Das Ausland hat den deutschen Biomarkt entdeckt
Aber nicht nur die deutschen Biobauern legen immer weitere Wege zurück, auch ihre ausländischen Konkurrenten tun es, schreibt die ZEIT weiter. Je populärer die Produkte wurden, desto häufiger sei Hans Hinrich Hatje auf Konkurrenten aus Polen, Tschechien oder Ungarn gestoßen. Biolandwirte aus ganz Europa haben in den vergangenen Jahren den deutschen Markt entdeckt, für den sie viel billiger produzieren können als ihre Kollegen hierzulande. In Polen legte die ökologisch bewirtschaftete Fläche zwischen 2004 und 2010 um 531 % zu (das deutsche Flächenwachstum betrug im selben Zeitraum bescheidene 29 %). Heute stammt jeder zweite Bio-Apfel und jede zweite Bio-Möhre – Deutschlands meistverkaufte Biolebensmittel – aus dem Ausland. Auch dänische Viehzüchter, die lange zu Hatjes treuen Kunden gezählt hatten, ließen sich ihr biologisches Futtergetreide plötzlich aus Osteuropa liefern. Denn dort war es nur halb so teuer, heißt es.
"Mit regionaler Erzeugung und Klimaschutz hat das weiträumige Herumkarren von Biolebensmitteln nur noch wenig zu tun", schimpft Hatje. Um nach Bioland-Richtlinien kostendeckend wirtschaften zu können, hätte er für seinen Hafer und Weizen mindestens 40 Euro pro Doppelzentner erlösen müssen. Seine osteuropäischen Wettbewerber konnten ihr Getreide teils für 20 Euro anbieten, denn sie profitierten nicht nur von geringeren Lohnkosten, sondern häufig auch von der großzügigeren europäischen Bio-Verordnung. Die erlaubt beispielsweise unbegrenzte Futterzukäufe und ein Nebeneinander von konventioneller und ökologischer Produktion auf demselben Hof. Und ist damit einfacher zu erfüllen als die Bioland-Richtlinien, an die sich Hans Hinrich Hatje halten musste.
Konsequenz ist laut dem Landwirt, dass ohne staatliche Förderung in Deutschland heute nichts mehr geht. Für deutsche Biobauern sei diese staatliche Finanzspritze so überlebenswichtig wie die regelmäßige Insulinzufuhr für einen Diabetespatienten. Analysen des Thünen-Instituts zeigen, dass der durchschnittliche Gewinn von Ökobetrieben in den vergangenen zehn Jahren zwar stets über jenem konventioneller Vergleichsbetriebe lag – aber nur dank der Prämie. Ohne sie schneiden Biobauern im Schnitt schlechter ab als ihre konventionelle Konkurrenz.
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