Ludberga bis 23 95


Augentrost, etwas altmodisch (vielleicht nur noch unter Ophthalmologen benutzt) B



Yüklə 2,86 Mb.
səhifə40/56
tarix03.08.2018
ölçüsü2,86 Mb.
#67046
1   ...   36   37   38   39   40   41   42   43   ...   56

Augentrost, etwas altmodisch (vielleicht nur noch unter Ophthalmologen benutzt)

Baby für Elvis-Fans superaffengeil (taktlos bei über 300 Pfund Lebendgewicht)

Chou; Chouette (z.dt. Kohlköpfchen; Käuzchen) üblichster frankophoner Neckname

Darling; n. verwechseln mit Teesorte! sonst: Dummerchen für gehobene Ansprüche

Engelchen (geflissentlich nach fliegendem Geschirr und Handgreiflichkeiten)

Freundin, verehrteste, beste, [im verwanzten Polit-Motel]; (für Platoniker erotisch!)

Goldstück; oder Gold- als Vorsilbe für einsilbige disparateste Friedenszwecke

Herz- und alle seine Diminutive, Präfix in etwa "Herzallerliebste"; etwas abgenutzt

Irrwitziggeilsmodi37 (unter alemannisierenden Rockern) Gegenteil:Iphigen(ie)chen

Jolie petite (bei erstem Kontakt auf dem Montmarterstrich); ma Jolie im Ehebett

Kleines, (über 174cm unangebracht); Kindchen (von Tattergreisen bevorzugt)

Liebchen etwas abgeschmacklzt; besser Liebse, Libällchen, Lobbiest oder Libofee

Muttchen, Mutti, Mamilein oder Mütterchen (verliebten Übersechzigern abzuraten)

Nixli, Nixchen (verfängt fast immer; bis zum impeachment) besser als Nüdelchen

Olle (nur in Abwesenheit der Protagonistin gebräuchlich) oder wie wäre Okarina?

Püppchen (bei IQ- unter vier der Mercalli-Skala) sonst: Putzelschnuck; ital. Pupa

Querköpfchen (empfehlenswert b. Ertappen m. Nebenbuhler) sonst: Quengelchen

Rohrstöckchen (für Masochisten); Raspelchen; sonst z.B. Rehlein für Naturschützer

Süsse; etwas abgeschmeckt; wirkt kaum gegen Sauertöpfigkeit; vgl.: frz. Ma douce

Schatz, Schätzchen, kommuner als Sonnenschweinchen oder Schweinsöhrchen

Traumfrau ist Täubchen vorzuziehen (sonst setzt's Strafversetzung n. Venedig!)

Urweibchen, bzw. Evchen (nach Ausübung gewisser erbsündiger Handlungen)

Vögelin; mittelalterlicher Minneausdruck; v. fremder Miss zuweilen missverstanden

Wolfszähnchen (nur unter Vampiren) seltener als Weibchen oder Wuschelknöpfchen

Xanthippchen; bes. zu Sekretärinnen; leichter Unterton von Kritik für Gebüldete

Yakbutterküchelchen; nur im Himalaya gebräuchlich; besser etwa Yoghürtelchen

Zölibäschen (bestenfalls unter Mönchen ); eher: Z(wi)cklein oder Zwieselchen
aber auch Ausgefalleneres ist nicht zu verachten; wie etwa

Exotika: Affenschwänzchen, Schnuckelputz, Süsshölzchen, Gigamegabyteli, Zwölfelfchen, Pomuckelinchen, Schniegelschnagel (für Morgenstars), oder aber:

Erotika: Strumpfhalterchen (für Fetischisten), Streichelkrätzchen, Mäuschen, Müsli (unter Makrobioten), Nackenbeisserchen, Himmelbusenwolkenkuckucksschmankerl (kostenintensiv bei Telefonaten), Zuckerzüngelchen, Espenmiederchen, und Nymph.
17.20. Da wär ich wieder mal am Seitenendchen angelangt, aller... – was sagichdennnunjetztvonalledem? die Nonnenklatur ist ja restlos profanisiert! was Neues dürfte mir so schnell nicht einfallen. Kuss. Schluss. Faun.
21.00. Bis jetzt nur die Briefe durchnumeriert; dies also der 160. Dann werden's auf den ersten April kaum bei 365 angelangt sein; hat ja auch keinen Sinn... Hingegen mit den Seiten mag's hinkommen. Wenn Du mir fleissig einheizt...

Für heute habe ich keine Inspiration mehr; morgen ist auch noch so ein Stubenhockertag, an dem man gerne in die Kälte hinausschaut, ohne sich darin aufhalten zu müssen. Wie schön sind die bereiften Äste! wie ein Fotonegativ, wenn man ins Dunkle hinausschaut.

