Herr Präsident Reiter, meine Schlußfolgerung: Die These von der Einmischung in ein Verwaltungsver-fahren, von der abgeleitet wird, daß wir uns zur Wehr setzen müssen, ist meiner Überzeugung nach völlig danebenliegend, völlig falsch. Die politischen Kräfte dieses Landes, könnten sich - da kann der Fall politisch noch so unangenehm, oder von mir aus, wenn Sie wollen, einmalig sein - in jeder Hinsicht einigen. Was aber hier beabsichtigt ist, nun de fakto: Sie wollen durch den Antrag, die Aufsichtsbehörde solle prüfen, in Wirklichkeit eine moralische Bestätigung erwirken, daß der Bescheid seinem Inhalt nach richtig ist. Das kann ich mir vorstellen. In Wirklichkeit gibt es bestimmt, da der Bürgermeister, wie ich gehört habe, die nächste gerichtliche Instanz angerufen hat, im Zuge der Zeugeneinvernahme viele andere im Bereich der Gerichtsbarkeit liegende Möglichkeiten, diese Feststellung zu erwirken.
Sie wollen durch den zweiten Antrag, betreffend die Frage, ob das Land geschädigt ist, gleich eine Antwort. Ich vermag nicht zu prüfen, was sich der Richter oder die Schöffen oder sonst irgendwer über Ihre Erklärung, das Land hätte einen Schaden gehabt, gedacht haben, es geht mich ja nichts an. Wenn das höhere Gericht Antwort auf diese Frage haben will, braucht es nur den Herrn Landes- hauptmann als Zeugen einberufen. Das ist eine einfache Geschichte. (Abg. Zimper: Wir haben ja nie gefragt!)
Meine Damen und Herren! Ich frage Sie noch einmal - ich bin nicht der Richter, ich bin auch kein Gericht, ich rede hier als Mandatar und als Mitglied der Regierung -, wenn Sie jetzt durch einen Landtagsbeschluß außerhalb des Gerichtes und außerhalb der Motive, die der Richter für diesen Urteilsspruch gehabt hat, eine Prüfung erwirken wollen, ob das Land einen Schaden gehabt hat, meine Herren, warum machen wir das? Ich kann Ihnen nur sagen, die ganze Frage der gerichtlichen Entscheidung liegt in jenen Bereichen, die uns ja in den letzten Jahren öfter beschäftigt haben.
Ich habe der Regierung gestern oder vorgestern einen Katalog mit 13 Fällen gegeben, in denen die Gemeindeaufsichtsbehörde oder die Gemeinden selbst auf Grund des Bekanntwerdens von Sach-verhalten die Staatsanwaltschaft eingeschaltet haben. In manchen Fällen ist dann ein Verfahren eingeleitet worden, in manchen Fällen ist das Verfahren nicht eingeleitet worden. Jetzt aber zu be- haupten, hier mische sich ein Gericht in die Verwaltung ein, ist falsch. Ein Herr, ich darf ihn nicht nennen, hat mir einmal den Vorwurf gemacht: So oft Sie mich im Landtag nennen, habe ich keine Gelegenheit, mich zu wehren. Ich nenne den Juristen nicht, leider, aus Rücksichtnahme auf ihn. Er meint, ja wohin kämen wir, wenn ein Regierungsmitglied, wenn es einen Bescheid unterschreibt, durch die Attacke irgendeiner Person vor den Kadi gezerrt wird - ist auch denkbar, meine Damen und Herren! Wenn wir einen Bescheid unterschreiben, von dem nachgewiesen werden kann, daß unsere Unterschrift mit der Absicht verbunden war, einen anderen zu schädigen oder zu übervorteilen, wie Sie wollen, wird das genauso unter dem § 302 des Strafrechtes, in diesem Fall als Amtsmißbrauch, zu subsumieren sein. Das ist das wesentliche. Warum sollte ein Regierungsmitglied sein Amt nicht auch auf diese Art mißbrauchen können?
