Ideologie
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Grundlegung
1. der umkreis des Begriffes I. ist ein aus dem Griechischen abgeleitetes Wort (etwa gleich Ideenlehre), das seit der Aufklärungsphilosophie (18. Jh.) gebraucht wird. I.n sind Weltanschauungen, die mit Hilfe der sinnlichen Wahrnehmungen und des philosophischen Denkens ein System zur Erklärung der Welt und der Gesellschaft entwerfen. Von einem einheitlichen Prinzip aus wird ein umfassendes Verständnis der Welt abgeleitet, das dann als »Wahrheit«« Verbindlichkeit beansprucht. Dabei spielen die Interessen und Wünsche derer, die dieses Prinzip benennen, eine mitbestimmende Rolle, was der I. den Vorwurf, subjektiv (persongebunden) zu sein, einträgt. Doch erhebt die I. selbst meist den Anspruch, objektive (von der Person unabhängige) Wahrheit zu sagen. Der heutige Bedeutungsgehalt des Begriffes
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ist im wesentlichem vom —» Marxismus bestimmt. Er sieht die I. im abwertenden Sinn als bloße »Spiegelungen«, als »Überbau« gesellschaftlicher Lebensprozesse. Doch wird der Marxismus selbst notwendig zur I., denn die wichtigsten Kennzeichen einer I. treffen auf ihn zu: a) Ein allem zu Grunde liegendes Prinzip (Produktionsverhältnisse) b) eine Zweckbestimmung (klassenlose Gesellschaft) und c) der Anspruch der Verbindlichkeit (Abwehr aller anderen Denkweisen).
2.1. und Philosophie. Unbestritten tritt in den philosophischen Denksystemen »Wahrheit« zu Tage. Doch steht jede Philosophie ständig in der Gefahr, ideologisch zu werden, wenn sie ihr Denken absolut setzt (für alle zwingend), alles unter einer Formel erklären will und ihr Denken auf einen bestimmten Zweck konzentriert. Als menschliche Denkleistung verdient die Philosophie große Achtung, doch kann der Mensch sich die Wahrheit letztlich nie selbst sagen. Vielmehr muß sie ihm gesagt werden, nach der biblischen Aussage durch die Offenbarung Gottes in seinem Sohn, in seinem Wort (Joh 8,3 if.).
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Das Verhältnis von I. und Glaube
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GEMEINSAMES UND TRENNENDES IN DER FRAGE nach der Wahrheit. I. und christlicher Glaube beanspruchen beide, Wahrheit zu sagen. I. fragt in der Struktur des griechischen, philosophischen Denkens: »Was ist Wahrheit?« Sie benennt dann ein Prinzip, einen theoretischen Satz. Im Grunde ist damit die Sinnfrage der Welt und allen Lebens gestellt. »Was steckt als tiefste »Wahrheit* hinter allen Erscheinungen?« Auch der Glaube antwortet auf die Wahrheits- oder Sinnfrage. Doch heißt die Ausgangsfrage dort: »Wer ist die Wahrheit?« (vgl. Joh 18,38 mit Joh 1,17; 14,6). Die Wahrheit ist erschienen, geoffenbart in der Person Christi.
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GEMEINSAMES UND TRENNENDES IM ANGEBOT des heils. I. will immer Heilslehre sein, zur Verbesserung und Entwicklung der Welt dienen. Dabei liegt der Gedanke des »guten Herzens« im Menschen zu Grunde. Der Mensch ist entwicklungs- und bildungsfähig, deshalb ist Fortschritt möglich. I. hat eine positive Einschätzung des Menschen zur Voraussetzung.
Der Glaube geht von der nüchternen biblischen Feststellung der Verlorenheit des Menschen aus. Nur die unverdiente, liebende Zuwendung Gottes vermag dem Menschen -» Heil zu bringen. Die freie Gnade Gottes befreit von allen vergeblichen Mühen um eine Selbsthilfe. Der Glaube erwartet somit alles Heil von Gott und verkündigt genauso nüchtern die Tatsache des bevorstehenden —► Gerichtes. —> Glaube weiß immer um Gnade und Gericht, -» Gesetz und Evangelium (Joh 3,16; Röm 1,16 + 17? 3,23 +24; 9,16; Mt 7,13 + 14).
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GEMEINSAMES UND TRENNENDES IN DER MISSIONARISCHEN Bemühung. I. ist wesensmäßig missionarisch, denn die einmal erkannte Wahrheit muß durchgesetzt werden, da sonst kein Fortschritt möglich ist. Ihr Mittel ist das Wort als Schlagwort, als Parole, als in das Denken bis hin zum Unterbewußtsein des andern eindringendes Wort. Dabei kann neben solchem geistigen Zwang auch körperlicher Zwang in Gewaltanwendung bis zum Terror treten. I. ist intolerant (unduldsam), weil sie auf Zustimmung der Massen aus ist und deshalb abweichendes Denken bekämpft. Der einzelne Mensch ist nach seiner Funktion (Nützlichkeit) bei der Durchsetzung des Zieles bewertet.
Der Glaube ist ebenfalls wesensmäßig mis
sionarisch (Mt 28,18—20; 7,13 — 16). Doch ist sein einziges Mittel das werbende, zusprechende Wort des Christus (Mk 2,14) und die Tat der Liebe (Mt 5,16). Gewalt als Mittel der Mission wird grundsätzlich abgelehnt.
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Ideologisierter Glaube Auch der Glaube kann ideologisch werden, dann nämlich, wenn er a) sich aus der persönlichen Bindung der -> Nachfolge Jesu Christi löst und zur »Sache« wird; oder wenn er b) zu einer bloßen Moral erstarrt, oder aber c) nur Teile der biblischen Botschaft isoliert zum Gegenstand hat. Der Christ kann der Versuchung der I.n nur durch ein ständiges Prüfen an Hand der Bibel widerstehen.
Andererseits darf der Glaube sich nicht auf den Bereich personaler Wahrheit einengen lassen, sondern muß die Auseinandersetzung mit den I.n um der umfassenden Wahrheit willen aufnehmen, wenn er nicht weltlos werden will.
Lit.: H. Lamparter, Prüfet die Geister, 19766 - H. Thielicke, Theologische Ethik, Band II, 1966* - Th. Geiger, Ideologie und Wahrheit, 1953 - W. Kün- neth, Fundamente des Glaubens, 1975
Krimmer
Ihloff, Gustav, *3.8.1854 Templin/Uk- kermark, 126.6.1938 Neumünster, Buchhändler und Verleger, Inspektor und Vorsitzender des Gemeinschaftsvereins in
Schleswig-Holstein. I. kam 2 5 jährig durch J. v. Oertzen als »Sendbote« (= Prediger) nach Schleswig-Holstein. Von einer Englandreise brachte er das Liederbuch »Sacred Songs and Soli« mit, das ihm und Pastor Joh.
