Ludberga bis 23 95



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Sündenphallodie
Adam erwachte. Einer dieser Morgen, an denen man Mühe hat, den beginnenden Tag vom letzten Traum zu trennen, auch wenn man sich kaum an die süssen Chimären, skurrilen Abenteuer und für wahr genommenen Absurditäten der letzten Sekunden noch erinnern kann. Es musste ein schöner, ein wollüstiger Traum gewesen sein, konstatierte Adam, denn noch spürte er das Prickeln in der Leiste und die gewaltige Spannung, die ihn glauben machte, nur ein nebensächliches Anhängsel seines zweiten, wenn auch kleineren und nicht immer so aufdringlichen Ichs zu sein. In diesen kaum angedämmerten Morgenstunden konnte man nicht umhin, das Feld dem Rivalen zu überlassen, ja, man war eigentlich froh, in unschuldiger Weise und ohne jedes Engagement prüfen zu können, ob die Maschine Mensch oder Mann komplett sei, funktionstüchtig, effizient, auch wenn gewisse Mechanismen willentlich nicht auf Abruf zu beeinflussen waren; der menschliche Geist macht uns da einen Strich durch die Rechnung, dozierte Adam vor sich hin: die Spätlasten der Zivilisation unterbinden den freien Austausch zwischen Wille, Vorstellung und Funktion und es braucht urtümlichere Schaltkreise und Sicherungen in den Augenblicken animalischer Bedürfnisse, die selbsttätig das Denken unterbrechen und heilsame Kurzschlüsse verursachen; die Menschheit wäre längst ausgestorben, wäre sie nur vom Geist geleitet, sagte sich Adam sodann, rollte sich bequemer auf die Seite und schob das Kissen, zu doppeltem Volumen geknufft unters Ohr. Sein Auge fiel dabei auf Evas Schulter, die sein Geräkel entblösst hatte. Eine vollendet gekurvte Linie zeichnete sich da gegen die noch verschattete Höhlenwand, fand er, bevor ihn das Gewissen trieb, die Blösse wieder zu bedecken: sie könnte von der Kühle erwachen; überhaupt sollte er ein wenig seiner überschüssigen Wärme an Eva abtreten; vielleicht beeinflusste dies ihre Träume in förderlicher Weise? Er rückte ein wenig näher an diesen für den Augenblick des sorgsamen Bedeckens aufleuchtenden, ja fast elfenbeinernen Rücken, der sich unmerklich hob und senkte. Adams Körper berührte ihn nur sachte, flüchtig und ohne zu atmen; noch trennte ihn von der Geliebten das inzwischen unbequeme Wesen aus dem vergessnen Kontinent des animalischen Eros. Adams Kopf indessen, von dem allein alle Zärtlichkeiten ausgehen, forderte von nun an seinen Part; der Rivale hatte von seinen anachronistischen Ansprüchen zurückzutreten und in der Tat wich er vor den immer konturierteren Gedanken des Erwachten in Anonymität und Diskretion, fand sich in die angemessene Proportionalität zurück, verlor den Anflug von Lächerlichkeit, die, wenn bewusstgeworden, jeden männlichen Stolz im Nu überwindet, in Flucht und Versagen scheuchen kann.