Ich werde Ihnen ganz unjuristisch auseinandersetzen, worum es geht, in der Hoffnung, daß Sie, meine Damen und Herren, heute den Landtag unter Umständen in dieser ersten Frage wirklich nicht beschäftigen. Sie tun nämlich dem Herren Vetter nichts Gutes. Ich habe hier den Protest der Richter selbst, dem Landeshauptmann wird er ja auch bekannt sein. Die Proteste der Richter würden sich gegen diese Beschuldigung zur Wehr setzen. Hier gibt es den Komplex der Gerichtsbarkeit im Sinne der Gewaltenteilung, den sollte man jetzt nicht durch noch so gut gemeinte politische Solidaritäts-kundgebungen Ihrerseits in Frage stellen, und man sollte den Landtag schließlich von dem Vorwurf freihalten, sich, nur weil es jetzt politisch - sicherlich, ich gebe zu, es ist ein einmaliger Fall - opportun erscheint, demonstrativ gegen die Gerichtsbarkeit zu wenden oder auf diese Art in ein an sich noch schwebendes Gerichtsverfahren einzumischen.
Ich habe versucht, Ihnen das möglichst einfach und hoffentlich doch einigermaßen überzeugend darzustellen und möchte abschließend zu diesem Thema noch einmal sagen: Glauben Sie mir, ich gebe gerne zu, es ist immer peinlich, wenn man mit Staatsanwälten und Gerichten zu tun hat, aber es hat niemand in dem Haus, weder ich noch meine Fraktion und, wie ich weiß, wahrscheinlich auch bei Ihnen niemand, ernsthaft die Absicht, weil wir jetzt zufällig ein paar Fälle gehabt haben, in denen politische Maßnahmen in einen Konflikt oder in einen Zusammenhang mit strafrechtlichen Fragen gekommen sind, in Zukunft Politik mit den Staatsanwälten und den Gerichten zu machen. Diese Erklärung möchte ich heute abgeben.
Ich glaube, es ist wichtig festzustellen, daß wir, wenn unsere Belangsendung tatsächlich den Charakter gehabt hat, aus der Verurteilung eines Menschen in übertriebenem Maße politisches Kapital zu schlagen, die nötigen Schritte einleiten werden, damit das in Zukunft nicht mehr vorkommt. Ich bitte, auch meinen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Präsident Reiter.
Abg. Präsident REITER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bitte zu der zur Diskussion stehenden Frage gestern sehr ausführlich Stellung genommen, ich werde mich nicht wiederholen. Nur einige Feststellungen, Herr Landeshauptmannstellvertreter. In der Frage ,,Vetter" habe ich gestern die politische Seite und die sachliche Seite sehr deutlich getrennt. Ich kann mir vorstellen, daß diese politische Feststellung für Sie als Partei, nicht persönlich, unangenehm ist. Tatsache ist, daß Du von diesem Pult erklärt hast, Bürgermeister Vetter sei politisches Unrecht geschehen. Du hast gestern auch erklärt, wie Du es gemeint hast. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Was die Suspendierung anlangt!) Ist schon klar, jawohl. Das ist einmal die erste Feststellung. Bitte, die zweite Feststellung. Die Sozialistische Partei hat in einer Belangsendung, obwohl das Urteil noch nicht ausgefertigt war, den Bürgermeister Vetter als Verbrecher hingestellt. (Abg. Zimper: Das ist ja die Schweinerei!) Das ist das zweite politische Faktum, und dagegen bitte habe ich mich gestern namens meiner Fraktion gewehrt und sonst nichts. Diesen Fall mit dem Fall des Herrn Bürgermeister Horny in Verbindung zu bringen, finde ich ganz einfach (Abg. Kellner: Ungeheuerlich!) politisch interessant.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, was war denn im Fall Horny? Bei Horny ist es im Zuge eines Wahlkampfes eben auch zu persönlichen Auseinandersetzungen gekommen, aber bitte in keiner Belangsendung der Österreichischen Volkspartei! (Zwischenrufe von Seiten der SPÖ.) Na, meine Herren, so zimperlich sind Sie ja in der politischen Auseinandersetzung auch nicht. Herr Kollege Lechner, Ihre Formulierungen von diesem Pult, die sind ja politisch auch nicht ohne, also brauchen Sie sich in diesem Fall gar nicht so direkt aufregen. (Beifall bei der ÖVP)
Ich wollte, meine Herren, die sachliche Seite sehr eindeutig feststellen. Ich habe gestern mit meiner Wortmeldung absolut nicht die Absicht gehabt, in ein schwebendes Verfahren einzugreifen, überhaupt nicht. Ich habe sehr deutlich daran Kritik geübt, daß das Urteil so spät ausgefertigt wurde, daß der zum Verbrecher gestempelte Bürgermeister nicht zur nächsten Instanz gehen kann, um sein Recht zu suchen. Das ist inzwischen geschehen bitte.