Röschmann (Hamburg) zum Vorbild für das »Reichsliederbuch« (1892 —» Liedgut) wurde, das in der Folgezeit zum meistge- brauchten Gesangbuch der deutschsprachigen ev. Christenheit wurde. In Neumünster begründete I. die Buchhandlung des Gemeinschaftsvereins mit Verlag und Druckerei. Weite Verbreitung erlangte das Verteilblatt »Nimm und lies«. I. hatte die Gabe der erwecklichen ebenso wie der biblisch-lehrhaften Rede und wirkte als Seelsorger. Seit 1915 war er erblindet.
Lit.: A. Korthals (Hg.), 100 Jahre Gemeinschaftsverein in Schleswig-Holstein, 1957 - K. Möbius. (Hg.), Der ev. Buchhandel, 1961
Lindner
Gustav Ihloff
Ludwig Heinrich Ihmels
Ihmels, Ludwig Heinrich, *29. 6. 1858 Middels/Ostfriesland, 17.6.1933 Leipzig. I. war tätig im ostfriesischen Pfarrdienst (1881-1894), im Fort- und Ausbildungsdienst (- 1898 Loccum), als Professor der Dogmatik (Erlangen, 1902 Leipzig) und ab 1922 als sächsischer Landesbischof (Dresden). Er trieb Theologie streng als Offenbarungstheologie, wandte sich mehrfach der Gewißheitsfrage zu und war dem Junglu-
thertum verpflichtet (Vorsitzender der Allg. ev.-luth. Konferenz). —» Erlanger Theologie
Lit.: Festschrift für L. J. 1928 (dort Werkeverzeichnis) - E. Sommerlath, Die theol. Bedeutung des ersten sächsischen Landesbischofs L. I., Festschrift fürG. Noth 1964, 238-249-D. Roth, Der Prediger Ludwig Ihmels, Diss. theol. 1970 (1973), S. 227-236 Quellen, 236-239 Lit.
Redaktion
Independentismus
Independentismus, von independent = unabhängig, Bezeichnung für Gemeinden und Gemeindebünde, die auf der Grundlage der Selbständigkeit (Autonomie) der Einzelgemeinde aufgebaut sind und ihre Unabhängigkeit von Staat, Bischofsamt und Synoden meist theokratisch mit Hilfe des Bundesgedankens (covenant) begründen. Zu den Independenten rechnet man u.a. die im Zuge des englischen Puritanismus sich bildenden Kongregationalisten, Presbyterianer und —» Baptisten, ferner die —» Freie ev. Gemeinde.
Geldbach
Innere Mission
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der Anfang Das irdische Bild Christi ist unlösbar auch mit den Elenden verbunden, denen er half. Die Christenheit aller Zeiten hat versucht, in seiner —> Nachfolge eine Liebestätigkeit zu entfalten.
1. Vorläufer im Pietismus. Der Vater des —» Pietismus, Ph. J. Spener (1635-1705), hat mit dem Einsatz der Laien in den Pastorenkirchen den Weg in die Missions- und Liebestätigkeit geöffnet. »Die Armut ist ein Schandfleck unseres Christentums.« Ein aktives planmäßiges sozialpolitisches Wollen setzte ein. A. H. Francke (1663-1727) eröff- nete die christliche Anstaltsdiakonie mit der Halleschen Schulstadt. Neben der traditionellen Methode, gemeinnützige Anstalten durch Spenden in Gang zu halten, sucht er durch wirtschaftliche Betriebe ihre finanzielle Selbsterhaltung zu fördern. Bei Zin- zendorf (1700-1760) und der -> Brüdergemeine sind bis in die Einzelgestaltung hinein Missionspflicht und —> Diakonie, Gemeindemäßigkeit und schlichte Bruderschaft aller Glieder ineinander verwoben.
3- BAHNBRECHER INNERHALB DER ERWECKUNGSBEWEGUNG. Die -» Erweckungsbewegung bildet den Mutterboden der Diakonie und der Inneren Mission im 19. Jh., zuerst vor allem in Süddeutschland. Aus einer ungestümen eschatologischen Naherwartung bricht
ein neuer christlicher Liebeswille nach dem Abklingen der Aufklärung und ihrer humanitären Aktivität hervor. Oberlin
(1740-1826) wird zum Vater der Kleinkinderschule. Der Pfarrer und Schriftsteller Ph. M. Hahn (1739-1790), ein »mechanisches Genie«, weckt unter seinen Landsleuten die schlummernde technische Begabung und ermöglicht eine blühende schwäbische mechanische Kleinindustrie. C. H. -^-Zeller (1779-1860) steht voran in der süddeutschen Rettungshausbewegung für verwahrloste Kinder. Hier wird der Typus des christlichen Schulmannes herangebildet. Die Anstaltsfeste werden zum Mittelpunkt ganzer Landschaften. Das gleiche tun J. D. -> Falk (1768-1826) in Weimar und Graf A. von der -» Recke-Volmarstein (1791-1878) in Düsseltal und andere.
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DIE FRAU IN DER EVANGELISCHEN DIAKONIE. Innerhalb der Erweckungsbewegung fanden Frauen und Mädchen neue Aufgaben des christlichen Dienstes. Wegbahnerinnen wurden die Engländerin E. —» Fry (1780-1845) und A. Sieveking
(1784-1859) in Hamburg. T. —» Fliedner (1800-1864) in Kaiserswerth wurde zum Bahnbrecher der weiblichen Diakonie, angeregt durch englische und holländische Vorbilder. Eine neue helle Zeit der Krankenpflege brach durch die ersten —»Diakonissen an. Neben Kaiserswerth entstanden andere Diakonissenhäuser eigener Prägung, besonders charakteristisch die lutherische Arbeit W. —> Löhes in —» Neuendettelsau. Neue Impulse begannen in der Zeit der proletarischen Frauenemanzipation und der marxistischen Arbeiterbewegung durch F. v. —> Bodelschwingh (1831-1910) und E. v. -* Tiele-Winckler (1866-1930). Eine freie Schwesternschaft sammelte sich im »Zehlendorfer Verband für Ev. Diakonie«. Die um die Jahrhundertwende erstarkte —» Gemeinschaftsbewegung wie die —► Freikirchen gründeten ebenfalls eigene Diakonissenhäuser. Pastor —> Krawielitzki (1866 — 1942) legte den Grund zum —» Deutschen Gemeinschaftsdiakonieverband mit seinem Zentrum in Marburg und seinen sechs Mutterhäusern. Hier wird den Diakonissen neben dem karitativen Dienst das Zeugenrecht und die Zeugenpflicht auferlegt. Es entstanden daneben ein Bund deutscher Gemeinschaftsdiakonissenhäuser und ein Verband ev.-freikirchlicher Mutterhäuser. Ein steter
Gestaltwandel der schwesterlichen Gemeinschaft setzt sich dabei bis zur Gegenwart fort.