(161) Ludbreg, Samstag 20.1.1996; 6.30;

Nymph,

ich bin der letzte und wieder erste in meinem freiwilligen Gefängnis. Nach einigen Abenden des Herumschmökerns in Schadewalds erlösend metrumfreier Übersetzung der "Ilias" begann ich gestern Hippolyto Nievos "Pisana" dessen Titel eigentlich die "Lebensbeschreibung eines 80-jährigen" ist. Nievo starb während eines Schiffsuntergangs schon mit dreissig Jahren, drei Jahre nach seinem weitgehend autobiographischen Roman, den der Abenteurer nie hatte zum Drucke vorbereiten können. Faszinierend der Reichtum und Humor des Autors aus Venetien, der die Welt des turbulenten Italien um die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts beschreibt. Den "Idioten" habe ich immer noch nicht hinter mich gebracht und mittlerweile den Faden verloren, weil ich zwischenhinein Aretin, Sade und Sand geblättert hatte, eine disparate Mischung, die einem den russischen Ernst vertreibt...
8.15. Es beginnt zu schneien; ich wusste es schon gestern dank des Drucks in meinem Kopf, der mir nicht erlaubte, etwas Vernünftiges zu formulieren; da Du mir kein Thema stelltest, allerbeste Muse, sitze ich noch immer da und suche mich durch den unlängst mitgeschleppten Ploetz, den Büchmann und die Bibel zu ermuntern. Aber bis jetzt ist kein Götter- geschweige Gottesfunken übergesprungen.

Holyland schimmert verwaist durch den blätterlosen Park; die Vespasiennes sitzen wie frierende Küken die Bednja entlang. Auch Petracens Mosaikfinale wird dem Gotteskarussell keine Wärme verleihen: sein auferstehender Superstar katapultiert sich laut Entwurf wie ein nackter, schmächtiger Batman, aber ins gigantische projiziert, in perspektivischem Himmelssturm aus der marmornen Kasten-Gruft, eine Flugmaschine mit variabelgeometrischen Armen vor violettrotem Himmel und einem gelben Lichtkeil; man hofft, dass er nicht vorzeitig in den Weinbergen wegen Dachschadens des Autopiloten niedergeht: die Saat unfruchtbarer Murano-Glaswürfelchen würden die nächste Weinernte ruinieren.
10.45. Der Welt leerster, kürzester und lautester Zug bullert und röhrt wieder mal an Holyland vorbei; ich hatte nicht Zeit, zu sehen, ob doch ein Protagonist für ein Geschichtchen drinsässe; schade. Eben kommt Ivan und wird Kaffee brauen, vielleicht öffnet das die Gehirnwindungen...
12.50. Kaum hatten wir uns gesprochen und ich mein kreatives Gewissen aufgemöbelt, als mir Ivan ein Mittagessen bereitet hatte! Köstliche Leber mit Salzkartoffeln; dazu seinen Wein und eingelegte Sauergurken. Gerührt und aufgepäppelt wie ich war, liess ich mir aus der Titozeit erzählen und stiess endlich auf den mir aus der Schulzeit geläufigen, aber namentlich vergessenen Milovan Djilas38, der ob seiner Dissidenz des öftern die Kerker der Nachkriegszeit kennenlernte; er soll sogar noch leben, in Serbien als altersstummer Greis...

So, Nymph, Du hast mir also Schulaufgaben zugeteilt; bestens. Wenn Du es nur öfters tätest; ich bin Erfüllungstäter und brauche eine strenge Muse.
Flirten
Die 1942 geborene Wiener Schauspielerin Senta Berger meinte zum weiblichen Flirt, er sei "Training mit dem Unrichtigen für den Richtigen".

Was das Flirten der Männer bedeute, willst Du wissen? Wie sie es tun, warum?

Also: es ist grundsätzlich vom Flirten der Frauen zu unterscheiden. Mann ist von Natur Jäger und das heutige Sportsunwesen ist ein Urabglanz animalischen Fithaltens, um sich das Erbeutenkönnen zu bewahren: der Tiger im Käfig wandert immerfort auf und ab; nicht anders führt man einen Strafgefangenen täglich auf den Gefängnishof. Das Flirten eines Mannes, kaum hat er einen reizenden Rock gesehen oder heute den Schimmer eines Knies durch kunstfertig geschlissene Jeans oder die unmissverständlichen Schattenwürfe einer Bluse, dient als erstes einer narzistischen Selbstkontrolle, ob das instinktive Alarmsystem noch in Ordnung, ob die hormonellen Abläufe funktionieren, ob seine Fähigkeit zur Anziehung bzw. sein Appeal so unwiderstehlich ist, wie er zu glauben pflegt (wenn er nicht von Minderwärtigkeitskomplexen verfolgt, ein Sauertopf oder Melancholiker ist). Zur Erprobung seiner Effizienz sind ihm alle Mittel recht, auch so lästige, sich nach Vorleben, Ansichten und Fährnissen auf den Erfolgs- oder Misserfolgsetagen des Opfers zu erkundigen. Er hört ihm ergeben zu, bis er eine Gelegenheit erhascht, sich selbst ins Spiel zu bringen, unterbricht, um dann kaum noch unterbrochen werden zu wollen, um nunwiederum das eigne strahlende Vorleben, die überzeugendsten Ansichten und die abenteuerlichsten Fährnisse seines Erfolgslebens auszubreiten. Nur raffinierte, erfahrene Flirter wissen ihre eigne Person zurückzustellen, weil sie schneller und weiter zum eigentlichen Ziel zu gelangen verstehen; sie wissen, wie sehr sie Frauen mit Heldentaten langweilen; manche, sofern sie das Schwatzen nicht lassen können, zeitigen bessere Erfolge mit dem Antihelden, dem komischen Ewigverlierer, wissend, dass Frauen gern den Schwächeren in Schutz nehmen: die mütterlichen Hegereflexe werden ausgenützt, sich noch vor jeder Sympathiebezeugung in die Arme nehmen zu lassen und so ihre Eroberung von leichterer Warte aus dirigieren zu können. Erobern hat hierbei keinerlei ernstgemeinte Züge – insofern dem weiblichen Flirten ähnlich – nur der Zielerfolg ist ein anderer und dadurch grundverschieden: Mann will immer ins Bett. Weil ihm, ich spreche vom oberflächlichen Durchschnittsmann ohne sentimentalen, spiritualen oder intellektuellen Tiefgang, das Bett, im Gegensatz zum Weibe, nicht mehr denn Episode bedeutet, Jagderlebnis, Spass, Selbstbestätigung, Entspannung, Abwechslung von der Öde einer Ehe oder ausgelaugten Beziehung. Meist fürchtet er sich vor unliebsamem Nachspiel, will selten, dass eine leichtgelungene Eroberung andauert, klebt.

