Präsident Ing. Penz: Weiters zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Razborcan.
Abg. Razborcan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Landesrätin! Hoher Landtag!
Wenn ich, so wie dem Kollegen Huber, zugehört habe und mir überhaupt den Titel der heutigen Aktuellen Stunde anhöre „Ostöffnung, rettet unsere Arbeitsplätze“, dann würde ich ihm nicht Recht geben. Die Ostöffnung rettet nicht unbedingt unsere Arbeitsplätze. Aber so polemisch dargestellt wie du das hast, muss man es nicht unbedingt machen.
Ich bin durchaus froh, dass wir heute in der Landtagssitzung die Möglichkeit haben, über die Öffnung dieses Arbeitsmarktes zu sprechen. Weil es nämlich ein Thema ist, das sehr wohl die Menschen beschäftigt. Es gibt Studien, die befürchten, dass der freie Zugang von osteuropäischen Staaten zu ihrem Arbeitsmarkt sich negativ auswirken wird. Aber was wir brauchen ist Aufklärung, ist Information. Was wir nicht brauchen ist Polemik und Doppelgleisigkeit.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen oder lieber Kollege Huber! Wenn du darüber sprichst, die Zukunft der Jugend, überhaupt über die Zukunft sprichst, wenn du darüber redest, ob wir ein Europabüro brauchen in Brüssel, dann liest du vielleicht den einen oder anderen Bericht nicht aufmerksam. Du musst nämlich wissen, dass sich Europa gut entwickelt. (Beifall bei Abg. Mag. Hackl. – Heiterkeit bei der FPÖ.)
Du musst wissen, dass Niederösterreich seine Hausaufgaben in Europa hervorragend löst. Du musst wissen, dass jeder Euro, den wir nach Europa zahlen, mehr als dreifach wieder zurück kommt. All diese Dinge für Niederösterreich. Du brauchst dir nur den Bericht anschauen. Ihr braucht nicht lachen, ihr braucht nur lesen. Lesen ist oft gescheiter als lachen. Dann würdet ihr vielleicht all das ein bisschen anders argumentieren.
Meine lieben Kollegen der FPÖ! Wenn wir über Zukunft diskutieren, dann fühle ich mich in einem zusammenwachsenden Europa sehr wohl. Wenn ihr das nicht tut, dann seid ihr einfach dazu aufgefordert, ein bisschen nachzudenken, nachzulesen und vielleicht positiv euch einzubringen. (Beifall bei der SPÖ. – Zweiter Präsident Nowohradsky übernimmt den Vorsitz.)
Dieses Europa ist ein Projekt, das noch nicht abgeschlossen ist. Dieses Europa wird uns die
Zukunft weisen. Und dieses Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, was wir selber daraus machen. Und wir müssen schauen, dass das gut und gescheit funktioniert.
Noch einmal: Ich bin nicht unglücklich, dass wir das heute hier diskutieren, weil in den letzten Tagen und Wochen leider andere europäische Themen die Medien beschäftigen. Es wäre wirklich vernünftiger gewesen, uns damit zu beschäftigen was die Arbeitsmarktöffnung wirklich für Österreich und vor allem für Niederösterreich bringt.
Wir müssen diese Sorgen der Menschen, die vorhanden sind, ernst nehmen. Aber wir müssen seriös informieren. Und anhand von Studien lässt sich das eine oder andere nachvollziehen. Im Jahr 2004 waren schon 55.000 Personen mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft unserer Mitgliedstaaten, also von den neuen Mitgliedstaaten, in Österreich beschäftigt. 2009 waren es 63.000. Festzuhalten ist aber, dass eine schrittweise Migration eingesetzt hat und dass die deswegen stattgefunden hat, weil wir eine so genannte Mängelberufsliste und eine Schlüsselarbeitskräfteverordnung hatten.
Das heißt, wir haben die Leute nach Österreich geholt, die wir gebraucht haben. Die wir wirklich gebraucht haben. Und die sind jetzt schon in Österreich beschäftigt. Also ganz so tragisch wird es nicht werden.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, um das Ganze ein bisschen in Relation zu setzen: Derzeit arbeiten 86.000 Menschen aus Deutschland bei uns in Österreich. Aber auch Österreicher arbeiten in anderen Ländern. Das heißt, es ist ein Austausch vorhanden! Und wenn man es sich anschaut, keiner der Experten prognostiziert nach dieser Arbeitsmarktöffnung einen starken Anstieg von permanenter Arbeitsmigration.
Es gibt einige Länder, die haben das sofort gemacht. Österreich und Deutschland hat diese Übergangsfrist, soweit es gegangen ist, ausgereizt. Deswegen wird es am 1. Mai in Kraft treten. Und auch das muss gesagt werden, dass eine WIFO-Studie zeigt, dass Österreich nicht das einzige Land oder potenzielle Land für Migration und Pendelbewegungen ist, sondern dass es andere Länder auch gibt, wo die Bereitschaft sehr groß ist, eben dorthin arbeiten zu gehen. Und nach wie vor ist Großbritannien eines der interessantesten Länder für diese neuen Mitgliedstaaten.