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JOHANN HINRICH WICHERN UND DIE MÄNNLICHE diakonie. —» Wiehern (1808-1881) gründete T833 das »Rauhe Haus« für gestrandete Hamburger Jungen und die 1. Diakonenanstalt. Damit begann der Weg der männlichen Diakonie. Gründungen anderer Diakonieanstalten folgten in den einzelnen Landesund Freikirchen. Im Revolutionsjahr 1848 veranlaßte Wiehern durch seine berühmte Stegreifrede vor dem Kirchentag in Wittenberg die Gründung des Central Ausschusses für die Innere Mission, einer Dachorganisation aller kirchlichen Liebes werke. In Berlin gründete Wiehern noch das Johannesstift.
Bis 1914* entfaltet sich der Dienst der I.M. nach vielen Seiten. F. v. Bodelschwingh wird in —» Bethel zum Vater der Epileptischen und der Wanderarmen. Der bedrückenden Wohnungsnot der Arbeiterschaft begegnet er durch die Schaffung von Arbeiterheimen. A. —> Stoecker nimmt mit der —» Berliner —> Stadtmission den Kampf um das entkirchlichte Berlin auf, ringt um eine christliche Sozialpolitik und ruft, freilich ungehört, nach einer staatsfreien —> Volkskirche. Allerdings belastet er die von ihm gegründete und erfolglose »Christlich-soziale Partei« mit seinen Thesen gegen das freisinnige Re- formjudentum. Ein Ev.-Sozialer Kongreß entsteht und mit ihm eine Ev. —» Arbeiterbewegung. Die Fürsorgearbeit wird bis zum ersten Weltkrieg stetig ausgebaut. Der Schwerpunkt liegt wie bisher auf den überkommenen diakonisch-fürsorgerischen Arbeitsgebieten: Seemannsmission, Flußschiffermission, Kellnermission, (—> Berufsmission), Auswandererfürsorge, Gefängnisfürsorge, —» Bahnhofsmission, —> Jugendarbeit, —> Mitternachtsmission, Altenfürsorge, —> Blaukreuzarbeit, Taubstummblindenheimarbeit, -> Weiß-Kreuzarbeit, Gründung des »Deutsch-Evangelischen Frauenvereins zur religiös-sittlichen Erneuerung des deutschen Volkes und zur Lösung der sozialen Frauennot« sowie des »Verbandes der Evangelischen Wohlfahrtspflegerinnen«, Aufbau ev. Büchereien, Zusammenschluß der Schriftenmission 1910 im Ev. Preß verband für Deutschland, schließlich die Untergliederung der verschiedenen Dieriste der I.M. in 37 Fachverbänden - all diese Aktivitäten entfalteten sich vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges. Ohne ein Heer von freiwilligen Helfern und Helferinnen wäre die Arbeit nicht möglich gewesen. Aus Wicherns Anfang wurde ein weites Werk.
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I.M. UND DIAKONIE ZWISCHEN ZWEI WELTKRIEGEN (1914-194 5). Im ersten Weltkrieg lag der unmittelbare Sanitätsdienst an den Soldaten ganz in den Händen des Roten Kreuzes (H. Dunant), unterstützt durch Diakonissen und Diakone. In der Heimat erwuchsen der I.M. angesichts krisenhafter Erscheinungen auf sittlichem Gebiet neue Aufgaben im Bereich der Volksgesundheit neben der allgemeinen -» Volksmission.
In der Zeit der Weimarer Republik (1918-1933) konzentrierten sich bei erfolgter Trennung zwischen -» Kirche und Staat sowie Schule und Kirche (-» Religionsunterricht) die Aktivitäten wesentlich auf die größeren Städte. Eine sorgfältige und ausgedehnte Fürsorge in der Inflationsnot und später in der Arbeitslosennot versuchte zu helfen und dem Staat in seiner Wohlfahrtsgesetzgebung aus den in der I.M. gesammelten Erfahrungen beratend beizustehen. Volksmission, Posaunenmission, Evangelisation als Gemeindemission entfalteten sich. Evangelische Versicherungsvereine, Evangelische Wohnungsbaugenossenschaften entstanden. In den Kampfzeiten zwischen 1933-1945 konnte sich die I.M. gegen eine Auflösung schützen, indem sie sich 1934 in einer »Arbeitsgemeinschaft der missionarischen und diakonischen Verbände und Werke der Deutschen Evangelischen Kirche« unter den Schutz der Gesamtkirche stellte.
Die Lahmlegung der christlichen Presse mit einer Gesamtauflage von 14 bis 15 Millionen Schriften mußte 1941 hingenommen werden. Dagegen gelang es F. v. —» Bodelschwingh, die Gnadentod-Aktion vor den Toren Bethels abzustoppen und damit ein Zeichen zu setzen. Beyreuther
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neu ANFANG nach 1945. Das Ev. Hilfswerk (1945, Zentralbüro des HW in Stuttgart) wurde zum neuen Aufbruch des Dienstes bis in die letzte Gemeinde. Diakonie der Kirche, Selbsthilfe der Christenheit, Überwindung der Notstände der Zeit, innerkirchlicher Lastenausgleich, kirchlicher Wiederaufbau, Lebenshilfe durch Beratung, diakonisch voll verantwortliche Gemeinde und Zusammengehen mit den Liebeswerken der I.M. - waren die Grundzüge der Hilfswerk-Arbeit, die der württembergische Landesbischof Theophil Wurm zusammen mit Eugen Gerstenmaier in seinem »Stuttgarter Manifest der christlichen Liebe« (1.8.1945) postulierte, also noch vor der ersten ev. Kirchenkonferenz von Treysa, auf der das »Hilfswerk der —» Ev. Kirche in Deutschland« von den Vertretern aller 28 Landeskirchen einstimmig gegründet wurde. »Das HW der EKD wird von der EKD, den Gliedkirchen und deren Gemeinden getragen. Es dient dem kirchlichen Wiederaufbau sowie der Linderung und Behebung der Notstände der Zeit« (Grundordnung der EKD 1948, Art. 15). Koordinierungsausschüsse und »Diakoni- scher Beirat« (1949; hier vor allem Volkmar Herntrich und Heinrich Riedel) bereiteten die erste gemeinsame Tagung von HW und
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M. vor (1953 Berlin) und führten zielstrebig zu der von der EKD-Synode 1957 in Spandau auch kirchengesetzlich bestätigten Fusion beider Werke.