Die zuweilen erstaunliche Hartnäckigkeit, mit der ein Männchen einem Weibchen nachstellt, steht allerdings oft umgekehrt proportional zur Leichtigkeit, mit der Er sich nach gehabtem Erfolge wieder aus der Verstrickung zu entwinden sucht. Je bravouröser er sich in eignen Augen bewährte, um so leichtfertiger wendet er sich der nächsten Eroberung zu. Der Zwang zur Steigerung ist dem Kulturmenschen seit der Erfindung des ersten Feuersteinbeils inhärent.

Das weibliche Flirten ist wie das wohlige Krallenschärfen einer Katze, das eher desinteressierte Spiel mit der Maus, die man gar nicht oder aus blosser Konvention konsumiert. Mann ist hingegen aufs konsumieren aus, weil’s ihm die Natur so eingepflanzt hat. Deshalb wagen sich Männer an die disparatesten und unpassendsten Opfer und wundern sich über die Ohrfeigen, die sie hin und wieder ernten, wo sie ahnungslos Empörung, Abscheu, Unverständnis gesät hatten. Ihr Interesse am Gegenüber ist ein fiktives und meist so untief, dass sie dessen Charakter und Regungen gründlich missverstehen und das geringste positive Echo auf ihre gewinnende Rückwirkung beziehen. Für sie gibt es keinen neutralen herzlichen gelösten Zustand der Beziehung, sondern nur einen vektoriellen engagierten teleologischen Fortgang. Seinen Selbstwert misst er nicht am je erreichten Niveau von Offen-, Verspielt- und Vertrautheit, sondern an der Steigerungsfähigkeit der reziproken Reize. Wo eine raffinierte Frau längst zufrieden ihre gewonnenen Spielmünzen zählt, ersinnt der Hochstapler Mann auf trickreiches Überbieten. Eine Frau bringt so gut wie jeden Mann, wann und wie auch immer ins Bett, wenn sie will. Einem Mann gelingt dies a priori nicht, d.h. er muss SIE zum Wollen animieren. Diese indirekte willentliche Umstimmung gelingt nur Casanovas mit grosser Erfahrung, einer spezifischen Auswahl der Opfer und in einer adäquaten gesellschaftlichen Umgebung. Verführen ist für diese Männer – sie gibt es noch! – sozusagen ein harter Beruf mit konstanter Weiterbildung, Prüfungen und Diplomen; gewissen eignet eine Kennerschaft der weiblichen Psyche, die bewundernswert ist (Quinns und Brandos etwa) und denen es an Tiefgang keineswegs gebricht. Sie aber sind gesegnet mit einer intensiven sensiblen Anima, weiblich-schöpferischer Gegengeschlechtlichkeit und sind zumeist auch Künstler, Schauspieler oder sonst Kulturschaffende. Solchen unterzukommen ist der Traum jedes anspruchvollen Weibchens! Sie träumen von ihnen, wenn sie längst mit hässlichen alten Goldeseln verheiratet und zu stummen Dulderinnen geworden sind.

Du wirst mir nun entgegnen: ein treuer Mann flirtet also nicht und wenn er’s tut, ist er schon auf dem Seitensprung? Eigentlich ja. Im "eigentlich" liegt unsere Chance, den konstanten Betrugsverdacht von uns zu wälzen. Die ganz Treuen flirten, ohne es wirklich zu tun: ihre gesellschaftliche Behendigkeit, ihr schauspielerischer Witz, ihre Höflichkeit, ihr Kavaliersgehabe ist so undurchsichtig und elegant, ihre Ziele vom Gegenüber so entlegen, ihr Takt so gefeilt, dass ihr fiktives Flirten dem spezifisch weiblichen fast zwillingshaft gleichen kann; es fehlt ihm nur die unterschwellige vibrierende Erotik, die dem fraulichen Charme angeboren ist. Mit Manieren und Parfüm half man dem Manko früher ab, heute wird es durch eine burschikose Nonchalance ausgeglichen. Solche Männer verbreiten für Frauen eine angenehme Kühle und eine vertrauenswerte Nähe, die unverfänglich und stationär ist. Anders die Sublimierer: sie flirten im obigen Sinne, seitensprunghaft und ehebrüchig, aber sind mit einer moralischen Notbremse versehen: es genügt ihnen die Gewissheit zu bekommen, sie könnten nun, wenn sie nur wollten, die Verführte über die Schwelle tragen. ER flüchtet im Momente sich handfestigender Wahrheit höflich und bestimmt, schützt Termine vor, oder Familienpflichten und enteilt in der Meinung, ein erobertes oder gebrochenes Herz zurückzulassen, bestenfalls ein seufzendes Schmachterl. Sein Triumph ist natürlich ein Missverständnis, denn die Flirterin triumphiert im Selbstzweck der Aktion, wenn sie nicht gerade Nymphomanin, oder auf konkrete Abenteuer aus ist.

