gericht

BVwG


Entscheidungsdatum

19.05.2016



Geschäftszahl

W189 2105495-1



Spruch

W189 2105485-1/21E


W189 2105490-1/21E
W189 2105488-1/8E
W189 2105495-1/8E
W189 2105492-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) von XXXX, geb. XXXX 2.) von XXXX (BF2), geb. XXXX, 3.) von XXXX (BF3), geb. XXXX 4.) von XXXX (BF4), geb. XXXX und 5.) von XXXX (BF5), geb. XXXX alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 18.03.2015, Zlen. 1.) 1031733702-14996497, 2.) 1031733604-14996505, 3.) 1031732901-14996564 und 4.) 1031733103-14996599, 5.) 1031733408-14996645 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.12.2015, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG
als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer (idF. BF1-BF5), russische Staatsangehörige tschetschenischer Herkunft, reisten gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 22.09.2014 Anträge auf internationalen Schutz.
BF1 und BF2 wurden am 24.09.2014 einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Russisch unterzogen, wo sie Folgendes angegeben haben:
BF1 erklärte, dass er mit seiner Ehefrau (BF2) und seinen drei minderjährigen Kindern (BF3-BF5) am 17.09.2014 seine Heimat verlassen habe. Sie seien nach Moskau und anschließend seien sie selbstständig nach Lemberg (Lwiw) gefahren. In weiterer Folge reisten sie mit dem Bus nach Uzhhorad, Ukraine. In der Folge seien sie schlepperunterstützt in die Slowakei gebracht worden. Mittels Kleinbus seien sie schließlich in das Bundesgebiet gereist.
Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, erklärte BF1, dass der Ehemann seiner Schwester namens XXXX, (Widerstandskämpfer, Wahhabit) gegen die tschetschenische Regierung kämpfe. BF1 gab an, dass ihm das Alter seines Schwagers nicht bekannt sei. Er habe seinen Schwager nie getroffen. Im Zeitraum von 2013 bis Anfang September 2014 sei er von tschetschenischen Polizisten ca. 10 bis 15 Mal in XXXX für 24 Stunden festgehalten worden. Er sei geschlagen und zum Aufenthalt seines Schwagers und seiner Schwester befragt worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine kaputte Nase. Für den Fall, dass die Schwester des Beschwerdeführers nicht lebend gefunden würde, sei er bedroht worden, dass er getötet werde und die Familie Probleme bekommen würde. Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte er, dass er von den Polizisten wieder festgenommen und misshandelt werde. Der Beschwerdeführer gab an, dass er alle Pässe (5 Reisepässe und 2 Inlandspässe) zerrissen und weggeschmissen hätte. Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben von der Vereinigung Demokratischer Tschetschenen in Österreich vor.
BF2 gab in ihrer Erstbefragung am 24.09.2014 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, für sich und BF3, BF4, BF5 als gesetzliche Vertreterin Anträge auf internationalen Schutz zu stellen. BF2 gab an, dass sie in XXXX die Grundschule von 1989 bis 1992 besuchte. Zu den familiären Verhältnissen befragt, gab BF2 an, dass ihre Mutter in XXXX lebe.
Am 17.09.2014 habe sie mit ihrem Ehemann und deren drei Kindern ihr Heimatland verlassen. Sie seien mit einem Zug nach Moskau und in weiterer Folge in die Ukraine gereist. In weiterer Folge reisten sie schlepperunterstützt in die Slowakei und anschließend in Österreich ein. Letztlich sei die Familie eigenständig nach Traiskirchen gefahren.
Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, erklärte sie, dass der Schwager ihres Ehemannes (BF1) namens XXXX, gegen die tschetschenische Regierung kämpfe. Das Alter sei ihr nicht bekannt, zumal sie ihn nie getroffen habe. Seit 2013 bis Anfang September 2014 sei ihr Mann von tschetschenischen Polizisten ca. 10 bis 15 Mal in XXXX für 24 Stunden festgehalten worden. Im Zuge dessen sei BF1 immer wieder verhört worden, da sie wissen wollten, wo sich der Schwager befinde. BF1 hätte dadurch Probleme gehabt. Aufgrund dessen hätten sie den Entschluss gefasst das Land zu verlassen. Für den Fall einer Rückkehr befürchte sie, dass ihr Ehegatte (BF1) wieder Probleme bekomme.