8. ..DAS DIAKONISCHE WERK DER EKD« (Sitz Stuttgart) hat seitdem als Werk der Kirche die Aufgabe, »die diakonisch-missionari- sche Arbeit zu planen und zu fördern und dadurch zu helfen, daß die ev. Christenheit in Deutschland ihren Auftrag erfüllt, wie er in Art. 15, Abs. 1 der Grundordnung der EKD umschrieben ist«. Sein erster Präsident wurde Friedrich Münchmeyer. Organe sind: Diakonische Konferenz und Diakonischer Rat. Im Diakonischen Werk ist die diako- nisch-missionarische Arbeit aller Landesund Freikirchen in Deutschland als »Wesens- und Lebensäußerung der Kirche« zusammengefaßt (1969 hat sich die Diakonie im Bereich der DDR organisatorisch verselbständigt).
Mit seinen hauptamtlichen Voll- und Teil- zeitbeschäftigten sowie einem Mehrfachen von freiwilligen Mitarbeitern leistet das Diakonische Werk in über 22000 Einrichtungen sowie Helfer- und Selbsthilfegruppen und 533 Ausbildungsstätten soziale, pflegerische, pädagogische und gemeindliche Dienste.
Dazu kommt die Hilfe für den fernen Nächsten an den Brennpunkten der Not der Dritten Welt. Hier fördert das Diakonische Werk in ökumenischer Zusammenarbeit durch besondere Aktionen (z.B. —» »Brot für die Welt«) und durch Katastrophenhilfe die
Überwindung von Hunger, Armut und Krankheit. Die Arbeitsgemeinschaft »Missionarische Dienste« hat ebenfalls ihre Zentrale im Diakonischen Werk.
Lit.: J. H. Wiehern, Die I.M. der deutschen ev. Kirche, 18893 - Gerh. Füllkrug, Die I.M., 1928 — H. C. v. Hase u. P. Meinhold (Hg.), Reform der Kirche und Gesellschaft 1848-1973, 1973 - Die Innere Mission (Zeitschr.)
Schober
Innere Mission Augsburgischen Bekenntnisses, Ev. V erein für
Der Verein wurde unter Berufung auf das Augsburgische Bekenntnis von 1530 am 24.1.1849 in Durlach als Gemeinschaftsverband innerhalb der Ev. Landeskirche in Baden gegründet, eine Frucht der Erweckungsbewegung unter A. -» Henhöfer. Nachhaltig geprägt wurde der Verein durch Pfarrer Th. —> Boehmerle: Gründung des Bibelheimes »Bethanien«- in (Karlsbad-)Langensteinbach, Herausgabe des »Reich-Gottes-Boten« und des »Engels-Kalenders«. Der Verein hat zwei Alten- und Pflegeheime. 25 Predigtbrüder und 5 Missionsschwestern betreuen mit vielen ehrenamtlichen »Stundenhaltem« die über 400 Gemeinschaften. Geschäftsstelle (Inspektor W. Hauser), Buchhandlung und Verlag sind in Karlsruhe.
Breymaier
Inspiration —> Bibel III. 1 Inspirationsgemeinden Spiritualismus
International Council of Christian Churches (ICCC)
Der ICCC (= Internationaler Rat christlicher Kirchen) geht auf die Bemühungen des militanten Führers der extremen amerikanischen —» Fundamentalisten, Carl Mclntire, zurück. Der ICCC wurde wenige Tage vor der 1. Vollversammlung des ökumenischen Rats der Kirchen 1948 ebenfalls in Amsterdam gegründet. Er war von Anfang an als Gegen-Ökumene gedacht und wandte sich in seinen Verlautbarungen gegen Modernismus, Rationalismus, Kommunismus, —» Sozialismus, —» Atheismus und die röm.- kath. Kirche, den Internationalen Missionsrat und die —> ökumenische Bewegung. Letztere wurde bezichtigt, den Protestantismus mit der Orthodoxie der römischen Kirche zuführen zu wollen, um so eine »Superkir- che« zu errichten. Demgegenüber versteht sich der ICCC als der allein »heilige Rest«, der eine Reformation im 20. Jh. (Twentieth
Century Reformation) unternimmt. Aufnahme in den ICCC finden nur Kirchen oder Einzelpersonen, die im Sinne Mclntires Fundamentalisten sind (B. —» Graham z.B. wird als »Kompromißler« verworfen). So steht in der 11 Fundamentalien umfassenden Lehrbasis das Bekenntnis zur göttlichen Inspiration der Hl. Schrift, zu ihrer Fehlerlo- sigkeit und Unfehlbarkeit (inerrancy, infal- libility) an erster Stelle. Nach eigenen Angaben gehören über 120 Kirchenkörper - oft Splitterkirchen und kleine Gruppen - dem ICCC an. Das internationale Hauptquartier ist in Amsterdam,- das offizielle Organ heißt »The Reformation Review«. Etwa alle 5 Jahre findet eine Vollversammlung statt. In Europa hat der ICCC nur wenig (Holland, Skandinavien), in Deutschland so gut wie kein Echo gefunden.
Lit.: J. Reich, »Twentieth Century Reformation«. Dynamischer Fundamentalismus nach Geschichte und Erscheinung, 1969
Geldbach
Internationale Vereinigung christl. Geschäftsleute -> Berufsmissionen 5.
Internationaler Kongreß für Weltevangelisation in Lausanne (IKfW)
I. Vorgeschichte und Durchführung des Kongresses
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der ikfw hat seine Vorgeschichte in den in der ganzen Welt nach dem 2. Weltkrieg durchgeführten Großevangelisationen, die v.a. mit dem Namen B. —» Graham verbunden sind. Sie führten zu einer Kongreßbewegung, die im Weltevangelisationskongreß in Berlin 1966 ihren Anfang nahm, sich in einer Reihe von regionalen Kongressen (darunter der europäische in Amsterdam 1971) fortsetzte und dann zum IKfW in Lausanne (16.-25.7.1974) führte. Initiator auch dieses Kongresses war B. Graham. Ein internationales Planungskomitee wurde mit der Vorbereitung beauftragt. Es setzte einen Exekutivausschuß ein, dessen Mitglieder B. Graham (als Leitender Vorsitzender), Bischof A. J. Dain, D.E.Hoke und P.E.Little waren.
