Lea Ritter-Santini: L’italiano Heinrich Mann, Bologna 1965 Übersetzt von Sabine Russ Einleitung



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284 Heinrich Mann kannte Verga im Originaltext: einige Passagen der Novellen bewahren den naturalistischen Stil, der nur durch einige typisch veristische „tourneures“ alla Verga korrigiert worden ist.

285 In Signor Formica sind die Dialoge der italienischen Figuren bescheidener Herkunft und vor allem von geschätzigen Frauen des römischen Viertels, in dem Salvator Rosa gelandet ist, mit Sprichwörtern und ihren Erklärungen durchsetzt: „Nun? nozze e magistrati sono da Dio destinati. Ehen werden im Himmel geschlossen, sage ich.

Nun seht mir die Ungeduld … Chi va piano, va sano, chi va presto more lesto. Eile mit Weile, sage ich!

Aber seht ihr wohl: ogni carne ha il suo osso, jedes Fleisch hat seinen Knochen!

Fate il passo secondo la gamba! Streckt Euch nach der Decke, und verlangt nicht mehr und nicht weniger, als was recht ist …

Asino punto convien che trotti, wer auf der Reise ist, der muß fort …

Verzeiht, daß ich das alles Euch gerade heraussage, aber: Chi ha nel petto fiele, non può sputar miele, wessen das Herz voll ist, geht der Mund über! …“ Um ein paar Seiten weiter fortzufahren: Scherza coi fanti e lascia stare i santi; Parla col cuore in mano und einer ganzen Reihe von Ausrufen, die voll übersetzter italienischer Superlative sind, um den Enthusiasmus und den Applaus des Publikums im kleinen Theater des Signor Formica auszudrücken.



Die gleiche Vorgehensweise ist in Doge e Dogaressa zu finden, worin sogar einige Strophen in venezianischem Dialekt eingefügt sind, gefolgt von einer poetischen Übersetzung. Das Rätsel Turandots „Dimmi qual sia quella terribil fera“ ist allerdings nicht übersetzt und setzt die Kenntnis Gozzis voraus.

286 „… Un langue qui a évolué avec les circonstances, gardant l’allure dramatique, mais restant touffue, acceptant la surcharge lorsque les événements en decidaient ainsi, et se ramassant, se ducissant lorsque le commandait le rythme d’une existence elle-même dépouillée et dure. C’est en épousant ce rythme que H. Mann est devenu le père de l’expressionisme. Le style qui nait avec lui reste en devenir, et son devenir n’est pas plus celui du Nord que celui du Midi. Elles sont celles d’une Europe qui se renouvelle“; F. Bertaux (a.o.O., S. 163) kannte die Geschmeidigkeit des Französischen bei Mann, geeignet zum Suchen von neuen Formen, um sich dem milieu und dem Sujet anzupassen. Das von der kleinen Stadt übersetzte Deutsch ist das beste Beispiel einer Antizipation, die bei den modernen Schriftstellern zur Gewohnheit und Raffinesse wird: der linguistischen mélange.

287 Die kleine Stadt, S. 67 (S. 73).

288 „Il est, en effet, plus difficile de manier la phrase à son gré, de lui faire tout dire, même ce qu’elle n’exprime pas, de l’emplir de sous-entendus, d’intentions secrètes et non formulées, que d’inventer des expressions nouvelles ou de rechercher, au fond de vieux livres inconnus, toutes celles dont nous avons perdu l’usage et la signification, et qui sont pour nous comme des verbes morts“, Maupassant, Le roman, S. 842. Hier handelt es sich um einen weiteren Beweis, wenn man um die Bewunderung des französischen Modells Heinrich Manns weiß, und für die stilistische Unabhängigkeit Manns von D’Annunzio.

289 „Breloques, oder Breloquen, Uhrgehänge, Kleinigkeiten oder Spielereien an Uhrketten“, erklärt das „Fremdwörterbuch“ von Joh. Christ. Heyse (Leipzig, 1910), verzeichnet allerdings nicht den Sinn und die „Böses abwendende“ Bedeutung der Korallenhörner, auf die Heinrich Mann anspielt.

290 Die Beobachtungen zu den Arten der „Migration“ ganzer Metapherfeldern, und nicht nur eines einzigen Elementes, sind Harald Weinrich zu verdanken, der sorgfältig die Gesetze aufgedeckt hat. Vgl. H. Weinrich, Semantik der kühnen Metapher, in „DVJ“, Jg. 37 (1963), Heft 3, und Typen der Gedächtnismetaphorik, in „Archiv für Begriffsgeschichte“, Band 9, Bonn 1964 und der wichtige Aufsatz Münze und Wort. Untersuchungen zu einem Bildfeld, Romanica, Festschrift für G. Rohlfs. In Weinrichs Sinne ist daher die Suche nach einer „Linguistik der Literatur“ wichtig, in der die neuen Elemente verbunden werden können und somit die neue und erneuerte Struktur der literarischen Expressionen bilden können; vgl. H. Weinrich, Tempus, Besprochene und erzählte Zeit, Stuttgart 1964. Die Untersuchungen H. Pongs, Zur Methode der Stilforschung, „GRM“, 17, 1929, S. 265-266, zusammen mit denen Spitzers, können nur als notwendige Voraussetzungen dienen. Hingegen erfaßt H. Meier (Die Metapher, Versuch einer zusammenfassenden Betrachtung ihrer linguistischen Merkmale, Winterthur 1963) auf technische Weise viele Termini des Problems.