Adam spürte beim leisesten Berühren der Flanke, der Schulter und der rosigeren Rundungen Evas eine Art Funkenüberschlag auf seinen Körper: Evas kühlere Haut sog gewissermassen den Überfluss seiner Wärme – eine Art wohltuender Aderlass- in sich hinein, was Adam verleitete, sich noch näher an diesen Rücken anzuschmiegen. Damit tauchte sein Mund in Evas offenes Haar, unter dem Schulter, Nacken und Hals wie eine bereifte Wiese durch entlaubte Bäume hindurch schimmerten. Der Duft dieses Haars verwirrte Adam wie immer neu, wenn er ihm begegnete: nie ging von ihm dieselbe Ausstrahlung aus, mal war sie den Stimmungen Evas verwandt, mal bewies sie ein Eigenleben, das verborgeneren Regungen und Zuständen ihrer Trägerin verbunden sein musste; die Farbnuancen jenes Duftes sind unendlich vielfältig, sinnierte Adam, indem er tief den heutigen in sich hineinsog. Die Wirkung natürlichen, nicht von Essenzen gefälschten Haars, wenn es etwa vor Tagesfrist gewaschen war und nun seine Elastizität und eignen Glanz wiedererlangt hat, sagte sich Adam, ist persönlicher als ein Name, typischer für eine Person als Gang und Gesten, sprechender als jede Sprache, erotischer als Augenwink und Lippenspiel! Heute war dies Haar wie meersalzen, eine männliche Note, moosig vielleicht und ein Apfelgeschmack im Hintergrund, eine jener aussterbenden kleinen Apfelsorten, die unscheinbar, aber rosenduftig sind... Dies frische Haar knistert in solchen Morgenstunden, wenn man hineintaucht; es benimmt einem die Sinne für Augenblicke, bis man es wieder zu erforschen beginnt, heftiger, weil inzwischen von seiner erotischen Überredungskraft gereizt. Am liebsten würde Adam mit gespreizter Hand durch dieses Haar fahren, die Locken durch die Finger rieseln lassen und auf ihren Boden hinabdringen, dem Nacken entlang streichen und dort die Strähnen in Wellen schlingen, sie über die Augen legen und seine Lippen in die Halsgrube drücken... nein, Eva könnte aufwachen, Dich zurechtknurren, womit die Verzauberung bricht wie ein venezianisches Glas. Also nur einen flüchtigen Kuss auf die samtene Haut der Schulter, ein für Eva unspürbares Entlangwandern mit offnen Lippen über und gegen das mikroskopische Haarpelzchen, das sich zum Rückgrat hin verdichtet? Oder sogar die Zungenspitze über die Glätten der Poren wandern lassen, um den milde salzigen Flaum zu feuchten und den vom Haar so verschiedenen Duft der Haut zu trinken? Adam spürte den Zwist in seiner Brust – oder ist es der Hinterkopf, die Schläfen? – immer streitet das Angelernte mit dem Empfundenen – Kampf von wiederauftauenden erotischen Impulsen gegen sein kühleres Reflektieren: die Versuchung, die Zügel schiessen zu lassen, sich dem Rausch des Instinkts hinzugeben, Eva an sich zu reissen um ihr zu beweisen wie er sie liebe – ist es denn nicht legitim?! verständlich? warum ist ihr Körper so verführerisch; soll sie auch die Konsequenzen spüren, selbst wenn sie davon aufwacht um Gottes Willen! zügelt sich Adam, wie rücksichtslos, zu einer für Eva nachtschlafenen Zeit gestört werden, weil Du mal wieder nach ihr verlangst, Elender! Aber wenigstens die Hand in die Hüfte legen, fast ohne Druck? Diese Grube in die eine attische Amphore hineinpasste, die vollendetste feminine Form, die Menschenhand erschuf? Die Gegend, aus der man Eva erschaffen haben soll bei Adam, bei dem es sich dort aber weit knochiger und muskulöser anfühlt, als hier, wo der Beckenrand von sanften Polstern umgeben, die Muldenformen wie vom Firnschnee verweht sind, die ersten Rippen sich nur leise zeichnen wie Sandwellen in der Düne. Die Hand da hineinlegen ist eines, sie aber dann nicht mehr bewegen ein anderes, weitaus schwierigeres, denn erst in der Bewegung formt sich in der Vorstellung das Spiegelbild der realen Form, beleben sich Volumen und Oberflächen. Verharren, Verharren. Ein kleiner Ausflug nur, auf die Bergkuppe dort, die Hüfte, wo sie in Oberschenkel und Bäckchen übergeht; nur ein Sekündchen darüber hinwegstreichen und erst die verwundbarere Glätte der Taille spüren und dann die rauhere und muskulösere Zone des Beins, die Dich hüllt und schützt und durch die Welt trägt...