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Mit den rd. 4000 Menschen aus 150 Nationen, die dem Kongreß beiwohnten (2 700 Teilnehmer, dazu Beobachter, Mitarbeiter, Journalisten etc.), war der IKfW die bisher größte Zusammenkunft leitender Evan- gelikaler. Dabei wurde vom Planungskomitee sorgfältig darauf geachtet, daß mindestens 50% der Teilnehmer aus der Dritten Welt kamen.
3. der Kongress war stark von dem Eindruck des explosiven Bevölkerungswachstums und der Zahl der 2,7 Milliarden Nichtchristen auf der Welt bestimmt und sich daher der Dringlichkeit des Missionsauftrags sehr bewußt. Neben der daraus folgenden Nüchternheit stand jedoch auch ein Optimismus, der die Chancen christlicher -» Mission als so gut wie noch nie bezeichnete (B. Graham). In diesem Zusammenhang diskutierten die Teilnehmer »Formen kirchlichen Wachstums«, die vielfältigen Evangelisationsmethoden und -formen, sowie in eigens dafür nach Nationen aufgegliederten Arbeitsgruppen Fragen der nationalen »Strategie« (-» Afeva).
n. Der Inhalt der Kong ress Arbeit
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Im Vorfeld der Frage um die Theologie der Evangelisation wurde bewußt auch die theologische Grundfrage nach dem Verständnis der —» Bibel-angesprochen. In den Referaten wurde die Inspirationslehre grundsätzlich von den Eigenschaften der »Unfehlbarkeit« und »Irrtumslosigkeit« her gefüllt. Bemerkenswert ist, daß die Lausanner Verpflichtung hier (in Art. 2) zurückhaltender und zugleich präziser redet, wenn sie die Irrtumslosigkeit konkret auf die eindeutige Aussageintention der Bibel (»in all that it affirms«) bezieht. Theologisch beachtenswert bleibt weiter die wiederholt begegnende Absage an —» Säkularismus, —> Synkretismus und -» Universalismus in der Mission (J. Stott u.a.).
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Im Blick auf das Evangelisationsverständnis lag die Betonung darauf, daß es weder vom Ergebnis noch den Methoden her definiert werden dürfe, sondern ausschließlich von der christlichen Botschaft selbst (J. Stott); daß der Adressat der Evangelisation nicht als neutral, sondern nach Röm 1 als gottwidrig und deshalb erlösungsbedürftig einzuschätzen sei (S. Uda); daß sich christliche Mission inmitten der Auseinandersetzung zwischen dem angebrochenen Reich Gottes und dem mächtiger werdenden Reich Satans vollzieht (P. Beyerhaus).
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Stärker als auf früheren evangelikalen Weltkongressen war in Lausanne die Sensibilität für die Fragenkreise Kultur und Gesellschaft. Im Gegenzug gegen bisher unbedacht geübten »Kulturimperialismus« in der
Mission wurde die Einpassung der christlichen Botschaft in den jeweiligen kulturellen Kontext gefordert (McGavran). Entsprechend wurde der Dialog mit Angehörigen nichtchristlicher Religionen als eine Methode der Mission bejaht (J. Stott). Zugleich wurde aber auch davor gewarnt, dabei vor evangeliumswidrigen religiösen und sozialen Strukturen voreilig zu kapitulieren: die Evangelisation müsse auf die Erneuerung des ganzen Menschen zielen, einschließlich der Strukturen, in denen er sich vorfindet (R. Padilla). Die Reihenfolge »erneuerte Menschen- soziale Erneuerung« bleibe zwar gültig, sie sei aber kein Automatismus (S. Esco- bar). Von ihrer sozialen Verantwortung her sei die Gemeinde nicht nur zur eigenen beispielhaften Tat, sondern auch zur prophetischen Anprangerung gesellschaftlicher Mißstände ermächtigt (C.F.Henry). In seinem Verhältnis zum ökumenischen Rat der Kirchen sah der Kongreß seine Aufgabe weniger in der Abgrenzung als in konstruktiver Kritik. Die als Ergebnis und Aufgabenstellung zu verstehende Lausanner Verpflichtung hat weltweite Beachtung erlangt. Im deutschsprachigen Raum ist der IKfW jedoch erst anfangsweise fruchtbar geworden (Christival der —> AG JE; -» Afeva; —» AfeT).
Lit.: Henry/Mooneyham (Hg.), One Race, One Gospel, One Task (Dokumentarband von Berlin 1966) - »Alle Welt soll sein Wort hören« (Dokumentarband von Lausanne), 1977 - H. Burkhardt, Lausanne 74. Ein Bericht, in ThB Jg 5/74, S. 273-293 - K. Bockmühl, Evangelikale Sozialethik, 1975 — R. Padilla (Hg.), Zukunftsperspektiven, 1977
Laepple
Irrlehre -> Lehrzucht Irvingianer —> Kath. apost. Gemeinde
Israel
Das atl. Bundesvolk führt sich nach biblischer Überlieferung (Jos 24,2ff.) auf den Stamm des Hebräers Abraham zurück, der aus Mesopotamien nach Kanaan zog, dessen Nachkommen sich dann in Ägypten zu volkreichen Sippschaften ausbreiteten und um noo v.Chr. durch Mose und Josua wieder nach Kanaan geführt wurden. Die einzelnen Stämme des Bundesvolkes waren zunächst nur kultisch-religiös verbunden, erst mit dem Königtum unter Saul (um 1020), David (um 1000) und Salomo (um 970) entstand die staatliche Einheit, die freilich nach Salomos Tod wieder zerbrach. Die nördlichen Stämme bildeten das Reich Israel um Samaria, die Könige von Juda regierten weiterhin in Jerusalem, der Stadt, die David zur Hauptstadt gemacht hatte, in der Salomos Tempel stand. 722 eroberten die Assyrer Samaria. 586 unterlag Juda den Babyloniern, die das Volk nach Babel ins Exil führten. Als die Perser 538 Babylon eroberten, erlaubten sie den Juden, in ihr Land zurückzukehren. Seither lebte das Volk als religiöse Gemeinschaft, politisch nie mehr ganz unabhängig: 322 Eingliederung in das Reich Alexanders d.Gr., dann bis 198 unter der Herrschaft der ägyptischen Ptolemäer, 198 unter den in Syrien (Antiochia) residierenden Seleukiden.