Und jetzt möchte ich zu den Begriffen Scheinheiligkeit und Doppelmoral kommen, liebe Kolleginnen von der ÖVP. Weil Österreich hat sich sehr gut vorbereitet auf diese Öffnung des Arbeitsmarktes. Und wenn du die Wirtschaft angesprochen hast: Die Wirtschaft, gerade in Niederösterreich, hat sehr stark profitiert von dieser Ostöffnung. Waren im Wert von Milliarden werden exportiert. Und, wie gesagt, Niederösterreich profitiert gerade von diesen europäischen Förderungen - du weißt, es ist nur noch dieses Ziel 2-Gebiet - sehr stark von den Europaförderungen. Und wir sind ja gerade jetzt bemüht, auch diese Förderkulisse nach 2013 aufrecht zu erhalten. Da seid ihr durchaus aufgefordert, euren Beitrag beizutragen, weil nur so werden wir es schaffen, dass es vernünftig über die Bühne geht.
Aber was ist geschehen? Österreich hat sich nicht nur dementsprechend gut vorbereitet, sondern es ist jetzt auch im Parlament das so genannte Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping, hat den Nationalrat passiert, wird rechtzeitig vor dem 1. Mai beschlossen werden.
Und liebe Kolleginnen und Kollegen der FPÖ! Was habt ihr gemacht? Ihr seid die einzigen mit dem BZÖ, die dagegen gestimmt haben. Ihr seid die, die dagegen gestimmt haben! Ihr seid die, die das nicht wollen. Und dann stellt ihr euch da her in den NÖ Landtag und tut das alles verteufeln. Also ihr müsst euch vielleicht erkundigen, was eure Kollegen im Nationalrat dazu gesagt haben und gemacht haben. Die waren die, die dagegen gestimmt haben.
Was bedeutet diese Arbeitsmarktöffnung für Österreich? Grundsätzlich sind jetzt Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten berechtigt, einer legalen Beschäftigung in Österreich nachzugehen. (Abg. Waldhäusl: Ich werde es dir dann erklären!)
Gottfried, du kommst eh heraus. Ich hör dir dann auch zu.
Es wird grenzüberschreitende Entsendungen und Arbeitskräfteüberlassungen geben. Aber was bedeutet das Lohn- und Sozialdumpinggesetz? Entsendete Arbeitnehmer müssen nach den österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt werden. Sie haben zwingenden Anspruch auf zumindest jenes gesetzliche Entgelt was per Verordnung festgelegt ist und sie brauchen, was ein dementsprechender Arbeitnehmer bei uns in Österreich verdient, auch das müssen sie verdienen. Sie haben Anspruch auf bezahlten Urlaub und sie haben Anspruch auf die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen. Das heißt, sie werden dementsprechend angegliedert. Und deswegen wundert es mich umso mehr: Wenn man diese Politik wirklich ernst nimmt, liebe Kollegen der FPÖ, dann hättet ihr ja im Parlament ohne weiters zustimmen können. Dann hättet ihr euch beteiligt daran, dass das alles, was ihr uns da vorgehalten habt, nicht passiert. Daher liebe Kollegen … (Abg. Waldhäusl: Man muss nicht überall dabei sein!)
Du hast dann jede Menge Zeit. Ihr habt einen Antrag gestellt. Ihr habt so viel Zeit, Gottfried, ich kann es dir zweimal erklären und langsam, dann verstehst es du auch. Ihr müsst im Parlament dieselbe Politik machen wie ihr da im Landtag macht. Dann werdet ihr wahrgenommen. Dann ist es eine ehrliche Politik. (Abg. Waldhäusl: Ihr wart einmal eine Arbeiterpartei!)
Wenn ihr glaubt, dass ihr im Nationalrat andere Beschlüsse fassen könnt und da populistisch unterwegs sein, dann ist das der falsche Weg, lieber Gottfried. Und gerade Niederösterreich ist Vorreiter in der Europapolitik, das solltest du auch wissen. Weil ich gehe davon aus, dass du des Lesens mächtig bist. Lies dir einmal einen EU-Bericht durch, dann wirst sehen, dass Niederösterreich hervorragende Arbeit leistet. Ich bin froh, dass über das Gesetz … Denn ohne diese Einhaltung, ohne dieses Gesetz wäre die Einhaltung des österreichischen Lohnniveaus oder sonstigen Arbeitsbedingungen nicht kontrollierbar gewesen. Es ist überhaupt keine Frage. Wir werden schauen müssen, dass das, was jetzt beschlossen ist, auch dementsprechend streng rigoros kontrolliert wird. Es gibt ja einen Strafenkatalog, der ist nicht ganz so gering. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es den einen oder anderen abhalten wird.
Liebe Kollegen der FPÖ! Wir wissen schon, ihr seid keine Europapartei. Das ist halt schade. Es ist nämlich wirklich schade. Wenn man sieht … (Abg. Waldhäusl: Wir sind eine Österreich-Partei! Wir sind stolz! – Unruhe im Hohen Hause.)
Aber du, lieber Gottfried … Wir sind auch eine Österreich-Partei, glaub mir das. Aber dieses Österreich liegt inmitten, ganz inmitten dieser Europäischen Union. Ist sozusagen das Herz der Europäischen Union. (Abg. Waldhäusl: Ihr seid eine Ausländerpartei geworden!)
Und deshalb fühlen wir uns in diesem Europa sehr wohl. Und wenn du vielleicht …, ich glaube, du warst sogar anwesend, da hat es eine Jugenddiskussion gegeben, wenn du dich erinnern kannst, die jungen Menschen, die Zukunft, von der ihr immer sprecht, hat ein sehr positives Bild von diesem Europa gemalt. Und deswegen sind wir ganz sicher auf dem richtigen Weg. Und ihr sollt darüber nachdenken, ob ihr euch nicht doch in der einen oder anderen politischen Frage noch einmal umdrehen solltet. Danke schön! (Beifall bei der SPÖ.)
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