Ein Seufzer Evas meldete der streichelnden Hand, dass die Schlafende in oberflächlichere Traumregionen tauchte und lässt sie sich behutsam zurückziehen, nicht ohne das Rückgrat mit den Fingerkuppen hinaufzuwandern, als sei’s an einem geglätteten Knotenstock die regelmässigen Astküppchen zu zählen. Eva legt sich in eine embryonalere S-kurve, konstatierte Adam, sie wird weiterschlafen; sie passte in ein Dynosaurier-Ei; wie Tod und Geburt sich im Schlafe nähern: eine Stellung, grösstmögliche Wärme zu speichern, einmal vor dem Wagnis Leben, einmal vor dem Wagnis der Todeskälte. Wie schön und vollkommen diese Form ist, eine Elipse in den Raum projiziert. Gedrechseltes Wohlgefallen. Vielleicht hatte sie doch etwas kalt, überzeugte sich Adam, kuschelte sich erneut heran, schmiegte sein Knie in den weichen Winkel der geschlossenen Schenkel Evas, legte seine Rechte um ihre Taille, nicht ohne die Decke wieder bis zum Hals zurechtzurücken, und den wärmenden Atem über ihren Nacken fliessen zu lassen. Oh, sie gratifiziert mich aufs Anmutigste, schiesst es Adam heiss durch den Kopf, als Eva ihm wohlig entgegenrückt und ihre wonnigen Bäckchen in Adams Leiste kuschelt; sie winkelt ihr rechtes Bein noch näher an und hebt den rechten Arm ins Freie, ihn über den Kopf zu legen wie die verwundete Amazone des Phidias. Und fällt erneut in die Abgründe von Träumen, von denen Adam nie eine Ahnung erhalten wird, so sehr er auch nur einen Zipfel davon zu erhaschen suchte. Adam ist Eva nun so nah, dass die neuen Perspektiven ihn berauschen, befeuern; das kleine Signal des Wohlbefindens steigert sich in seinen Sinnen zum Fanal und seine Dreistigkeit wächst mit dem Gefühl seiner Akzeptanz: die Hand wandert nun schon über Evas Rippenrelief hinan zur Achselgrube und darüber hinaus, zurück, gräbt sich ein in das flaumige Kräuselhaar, das wieder einen feinen, neuen, verwirrenden, ja narkotischen Duft verströmt, dessen Süsse und gelinde nussartige Bitterkeit, dessen Moschusgeschmack wie man sagt, einen Mann bezwingen soll wie Brunhilde. Adams Handballen zittert ein wenig, als er den Weg den Lippen freigibt. Adam kennt die Gefahr in die ihn die Erforschung dieser Gefilde zieht, sehr wohl; eine urtümliche äonenalte Verfallenheit an die Lockmittel der Ur-Eva ist ihm eigen und wenn er in sich hineinseufzt, so ist es gerade dies unheilbare Leid, das ihn immer wieder überwältigt. Ablenken! sagt er sich, heile dich am ästhetischen Genuss dieser nun ungewollt dargebotenen Brust! ist sie nicht unendlich schön, mit ihrem so wandlungsfreudigen Relief, ihrer verwirrenden Konsistenz, ihrer Weiche und doch formgebenden Festigkeit; sieh, wie sie hineinpasst in Deine grosse Handschale, wie Du ihre Beweglichkeit, Schwere, Fülle ertasten kannst. Lass die unebneren Knöspchen zwischen den Fingern spriessen, wenn Du sie umkreist und sie sachte presst, bis sie zu fleischig roten Blüten erwachsen, die sich wohlig küssen lassen sofern Du zu ihnen ungestraft gelangst... Wieder schiesst Blut in Adams Hirn und benimmt ihm den Atem; er rettet sich wieder hinab zu Flanke und Schenkel, umrundet diesen, spürt die Weichheit der nach ihr benannten Weiche, fährt am Rande des magisch geometrischen und gekräuselten Moosfleckchens vorbei, die kleine Wölbung des Bauches zu überwinden, den Nabel dieser aufregenden Welt zu begrüssen, ihn mit der Fingerspitze leise zu umwandern, dieweil sein Knie ihn zu sanftem Auf und Ab verführt, solange Eva es ihm nicht verwehrt. Im Gegenteil, noch ist sie eine Spanne näher gerückt und hat sie ein weiteres Schenkelgrad mehr freigegeben, so dass es sich an den Flanken bis zur Kniekehle entlangflanieren lässt und zurück auf dem zartesten Boden des bisher verborgenen Innenbeins. Wenn Adam das Knie streckt, lassen sich so die befreiten Bäckchen ertasten, die neckischen Grübchen, ja