meist korrelierend mit Ablauf entsprechender Lohn-Subventionen) neuerlich arbeitslos und stoßen in der Folge auf dem Arbeitsmarkt kaum auf erhöhte Resonanz ob des in der Regel ihnen unterstellten neuerlichen „Versagens“.
40 Unter dem Begriff „cooling out“ bzw. „Kühlung“ beschreibt bzw. versteht GOFFMAN den Prozess, jemanden, der aus irgendeinem Grund „versagt“ (im Sinne eines Nicht-[Wieder]Erlangens einer ihm wichtigen Rolle) hat, dazu zu bringen, sich mit diesem „Versagen“ abzufinden und sich auf verbliebenen Restmöglichkeiten der Gesellschaft zu beschränken. Die Erwartungen werden so weit gedämpft, dass ein Zerbrechen seiner - an eine ihm nicht mehr mögliche Position oder Situation gekoppelte - Identität verhindert wird (vgl. GOFFMANN. 1952).
41 Zur grundlegenden Problematik der Differenzierung zwischen Mensch, Person, Fall und Adressenarbeit in der inkludierenden Sozialen Arbeit sei auf den für die Zeitschrift Neue Praxis verfassten Aufsatz von BECKER (2003) hingewiesen. Die Sozialarbeit wird dort als eine bestimmte Form von Sozialität verstanden, die wie sehr sie auch verkünde, dass es ihr um den Menschen gehe, ebenfalls keinen Zugriff auf den Menschen, das Bewusstsein oder gar den Körper hat. Auch sie müsse diesen Zugriff simulieren, thematisieren und konstruiere dabei soziale Adressen.
42 Als Diskreditierbare müssen sie zudem die Information über ihre Arbeitslosigkeit als ihr Stigma managen und sind entsprechend kontinuierlich beschäftigt, diese so zu lenken, dass ihr jeweiliges Gegenüber eine diskreditierende Behandlung unterlässt (vgl. GOFFMAN 1975: 57). In den Interaktionen innerhalb Maßnahme selbst lässt sich ihr „Defizit“ allerdings nicht kaschieren bzw. ist im Gegenteil das zentrale Kategorie der Wahrnehmung durch ihre Interaktionspartner. Wer innerhalb des Alltagskontextes bzw. öffentlichen sozialen Interaktionen erfolgreiches „Stigma-Management“ (ebd.) betrieben hat, macht paradoxerweise spätestens jetzt die Erfahrung der Stigmatisierung, indem er als defizitärer, einer Nachsozialisation bzw. eines gesonderten Trainings Bedürftiger behandelt wird und vor allem seitens wohlmeinender Inklusionsarbeiter eine Bearbeitung seiner personalisierten Defizite somit in einer diese wiederum bestätigenden Art und Weise aufgedrängt bekommt.
43 Folgt man den theoretischen Annahmen des symbolischen Interaktionismus bilden Individuen in Interaktionsprozessen eine „personale“ und eine „soziale“ Identität aus. Die soziale Identität repräsentiert die Gesamtheit der eingenommenen Rollen und wird durch soziale Symbole verkörpert, wie der Berufsbezeichnung (vgl. GOFFMAN 1975: 77). Dagegen wirkt die auf eine individuelle Einzigartigkeit ausgerichtete personale Identität individualisierend (vgl. ebd.: 74). Als jeweilige Definitionen anderer über die eigene Person tritt die soziale Identität in sozialen, die personale Identität in persönlichen Beziehungen zu Tage. (vgl. ebd.: 132). Beide Identitätsformen sind nach KRAPPMANN von der subjektiven und reflexiven „Ich-Identität“ permanent auszublancieren bzw. zu reflektieren.
44 „Nach dem interpretativen Paradigma können (…), im Unterschied zum normativen Paradigma, Situationsdefinitionen und Handlungen nicht als ein für allemal, explizit oder implizit, getroffen und festgelegt angesehen werden. (…) Vielmehr müssen Situationsdefinitionen und Handlungen angesehen werden als Interpretationen, die von den an der Interaktion Beteiligten an den einzelnen „Ereignisstellen“ der Überarbeitung und Neuformulierung unterworfen sind.“ (WILSON. 1973: 61). Im normativen Paradigma ist eine Rolle/Position mit Normen belegt. Bestimmte Verhaltenserwartungen werden zwar an das Individuum herangetragen, sie beziehen sich aber auf die Position, die das Individuum im sozialen Gefüge einnimmt. Der Einzelne wird primär als Positionsträger gesehen. Es besteht keine Reflexion, ob das Individuum einen Spielraum hat oder nicht. Deutlich kommt dies z.B. im strukturfunktionalistischen Ansatz PARSONS (1975) zum Ausdruck, wo die Interaktionsteilnehmer ein „soziokulturelles Wertsystem“ als gemeinsames System von Symbolen und Bedeutungen teilen. Dagegen lässt das interpretative Paradigma mehr Spielraum. Die Rollen unterliegen unterschiedlicher Interpretation. Der Schwerpunkt liegt auf dem Prozess der Rollenentstehung und –veränderung, sowie auf Wahrnehmungs- und Interaktionsvorgänge durch die beteiligten Interaktionspartner. Beim interpretativen Paradigma ist Rollenübernahme möglich. Daher ist Interaktion möglich.