Was habe ich darüber hinaus dann noch gesagt? Ich habe hier erklärt, ich finde es eigenartig, daß eine Verwaltungsangelegenheit in einem Strafprozeß abgewickelt wird, weil ich glaube, daß unsere Bundesverfassung Justiz und Verwaltung sehr starr und sehr streng trennt. Das war meine Feststellung, die ich getroffen habe, zu der bekenne ich mich noch. Und zu unseren Anträgen an den Landtag. Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, Du hast ja selber gesagt, daß das Gericht an- scheinend vermutet, daß durch eine Schädigungsabsicht etwas passiert sein könnte. Bitte, ich weiß schon, der Richter mußte eine Schädigungsabsicht erfinden, sonst hätte er den Prozeß gar nicht abwickeln können, und der Staatsanwalt hätte einen solchen Prozeß einstellen müssen. Das war ja der Grund, liebe Freunde, weshalb wir uns zur Wehr setzten. Wir meinen, wenn in diesem Urteil an- geführt wird, daß das Land geschädigt worden ist und der Geschädigte gar nicht gefragt wurde, ob er geschädigt wurde, dann kann doch etwas nicht stimmen. Deswegen wollen wir jetzt vom Land bitte, von der Landesregierung wissen, ob das Land Niederösterreich durch diesen Verwaltungsakt der Gemeinde Waidhofen wirklich geschädigt worden ist.
Der zweite Antrag hat, wie gesagt, die Feststellung zum Ziel - und das, glaube ich, ist für den Bürgermeister Vetter sehr interessant -, ob der Bescheid ordnungsgemäß ist oder nicht. Sicherlich, es kann möglich sein, daß er nicht in Ordnung ist, aber, Herr Landeshauptmannstellvertreter, da kann man theoretisch jetzt doch viel abfangen: was wird und wie es sein könnte. Wenn Du das nämlich so konkret sagen könntest, warum hast Du hier erklärt, der Akt sei nicht in Ordnung? Das kannst Du also nicht. Du kannst es nicht wissen, nicht wahr? Daher gibt es auch keine entsprechende Antwort. Ich glaube vielmehr, wenn wir diesen Antrag hier beschließen - bitte, wir werden ihn mit Mehrheit beschließen -, werden wir sehen, was dann das Land zu diesem Bescheid sagt. Bitte, soviel zum Fall Vetter.
Das zweite, das ist der abgestufte Bevölkerungsschlüssel. Du hast ihn mit der Kommunalstruktur-verbesserung in Zusammenhang gebracht. Nicht böse sein. Herr Landeshauptmannstellvertreter: Mit der Kommunalstrukturverbesserung ist hier schon angefangen worden zu reden, als Du dem Haus noch gar nicht angehört hast. Darf ich das einmal feststellen. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Das ist kein Argument!) Ich will nur einleiten, ich bin ja noch nicht fertig, ich bin noch mitten in meinen Ausführungen. Die ÖVP hat also dann - im Jahre 1963 bitte war das - den ersten Antrag in der Richtung auf freiwillige Zusammenlegung eingebracht, ich war selber mit Antragsteller, und ich sehe Deinen Vorgänger noch, wie er nachher herausgegangen ist, der Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek, - ist auch im Protokoll nachzulesen - und sich gewunden hat und erklärte: Das ist kein Weg und damit werden Sie keine Erfolge haben. Bitte in einigen Jahren waren sehr schöne Erfolge zu ver- zeichnen. Wir haben also einen Großteil unserer kleinen Gemeinden überzeugen können, daß der Weg einer Verbesserung richtig ist, und erst im letzten Teil, da warst Du bereits Landeshauptmann-stellvertreter und Gemeindereferent, haben wir gemeinsam nach langen Beratungen, glaube ich, die Probleme sehr sinnvoll gelöst.
