„Pfui Spinne!“
Ein weiteres Nöstlingers Werk, in dem wir Merkmale von Gewalt aussuchen .
Ein Mädchen, Christine, lebt mit ihrem Bruder Berti und mit ihrer Mutter. Ihr Vater erzieht die Kinder eigentlich nur per Telefon, weil er zu beschäftigt ist. Trotzdem bezeichnet er sich selbst als ein moderner Vater. Christine will mit seinem geliebten Jungen, mit dem sie eine Beziehung hat, nach Griechenland, was die Mutter nicht erlaubt. Berti fährt im Sommer nach Italien, weil er schon alt genug ist, deshalb will Christine ihre Mutter belügen, in dem sie vortäuschen will, sie fahre mit dem Bruder nach Italien und auf der Autobahn wolle sie sich trennen und Richtung Griechenland fahren. Zuerst ist Berti einverstanden, dann entschließt er aber, sie würden beide zusammen nach Italien fahren. Am Anfang gefällt es Christine nicht, aber zum Schluss verbringt sie einen interessanten Sommer. Das Wichtigste für sie war, dass sie nicht auf den Urlaub mit der Mutter zusammen musste, die auf Bad Aussee fuhr.
Gerade die Beziehung zwischen Christine und ihrer Mutter ist auch eine Art von Gewalt bei Adoleszenten. Christine mag ihre Mutter gar nicht, sie findet ihre Mutter zu dick und hässlich.
„Aus diesem fetten Bauch bin ich herausgekrochen! Pfui Spinne, das muß ein fürchterlicher Weg gewesen sein!“21 So spricht Christine für sich selbst, als sie sich die Mutter anschaut.
In ihren inneren Gesprächen spricht sie die Mutter „Frau“ und nicht „Mutter“ an. „Die Frau ist arm dran. Aber die Frau ist auch böse! Und darum ist Christine arm dran. Armsein und Bössein sind relative Zustände, abhängig voneinander.“ 22
Der Bruder Berti liebt aber seine Mutter und rettet eigentlich die Beziehungen innerhalb der Familie. Christine denkt nach: „Nur eine große örtliche Entfernung zwischen Mutter und Tochter ist, sowohl für die Mutter als auch für die Tochter, eine reale Chance, den Sommer zu überleben.“23
Trotzdem, dass Christine im Alter ist, dass sie noch nicht alleine auf einen Urlaub fahren darf, beschreibt die Autorin schon die ersten sexuellen Erlebnisse dieser Adoleszentin. Einerseits sind das nur erste Versuche, ein sexuelles Leben zu führen, andererseits nimmt Christine schon „Anti- Baby- Pillen“.
„Stundenplan“
Auch in diesem Nöstlingers Werk können wir die Meisterschaft der Autorin sehen- wie sie sich in das Innere, in die innersten Gefühle von Adoleszenten einfühlen kann. Sie beschreibt detailliert, wie sie denken, warum sie so und so handeln und sie begründet ihr Benehmen, obwohl es nicht immer am richtigsten ist, weil gerade Adoleszenten sehr oft Menschen verletzen, die sie aber mögen (z. B. Eltern). Nöstlinger beschreibt wie schon mehrmals in ihren Werken, wie Adoleszenten ihre Stelle in der Welt suchen und wenn die einzige Chance, Respekt zu kriegen, nur das Schikanieren einer schwachen Person ist, dan tun sie das, um nicht selbst Außenseiter zu werden.
Die Geschichte spielt sich in einer Klasse. Die Hauptperson, 14-jährige Anika Gerstl, ist in Wofgang verliebt. Anikas Beziehung zur Mutter ist nicht idyllisch, Anika benimmt sich nicht gerade korrekt zu Xandi, den alle oft auslachen, weil er zu klein ist. Es werden Charaktere sowohl von Pubeszänten als auch von Lehrern beschrieben, die auch nicht immer am vernünftigsten handeln – z. B. Dr. Sedlak, gegen ihn wird von Studenten/innen sogar ein Streik geplant.
Sehr detailliert werden erste sexuelle Erlebnisse von Jugendlichen beschrieben. Das sind Sachen, die Jugendliche belasten und kein Studium. Das können Erwachsene aber nicht verstehen und im Buch entsteht ein häftiger Streit, eine Debatte zwischen Anika und ihren Eltern, die vorschreiben wollen, wie weit Anika mit Burschen gehen darf, was das sexuelle Leben angeht. Beim Streit zeigt sich, das manche Fragen die Eltern aber nicht der jungen Anika beantworten können und die Eltern stellen fest, dass sie Jugendlichen eigentlich nicht viel verbieten können. Obwohl Anika in Wolfgang verliebt ist, führt sie das sexuelle Leben mit Stefan Stemberger. Diese unglückliche Liebe macht ihr das Leben noch komplizierter.