Der Sublimierer zweiter Klasse ist psychopathisch angehaucht und ergibt sich des weiteren typischen Männerphantasien: er vollzieht in der Vorstellung, was sein Kollege in natura vollbrachte oder besser zu vollbringen trachtete; er leitet die Blitze des Gewissens verunschädlichend in harmlosere Nachbargebiete des Unterbewussten ab: in nichtendenwollenden Selbstgesprächen etwa argumentiert, rechtfertigt er seinen siegreichen Rückzug, oder überbewertet seine moralische Integrität, einer verliert sich an die angestammte Frau und denkt sich die neue, der eine diminuiert die Vorzüge der Angesprochenen, der andere erhebt sie zu dantesker unerreichbarer Transparenz, wenn ihn schöpferischer Geist beflügeln sollte, der Neurotiker geht ins Kino für Erwachsene, der Psychotiker ruft eine ellenlange Nummer, geht ins Puff oder an sich, einen letzten erwischt man langbemäntelt im Park.

Gute Flirter sind Männer des Theaters und vor allem jene vom anderen Ufer, deren Begabung Männlein und Weiblein gleicherweise erfreuen kann. Ihr Tun ist dem desinteressierten, heiteren Geplänkel weiblicher Verführung am nächsten und sind sie intelligent und manierlich, ist’s sogar ein Genuss, vor allem, wenn es ihnen gelingt, ihre wahre Orientierung zu verheimlichen. Flirterinnen fliegen auf sie, weil sie meistens auch unterhaltsame Kavaliere, witzig, spendabel, kochfest und weinfroh sind.

Zusammenfassend gibt es also Flirter jeden Couleurs und Stärke, weil sich jeder Typus mit einem anderen mischen lässt vom: Hardflirter reicht die Spannweite über die Sublimatflirter und den Substitutflirter zum Flirter blend und Flirter bland, light, cool, homogenious, self made und Marke Landru.
Zu welchem Flirtertyp ich mich selbst zähle, wolltest Du soeben wissen, nicht wahr? Ha, selber rauskriegen oder mich vielleicht bei meiner demnächsten Anreise in den Park vor Deiner Tür spazierenführen? Sonst prüfe stirnrunzelnd, ob mein 162. Flirt noch die Bezeichnung verdient.

Otto Flake (sic!) soll gesagt haben: "Die Frau ist, grundsätzlich gesehen, verführbar, jede. Aber nicht zu jeder Zeit und nicht von jedem."


18.25. Habe ich mir mein heutiges Faxabendbrot verdient? Unser Thema ist übrigens noch nicht erschöpft: wie siehts denn nun bei Euch aus, hm? wär das nicht ein Seitchen wert. Oder willst Du doch noch auf Augustinus antworten, der meinte, "wer nicht eifersüchtig ist, liebt nicht." ich bins und tus... Faun.

19.35. Vor lauter Flirten die Wäsche nicht gewaschen. Ivan montiert im Schnee seinen Benzintank; draussen ist’s nun wieder eingewattet und winterlich wie eh.
Eifersucht ff
Soeben frage ich mich, ob Adam im Paradies zum Flirten kam und mit wem. Lucy? hatte Eva Grund zur Eifersucht? Wäre das Dummerle hinreichender Grund gewesen? Ist Eifersucht immer grundlos und Zeichen eines Zweifels an sich selbst? Warum hält man in Japan die Eifersucht für die Seele der Liebe, in England für die Gelbsucht ersterer und in Italien für das Salz in der Suppe?

Hält wirklich kein Weib ihren Mann für klug, wenn er eifersüchtig ist; habe er dazu Ursache oder nicht (Hippel)? Hat Baudelaire recht, wenn er meint, eine Frau ohne Rivalin altere schnell, oder Frisch, der die Eifersucht als ‘Angst vor dem Vergleich’ bezeichnet? Ist es logisch oder nur irrational, dass die hochgescheite, von Goethe verklärte Frau von Stein auf die Vulpius eifersüchtig war? Eva und Lucy redivivae? Liessen sich die Rivalinnen austauschen? Wächst Eifersucht mit der Intelligenz oder mit der Blödheit? Soll ein Mann sein Weibchen nach der Qualität ihrer Eifersucht aussuchen und seine Seelenruhe durch Münzewerfen erpokern, ob er sich lieber in die Disteln oder in die Nesseln setzt?

Ungelöste Fragen über einen ungelösten Alp.
Offenbar hast Du das segensreiche Glück gehabt, Eifersucht noch nie am eignen Leib erfahren zu haben. Hat man Dich immer so unverbrüchlich geliebt, dass Dir die Chimäre nie auf offnem Feld begegnet ist? nie im hintersten Winkel Deiner Besitzergefühle? wie ich Dich beneide! Was geschah Dir, als Du erfuhrst, dass Felix Dich hintergangen habe? ich gebe zu, Du warst damals schon "über den Berg" aber trotzdem lässt man sich eine wenn auch noch so verblasste Antiquität nicht ohne wertendes Urteil über den Dieb stehlen. Jener flüchtige Vergleich, ins Makroskopische vergrössert, würde Dich vielleicht darüber aufklären, was Deine Eifersucht sein könnte.