Bitte, das sind also Feststellungen, warum man über die Sache jetzt redet und sie mit unseren Fragen zum abgestuften Bevölkerungsschlüssel in Zusammenhang bringt. Ich weiß es nicht, ich kann es mir nur denken, daß man meint, na ja, wir hätten die Kommunalstrukturverbesserung deswegen durch- geführt, um eine Verbesserung zu bringen. Das war sicherlich mit ein Teil unserer Überlegungen, aber dazu kommen noch eine ganze Reihe anderer. Leider Gottes gibt es bei der SPÖ wenige Bürgermeister in Gemeinden in einer Größenordnung von 1.000, 2.000 oder 3.000 Einwohnern, sonst könnte ich jetzt genauso fragen, wie Du Bürgermeister Wallner: Bist Du für den abgestuften Bevölke- rungsschlüssel, ja oder nein? Es müßte sicher der SPÖ-Bürgermeister genauso deutlich sagen, na selbstverständlich, wie der Bürgermeister Wallner jetzt sagen müßte, er ist dagegen. Selbst- verständlich, ich meine, das ist keine Argumentation, Herr Landeshauptmannstellvertreter, in einer Landtagsdebatte. So kann man das doch nicht bringen.
Darf ich auch hier noch einmal wiederholen, was ich gestern versucht habe zu erklären: Das ist nicht die Frage, Herr Landeshauptmannstellvertreter, eines radikalen Gesinnungswandels von einigen Juristen. Tun wir da nicht immer einige Leute - wir wissen ohnehin genau, wer gemeint ist - unun- terbrochen angreifen - ist sicherlich auch in Ihrem Bereich -, die in der Frage der Kommunen in Niederösterreich sehr große Erfolge haben. Tun wir sie nicht immer wieder so unterschwellig, sie können sich ja nicht wehren, angreifen. Ich bin kein Typ für derartige Fälle.
Nun, was wollen wir? Wir wollen ja nichts anderes, als einmal sagen, wieso der abgestufte Bevölkerungsschlüssel entstanden ist. Nach der ersten Bundesverfassung, wo er begründet wurde, ist schon so oft darüber geredet worden. Es ist auch Tatsache - ich habe das auch gestern objektiv gesagt bitte -, daß diesem abgestuften Bevölkerungsschlüssel manche Zähne gezogen wurden. Ein reiner Zufall, daß der ehemalige Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebundes heute auf der Galerie sitzt, der aber nicht deswegen gekommen ist - er wollte nur einen Besuch bei mir machen und muß ein bisserl warten, bis ich fertig bin -, weil er genau weiß, wieviele Zähne diesem abgestuften Bevölkerungsschlüssel gezogen wurden. In der grundsätzlichen Art haben wir aber bitte in den letzten 30 Jahren keine Änderung erreicht.
Herr Landeshauptmannstellvertreter, Du sagst, Du hast einen Fünftausenderschlüssel vorgeschlagen. Den habe ich sehr genau durchgerechnet. Ich bin abgekommen davon, weil er nichts bringt. Egal, welcher Schlüssel es ist, er wird immer ungerecht sein - auch wenn wir einen Fünftausendermisch-schlüssel installieren -, weil die Gemeinde mit 4.999 Einwohnern eben weniger kriegt als die mit 5.001. Mit zwei Einwohnerstimmen Unterschied kriegt die eine Gemeinde um Millionenbeträge mehr. Um das geht es uns, und das ist nicht nur eine Angelegenheit Niederösterreichs. Es ist eine Bewegung aller österreichischen Bundesländer, die sagen, es ist also bis jetzt nichts erreicht worden, ihr erreicht auf dem Sektor nichts, lassen wir einmal überprüfen, ob er überhaupt verfassungsrechtlich hält. Hält er verfassungsrechtlich, dann sind für alle Zeit die Debatten erledigt. Hält er nicht, dann muß man sich etwas Neues einfallen lassen, dann muß man neuerlich darüber reden.