Es gibt im Werke zwar keine schlimmen Gewalttaten, es wird eigentlich ein normales Leben von Adoleszenten beschrieben, das sie aber so viel belastet, dass es Erwachsene nur schwierig verstehen.
Der Titel „Stundenplan“ bietet sich an, denn jedes Kapitel trägt eine Benennung von einer Schulstunde- z. B.: Streikstunde, Mittagspause, Geldstunde usw.
Kirsten Boie Leben, Schaffen
Lindgren, May, Noack, Blyton usw.- solche Namen nannte Kirsten Boie, als sie nach ihren Lieblingsautoren befragt wurde. Diese beliebte Autorin, 1950 in Hamburg geboren, las sehr viel und gerne schon seit klein auf. Als sie dann älter wurde, ließ sie sich von Sartre beeinflussen und aus diesem Grunde ist es gar kein Wunder, dass sie selbst Schriftstellerin wurde.
Sie begann, Deutsch und Englisch zu studieren und nach der Promotion im Bereich der Literaturwissenschaft war sie von 1978 bis 1983 an einem Gymnasium und an einer Gesamtschule als Lehrerin tätig. Das Jahr 1985 spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben, denn ihr erstes erfolgreiches Kinderbuch „Paule ist ein Glücksgriff“ bewegte sie dazu, freischaffend zu schreiben.
Boie ist verheiratet und in der Nähe von Hamburg erzog sie ihre zwei Kinder.
Schaffen:
Ihr persönliches und Berufleben beeinflusste Boie auch als Autorin. Sie kann genau, detailliert, real und vielfältig das Alltagsleben von Kindern und Jugendlichen beschreiben. Und das kann sie auch mit einem bestimmten Maß von dem Komischen, was auch eigenartig bewertet ist. Eine spezifische Mischung von Humor, Satire und Ironie mit einer Unmittelbarkeit und Naivität ist ein Merkmal ihrer Werke. Obwohl sie als Lehrerin wirkte, kann sie ihre Bücher lesbar und gleichzeitig literarisch hoch geschätzt schaffen, ohne pädagogische Direktheit durchzusetzen.
Die Themen, die sie bearbeitet, entsprechen auch aktuell der Zeit. Es sind psychische, soziale und politische Probleme der heutigen Gesellschaft, wie zum Beispiel Depressivität, Ausländerhass, Gewalt, Asylantenprobleme, Rechtsextremismus oder die Thematik der Geschlechtsrollen in der Gesellschaft der heutigen Zeit.
Werke:
„Paule ist ein Glücksgriff“ – (1985), das Leben eines Adoptivkindes, das zuerst eine Außenseiterrolle durchlebt, dann aber in der neuen Familie ein neues Leben bekommt
„Manchmal ist Jonas ein Löwe“ – (1989) und „King-Kong, das Geheimschwein“ – (1989), in diesen Büchern sind Aspekte der Erziehung von kleinsten Kindern als Haupthematik
„Mellin, die dem Drachen befiehlt“ – (1987), beinhaltet phantastiche Züge
„Mit Jakob wurde alles anders“ (1986), „Opa steht auf rosa Shorts“ (1988), „Das Ausgleichskind“ (1990), „Jeder Tag ein Happening“ (1999), „Der durch den Spiegel kommt“ (2001) – humorvolles Alltagsleben und Generationskonflikte beschrieben
„Mit Kindern redet ja keiner“ (1990), „Ich ganz cool“ (1992) – da wird das konfliktvolle Leben in solchen Familien dargestellt, die zerrüttet sind
„Nicht Chicago. Nicht hier“ (1999) – Gewalt unter pubertierenden Kindern und das Benehmen von Eltern, Lehrern und Polizisten gezeigt. Interessant ist die Tatsache, dass dieses Buch von der Auswahlkommission des Deutschen Jugendliteraturpreises 2000 auf die Empfehlungsliste als „Kinderbuch“ gesetzt wurde, was aber Kirsten Boie ablehnte, denn sie betonte, es sei ein Jugendbuch, kein Kinderbuch.
Trotzdem wurden Boies Werke mehrmals ausgezeichnet und immer stehen ihre Bücher auf der Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis.
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