Die meine ist subtiler, sagte ich unlängst; ich meine eigentlich undefinierbarer, unsichtbarer, völlig irrational. Sie überfällt mich beim Alleinsein, wenn ich mir Erwartungen in Personen gelegt habe, die dank Dritter sich nicht erfüllen können, besonders wenn ich Umstände und Gründe nicht kenne und die Störenden nicht einschätzen kann. Ich empfinde eine dumpfe Minderwertigkeit, ein Ungenügen, ein Versagen, einen Prestigeverlust und messe mich verzweifelt mit dem oder den Unbekannten, aber auch mit dem Umstand, dem Motiv, dem Objekt, das mir den Bedeutungs-, den Vorrang abgelaufen hätten: w a s macht den oder die oder das so wichtig, ein vorgesehenes Telefon, Treffen, eine Vereinbarung, ein Versprechen hintanzusetzen, bzw. eine unausgesprochene Liebespflicht zu vergessen, zu verliedern oder zu missachten? Mein Narzismus ist gekränkt, meine Eitelkeit verletzt, ob ich mir nun hundertmal einrede, im Fehler zu sein und eine Situation falsch eingeschätzt zu haben. Die giftige Nadel sitzt im Fleisch an unerreichbarer Stelle. Der verwirrte Geist wähnt sich eigentlich mehr umstellt von wichtigeren Geschäften, interessanteren Terminen, lustigerem Zeitvertreib, und anregenderer Gesellschaft, als von unüberwindbaren Goliathen, hinterlistigen Mephistos, räuberischen Protzen, unwiderstehlichen Verführern und geistessprühenden Unterhaltern; jedenfalls schätzt man sich gleichzeitig als blinden Erdwurm ein, vermorschten Alten, lächerlichen Tanzbären, Langeweiler, Neider, Ekel und Moralisten. Die Katastrophenstimmung dauert zwar nur bis zur Sekunde der Aufklärung, der Lösung des Rätsels, des Vergewisserns, des ersten Liebesbeweises und ist für einen Augenaufschlag vergessen, doch manchmal briet man Stunden in jener selbstverschuldeten Hölle aus der keine Intelligenz ans Licht führt.



Schuld an solcher Misere ist die masslose Besitzgier, die ein Liebender entwickelt, wenn ihm sein erkämpftes Gut von so hoher Wichtigkeit erscheint, dass sein Stolz vom Winde verletzt wird, der nur den Duft der Geliebten entführt. Liebe macht weder blind noch nachsichtig, sondern vielsichtig wie Argus, doppelsichtig wie Janus, weil man die Zukunft einer Liebe an der Vergangenheit misst, unvorsichtig wie Epimetheus, Psychen und Pandoren, die ihre Unglücksbüchsen nicht geschlossen halten konnten wie Liebende ihre Mäuler, und natürlich eifersüchtig wie Hera, wozu die allerdings so manche Gründe hatte...

22.00. Nympherl meinstes Besitztum unveräusserbarstes. Kusspunkt. Faun.

(162) Ludbreg, Sonntag 21.1.1996; 7.70;

Nymph,

federleichte Flocken kreiseln aus dem grauen Kissen, unter dem die Ludberger ihren Sonntagmorgen verschlummern. Ein klägliches Geläut rief ein paar rüstige Weiblein in den Schoss der Dreieinigkeit, sonst ist es so glatt, dass sich kein Hund über die Strassen wagte. Ein einsames Kind warf einen Schneeball nach meinem Schatten, doch als es sich verstecken wollte, fiel's über eine vergessene Schippe. Ivan flickt an Ludbergen, deren beständig zerkrümelnde Tonarme er nun durch holzgeschnitzte ersetzt; ich redete ihm die Geste des Gewandhaltens zugunsten einer schmachtenden herzgreifenden ein, weil gespreizte Finger ihm besser gelingen wollen als eine Faust, doch ist die hagere Distanz von Schlüsselbein zum Nabel noch so ellenlang, dass in jüngeren Jahren Drillinge darin Platz gefunden hätten; wenn sie nur der Teufel holte! ich würde selbst eine neue machen und mein spinnbewebtes Akademiegeschick aus seinem Vierteljahrhundertgrab erwecken. Eben bereitete Ivan mir ein Mehlsüppchen gegen meine Schneefühligkeit, als ich beim Meditieren über die Antipodravina auf folgende antipodische Geschichte stiess:

Gerbdulas Liebeswunder
In den plazebosnischen Weinberghügeln östlich von gerbduL lagen seit alters zwei kleine Dörfer, Bargeld und Darbgeiz mit Namen, die vor undenklichen Zeiten von Einwanderern des selben Stammes gegründet worden waren und etwa eine antipodravische Meile voneinander entfernt lagen. Ihre fleischlichen Ahnen müssen sich vor der Kolonisation gegenseitig so restlos und augenblicklich ausgerottet haben, dass sich auf wundersame Weise die gesamte Dorfstruktur, das Altersgefälle, ja Hühner, Hunde und Schweine telquel nach Antipodien hinüberretteten. Nur eines hatte sich beim Fluge in die Gegenwelt bei ihnen chromosomatisch geändert: ihre abgrundtiefe Streitsucht, ihr bodenloser Hass aufeinander, ihr reziproker Neid und ihre sprichwörtliche Gewalttätigkeit hatten sich urplötzlich in eitel Liebe verwandelt; Liebe in allen ihren Stadien und Färbungen, Höhen und Tiefen, Längen und Breiten; eine so irrwitzige Vernarrtheit hatte man seit Alpha und Romeo nicht mehr erlebt. Alles Tun und Lassen stand so unter dem Diktat der Liebe dass weder öffentliche Anliegen noch private mehr in geregelten Bahnen verlaufen konnten. Die Besitztümer, Hausrat und Viehhabe wechselten fast täglich ihren Standort, weil man sich ständig gegenseitig damit beschenkte: die einzige Verbindungsstrasse zwischen B. und D. platzte aus den Nähten ob der nicht abreissenden Ströme von Bürgern, die zwischen den Dörfern mit den disparatesten Vehikeln pendelten, hochbeladen mit dem inzwischen herrenlosen Hab und Gut, das man zum ersten besten Nachbarn karrte, um es dem freudig die Geste Erwidernden zu überantworten. Das politische Leben erlahmte, da es nur noch Zustimmung zu den ausgefallensten Projekten und Ideen gab und jeder glückliche Entscheid musste mit Liebeseiden beschworen, kopiös mit Antigrasevino begossen, und mit Schweinswurstorgien gefeiert werden, auch wenn keinerlei Bedürfnis bestand, das Beschlossene in die Tat umzusetzen. Die beiden Bürgermeister Tudewitz und Milomann schätzten sich so sehr, dass sie sich, kaum zum täglichen Beraten begrüsst, unentwegt in den Armen lagen und Bruderküsse austauschten. Der Postbote drohte an Herzversagen in noch elysischere Gefilde einzugehen ob der Last der Liebesbriefe, die er täglich zu befördern hatte und wenn es den Mediensegen des heutigen Hier gegeben hätte, wären wohl alle telematischen Leitungen chronisch verstopft, die Verteilerzentralen durchgebrannt, oder zumindest die Telefonistinnen mit den Telegraphen oder die Nachrichter mit den Fernschreiberinnen...
Das allgemeine Liebesleben war so inflationär geworden, dass die Mechanismen von Angebot und Nachfrage kaum noch funktionierten: die mühsam ersparten Aktien der Dorfhexe Beffana, die an Feiertagsvorabenden das Nebenamt der Prostitution ausgeübt hatte, fielen ins bodenlose, weil ihre Freier auf dem Wege zu ihrer hälftig zwischen B. und D. gelegenen Kate je von den Weibern des diametralen Dorfes entführt wurden. Auch die Priester der beiden Weiler hatte ihre Müh, ihr Völkchen zum jeweiligen Liebesmahle im Zaume zu halten ohne dass sie sich an den Altären der Nachbarn gütlich taten. Zwar waren Religion und Gebräuche einander seit dem schismatischen Paläodelitikum entgegengesetzt, zumal die einen einem patriarchalischen, die anderen einem eher matriarchalen Kulte zugehörten; doch hatte man unlängst eine Koiné, eine Art Ökumene beschlossen und gedachte in einer deliranten Jahrtausendfeier die beiden Gottheiten, d.h. den heiligen Patrst mit der heiligen Isomer in einer mystischen Kopulation zu vereinen. Die Seelsorger hatten aufgehört, von Nächstenliebe zu predigen, da das Publikum nach intensiveren Formen der Liebe verlangte und skandierend den Kult mit "allmighty, we need love" unterbrachen oder mit "make love, not worship!". Beide gedachten fortan in Personalunion zu wirken, seit sie des Zölibates entbunden worden waren, aber statt sich gegenseitig ihre Haushälterinnen auszutauschen, zogen sie vor, ihren homo- und pädophilen Neigungen gemäss die neuerdings eingeführte offiziöse Männerehe erst einmal probeweise einzugehen, was implizierte, wöchentlich die Wohnungen zu wechseln, um den Reiz der Neuheit und der Flitterwochenatmosphäre zu unterhalten; die Dorfbewohner nahmen natürlich wärmsten Anteil am erotischen Wechselbad ihrer Patriarchen indem sie jenen bei ihrem Umzuge jeweils in frommer Prozession unter Trompetenschall und Feuerwerksknall die Laren und Schutzgötzen von B. nach D. und umgekehrt einhertrugen. Da aber auch die Tierliebe bei der wunderbaren concordia oppositorum ihren Teil abbekam, liebten sich nun nicht nur Katz und Hund, Schwein und Rind, Ente und Schwan, sondern auch Gaul und Bremse, Hecht und Karpfen, Elefant und Maus, Virus und Streptokokke. Besonders letzteres führte zu unheilvollen Verwicklungen von Genen, Chromosomen, Molekülen und Ribonukleinsäuren: es entstanden die sonderbarsten venerischen Reizungen, Amplexe und Komplexionen und die plazebosnischen Ärzte und Forscher hatten alle Hände voll zu tun, sie wieder auseinanderzudividieren. Schlimmer war die reziproke Neigung zwischen Mensch und Tier! Die Füchse wollten durchaus den Jägern abendlich gutenachtsagen, diese aber sahen sich in der Not, ihren Weibern aus tierschützerischen Gründen keine Fuchsschwänze mehr verehren zu wollen und mussten sich in hautnaheren Naturalien von ihrer Waidmannespflicht loskaufen. Die Liebe der Metzger zu ihren Schweinen brachte das Land an den Rand des kulinarischen Ruins, zumal die Ärzte, die bisher vornehmlich Pusteln, Pickel, Jugendakne und Fettleibigkeit zu behandeln hatten, plötzlich arbeitslos wurden und hurtig auf die Gynäkologie umsatteln mussten, ob eines unerklärlichen Geburtenüberschusses. Man behalf sich schliesslich, indem man jeweils die Tiere des Nachbardorfes aus Nächstenliebe verwurstete, mit geschlossenen, tränenblinden Augen und nachfolgenden kultischen Praktiken der Abbitte und Sühne, die jeweils im zentral gelegenen Liebestempelchen auf dem Marktplatz abgehalten wurden, wo durch eigens ausgebildete Xenodulen, bzw. Tempelschläferinnen, durch Traum- und Beischlaftherapien den Metzgern die Phobien und Syndrome des blutigen Handwerks genommen wurden. Sehr bald schlossen sich die taten- und ruhmlos gewordenen Infanteristen der antidravinischen Garnison derselben Metzgerinnung an, denn auch sie konnten inzwischen keiner Fliege mehr etwas zuleide tun; das Erdrosseln von Geiseln und Vergewaltigen von Frauen, das in der Vergangenheit zu ihrer Lieblingsbeschäftigung gehört hatte und noch eine Weile von retrograden Richtern der plazebosnischen Postmoderne als zulässig, weil als liebesbezogen angesehen, wurde durch Volksbeschluss abgeschafft und gleichzeitig dem weiblichen Geschlecht der galante Vortritt in öffentlichen Transportmitteln, Ämtern, Tempeln, Diskos und Kinos zuerkannt, der phänomenale Sieg von den lokalen Feministinnen in einem überschäumenden Lesbenfest im beliebten Treff zum "Wespennest" bejubelt, unter Einladung von obiggenanntem Don Dunkan und Gemahl Don Isador, die der Bewegung erst den richtigen Pfiff verliehen hatten.
Nach etwa einem Jahr, als sich die Bevölkerung verdoppelt hatte, obwohl dank liebevollem Zusammenrücken vieler Bürger die Zahl der Herdfeuer geschrumpft war, bzw. das Bauwesen paradoxerweise krankte und dem einzigen lokalen Unternehmer, zugleich Führer der populistischen Loveparty, Jugail, graue Haare wuchsen, sahen sich die Bürgermeister Tudewitz und Milomann gezwungen, sich eines Tages vorzeitig aus ihrer Umarmung zu lösen, um den anstehenden Sorgen die gemässe Aufmerksamkeit zu zollen. Der spindeldürre interimistische Gemeindeschreiber von B., aber eigentlich Parlamentsvorsitzender von gerbduL, Chrisanthemovic zog die inzwischen von Spinnweben Übersponnenen mit einiger Mühe unter dem Empireschreibtisch hervor und las ihnen und weiteren fast ein wenig barsch aus den disparatesten Lotterbetten zusammengetrommelten Honoratioren die Tagesordnung vor, die ihm wahrscheinlich Jugail eingeflüstert hatte. Von den 491 Punkten will ich nur die wichtigsten zitieren, da die meisten sich auf Paragraphen, Paralysen, Paradoxe, Paralogismen, Paradigmen, Paralipomena und andere Paradebeispiele des kommunalen Liebeslebens bezogen.