Deren Hellenisierungspolitik führte r67 zum Makkabäeraufstand, der die kultische Eigenständigkeit aber auch das politische Bewußtsein festigte. Uber die Hasmonäer- herrschaft ging Palästina an die Römer, gegen die sich die jüdischen Zeloten in den Aufständen der Jahre 70 und 132-135 (Bar Kochba) erhoben, was zur Katastrophe der Zerstörung Jerusalems und zur Vertreibung des Volkes aus dem Lande führte.
Das Erstaunliche ist, daß das Judentum (Israel) sich während langer Fremdherrschaft im Völkertiegel des vorderen Orients, dann während des Exils unter allen Völkern bis zur Gründung des Staates Israel im Jahre 1948, erhalten hat. Das ist politisch nicht erklärbar, sondern nur zu verstehen, weil dieses Volk zugleich ein religiöser Bund ist, der wohl auf staatliche Existenz hinzielt, solche aber nicht voraussetzt. Der Bund, geschichtlich durch Mose am Sinai gestiftet, hat Israel schon in frühester Zeit aus der Umwelt der antiken Kulturen herausgehoben: Einmal durch den Glauben an den einen, unsichtbaren —> Gott, Jahwe, dann durch die ethische Forderung, die den einzelnen wie das Volk unter eine auf Gott bezogene Rechtsordnung und Verheißung stellt. Dieser Gottesglaube hat zwar auch einen universalistischen Sinn, weil Jahwe der Schöpfer der Welt ist, aber primär ist die Gottesbeziehung vom Bund her bestimmt, durch den Israel das auserwählte Volk, das Eigentumsvolk Gottes geworden ist (Lev 26,12; Dtn 7,6; Ps 135,4; Jes43; Jer 7, 23; Ez 34,30). Das Bundesverhältnis ist einerseits —» Gesetz, Tora (Weisung), die auf Mose zurückgeht (Ex 2off.), unter Josia durch das Deuteronomium erweitert wurde (2Kön 22L) und später, nach der Vertreibung, im
Talmud mündete, einer Sammlung von Gesetzeserklärungen (Mischna) und Lehrtraditionen (haggada). Der sog. palästinische Talmud geht zurück auf Jochanan bar Nap- pacha (199-279), der babylonische auf Raw Aschi (352-427). Begründete das Gesetz vornehmlich den inneren Zusammenhang Israels, so hatte die andere Seite des Bundesverhältnisses, die prophetische Verheißung, zugleich eine große Ausstrahlung auf die Welt, gab sie dieser doch die Hoffnung auf —» Heil und Erlösung als Ziel und Sinn der —» Geschichte.
Der atl. Messianismus ist Hoffnung auf den Heilsbringer, den Messias, aber zugleich
Hoffnung auf die Wiedergeburt und Kettung Israels. Auch der eschatologische Herrscher, der Menschensohn von Dan 7,13-15, ist zugleich Repräsentant des Volkes der Heiligen (Dan 7,27). Der Heilsuniversalismus, der auch auftaucht (Gen 12,3; Jes 2,3h; 49,6;
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setzt das Heil Israels voraus: Nicht an Stelle des Volkes Israel, sondern durch die Rettung des Gottesvolkes wird auch den anderen Völkern das Heil zuteil.
Lit.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels, 19774 - Ludwig Albrecht, Die Geschichte des Volkes Israel, 1926 - Abba Eban, Dies ist mein Volk, 1968
Flückiger
J
Jacoby, Ludwig Sigismund, *21.10.1813 Altstrelitz, 120.6.1874 St. Louis (USA). Der aus einer jüdischen Familie stammende, 183 5 getaufte Kaufmann wanderte 1839 nach Nordamerika aus, wo er nach seiner Bekehrung methodistischer Reiseprediger wurde. 1849 nach Deutschland gesandt, machte er Bremen zum Ausgangspunkt seines Wirkens, durch das er zum Gründer der Bischöflichen —> Methodistenkirche im deutschsprachigen Europa wurde. J. stand dem sich in Deutschland und in der Schweiz ausbreitenden Werk bis 1872 als Superintendent vor. Er gab seit 1850 die Zeitschrift »Der Evangelist« heraus, gründete ein Verlagshaus (Verlag des Traktathauses, Bremen) und eine Missionsanstalt zur Ausbildung methodistischer Prediger (1858).
Lit.: über J.: H. Mann, Ludwig S. Jacoby, der erste Prediger der Bisch. Methodistenkirche von Deutschland und der Schweiz, o.J. - F. Wunderlich, Brückenbauer Gottes, 1963
Wüthrich
Jänicke, Johannes *6.7.1748 Berlin, 121.6.1827 Berlin. Zunächst Weber, dann Lehrer wird J. als Mitglied der Brüdergemeine 1779 Prediger der Böhmisch-lutherischen Bethlehemsgemeinde in Berlin. 1800 eröffnet er das erste deutsche Missionsseminar, das er durch seine Persönlichkeit im Geist der —» Erweckungsbewegung prägte. Durch Vermittlung Steinkopfs wurden Absolventen des Seminars von englischen Gesellschaften ausgesandt. Bis zu seinem Tod sind 80 Missionare aus der Missionsschule hervorgegangen, darunter auch der Pionier der Chinamission, K. —>• Gützlaff. J. wirkte auch nach innen: Er schuf eine Volksküche, einen Traktatverein, sowie eine »Biblische Gesellschaft«, ein Vorläufer der »Preußischen Hauptbibelgesellschaft«. Lit.: E. Schick, Vorboten und Bahnbrecher, 1943
Geldbach
Janssen, Remmer, *6.11.1850 Werdumer Altendeich/Ostfriesland, 118.5.1931 Egels bei Aurich. Nach dem Theologiestudium in
Leipzig und Göttingen wurde J. r877 Bauernpastor in Strackholt bei Aurich. Sein Dienst fand ein starkes Echo. Seit 1880 nahmen trotz langer Predigten rund 1 000 Menschen am Gottesdienst teil, so daß die Kirche vergrößert werden mußte. In der wöchentlichen -» Bibelstunde zählte man 700 Besucher. 1882 fand das erste -» Missionsfest statt, das seitdem regelmäßig am letzten Mittwoch im August große Scharen aus ganz Ostfriesland vereinigt. 1886 baute J. in Strackholt ein Missionsseminar, durch das bis 1914 96 Schüler gingen. In seinem Pfarrhaus erzog er im Laufe der Zeit über 30 Waisen.