jener zarte Flaum, der Eros vom Sexus trennen soll. Aber Adam ist jedesmal benommen, wenn er in derartige Berührungen eingeht und versucht verzweifelt sich einzureden, Eva merke es nicht und es sei doch zu ihrem, ganz ihrem unbewussten Guten; Streicheln sei doch der Inbegriff von Opfer und Liebestransfer; er selbst sei doch gar nicht engagiert und unlautere, intimere Absichten habe er ja nicht, siehe die Unbeteiligtheit des Kumpans. In der Tat, sagte sich Adam, ist dieser trotz der überschäumenden Reize Evas verwunderlicherweise in Schlaf, wenn nicht in bewusstlose Agonie verfallen, denn je mehr man Gefühle in die Fingerspitzen verlegt, ästhetisch-erotische Choreographie übt, Gedanken im Liebesspiel einflicht oder gar zärtliche Gefühle der Zuneigung ausdrücken will, um so unsexueller ist das Lustgefühl. Die Lust verlagert, steigert sich in eine qualitätvollere, intensivere und sensiblere Sphäre, verwandelt sich in eine höhere Wonne, aus der man nur mit Mühe auf das animalische Niveau zurückgelangt, wenn der Partner nicht mit Geschick und Ostentation dahingehende Bedürfnisse bekanntgibt oder herausfordert. So, sagte sich Adam, jetzt hast Dus Dir endlich mal formuliert. Es tut gut und kühlt. Jetzt könnte ich Eva wieder ein wenig in Ruhe lassen. Sollte ich mich zum Höhleneingang umdrehen, ins eigne Fell mummeln, oder eine Frühstücksforelle fangen? Er atmete tief durch. Wie erschöpfend doch Erotik sein kann! Ein Beischläfchen in Ehren und intensiver Kürze ist schlaffördernd, unverbindlich und geistbefreiend dagegen! Schuft sprach die andere, edlere Stimme in ihm, Durchschnittsmann, Du! Macho, Brutalo, Masturbator!. Du weisst nicht zu geniessen! Man ergötzt sich doch erst, wenn der andere selig ist! Sex ist keine Liebe; zumindest der geringste Teil daran. Während Adams Eros noch mit Sexus haderte, hatte Eva ihren inzwischen ausgekühlten Arm wieder unters Fell geschoben, irgendwo und vielleicht zufällig Adams Hand ergriffen, an sich gezogen und an ihre Brust gelegt. Sie wiegte ihre Hüfte an Adams haarigem Bauch und gab mit kleinen Muskelwinkchen zu verstehen, dass man ihr mit aufmerksamerem Streicheln ihren Lenden wohltäte und dass auch die Bäckchen ein wenig Bewegung vonnöten hätten, bei so viel Morgenfrische. Sofort beeilte sich Adams Knie, alle Winkel, Spältchen und Gruben auszufüllen und mit ebbenden und flutenden Gezeiten zu beleben. Eva antwortete mit rhythmischer Grazie darauf und verbat sich keineswegs, dass die geborgene Hand zu einer bergenden wurde, auch wenn sie sich in südlichere Zonen begab und sich ganz der vorherrschenden Geometrie anpasste.
Natürlich war sie schon eine Weile aus dem Halbschlummer erwacht, glaubte aber nicht, ihren wohligen Zustand zwischen Schlummer, Dösen und defensivem Wachen kundtun zu müssen, solange Adam relativ ruhig blieb und keine niederen Ansprüche stellte. Dieses Auftauchen aus undefinierbaren Träumen in Phantasien und von dort in möglichst geringe Energien fordernde Tagträume liess sich genussvoll nur vollziehen, wenn Adam zwar zärtlich kuschelnd, bergend, wärmend, aber nicht allzu unterhaltend, real, gegenwärtig und fordernd war. Seine fieberhaft herumwandernde Hand müsse man ergonomischer einsetzen und sie nur an Orten verweilen lassen, wo sie wohltuend meditativ mit Nachdruck zwar, aber ohne Turbulenzen jene unbestimmbare Magie ausübe aus der man jene Ruhe gewänne, die man fast mit Liebe umschreiben könne. Das Gefühl, oder auch nur schon der Verdacht, Adam versuche beständig sein Glück, in dem er sich häppchenweise voranarbeite wie ein Soldat von Schützengraben zu Schürzengraben, stört zutiefst, auch wenn man ihn zuweilen machen lassen sollte, weil seine kleinen Triumphe ja beziehungsförderlich sind und zuweilen auch zur Wonne ausufern können, wenn ihm gelingt, sie doch noch hinreichend zu verführen.