BF1 und BF2 wurden am 02.12.2014 durch Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin der Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen.
Auf Nachfrage erklärte BF1, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Befragt, ob er einverstanden sei von einer Dolmetscherin in russischer Sprache einvernommen zu werden, gab BF1 an, dass tschetschenisch seine Muttersprache sei und er nicht besonders gut Russisch spreche, jedoch damit einverstanden sei in Russisch einvernommen zu werden. Bei sprachlichen Problemen würde er Bescheid geben. Auf Nachfrage erklärte der Beschwerdeführer, dass er die anwesende Dolmetscherin sehr gut verstehe. Der Beschwerdeführer erklärte, dass er in der vorangegangen Befragung der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Das Protokoll sei ihm nicht rückübersetzt worden, daher wisse er nicht, ob alles korrekt protokolliert worden sei.
Zu seinem Gesundheitszustand befragt, erklärte er, dass er an Hepatitis C leide und zurzeit in ärztlicher Behandlung stehe. Er sei bereits untersucht worden und hätte einen Termin zur Blutabnahme erhalten. Tabletten nehme er keine. BF1 habe einen Inlands und einen Auslandspass besessen, welche er auf Anraten des Schleppers zerrissen hätte. Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben von der Vereinigung Demokratischer Tschetschenen in Österreich vor.
Zu seinen Familienverhältnissen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er mit BF2 standesamtlich und rituell verheiratet sei. Er habe drei Töchter. Im Herkunftsland würden seine Eltern leben. Der Aufenthaltsort seiner Schwester sei ihm nicht bekannt. Er habe immer in GROSNY gelebt. Mit sieben Jahre sei er in die Schule gekommen, welche er zwei Jahre lang besuchte. Seinen Lebensunterhalt habe er bestritten, indem er Autos reparierte und am Bau arbeitete. Diese Berufe habe er nicht gelernt, sondern sich selbst beigebracht. Zu seiner wirtschaftlichen Lage befragt, gab er an, dass er in seinem Heimatland gut gelebt habe. Seine Familie besitze ein eigenes Haus. Er habe ein eigenes Auto. Die im Herkunftsland lebende Mutter würde als Händlerin arbeiten. Sie habe eine eigene Hütte auf einem Markt gemietet und verkaufe Spielwaren. Der Vater arbeite nicht.
Der Beschwerdeführer verneinte, im Herkunftsland Strafrechtsdelikte begangen zu haben oder politisch tätig gewesen zu sein. Er habe ein Problem mit dem FSB, aber er würde nicht offiziell gesucht.
Dazu aufgefordert seine Fluchtgründe möglichst detailliert darzulegen, schilderte er, dass sie vom FSB verfolgt würden. Er habe Probleme, da der Mann seiner Schwester ein Wahhabit sei, der gegen die Kadyrow-Leute kämpfe. Begonnen hätten diese im Jahr 2013, als in der Früh Maskierte in sein Zuhause gekommen seien. Es sei zu einer kalten Jahreszeit gewesen, wann genau könne er aber nicht sagen. Die ganze Familie sei zu Hause gewesen, als die Maskierten in das Haus gestürmt seien und ihn mitgenommen hätten. Sie hätten ihm gesagt, er müsse wegen seines Schwagers mitkommen. Sie hätten ihm die Nase gebrochen nachdem sie ihn auf die Polizeistation gebracht hätten. Sie seien in Zivil gekleidet gewesen und hätten Waffen gehabt. Sie seien vom FSB gewesen. Auf Nachfrage, gab der Beschwerdeführer an, dass es drei Personen gewesen seien. Er vermute, dass diese amerikanische Waffen getragen haben. Zu der Festnahmesituation befragt, schilderte der BF1, dass die Maskierten in sein Haus eingedrungen und direkt in sein Schlafzimmer gekommen seien, in dem auch B2-BF5 schliefen. Die Maskierten hätten nicht viel gesprochen und ihn mit einem Fahrzeug mitgenommen. Wohin die Männer BF1 gebracht haben, konnte er nicht beantworten, da ihm im Auto eine Augenbinde aufgesetzt worden sei. Die Augenbinde hätten sie dem BF1 kurz vor dem Einstieg in das Auto aufgesetzt. Befragt, gab BF1 an, dass ihm die Augenbinde im Keller wieder