291 Die kleine Stadt, S. 37 (S. 42-43).

292 Zu diesen semantischen Wendungen siehe: P. Zumthor, Notes sur les champs semantiques dans le vocabulaire des idées, „Neophilologus“, XXXIX, 1955, S. 175-83, 241-9.

293 Der „Tommaseo-Bellini“ [ein zeitgenössisches Wörterbuch der ital. Sprache, Anmerk. d. Übers.] vermerkt kein Adjektiv „giunonico“, es beschränkt sich auf „giunonio“.

294 „Das Schweben der Sprache im Übernationalen hat für mich einen besonderen Reiz“, wiederholte Thomas, der 1948 für die Geschichten Josefs geschrieben hatte: „Der Geist der Erzählung […] ist ein bis zur Abstraktheit ungebundener Geist, dessen Mittel die Sprache an sich und als solche, sie Sprache selbst ist, welche sich als absolut setzt und schließlich nicht viel nach Idiomen und sprachlichen Landgöttern noch fragt.“ Der „Geist“der Erzählung ist hier italienisch, selbstgefällig, wie er es später in der „Erwählte“ sein wird, „die sprachlichen Masken zu wechseln“.

295 „Buffone. Gilt nicht für denjenigen, der bewußt sich oder andere zum Gespött macht, sondern demjenigen, der sein Wort nicht hält und Andere, Dinge sowie sich selbst mit derartigem Wandelmut und Leichtfertigkeit behandelt, daß es scheint, als nehme er sich selbst weniger ernst als die Würde der anderen. In diesem Sinne sind „buffoni“ im wesentlichen ernste Männer, und ist Titel des Spotts und der schweren Beleidigung“ (Tommaseo-Bellini, Dizionario della lingua italiana, Bd. I, S. 1066).

296 Zur Verifizierung der Formen und Sätze, die im Gebrauch der deutschen Sprach nicht üblich oder nicht existent sind, waren mir die Arbeiten von Emil Öhmann: Sprachlicher Einfluß Italiens auf Deutschland, in „Neophilologische Mitteilungen“, LIV (1953) und XLVI, sowie Der italienische Einfluß auf das Neuhochdeutsche hilfreich. Aber mehr noch die Informationen von Jost Trier, dem ich hier meinen aufrichtigen Dank für die Hilfsbereitschaft aussprechen muß, mit der er meine linguistischen und semantischen Untersuchungen begleitet hat.

297 Man vergleiche: Antwort auf die Umfrage: Haben Sie von Ihren Reisen produktive Eindrücke empfangen, „Die literarische Welt“, VI, 26, 1930, S. 3. Unter anderem sind die Antworten von E. Toller, Joseph Roth, Arnold Zweig und Jakob Wassermann hier veröffentlicht.

298 Darf der Dichter in seinem Werk Privatpersonen porträtieren? Eine Rundfrage über die Diskretion und Freiheit des Schriftstellers, „Die literarische Welt“, III, 36, 1927.

299 J.P. Sartre, Le Parole, Mailand, 1964, S. 101.

300 Ebd., S. 104 [Übersetzung des Übersetzers S.R.].

301 Über literarischen Diebstahl, „Berliner Tageblatt“, Nr. 90, 22. Februar 1929. Der Originaltext ist überaus wichtig für die vorliegende Untersuchung, so daß ich ihn vollständig hier wiedergebe:

„Ich bin natürlich gegen geschäftliche Ausnützung von fremden Anregungen, ich bin jedoch Gegner der Plagiatstricherei. Deshalb habe ich es auch nie gebilligt, wenn ein Schriftsteller den anderen ruinieren wollte, nur weil dieser vorgeblich abgeschrieben hatte. Denn erstens verändert sich Sinn und Wert der Worte, wenn sie durch einen anderen Kopf gegangen sind und in anderen veränderten Zusammenhängen bestehen: zweitens hat jeder, der schreibt, geistige Einflüsse erfahren und auch literarische, die bis zum Tonfall der Sätze gehen können. Mehr oder weniger unbewußte Erinnerungen bestimmen oft den Schriftsteller. Wir sind alle, wie Maupassant einmal sagte „ein Teig von Worten“, und unsere Selbständigkeit im Schreiben und Denken ist äußerst relativ. Ich kann mich für Plagiate nicht interessieren, weil mir niemand bündig beweisen kann, wo ein Plagiat eigentlich wirklich anfängt. Man könnte in dem Begriff Plagiat etwas Unzusammengesetztes, Einfaches erblicken, solange die die Psychologie der geistigen Arbeit weniger erkannt wird, als jetzt. Man sollte daher mit dem Begriff und dem Vorwurf des Plagiats überaus vorsichtig umgehen.“



Der Mikrofilm des „Berliner Tageblatt“ befindet sich in Besitz des Institus für Zeitungsforschung in Dortmund und daher verdanke ich es der Freundlichkeit des Direktors, Dr. Koszyk, diesen Text der Intervention Heinrich Manns und den Ricarda Huchs hier zitieren und abdrucken zu können.




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