Lit.: Vom Geheimnis Christi, Andachten, (Hg. J. Mindermann) 19712
Rothenberg
Janz Team e.V.
Überkonfessionelles Missionswerk mit Sitz in Lörrach (Baden). Das »Janz Quartett«, bestehend aus den drei Brüdern Leo, Adolph und Hildor Janz und einem Schwager, Cor- nie Enns, arbeitete zunächst im Auftrag von kanadischen Bibelschulen in Kanada und den USA. Neben evangelistische Einsätze trat bald die Möglichkeit der Radiomission.
1951 besuchte das »Janz Quartett« auf Einladung von —» Jugend für Christus erstmals Deutschland. Aufgrund der dabei geschlossenen Kontakte und der Möglichkeit, über Radio Luxemburg evangelistische Sendungen auszustrahlen, begann das J. T. Mitte der fünfziger Jahre seine Arbeit in Europa.
1957 veranstaltete das J. T. im Rahmen der Ev. —> Allianz seine erste —> Großevangelisation in Essen. Seither Großevangelisationen in Deutschland, der Schweiz und Österreich, Kanada, Argentinien, Brasilien und Paraguay. Radiomission über Sender in Europa, Nord- und Südamerika. Daneben Evangelisationen auf Gemeindeebene, die von einzelnen Gruppen des J. T. durchgeführt werden (z.B. den »Ambassadors«). Die Evangelisationsarbeit wird ergänzt durch Schulungs- und Freizeitarbeit in »Haus Palmgarten« in Kandem (Schwarzwald) und
dem »Centro de Treinamento Biblico« in Gramado, Brasilien.
Lit.: L. Janz, Die Janz Team Story, 19773
Steinseifer
Jellinghaus, Theodor, ‘21.6.1841 Schlüsselburg/Weser, t4.10.1913 Berlin. J. entstammt einem alten westfälischen Pastorengeschlecht. Nach dem Theologiestudium wurde er Missionar der Goßner- Mission in Indien 1866-1870. 1870-1873 ohne Anstellung, dann Pastor in Rädnitz bei Crossen und Gütergotz. 1874 wurde er auf einer Englandreise während der »Segenstage von Oxford« für die Anschauungen der angelsächsischen —> Heiligungsbewegung gewonnen und verarbeitete seine neuen Erkenntnisse in der einzigen »Dogmatik« der Heiligüngsbewegung: »Das völlige gegenwärtige Heil durch Christum«, 1880/19035. Auf Anregung von leitenden Brüdern des —*• Reichsbrüderbundes gründete er 1885 in Gütergotz (später Lichtenrade b. Berlin) eine Bibelschule für Laien, die er in fünfmonatigen Kursen im Sinne seiner Heiligungslehre unterrichtete. Infolge schwerer Depressionen ließ er sich 1894 aus dem Pfarramt pensionieren. Nach Besserung seines Zustandes hielt er neben der Bibelschule mehrwöchige Bibelkurse in vielen deutschen Städten. Bis 1903 war er Mitglied des —> Blankenburger Allianzkomitees. Als J. sich gegen das Vordringen des Darbysmus (—> Darby) und gegen die Heiligungslehre J. —> Pauls wandte, brachte akuter Schülermangel die Bibelschule in Gefahr. In dieser Zeit verfiel J. wieder in tiefe Depressionen. Sein Sohn führte die Schule weiter. Bis 1910 wurden ca. 3 000 Bibelschüler in den Anschauungen der Heiligungsbewegung unterrichtet. Die nervliche Krise 1905/6 war verbunden mit Ängsten J., daß seine vom reformatorischen Verständnis abweichenden Lehren (Stufenschema, oberflächliche Behandlung von Sünde etc.) zu Fehlentwicklungen in der —» Gemeinschaftsbewegung geführt hätten, deren Auswirkungen er in der aufkommenden —» Pfingstbewegung sah. 1911 widerrief er (»Erklärung über meine Lehrirrungen«, o.J.) die Irrtümer seines »heilistischen Systems«.
Lit.: P. Jellinghaus, Zum 25jährigen Bestehen der Bibelschule, r88$-i9io - E. Cremer, Das vollkommene gegenwärtige Heil in Christo, Eine Untersuchung zum Dogma der Gemeinschaftsbewe- gung, BFchTh 4/5, 1915 Qhlemacher
Christian Jensen
Jensen, Christian *20. 1. 1839 Fahretoft, 123.3.1900 Breklum, hat in Kiel und Erlangen Theologie studiert. Nach dem Examen 1867 wurde er Pastor in Ülvesbüll, 1873 in Breklum. 1870 gab er das »Sonntagsblatt für's Haus« heraus, gründete 1875 die Brek- lumer Buchhandlung, am 19. 9. 1876 die Schleswig-Holsteinische ev.-lutherische
Missionsgesellschaft. 1877 eröffnete er das »Missionsseminar«, 1879 die »Brüderanstalt«, 1882 das »Martineum«, das als Gymnasium bis 1893 bestand. Christian Jensen erhielt 1891 den theologischen Ehrendoktor des Carthage College in Kenoscha-Wiscon- sin (D.D.). Obwohl er entschiedener Bekehrungsprediger war, liest man in seiner Lebensgeschichte nichts von seiner eigenen Bekehrung, nimmt aber an, daß sie ausgelöst wurde durch den »guten Einfluß Erlanger Universitätsprofessoren« (—» Erlanger Theologie). Christian Jensen war Erweckungsprediger. Ausläufer der von Breklum ausgehenden —> Erweckung sind heute noch in Schleswig-Holstein zu finden. Gleichzeitig war Jensen ein Mann der Mission. Innere und Äußere Mission blieben für ihn eine unzertrennliche Einheit.
Lit.: Evers. E., Christian Jensen, 19244, Dunker, H., Christian Jensen, 1970. Sensche, K., Christian Jensen und die Breklumer Mission, 1976.