Wir sind ja um Gottes Willen nicht so unvernünftig zu meinen, daß damit das Problem schon gelöst ist. Ich habe gestern ausdrücklich gesagt, daß die größeren Gemeinden natürlich zusätzliche Mittel für besondere Aufgaben brauchen. Uns geht es nur um das Prinzip, daß hier anscheinend etwas falsch ist, daß heute hier nichts mehr begründet werden kann, denn die Allgemeinbegründung, daß die Bevölkerung der größeren Gemeinden mehr Aufgaben zu erfüllen hat als die der kleineren Gemeinden, stimmt ja nicht mehr. Sei meinen vor allem besondere Aufgaben, aber sie haben keine Aufgaben mehr zu erfüllen, und daher werden ein paar Gemeinden, nicht wahr, zum Verfassungsge- richtshof gehen. Wir können sie nicht aufhalten, und ich freue mich, daß also hier wenigstens auch die Erklärung abgegeben wurde, sich dazu zu bekennen, daß jeder in Österreich das Recht haben muß, zu einem obersten Gerichtshof zu gehen, ob das jetzt im privaten oder in einem anderen Bereich ist. Aber bitte, das geht auch nicht, daß man sich einerseits zu dem demokratischen Prinzip bekennt und andererseits gegebenenfalls mit einer Rute droht. So kann man doch um Gottes Willen nicht Probleme lösen. Warten wir einmal ab, was da herauskommt, und dann wollen wir weiterreden. Zu Gesprächen, Herr Landeshauptmannstellvertreter sind wir immer bereit.
Ja bitte, hier ist auch die Frage der Randgemeinden. Ich kann mir jetzt gut vorstellen, daß Ihre Partei als nächste Aktion vor hat zu sagen, die paar schwarzen Gemeinden, die den abgestuften Bevölkerungsschlüssel ankämpfen, erreichen nur, daß sie diesen und die nächsten 40, 50 Rand-gemeinden den zusätzlichen Schlüssel verlieren.
Bitte, dazu müssen wir auch eines festhalten. Ich muß sagen, mit sehr harten Kämpfen, nicht nur seitens der Sozialistischen Partei, sondern hauptsächlich seitens der ÖVP, gibt es diesen Schlüssel noch in Niederösterreich, und die anderen Bundesländer, inklusive der sozialistischen Landes-finanzreferenten von Kärnten und vom Burgenland, haben bei den Verhandlungen ununterbrochen er- klärt, dieser müsse weg, wieso haben ihn die paar Gemeinden in Niederösterreich? Das hängt also mit dem Problem nicht zusammen. Diesen Schlüssel haben wir alle als Niederösterreicher, bitte über die Parteien hinweg, echt erkämpft und bis heute noch erhalten. Ich glaube daher, man sollte politisch nicht versuchen, die Gemeinden durcheinanderzubringen. Soviel also zum abgestuften Bevölkerungs-schlüssel.
Bitte noch ein paar Worte. Du hast, Herr Landeshauptmannstellvertreter, gesagt, das kommunale Denken habe sich bei uns innerhalb der Österreichischen Volkspartei noch nicht ganz durchgesetzt. Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist noch immer so, zwei Drittel der Gemeinden in Nieder-österreich sind ÖVP-Gemeinden und nur ein Drittel sind SPÖ-Gemeinden. Manche Redner der Sozia- listischen Partei und auch Du, der Referent, hast hier wiederholt von dieser Stelle betont, wenn man heute durch unsere niederösterreichischen Gemeinden fährt, ist man glücklich zu sehen, was dort in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Also bitte, da kann man dann nicht wieder unterschwellig sagen, na ja, das kommunale Denken hat sich bei der ÖVP noch nicht ganz durchgesetzt.