Schade, dass die Männer, ja selbst die besten und liebsten, nichts von Liebe verstehen und sie immer mit dem Unterbauch verwechseln. Sie sind ja geschlagen mit ihrem eingepflanzten Trieb, uns begatten zu müssen und sie verdienen unsere mitleidige Zuneigung, auch brauchen wir sie ja wirklich zuweilen und ist’s ja auch mitunter atemberaubend toll, von ihnen umflirtet, angehimmelt, umgarnt, verschnuckwusselt, ja besprungen und vernascht zu werden, sofern man gerade in Form ist; aber dann bitte ohne Samstagabendritual und Terminplanung. Das Ambiente sollte allerdings stimmen, eine saubere, halbdunkle, wohnliche Höhle wie diese hier, ohne lärmige Nachbarn oder überraschenden Besuch, das Murmeln eines nahen Bächleins, in das man die Männer zur gegebenen Zeit erst einmal tüchtig untertaucht....hmmm.

Eva schreckte aus ihrem Sinnen. Adam hatte sich über sie gebeugt, ihr rosiges Brüstchen zu sich gehoben und einen fast anzüglich zu nennenden Kuss darauf verabfolgt. Eva lachte verzeihlich und strich durch Adams Brusthaar. Dass Adam sein Bein mittlerweile zwischen die ihrigen gelegt hatte, als sei es dort gewachsen, war zwar eine gewisse Frechheit, die man mit einem dezidierte "xsss!" hätte beizeiten quittieren sollen, aber nun war es zu spät, zumal Eva den Fehler gemacht hatte, bäckchenwärts erotisierende Signale auszusenden, die Adam nicht anders als zu seinen Gunsten missverstehen musste. Adam war heute allerdings besonders attraktiv, aufmerksam und zurückhaltend; etwas hitzig, was die Temperatur betraf, aber nicht so vorwitzig und zudringlich wie auch schon; liebte er etwa weniger? das müsste man auf die Probe stellen.

Eva rückte ein wenig ab, rollte sich auf den Rücken, nicht ohne ihr blondes Haar zurechtzuschütteln. Wie betörend schön sie ist, dachte Adam und tat sich nicht genug, sie in der nun auch im Höhleninnern aufgehenden Sonne zu betrachten. Schnell wärmte sich das mehrfache Felllager, es duftete nach Heu und draussen erhoben die Grillen ihren monotonen Sommergesang. Adam strich, auf seinen linken Ellbogen gestützt sachte über Evas Brüstchen, die eine letzte Kühle mit dem so von Männern begehrtem Effekt zu necken verstand. Der Morgenkuss, der folgte, begann auf Evas sinnlich geschürzten Mund und verebbte erst auf ihren Zehen; er spann sie ein in ein Netz immer heftigerer Lippenbekenntnisse, bis Eva, fast ebenso ausser Atem, bat, in den Arm genommen zu werden; sie schmiegte sich an seine linke Seite, das Bein zwischen den seinen verschlungen, die Wange in der haarigen Brust vergraben, mit der Linken alles ihr Erreichbare streichelnd, umspielend, auf Dichte, Weichheit, Sehnigkeit und Muskelkraft prüfend, als gelte es, eine Skulptur zu kopieren...

Adam hatte nun, als sei’s ein neues Gefühl, beide Hände zum Kosen frei und liess nichts unversucht, Evas Zustimmung und Wohlgefallen zu entlocken. Hin und wieder zog man das Fell buchstäblich über die Ohren, wenn zartere Teile zu lange offenlagen, obwohl sich Adam mühte, durch beständiges Streicheln, Walken und Massieren Evas Lebensgeister in Bewegung zu halten. Dass sich Adams Hand die neckischen Wirbel entlang zu den elysischen Hügeln verirrte, war kein Wunder, lagen sie doch da am Horizont wie rosige Zwillingsförmchen eines Abgusses von Maillol. Wie wohlig man sich räkelte, ohne Hast, zuweilen auf die Geräusche in der Macchia draussen lauschend und sich von diesem oder jenem Belanglosen, aber die Herzen Verbindenden erzählend.

