WIRTSCHAFTSWOCHE
21.01.2012
Clemens TönniesVon der Schlachtbank zum Fanblock
von Mario Brück und Peter Steinkirchner
Deutschlands größter Schweineschlachter und Chefkontrolleur von Schalke 04 will sich als Gutmensch der verrufenen Fleischbranche profilieren, Antibiotika in Ställen reduzieren und als Retter des Bundesligisten Sportgeschichte schreiben.
Clemens Tönnies schleicht auf Zehenspitzen. "Schauen Sie mal", sagt der 55-Jährige, selbst Vater zweier Kinder, und zeigt durch ein Bullauge, hinter dem Babys in Körbchen schlummern. Wenige Meter weiter ruft er in einen Raum, der einmal ein Fitnesscenter beherbergen soll: "Hier kommt die Sauna hin." Stolz präsentiert Tönnies den Neubau seiner Zentrale in der westfälischen Kleinstadt Rheda – mit Krippe und Wellness-Oase. In dem Gebäude mit dem Aussehen und den Ausmaßen eines schmucklosen Regionalflughafens manifestiert sich der Aufstieg vom Metzger zu einem der größten Fleischfabrikanten Europas. Er hat es mit einem geschätzten Vermögen von knapp einer Milliarde Euro unter die 100 reichsten Deutschen geschafft.
Überregional tritt der smarte Mittfünfziger zweifach in Erscheinung:
Erstens produzierte er bis vor Kurzem gefühlt so viele Negativschlagzeilen wie Schweinehälften: mal wegen des Verdachts der illegalen Beschäftigung von Arbeitnehmern, mal wegen Lohndumpings, mal wegen Betrugs und Manipulation. Zuletzt war er angeklagt, weil bei gemischtem Hackfleisch der Rindfleischanteil zu hoch angegeben war. Im August 2011 wurde das Verfahren gegen Geldauflage von drei Millionen Euro eingestellt. Aktuell sorgt ein Gesellschafterstreit mit seinem Neffen Robert für Theater, dem die Alleingänge des Onkels offenbar zu weit gehen.
Zweitens ist Tönnies der Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04, als der er am Wochenende von der Schlachtbank zu den Schlachtenbummlern auf die Tribüne wechselt.
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