Herr Landeshauptmann, nicht wir haben einen neuen Ton. Du warst bis jetzt einer derjenigen, die sehr sachlich und sehr vernünftig immer wieder eine Brücke zur Lösung von gemeinsamen Fragen im kommunalen Bereich geschlagen haben. Ich bekenne mich dazu. Das sage ich offen hier im Haus. Wir haben auf unserer Seite auch eine ganze Reihe solcher Vertreter. (Abg. Anzenberger: Leichtfriedi, Sie wissen, wie er es gemeint hat!) Ich habe das Gefühl, daß Du in den letzten Monaten begonnen hast, diesen Weg zu verlassen. Ich glaube, daß das nicht richtig sein kann. Das wird sich also ergeben. Auch wir haben Gespräche nie abgelehnt: weder auf kommunaler Ebene noch im politischen Bereich. Wir sind in allen Belangen bereit zu reden, aber bitte, das kann nicht so sein, daß die Gespräche nur dann gut sind, wenn die sozialistischen Wünsche erfüllt werden und schlecht sind, wenn sich die ÖVP mit ihrer Meinung durchsetzt. (Beifall bei der ÖVP.) Das kann doch um Gottes Willen nicht die Lösung sein.
Ich biete Ihnen namens meiner Fraktion diese Gesprächsbereitschaft weiterhin an, und wenn es uns von beiden Seiten wirklich ernst ist, was Du heute hier so dramatisch ausgeführt hast, bin ich überzeugt, daß wir auch zu echten Ergebnissen kommen. (Beifall bei der Volkspartei.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Herr Abg. Wallner.
Abg. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte eine Feststellung. Als im Jahre 1870 Kaiser Napoleon 111. an den Kaiser Franz Joseph mit dem Ersuchen herangetreten ist, ein Bündnis mit ihm gegen Bismarck zu schließen, hat Franz Joseph gesagt: ,,Sire, ich bin ein deutscher Fürst.'' Ich darf das für mich auch in Anwendung bringen, nicht als deutscher Fürst, aber als ÖVP-Abgeordneter. (Heiterkeit im Hause.)
Ich darf festhalten, daß ich der Meinung bin, daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nicht ab-geschafft werden soll, nicht aus dem Grund, weil die SPÖ dafür ist, sondern weil die größeren Gemeinden selbstverständlich dafür sein müssen, genauso wie es selbstverständlich ist, daß die kleineren Gemeinden dagegen sind. Ebenso halte ich es für selbstverständlich, daß jede Gemeinde ihre Rechtsmittel ergreifen kann. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig.
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz einige Worte zur Raumordnung. Ich freue mich, daß sich so viele Debattenredner zur Raumordnung bekennen und letztlich auch positive Aussagen getätigt haben. Es gab aber auch Kritik, und die sozialistischen Debattenredner haben durchklingen lassen, daß also der Bund alles gut und das Land alles schlecht mache. Wir haben sozusagen, verehrte Damen und Herren, die bundespolitischen Raumordnungsvorstellungen hochgejubelt und die des Landes herabgesetzt. Ich möchte daher zu einigen Problemen kurz Stellung nehmen.
Sie alle wissen, daß das Land Niederösterreich vom Bund Gespräche verlangt hat. Diese Gespräche wurden am 18. Februar des heurigen Jahres geführt, und zwar deswegen, weil wir festgestellt haben, daß im Waldviertel gewisse Sorgen vorherrschen und das Land Niederösterreich nach wie vor der Auffassung ist, daß man diese Probleme nur gemeinsam lösen kann. Ausgangspunkt dieser Gespräche war Heidenreichstein.
Verehrte Damen und Herren! Bei diesen Gesprächen wurde dann ein Beamtenkomitee eingesetzt, und dieses Beamtenkomitee wurde beauftragt, in ganz kurzer Zeit für das Waldviertel und letztlich auch für Heidenreichstein ein Konzept zu erarbeiten. Das war der 18. Februar 1979. Wenn Sie sich bitte die Papiere, die dort erarbeitet wurden, hernehmen, dann werden Sie feststellen - ja, ich möchte das sehr dezidiert sagen -, daß auf dem Bundespapier nur allgemeine Floskeln aufscheinen und nur ein konkreter Vorschlag, ich nenne ihn konkret, gegeben ist. Ich möchte diesen wörtlich zitieren: ,,Eine gewisse Belebung des Fremdenverkehrs könnte durch Zweitwohnungen und Ferienhäuser der Wiener Bevölkerung im Waldviertel erreicht werden."