Adam befand sich in einem fast rauschartigem Glücksgefühl, nur verhalten, fast wie die Hintergrundsmusik der Insekten und des Baches draussen. Wieder und wieder ertastete er diesen jugendlich straffen und zugleich nachgebenden Körper; wanderte hinauf und hinab, schloss die Hände über ihren Hüften und presste sie an sich; aber seine Zurückhaltung war nicht standhaft genug, sich an ihre so unwiderstehliche Weiblichkeit zu verlieren; seine Hand bebte, als er sie berührte, wo selbst sie ein wenig die Sinne zu verlieren drohte; sie wehrte ihm nicht, zu süss, zu zart war die Hand, die Fingerglieder, diese schüchternen Fingerkuppen allein, die diese Rosenblätter teilten, erst aber lange auf ihrem gekräuselten Kamme entlangstreiften, nachdem die letzten Härchen und Löckchen zur Seite gepflügt blieben; dann die Fältchen und Grübchen ausmassen, dann die noch zarteren Kelchblätter erreichten, sie in Längen und Breiten, die nie zu enden schienen, auszuloten, – dies mit fast keuscher Grazie und in wiederkehrender Liebkosung, ein tändelndes Fortgehn und Wiederbegegnen das beide gleichermassen im wachsenden Kitzel der Gefühle untertauchen liess. Adam, bald am Rande orgiastischer Ergötzung angelangt, weil auch Eva nicht geruht hatte, seine Sinne in Oszillationen zu versetzen, verharrte jäh über dem Mittelpunkt der Welt, der ihm so klein schien dass er ihn liebevoll mit der Spitze seines Zeigefingers deckte und doch so gross, darin untergehen zu können. Das Paradox durchfuhr ihn heilsam und rette ihn vor dem letzten Aufgeben seiner Existenz an die Geliebte, zu der ein Mann so leicht gebracht werden kann. Dieser magische Ort ist aller unser Schicksal, sagte es in ihm. Wir werden nie wissen, warum und wie dies möglich ist. Männer sind Kinder, die ewig zurückwollen in die Geborgenheit dieses Ortes; keine Macht der Erde vermag sie von dieser unsichtbaren Nabelschnur zu trennen. Nicht der eigne Glücksschauder in der höchsten Extase ist es, den ein Mann letztlich begehrt, auch wenn er sich hundertfach belügt, und seine Potenz zum besten hält, oder zum Markte trägt; nein, dieser Un-Ort, dieser kleine Kranz oder Stern in die Dunkelheit des Unbewussten, zum Alles, oder Nichts, Mandala oder Nirwana wie auch immer man es nennen will, das ist das Wesen von Liebe, die metaphysische Kernverschmelzung, zu der jene geschlechtliche Akt materialiter nicht einmal notwendig ist, weil vornehmlich der Begattung dienlich. Die extatische Meditation vor dem Eingang zur Unterwelt, symbolisiert im Scheitern des Orpheus in seiner Liebe zu Eurydike, ist jener sublime Moment der Selbstaufgabe!


Eva presst sich mit geschlossen Augen an den Mann, der ihr nun sichtbar unterworfen, ausgeliefert ist; sie spürt eine Macht in sich wachsen, die sie erfüllt, ausfüllt bis in die letzten Fasern ihres Körpers; sie fühlt eine Stärke in sich erblühen aus dem Dunkel frühester Kultur: sie durchlebt ein Matriarchat der ersten Schöpfungsstunde; ihr Körper gerät in anfänglich kleine unmerkliche Schwingungen, fühlt jene fremde und doch begehrte Hand der sie sich nicht mehr verschliessen will. All angelernte Scham weicht von ihr, wie eine abgelegte Haut aus zivilem Ballast, Ängsten, Moral: sie wird Frau, autonom, reif, bewusst; ihr eigentlicher Wille steigt an die Oberfläche ihres Wesens. Adams Meditation ist ihr nicht gegenwärtig, aber dessen Zärtlichkeit, in ihr Geheimstes einzudringen, beantwortet ihr Körper mit einer süssen Flut an Bereitschaft, einem Signal, das stärker ist als ihr Wille, das sie selig über sich ergehen lässt, und mit den Bewegungen eines monodischen Tanzes beantwortet, in dem beide sich aufeinander zubewegen, ohne zu verschmelzen. Das verborgenste aller Organe, das zur Süsse, zur Extase führt, geleitet sie, als sei’s unendlich gewachsen, als sei’s ein lichter Raffael, der dem kleinen Tobias sicher vorangeht, auf den Weg zur siebten Tür. Es ist ein für Männer unbegreiflicher, geheimnisvoller, vielleicht orchestraler Weg der Steigerungen, Pausen, Fortsetzungen von einer Klangfarbe, die Männer in ihrem punktuellen Rausch nie nachvollziehen können. Nur wenn sie darum wissen, können sie ihn begleiten und ungeahnte Wonnen daraus beziehen.

