8.58 SWR2 Programmtipps
9.00 Nachrichten, Wetter
9.05 SWR2 Musikstunde
mit Wolfgang Scherer
Der Komponist, der aus den Tropen kam
Heitor Villa-Lobos (1)
Für die Pariser Musikszene der 20er-Jahre war er “Der Wilde aus dem Regenwald”, für das musikalische Establishment und den Musikbetrieb seiner Heimatstadt Rio de Janeiro war er ein Ärgernis und für das Brasilien des Vargas-Regimes war er renommierter Vorzeigekomponist und nationaler Musikfunktionär: der 1887 geborene Musiker, Komponist, Dirigent, musikalische Volkserzieher und begnadete Selbstdarsteller Heitor Villa-Lobos, der “Beethoven Brasiliens”, bis heute der populärste und weltweit erfolgreichste “Klassiker” Lateinamerikas, dessen Musik die Folklore Brasiliens mit den Traditionen der europäischen Kunstmusik zu einem unverwechselbaren Personalstil verbindet. Fasziniert von den vielfältigen Spielarten der populären Musik, wie er sie als Gitarrist und Cellist in den Straßen, den Kneipen und Tanzlokalen Rios kennen und lieben gelernt hatte, war er der erste, der dem musikalischen Erbe der Alten Welt, das auch im gehobenen Konzertleben Rios den Ton angab, selbstbewusst entgegentrat: “Ich bin nicht gekommen, um zu lernen, sondern um zu zeigen, was ich bisher gemacht habe”, erklärte er bei seiner Ankunft in Paris, der multikulturellen Musik-Metropole der Avantgarde und des Jazz. Hier schien man auf einen wie ihn nur gewartet zu haben. In den Salons hing man an seinen Lippen, wenn er von seinen musikalischen Abenteuern bei den Menschenfressern am Amazonas flunkerte und sich als Komponist authentischer Kannibalen-Musik inszenierte. In seiner Heimat kam das indessen gar nicht gut an.
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