NRW verbietet Töten von Küken – Niedersachsen prüft
Vom 23.12.2013, 12:53 Uhr
Kaum geschlüpft, schon geschreddert: Das Leben vieler Küken verläuft bislang recht kurz. Foto: Imago
Osnabrück. Jetzt ist es offiziell: Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland das massenhafte Töten männlicher Küken untersagt. Landesweit zwölf Brütereien sei das Verbot zugestellt worden, teilte das NRW-Umweltministerium mit. Niedersachsen prüft derweil noch.
Wie das NRW-Landwirtschaftsministerium am Montag erklärte, bliebe den Unternehmen ein Jahr, um die Produktion umzustellen. Minister Johannes Remmel (Grüne) sagte: „Diese grausame Praxis des Tötens von Küken aus reinen Renditegründen ist seit Jahrzehnten einfach hingenommen worden. Künftig wird diese Praxis ein Ende haben. Tiere sind Lebewesen und keine Abfallprodukte landwirtschaftlicher Produktionsprozesse.“
Die männlichen Küken fallen bislang als Nebenprodukt in der Legehennen-Aufzucht an. Da sie weder Eier legen noch schnell genug Fleisch ansetzen, werden sie aus wirtschaftlichen Gründen getötet. An dieser Praxis gibt es seit Jahren Kritik. Die Tierschutzorganisation Peta geht davon aus, dass jährlich 50 Millionen Küken direkt nach dem Schlüpfen in Brütereien umgebracht werden. Die Tiere werden dabei in der Regel vergast oder landen in einem Schredder ( hier weitere Hintergründe ).
NRW hatte den Schritt vor einigen Wochen angekündigt. Grundlage des Verbots ist eine Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Münster: Die hatte das Töten von Küken als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gewertet. Dort heißt es: Tiere dürfen nur aus „vernünftigen Gründen“ getötet werden - etwa, um sie von Schmerzen zu erlösen oder zur Gewinnung von Lebensmitteln. Das sei beim Schredden oder Vergasen der Eintagsküken aber nicht der Fall und damit rechtswidrig. Diese Auffassung nahm NRW zur Grundlage für eine Ordnungsverfügung, die jetzt von den zuständigen Kreisbehörden im Land umgesetzt worden ist.
Nach der Ankündigung aus Düsseldorf Ende September hatte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) auf Nachfrage unserer Zeitungerklärt: „Der Vorstoß Nordrhein-Westfalens ist ein richtiger Schritt. Auch Niedersachsen wird ein mögliches Verbot prüfen.“ Diese Überprüfung läuft noch, wie eine Sprecherin der Behörde kürzlich erklärte. Laut Landesamt für Verbraucherschutz gibt es in Niedersachsen 13 Brütereien mit 22 Millionen Brutplätzen.
Derzeit laufen Untersuchungen, um das Geschlecht bereits im Ei zu überprüfen. Bei männlichen Küken könnte das Ei unmittelbar nach der Befruchtung aber noch weit vor dem Schlüpfen dann beispielsweise in der Lebensmittelindustrie zur Nudelproduktion verwendet werden. Serienreif ist ein solcher Test allerdings noch nicht.
„In das Projekt lege ich große Hoffnung“, hatte der Friedrich-Otto Ripke, Vorsitzender der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft, kürzlich im Interview mit unserer Zeitung erklärt. Er hatte die Landesregierung in Niedersachsen aufgefordert, „in diesem Punkt Realismus an den Tag“ zu legen. Die Landesregierung solle nicht mit einem Verbot vorpreschen, wenn gleichzeitig Untersuchungen liefen. Das wäre „falscher politischer Aktionismus“, so Ripke.
Als Alternative zur Geschlechtsbestimmung werden derzeit sogenannte Zwei-Nutzungshühner gezüchtet. Sie legen sowohl Eier, können aber auch Fleisch ansetzen und damit in der Mast eingesetzt werden. Allerdings: die Leistung ist geringer als bei den bisher verwendeten Legehennen- und Masthähnchenrassen. Ein Einsatz wäre also mit wirtschaftlichen Einbußen für die Produzenten verbunden. Ripke: „Weniger Leistung heißt auch: Eier und Fleisch werden für die Verbraucher teurer.“
Ein Verzicht auf die umstrittene Praxis ist unter anderem eines der Vorhaben des niedersächsischen Tierschutzplanes – genauso wie das Verbot des Schnäbelkürzens. Hier hat Niedersachsen als erstes Bundesland bereits ein Verbot bei Moschusenten umgesetzt.
Das habe unmittelbare Auswirkungen, hieß es von der niedersächsischen Geflügelwirtschaft. Geschäftsführer Dieter Oltmann teilte mit, dass von den bislang 60 Betrieben mit Moschusenten nur 20 weiterhin die Tiere halten würden. Die Schlachtereibetriebe gingen dazu über, Enten aus den benachbarten Bundesländern zu beziehen. In Deutschland werden jährlich 1,5 Millionen Moschusenten großgezogen, davon bislang 450000 in Niedersachsen. (mit dpa)
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