Auch Eva wird nun von der Natur überholt, das centrum mundi erscheint ihr grösser und grösser, verschlingt das Klangkörperchen, das die Takte bestimmte, ihr Körper ist nur noch da, dieses feurige, brodelnde, pochende, und nach Sättigung hungernde Un-Wesen zu umschliessen, einzudämmen. Den geliebten Körper unter ihr will sie in all seiner Schwere auf sich und das bisher noch un-wesentliche Instrument der Verschmelzung in sich spüren; sie weiss, dass nun kein Weg zurückführt, dass es kein Hindernis geben darf, das ihr und ihnen beiden den Weg zur äussersten Wonne verstellt. Sie sagt es Adam mit leiser, liebevoller Stimme, die ihn fast um die erstrebte Palme bringt: ein um einen Liebedienst gebetener Mann ist vor Erschütterung, Rührung und Gefühlsüberschwang wehrlos wie ein Kind, ist seiner Emotionen nicht mehr Herr, wirft im Rausche die Lanze ins Feld, bevor er die gegnerischen Linien erreicht. Adam, gerade noch seiner Sinne mächtig, beugt sich über die Geliebte, die ihm nun den Vortritt lässt und erwartungsvoll die Knie spreizt, ihm jene feurige Blume darzureichen, die er pflücken wird, während in ihm alle Seile reissen, die Natur auch ihn erhascht. Evas Schoss schluckt ihn, als würde er ganz in ihr untergehen; er treibt, strudelt im unendlichsten Tunnel der Vorstellung hin zum Ende: dies müsste der süsseste Tod sein, die Aufgabe allen Bewusstseins in der Lust; er spürt in ihr die blitzeartigen feinen Zuckungen, die ihn um den Verstand zu bringen scheinen. Sein alter ego erwacht in ihr zu neuem Eigenleben, füllt sich mit Herzblut, bis es ihm scheint, zum Bersten. Sie sind innerlich so eng umschlungen wie äusserlich und ihr Atem ist gleicherweise schnell, synchron und hektisch und ihre gegentaktischen Rhythmen ergänzen sich wie die Lungen eines einzigen Organs, regelmässig von fugenartigen Pausen und Kontrapunkten unterbrochen, die schneller und heftiger werden, dass Evas Seufzer und Adams gestammelten Liebesworte vom Orgeltoben in Ohren und Hirnen übertönt werden. Beide bewegen sich im Taumel am Rand eines Abgrundes aus dem Lichtblitze und Funken eine Supernova-Zündung vorausahnen, vorausbegehren lassen, die alles Vorstellbare und Beschreibbare hinter sich lässt. Der metaphysische Urknall ist beiden gemeinsam auch wenn man kaum weiss, wer ihm zuerst anheimfällt und wie lange er dauert; er kann Äonen und Sekunden währen, in der Explosion der Extase, des Nirwana weitet sich die Zeit in Relativität; Zeit und Materie werden eins. Geben und Nehmen werden einerlei: was sich in ihm materialisiert und in ihr sich mit chthonischer Gewalt zu verteilen scheint, ist in Wirklichkeit ein Gemeinwerk identischer Energien, die sich ergänzen, provozieren, ohne einander nicht auskommen, sich aufeinander zubewegen wie fahrende Schnellzüge...


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