45 Der Begriff bzw. der Gedanke des „Empowerments“ stammt aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum und entwickelte sich aus den praktischen Erfahrungen von Initiativen zur Selbsthilfe im Zuge mit der sozialarbeiterischen Gemeinwesenarbeit und wird im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gemeindepsychologie mit dem Sozialwissenschaftler Julian RAPAPORT (1958) in Verbindung gebracht. Im deutschsprachigen Raum und vor allem in Bezug auf Soziale Arbeit wird das infolge Kritik am „Defizit-Blickwinkel“ als Modus sozialarbeiterischer Beobachtungs- und Wirklichkeitskonstruktionen entstandene Konzept vor allem durch HERRIGER (1997 bzw. 2002b) kontinuierlich weiterentwickelt und transportiert. Das aus dem Gedanken der „Hilfe zur Selbsthilfe“ ursächlich abgeleitete „Empowerment“-Konzept fungiert als Sammelkategorie für Arbeitsansätze in der psychosozialen Praxis, die die Menschen zur Entdeckung eigener Stärken ermutigen, ihnen das Rüstzeug für eigenverantwortliches Lebensmanagement zur Verfügung stellen sowie ihnen Möglichkeitsräume, in denen sie sich die Erfahrung der eigenen Stärke aneignen und Muster solidarischer Vernetzung erproben können, aufschließen sollen. Letztlich geht es also um Hilfestellungen bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie (vgl. HERRIGER 2002b. 11ff.).
46 Nach DURKHEIM (1995), welcher den Anomiebegriff in die Soziologie einbrachte, stellen viele Normabweichungen nur eine Antizipation zukünftig geltender Moral dar. Dasselbe scheint hier zumindest auf die Vorwegnahme künftiger „Normalität“ in Hinsicht auf allgemeine Akzeptanz einer ökonomisch, rechtlich und lebensstilbezogen in großem Stil deklassierten Gesellschaftsschicht vor dem Hintergrund eines hoch selektiven Zugangs zum bzw. nachhaltigen Ausschlusses aus dem Ersten Arbeitsmarkt zuzutreffen.
47 "Rein wertrational handelt, wer ohne Rücksicht auf die vorauszusehenden Folgen handelt im Dienst seiner Überzeugung von dem, was Pflicht, Würde, Schönheit, religiöse Weisung, Pietät, oder die Wichtigkeit einer "Sache" gleichviel welcher Art, ihm zu gebieten scheinen. Stets ist […] wertrationales Handeln ein Handeln nach "Geboten" oder gemäß "Forderungen", die der Handelnde an sich gestellt glaubt." (M. Weber, 1984, S 44 ff). Der Grundsatz lautet dabei „Der Zweck heiligt die Mittel“. Eine solche Handlungsmaxime bezeichnet WEBER als Gesinnungsethik.
48 „Zweckrational handelt, wer sein Handeln nach Zweck, Mitteln und Nebenfolgen orientiert und dabei sowohl die Mittel gegen die Zwecke, wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen, wie endlich auch die verschiedenen möglichen Zwecke gegeneinander rational abwägt..." (M. Weber, 1984, S 44 ff).
49 Professionelle Soziale Arbeit hat aus systemischer Perspektive die Funktion, die scheinbar unvereinbaren Bereiche ‚Hilfe’ und ‚Macht’ zum Nutzen der Individuen aber auch zum Nutzen der Gesellschaft miteinander zu verbinden. In erster Linie ist es ihre Aufgabe, „Menschen zu befähigen, ihre Bedürfnisse so weit wie möglich aus eigener Kraft [ ...] zu befriedigen“ (STAUB-BERNASCONI. 2002: 11). Darüber hinaus soll sie die behindernden Machtstrukturen in den sozialen Systemen der Gesellschaft in begrenzende Machtstrukturen verändern (vgl. ebd.)
50 Unter dem, sich vom lateinischen „ludus“ (Spiel), herleitenden Begriff versteht BOURDIEU den Mechanismus, durch den gesellschaftliche Gruppen bezüglich eigentlicher gesellschaftlicher Machtstrukturen täuschen und getäuscht werden. Zumal alle Teilnehmer an die gleichen Anfangsbedingungen glauben, wird erst das „Spiel“ um die Kapitalien auf den einzelnen Feldern, auf denen sich die ungleiche Verteilung von Formen und Volumen der Kapitalien reproduzieren, ermöglicht.
51 Nach dem Zusammenbrechen der aus der bundesdeutschen studentischen Protestbewegung entstandenen „Außerparlamentarischen Opposition“, die mit ihren Vorstellungen nie, wie geplant, die Arbeiterschaft erreichen konnte, begaben sich deren Exponenten in Abkehr vom unzulänglichen Versuch der Revolutionierung des politischen Bewusstseins auf dem von Rudi DUTSCHKE proklamierten „langen Marsch durch die Institutionen“ mit der Intention, die etablierten Systeme wie Universitäten, Parteien, Schulen „von innen her“ zu reformieren. Dies scheiterte bekanntermaßen völlig an der Verkennung der wirklichen Machtverhältnisse und der eigenen relativen Ohnmacht, vor allem aber auch an den nötigen, zwangsläufig einzugehenden Kompromissen sowie den „Verlockungen“ des Systems, denen viele der „Marschierenden“ mit der Zeit verfielen.