1) Marktforscher Efta hatte eine tourismusträchtige Eingabe gemacht, das liebeslustige Zwillingsgemeinwesen der Erschliessung durch Unterhaltungs-, Reise- und Andenkengewerbe preiszugeben, wie da wären Schlüsselloch-Aktzeichensafaris, Ethno- und Sex-Watchtracking, Peepshowering, Bade- und Massagezirkel, Soul-Fitnässen, Symposia in den Erotomien für Bildhauer usw.

2) Das Gemeindehospital, die Irrenanstalt und das Behindertenasyl bitten gemeinsam um die sofortige Anschaffung von Doppelbetten anstelle der unzeitgemässen, diskriminierenden, gesundheitsschädigenden Isolationstortur-schragen von einst.

3) Der ausnehmend hohe Liebesfähigkeitsquotient (LFQ) der Bürger gepaart mit überdurchschnittlichen Leistungen (am Landesdurchschnitt gemessen 182%) erfordere landwirtschaftliche Sofortmassnahmen: das Anpflanzen von Schweinemastfuttermais wird eingeschränkt zugunsten von Sellerie, Knoblauch, Radi, Zwiebeln und Paprika. Hühnern soll unter Aussicht auf Bestrafung eingeschärft werden, mehr Eier zu legen. Die Ausfuhr von Trüffeln, Kaviar, Fliegenpilzen und Kanthariden ist untersagt.

4) Liebesverweigerung ohne hinreichende medizinische Begründung wird unter Strafe gestellt, weil dem Volksempfinden zuwider, amoralisch, die Natalität drückend, freiheitsberaubend, beleidigend und vieles bestrafenswürdige mehr.

5) Das die Gemüter aufheizende allgemeine Liebesklima ist so intensiv und droht zu überborden, zumal die Volkswirtschaft, Industrie und Arbeitslust so nachhaltig zu leiden begännen, dass auf Milderung zu sinnen sei: a) durch chemotherapeutische Einwirkung b) durch volkssportliche Betätigung d) durch die Einführung neuer gesetzlicher Ruhetage e) durch das Tragen reizloser Standardkleidung oder Uniformen f) durch autogenitales Training in zu errichtenden Anlagen g) durch göttliche Hilfeleistung mittels Befragung des Orakels der Heiligen GerbduLa in der Metropole.