Daneben haben aber dann die Experten des Landes, glaube ich, ganz konkrete Vorschläge gemacht, wie man der Waldviertler Bevölkerung, wie man der Grenzlandbevölkerung, helfen kann. Zum Beispiel wurde vorgeschlagen: die Rückvergütung eines Teiles der LKW-Steuer, die Wiedereinführung der Besserstellung des Grenzlandes bei der vorzeitigen Abschreibung, die Mitwirkung der ÖIAG bei Betriebsansiedlung im Waldviertel, und alle diese Wünsche hat dann der Kollege Leichtfried im Entwicklungsverein Oberes Waldviertel (Abg. Leichtfried: Nicht alle Wünsche!) - ich habe nicht gesagt alle, einige dieser Wünsche - mitübernommen und vertreten. Vorige Woche hat es ein Gespräch bei der Bundesregierung gegeben, wieder unter dem Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers. Der Herr Bundeskanzler hat dort dezidiert erklärt, alle diese Vorschläge seien für die Bundesregierung nicht diskutabel. Es gebe, hat er gesagt, keine Steuerbegünstigungen, und weiters hat er erklärt, es gebe aber auch keine Auftragsvergabe der verstaatlichten Industrie in das Waldviertel, weil die Betriebe der ÖIAG selber, (Abg. Zimper: So schaut es wirklich aus!) moment, selber mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Es tut mir leid, daß der Abg. Bauer nicht anwesend ist, denn er ist immerhin der Leiter der Planungs-abteilung der ÖIAG. Ich möchte daher Bauer fragen, ob er es als Leiter der Planungsabteilung der ÖIAG nun zustande gebracht hat, daß irgendein Betrieb nach Niederösterreich oder ins Waldviertel kommt. Ich frage das deswegen sehr dezidiert, weil ich schon Verständnis habe, daß sich ein junger Abgeordneter profilieren will. Er hat ja auch hier zum Hollabrunner Problem Stellung bezogen und erklärt, dort gebe es nichts. Ja, er hat sehr kritisiert. Er ist aber bitte in diesem Planungsbeirat Hollabrunn verankert.
In diesem Planungsbeirat haben vier Sitzungen stattgefunden, wo er zum Großteil nicht anwesend gewesen ist. Er war aber am 18. Oktober 1979 anwesend und hat dort zur Kenntnis genommen, daß für die Erarbeitung von Maßnahmenkonzepten der Entwidmungsplan, wie er vom Land erstellt wurde, akzeptiert wurde. Das war am 18. Oktober 1979. (Abg. Dkfm. Bauer: Sie wollten einen Antrag, und ich habe ihn zur Kenntnis genommen!) Vor drei Tagen haben Sie dann in der Raumplanungsabteilung des Amtes der Landesregierung angerufen und haben sich erkundigt, wieweit die Situation ist. Das war für eine konstruktive Mitarbeit sicher zu spät, aber, verehrte Damen und Herren, für eine ätzende Kritik noch ausreichend.
Weiters. Wenn es immer heißt, das Land tue nichts für das Grenzland, das Land engagiere sich nicht, das Land sei nicht am Ball, dann, verehrte Damen und Herren, sage ich, das Land Niederösterreich war bereits bei der Entwicklung des Raumordnungsprogrammes für Industrie- und Gewerbeförderung im Jahre 1972 als erstes Land im Reigen der neun Bundesländer gewillt und bereit, etwas zu tun. Denken wir an die Zuschüsse für die Arbeitsplatzsicherung, 10.000, 14.000, 20.000 Schilling. Denken wir an die Strukturhilfe der Gemeinden. Diese wurde hier ausgearbeitet, ausgehandelt. Wir sind froh, daß wir gerade die Grenzlandgemeinden besserstellen konnten. Oder ich denke nur an die Aktivitäten für die Agrarwirtschaft. Es war das Land Niederösterreich, es war die Raumordnungsabteilung, die die Vorschläge erarbeitet hat und erklärte, wir wollen pro Jahr für die Infrastrukturverbesserung der Landwirtschaft 30 Millionen Schilling zur Verfügung stellen, und der Bund solle dasselbe tun. Das ist zustande gekommen: jährlich 60 Millionen Schilling, 30 Land, 30 Bund; auf fünf Jahre sind es 300 Millionen Schilling.
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