abgenommen worden sei. Folglich sei er in einem Keller verhört worden. Der Beschwerdeführer sei von zwei Männern mit Fäusten und einem Stock auf den Oberkörper geschlagen worden. Auch die Nase hätte man ihm mit einem Schlag gebrochen. Der Beschwerdeführer wisse nicht wie viele Personen anwesend gewesen seien, zumal er eine Augenbinde getragen habe. Es seien mehr als drei Männer anwesend gewesen, wobei er von zwei Männern geschlagen worden sei. Die anderen Männer seien erst nachdem der Beschwerdeführer geschlagen wurde in den Raum gekommen. Weiters gab er an, dass ihm an beiden Unterarmen und am rechten Oberarm Zigaretten ausgedrückt worden seien. Sie hätten ihn gefragt: "Wo ist er?". Der Beschwerdeführer gab an, dass sie seinen Schwager meinten. Sie hätten den Namen jedoch nicht gewusst. Darüber hinaus wollten Sie wissen, wo seine Schwester sei und sagten ihm, dass er kooperieren müsse. Das erste Mal sei er sieben Tage lang festgehalten worden. Befragt, wie der Beschwerdeführer frei gekommen sei, erklärte er, mit dem Auto weggebracht und in den Bergen ausgesetzt worden zu sein. Per Anhalter sei er wieder nach Hause gelangt. Befragt, was er angehabt hätte, erklärte er, dass sie ihm eine blaue Jeans und einen schwarzen Pullover gegeben hätten. Befragt, was er seine Frau bezüglich der Festnahme erzählte, gab er an, dass ihm BF2 Fragen stellte und er ihr erzählte, dass sie ihm die Nase gebrochen hätten. Er hätte ihr gesagt, dass er sieben Tage lang in der Gewalt der "MENTY" gewesen sei. Er meine damit den FSB. Auf die Frage wie oft er in den Jahren 2013 und 2014 festgenommen worden sei, antwortete er, dass er 2013 vier Mal festgenommen worden sei. Im Jahr 2014 glaube er, acht Mal festgenommen worden zu sein. Im September 2014 sei er drei Tage festgehalten worden. Der Vorfall habe sich glaublich am 1. September zugetragen, wobei er sich an den Wochentag nicht erinnern könne. Zwischen der Festnahme und der Ausreise seien circa zwei Wochen vergangen. Zur Situation der letzten Festnahme befragt, schilderte der Beschwerdeführer, dass in der Früh zwei Leute in seine Wohnung gekommen seien. Sie wären in Zivil gewesen und hätten einen Waffengürtel getragen. Einer der Männer hätte Russisch gesprochen und der Tschetschene habe übersetzt. Seine Frau habe sich im Schlafzimmer befunden. Er führte näher aus, dass die Personen bei der Haustüre klopften und er die Türe öffnete. Sie seien im Vorraum gestanden und hätten den Beschwerdeführer verhört. Er sei nicht festgenommen worden. Sie seien zu dritt im Vorraum gestanden und hätten gesprochen. Auch habe er nie Geld bezahlen müssen. Die Frage, ob er wegen der Verletzungen beim Arzt gewesen sei, verneinte der Beschwerdeführer.
Zu der Frage, was der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland zu befürchten habe, gab er an, dass er nicht zurück könne, weil er immer noch dieses Problem hätte. Dem Beschwerdeführer wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat zum schriftlichen Parteiengehör unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist ausgefolgt. Zu seinem Leben in Österreich befragt, erklärte er, von der Grundversorgung zu leben. Er habe keine Verwandte in Österreich. Er besuche weder einen Kurs oder mache eine Ausbildung. Auch sei er kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation in Österreich. Er versuche Deutsch zu lernen. Die meiste Zeit sitze er zu Hause herum. Er habe weder eine Arbeit noch Kontakt zu Österreichern. Über Nachfrage, gab der Beschwerdeführer an, dass er den Dolmetscher sehr gut verstanden habe. Nach Rückübersetzung gab er an, dass er keine Einwendungen gegen die Niederschrift habe und alles vollständig und richtig protokolliert worden sei. Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben von XXXX, Vereinigung der XXXX, vor. Diesbezüglich gab er an, XXXX nicht persönlich zu kennen.
Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 02.12.2014, erklärte BF2, dass sie trotz Kopfschmerzen in der Lage sei die Einvernahme zu machen.
BF2 gab an, dass Tschetschenisch ihre Muttersprache sei. Sie spreche nicht besonders gut Russisch, sei jedoch damit einverstanden, in Russisch einvernommen zu werden. Bei sprachlichen Problemen würde sie Bescheid geben. Befragt, ob sie die anwesende Dolmetscherin verstehe, antwortete sie, dass sie die Dolmetscherin gut verstehe. Die Beschwerdeführerin bestätigte in der vorangegangen Befragung wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Das Protokoll sei rückübersetzt worden, wobei sie nicht alles verstanden habe.
Zum ihrem Gesundheitszustand befragt, erklärte sie, dass sie an Hepatitis B leide und eine Spritze erhalten habe. Sie befinde sich in ärztlicher Behandlung. Die Beschwerdeführerin legte Arztbriefe und zwei Schulbesuchsbestätigungen betreffend zwei ihrer Töchter vor. Andere Dokumente habe sie nicht. Den Inlandsreisepass als auch den Auslandreisepass hätten sie zerrissen, zumal sie diese nicht mehr brauchen würden. Mit Ihrem Mann (BF2) sei sie seit dem Jahr 2003 traditionell verheiratet. Sie glaube, dass sie die Ehe im Jahr 2006 am Standesamt amtlich registrieren haben lassen. Sie sei Tschetschenin und Moslem. Seit ihrer Heirat im Jahr 2003 habe Sie in XXXX gelebt. Zu den Umständen betreffend Lebensunterhalt, Schulbildung und ihrer wirtschaftlichen Lage im Herkunftsstaat befragt, erklärte sie, dass sie das letzte Jahr bei McDonalds gearbeitet habe. Sie habe drei Jahre die Schule besucht. Ihre Mutter besitze ein Haus und arbeite als Verkäuferin. Weiters gab BF1 an, dass sie gut gelebt hätten. Sie, BF2, die Schweigermutter und BF1, hätten allesamt gearbeitet. Die Beschwerdeführerin verneint, in ihrem Heimatland politisch tätig gewesen zu sein.
Dazu aufgefordert die Fluchtgründe möglichst ausführlich und konkret zu schildern, erklärte sie, dass die Schwester ihres Mannes (BF1) die Frau von XXXX sei. Drei Männer hätten die Türe aufgebrochen und seien hereingestürmt. Sie seien bewaffnet gewesen. Sie hätten das Haus durchsucht und Ihren Ehemann mitgenommen. Er sei sechs Tage weggewesen. Ihr Ehemann sei geschlagen und befragt worden, wo sein Schwager sei. Befragt, gab die Beschwerdeführerin an, dass dies ein einmaliger Vorfall gewesen wäre. Auf die Frage wie oft ihr Mann mitgenommen worden sei, antwortete sie, dass BF1 nur einmal mitgenommen worden sei. BF2 schilderte, dass sie immer wieder gekommen seien, um zu überprüfen, ob sich der Schwager bei ihnen befinde. In dieser Zeit hätten sie ihn aber nie gesehen und sie wüssten auch nicht, wo er sich aufgehalten habe. Befragt, warum mit der Ausreise ein Jahr gewartet wurde, schilderte sie, dass ihr Ehemann am 19. August 2014 einen Anruf von XXXX vom FSB erhalten habe und aufgefordert worden sei zum FSB zu kommen. BF1 sei am nächsten Tag hingegangen und vier Tage nicht nach Hause gekommen. Als BF1 wieder zurückgekommen sei, hätten sie beschlossen das Land zu verlassen. Sie erklärte, dass sie (BF1, BF2 sowie die Mutter von BF2) mehrmals mit dem Tode bedroht worden seien, wenn sie den Aufenthalt des Schwagers von BF1 nicht verraten würden. Sie wisse jedoch nicht, wo sich dieser befinde. Die Beschwerdeführerin schilderte auf Befragung die näheren Umstände des Vorfalls vom 01.09.2013 und erklärte, dass in der Früh, als noch alle geschlafen hätten (BF1-BF5), drei Männer in das Schlafzimmer gekommen seien. BF1 bis BF5 hätten sich im gleichen Raum aufgehalten. Sie hätten ihr gesagt, dass sie keine Angst haben müsse. Zu BF1 sei gesagt worden, er müsse mitkommen. Weiters schilderte die Beschwerdeführerin, dass sie ihren Mann im Pyjama aus dem Bett gezerrt hätten. Die Leute hätten ihm gesagt, ohne dies weiter zu begründen, dass er sich anziehen solle und mit ihnen mitkommen müsse. BF2 sei in das Zimmer gestoßen worden. Es sei ihr gesagt worden, dass BF1 nichts passieren würde. Laut Angaben von BF2 habe BF1 eine Hose, Schuhe und ein T-Shirt getragen. Über Nachfrage, ob BF1 die Möglichkeit gehabt habe sich selbst anzuziehen, bejahte dies BF2 und meinte, dass BF1 angeschrien worden sei, dass er sich schneller anziehen solle. Über Vorhalt, dass BF2 angegeben habe, dass BF1 gefesselt gewesen sei, schilderte sie, dass BF1 einen Pyjama getragen habe. Er sei mit Handschellen gefesselt worden. Zunächst wollten Sie BF1 im Pyjama mitnehmen, dann hätten sie ihm gesagt, er solle sich anziehen. Weiters gab BF2 an, dass die drei Männer in Zivil gekleidet gewesen seien. Sie hätten keine Masken getragen. Sie hätten beide Russisch und Tschetschenisch gesprochen. Auf die Frage welche Kleidung ihr Mann getragen habe als er zurückgekommen sei, gab sie an, dass er die gleiche Kleidung angehabt habe, seine Hose und sein T-Shirt, als er weggebracht worden sei. BF1 habe eine gebrochene Nase und Hämatome gehabt. Er wollte über den Vorfall nicht sprechen. Laut BF2 sei BF1 im Jahr 2013 oft weggebracht worden. Auf Nachfrage, schilderte sie, dass er einmal für einen Zeitraum von sechs Tagen und ein weiteres Mal für vier Tage weggewesen sei. Weiters sei er mehrere Male von morgens bis abends festgehalten worden.
Das letzte Mal sei BF1 am 20.08.2014 festgehalten worden. Er sei vier Tage nicht nach Hause gekommen. Die Beschwerdeführerin bejahte die Frage, ob er am 24.08.2014 heimgekommen sei. Den Entschluss zur Ausreise hätten sie gefasst, als "BISLAN" angerufen habe und BF1 dazu aufforderte Informationen zu bringen. Andernfalls sei ihm gedroht worden, die ganze Familie zu erschießen. Die Erst und Zweitbeschwerdeführer wurden auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht und gaben diesbezüglich an, alles erzählt zu haben. Für den Fall der Rückkehr erklärte die Beschwerdeführerin, dass alles noch schlimmer würde als zuvor.
BF2 verzichtete auf die Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme zu den Länderfeststellungen, zumal BF1 diese bereits übernommen habe. Zu ihren Lebensumständen in Österreich befragt, erklärte sie, dass sie von der Grundversorgung lebe. Sie habe keine Verwandte in Österreich. Sie sei weder Mitglied in einem Verein noch in einer Organisation in Österreich. In Ihrer Freizeit kümmere sie sich um ihre Kinder. Auf die Frage wie sie die Dolmetscherin verstanden habe, antwortete sie, diese gut verstanden zu haben.
Nach Rückübersetzung ergänzte die Beschwerdeführerin zu der Frage, wie oft ihr Mann mitgenommen worden sei, dass die Telefone abgehört würden. Befragt, erklärte sie, dass sie dies bemerkt habe, da das Gesprochene als Echo zu hören gewesen sei. Dies sei ein Anzeichen dafür, dass die Leitung abgehört würde.
BF2 machte keine eigenen Verfolgungsgründe und auch keine gesundheitliche Beeinträchtigung für die Beschwerdeführer BF3-BF5 geltend. BF3-BF5 hätten alle Untersuchungen gemacht und seien gesund.