6) Der lokale Amateur-Klub der Feuerzeichenübermittler regt an, für die verliebte Zwillingsgemeinde ein neues Logo zu entwerfen, die Publizität mit Marschflugkörpersprache und Schilfrohrpost zu intensivieren, und endlich das neue Versammlungslokal durch Unternehmer Jugail bereitstellen zu lassen; dieses könnte im Obergeschoss und in den Dachstuhlkojen auch als Lovestory-Museum (z.dt. Historisches Museum für Liebesangelgelegenheiten) dienen. Die Mitgliederbewegungen sollen durch Liebeswerbung erhöht werden.

7) Der Bau und die Förderung von Herbergen, Xenodochien, Hotels, Motels, Bicytels, Trottels, Erotels sollte staatlich unterstützt, Gast- und Gunstgewerbe geeigneten Gesponsoren in die Hände gelegt werden.

8) Die nationale Kranken-, Unfall-, Brand-, Immobilien und Heteromobilversicherung "HrbduL" soll laut hauseigner Kartellprüfkommission künftig auch die lokale Heiratsvermittlung "Erotax" übernehmen dürfen, da ihre Garantieleistungen in Anbetracht des erotischen Klimas gering und die Branche auf Generationensicht gewinnträchtig bliebe.

9) Die Bildung einer Kommission für Unvorhergesehenes sei ins Leben zu rufen, da in Liebessachen, stets liebsame Überraschungen zu gewärtigen seien, abgesehen von freudigen, wenn auch ungeplanten Schwangerschaften, Ehebrüchen aus Liebesüberschwang und zunehmendem Liebeskannibalismus.


Die Einführung der Ruhetage, 5d, wurde lauthals begrüsst und stürmisch beklatscht; 9 wurde natürlich sofort unbesehen bewilligt, 7, 6 und 5f auf Anraten Chrisanthemovicens zur beschleunigten Weiterbearbeitung empfohlen, für 2 kennte seines Wissens ebenfalls der rührige Jugail einen überseeischen Lieferanten mit verbilligten Torschlussangeboten. 8 lehnte man ab, damit die Kirche im eignen florierenden Dorf bliebe; bei 1 fand man, es wäre besser Jugail aus dem Gewerbezweig herauszuhalten und internationale Investoren anzulocken. Gegen 3 und 4 konnte kaum jemand etwas haben, nur für 5e erwartete man Proteste, weniger von seiten der fundamentalistischen Emanzen, als von der körperlich unterdotierten oder älteren Frauenschaft, die eine noch geringere Attraktivität zu befürchten hatte; auch seitens der Dorfhexe Beffana konnte man sich einige ernsthafte liebsame Wünsche zum Jahreswechsel erwarten, deren bannsprüchliche Konsequenzen meist nicht ganz unabsehbar waren, wenn man in Rechnung stellte, wer sich schon alles von ungefähr mit einem Monster, garstigen Luder oder Dorfidioten verkuppelt gesehen hatte...

Die grösste Zustimmung fand 5g, die öffentliche Wallfahrt zur gerbduLer Patronin, bzw. ihrem Orakel in der Stadtmitte, um so den allgemeinen Liebesüberdrang in gezügeltere Bahnen zu zwingen. Von der medizinischen Forschung hielt man noch nicht so viel wie heute, und wer garantierte dafür, dass niemand die Anti-Liebes-Pille für unheilige Zwecke missbrauchte? Den sportlichen Ambitionen wollte niemand so gerne stattgeben, weil tüchtiges Lieben Sportes eigentlich genug sei; abgesehen davon seien die Staatskassen von den Sportsvereinen jeden Couleurs so gründlich geplündert worden, dass man an verdiente Liebesveteranen längst keine Prämien mehr ausrichten könne.

Die erschöpfte Runde sammelte sich zum geselligen Umtrunk eines erlesenen Kantharidenschnapses und bevor die erwünschten Wirkungen eintraten, stürmten die Dorfältesten wieder davon, in der Hoffnung, die so brüsk verlassnen Betten seien inzwischen warm geblieben.

Tudewitz und Milomann fielen sich ein letztes mal in die Arme, um nun auch ihrerseits ihren respektiven ehelichen Pflichten nachzukommen und über die Bürgermeisterei legte sich ein beredtes Schweigen: längst hatten sich die Sekretäre mit den Sekretärinnen zum gemeinsamen Sekretieren in die hintersten Kopierstübchen begeben, um ihrer Pflichten der Vervielfältigung zu walten. Der schwere Atem globalen Eros lag in der Luft, wo es keine Taube länger als ein Augenzwinkern aushielt und wo in der Dachrinne keine Spätzin ohne ihren Spatz länger als drei Spannen allein spazieren gehn wollte. Nur der Hahn vom Kirchturm schien eine mürrische Miene aufgesetzt zu haben, aber wer sah das schon von so weit unten, wo jede Menge geschäftiger Hühner auf der Suche nach einem freien Mann herumgackerte39...


16.55. Verzeih den Unterbruch, ich habe mich gewaltig bei der Gemeindeversammlung verspätet und Dich herrenlos sitzenlassen. Die Hauptsache, die Prozession nach gerbduL, kommt also noch und Ludberga alias Gerbdula wird ein weiteres Wunder unter die ihren zählen können, womit ihre Heiligkeit mehr und mehr gesichert sein dürfte. Ob ich das alles noch heute hinkriege, ist mehr als ungewiss, denn ich nehme an mir Zeichen der Erschöpfung wahr. Sollte auf gut deutsch mal Luft schnappen...

Faun.

...

Yüklə 2,86 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   36   37   38   39   40   41   42   43   ...   56




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©muhaz.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

gir | qeydiyyatdan keç
    Ana səhifə


yükləyin