Von BF2 wurde vorgelegt:
- End-Befund der Gruppenpraxis FachärztInnen für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, vom 14.11.2014
- Zwei Schulbesuchsbestätigungen der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin, russisch, im Original vorgelegt und im Zuge Ihrer niederschriftlichen Einvernahme übersetzt - Einen Kumulativbefund Ihres Mannes, ausgestellt durch eines im Akt näher bezeichneten Facharztes, vom 06.11.2014 - End-Befund der Gruppenpraxis FachärztInnen für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, vom 07.11.2014, Ihren Mann betreffend
- Einen vorläufigen Entlassungsbrief einer Landesklinik vom 19.11.2014, Ihren Mann betreffend
Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des BFA vom 18.03.2015 wurden unter Spruchteil I. die Anträge auf internationalen Schutz vom 22.09.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchteil III.).
Dem Bescheid wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin zu Grunde gelegt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt fest, dass die Identität der Beschwerdeführer nicht feststehe. Festgehalten wurde, dass BF1-BF5 russische Staatsbürger seien, der Volksgruppe der Tschetschenen angehören und muslimischen Glaubens (Sunnit) seien. Die Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes, dass die Beschwerdeführer verfolgt würden, konnten nicht glaubhaft vorgebracht werden. Betreffend BF3-BF5 wurde darauf verwiesen, dass diese keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern sich auf die Gründe von BF1 bezogen hätten. Daher wurde auch diesen keine Glaubwürdigkeit zugesprochen und sei demnach auch keine Verfolgung glaubhaft.
Beweiswürdigend wurde dargelegt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer die Grundanforderungen, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, nicht erfülle. Dem Vorbringen des BF1, demnach er aufgrund des Ehemannes seiner Schwester, welchen er nie getroffen habe, wiederholt durch Behörden der Russischen Föderation festgenommen und gefoltert worden zu sein, sei in einer Gesamtschau betrachtet keineswegs geeignet die Flucht vor Verfolgung durch Behörden seines Heimatlandes glaubhaft zu machen. Insbesondere sei das gesamte Vorbringen karg dargebracht worden. Sämtliche Details hätten mühsam erarbeitet werden müssen. Insbesondere sei es zu widersprüchlichen Angaben im Hinblick auf die Festnahmen gekommen. Abgesehen davon hätten sich noch weitere Ungereimtheiten im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin ergeben. Laut Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei bereits zu diesem Zeitpunkt dem Fluchtvorbringen jegliche Konsistenz abzusprechen gewesen. Im Übrigen sei auch die Vorgehensweise durch den russischen Inlandsgeheimdienst weder sinnhaft noch erschließbar. Es entbehre jeglicher Logik, dass der Beschwerdeführer sieben Tage festgehalten worden sei und danach, ohne Zahlung einer Kaution oder anderer Geldbeträge, wieder freigekommen sei. Zusammenfassend stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass weder BF1 persönlich, noch dessen Fluchtvorbringen glaubwürdig wären. Er schilderte mit einigen wenigen Sätzen ein Fluchtvorbringen, welches nur mittels massivem Aufwand und oftmaligem Nachfragen erarbeitet werden konnte. Seine Schilderung sei kurz, knapp, emotionslos und auch sehr vage gehalten gewesen, und sei in keinster Weise geeignet gewesen, persönlich Erlebtes darzustellen. Auch sei im Hinblick auf die vorgelegte Bestätigung von XXXX über die Verfolgung und der Angabe des BF1 diesen nicht zu kennen, nicht nachvollziehbar gewesen, wie jemand eine Bestätigung über eine angebliche Verfolgung ausstellen könne, den der BF1 nicht kenne. Des Weiteren sei diese Bestätigung eher als politisches Flugblatt zu werten, in welchem Tschetschenien als russisch besetzt dargestellt werde, und welches nur allgemeine Worthülsen enthalte.
Rechtlich wurde zu Spruchteil I. ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine Verfolgung ihrer Person oder eine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung i.S.d. GFK glaubhaft machen hätte können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher im Lichte der GFK zur Gewährung von Asyl führen hätte können.

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