Bräumer
Jeppe, Karen, *i. 7. 1876 Gylling/Däne- mark, 17.7.193 5 Aleppo, Tochter eines dänischen Lehrers. Ihr Weg zu einem nüchternen und starken Glauben vollzieht sich unter verborgenen Kämpfen. Nach ihrem Studium ist sie im Schulunterricht tätig. Von der blutigen Verfolgung des armenischen, christlichen Volkes durch die Türken (1895/96) ergriffen, folgt sie dem Ruf Gottes und leitet in Urfa, nördlich von Aleppo, ein Heim für Waisenkinder. Sie fördert sie im Glauben, führt erfolgreiche Lehrmethoden ein und errichtet für sie verschiedenste Werkstätten. Als im 1. Weltkrieg eine zweite, furchtbare Verfolgung einsetzt, die auch ihr Werk zerstört, wird J. die Beschützerin der Bedrängten unter Einsatz ihres Lebens. Nach dem Krieg lassen ihr die Zehntausenden verschleppten Armenier keine Ruhe. Es gelingt ihr in zähem Einsatz und mit staatlicher und ökumenischer Unterstützung, Ungezählte aus der Sklaverei zu befreien und ihnen eine neue Heimat mit Glaubensfreiheit zu verschaffen. Von Malaria aufgezehrt starb »die Mutter Armeniens«.
Lit.: A.O.Schwede, Geliebte fremde Mutter. Karen Jeppes Lebensweg, 1974 K Brandt
Jesus-Bruderschaft
1961 schlossen sich junge Christen zur J. zusammen. 1969 bezogen sie ihr Zentrum in Gnadenthal/Ts., das aus Brüder- und Schwesternhaus, dem »Haus der Stille« (für Schulungs- und Stillefreizeiten) und dem eigenen »Präsenz-Verlag« besteht. Hinzu kommt das Angebot der »Lebensschule«, in der junge Menschen ein Jahr lang im brüderlichen Miteinander verbindliches geistliches Leben einüben können. Von Gnadenthal aus werden die Brüder und Schwestern der }. in die Außenkommunitäten ausgesandt, die es derzeit in Deutschland, der Schweiz, Italien, den USA, Kamerun und Israel gibt. Gottesdienste und Tageszeitgebete sind geprägt von einer Verbindung bi- blisch-pietistischer Frömmigkeit mit liturgischer Tradition. Die J. gehört der Ev. Kirche an, ist aber konfessionell offen. Ihre besondere Berufung liegt im Einstehen für die Einheit des Leibes Christi überall da, wo sich Trennung, Unversöhnlichkeit und Zerrissenheit zeigen. Darum versucht die J., Versöhnung untereinander zu leben und Wege zum brüderlichen Einssein der Christen zu finden.
Lit.: Lasset uns eins sein . . . Tageszeitgebete der J., 19713 - R. Reck, Gottes neue Avantgarde? 1973, S.
K. H. Michel
Jesus Christus
I Die ältesten Christusbekenntnisse (vor-
PAULINISCH)
Der Name Jesus Christus hat Bekenntnischarakter: Man bekennt sich zu Jesus als dem auf Grund atl. Verheißungen erwarteten Christus, hebr. Messias, d.h. der »Gesalbte«, mit dem Zeichen göttlicher Erwählung und Vollmacht versehene Retter und König Israels. Solche Verheißungen sind 2Sam 7,4-17 (Herkunft aus Davids Stamm, vgl. Jes 9,6; Jer 23,5; Ez 34,23,- 37,24,- Sach 12,8; Ps 89,4; 132,1), Jes 11,1 — 10 (messiani- sche Heilszeit, endzeitliches Friedensreich, vgl. Jes 9,2-7; Ez 34,23-31), Jes 11,4 (Gericht über die Gottlosen, vgl. Jer 23,2; Ps
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11), 2Sam 7,10 (Befreiung und Rettung des Volkes Israel, vgl. Jes 9,4; Jer 30,31; Ez 37; Am 9,11-15; Mi 5,4), Sach 12,10 (der Märtyrerkönig, vgl. Sach 13,7-9; Ps
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9ff.), Ps2,8 (Gericht über die Völker, vgl. Ez 34,27; Mi 5,7). Jesus wurde nach Apg 5,42 in der judenchristlichen Urgemeinde als Christus verkündet, wogegen nach Apg
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in der hellenistischen Mission bald das Bekenntnis zu J.C. dem Herrn (Kyrios) in den Vordergrund trat, was damit zusammenhängt, daß der Christustitel besonders die Beziehung zu Israel ausdrückt, der Hoheitsname Kyrios dagegen die Herrschaft über die Völker (Ps 2,8; 110,1). Sehr alt ist auch der Würdename »Sohn Gottes«, der auf das AT zurückweist, 2Sam 7,14; Ps 2,7 aber im NT durch die Verbindung mit der Präexistenz besonderes Gewicht erhielt (Joh 1,14,- Gal 4,4; Kol 1,13ff.; Hebr 1,2). Der Sohnesname begegnet im alten Bekenntnis Röm 1,3-4, auch im alten, eingliedrigen Taufbekenntnis Apg 8,37: »Ich glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes«. Als »übernommen« bezeichnet ist die Formel iKor 15/3-4/ die als Hauptsache Christi Tod für unsere Sünden und die Auferweckung bezeugt. Christi Tod, Auferweckung und Erhöhung bekennt die Formel, die hinter iPetr
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22 erkennbar ist, sowie - mit der Präexistenzaussage — der alte Hymnus Phil 2,6-11. Die Bekenntnisformeln Röm 1,3-4 und 2Tim 2,8 reden von J.C., dem Sohn Davids, der vom Tode auferweckt bzw. erhöht ist. Zweigliedrige Formeln nennen Gott und Christus, so iKor 8,6, wo Christus als Herr und Schöpfungsmittler bezeugt wird, und r Tim 6, r 3, wo es heißt, daß Jesus vor Pilatus Zeugnis abgelegt, d.h. das Martyrium erlitten hat. Insgesamt konzentrieren sich diese Formeln, die den Ansatz zum späteren Apostolischen Glaubensbekenntnis bilden, auf die Würdenamen Christus, Sohn Gottes, Herr, sowie auf das Zeugnis, daß er (für uns) gestorben ist, auferweckt und zum Kyrios erhöht wurde. Auffallend ist, daß das später im 2. Artikel stehende Bekenntnis zum künftigen Kommen Christi zum —> Gericht noch fehlt. Erwähnt sind dagegen die Präexistenz (Schöpfungsmittlerschaft) und die irdische Herkunft aus dem Geschlecht Davids. Dieses Zeugnis deckt sich mit der Botschaft der Petruspredigten in der Apg, die auch von Christi Tod, Auferweckung und Erhöhung künden (Apg 2,23 -24; 2,36; 3,15; 4,10; 5,30; ro,39-40).
n Paulinische und andere ntl. Schriften (ohne Evg.)
Auch die Botschaft des Paulus ist am Kreuz (1 Kor 1,23) und an der Auferweckung Christi (Röm 10,9) orientiert, wogegen das irdische Wirken Jesu kaum erwähnt wird (nur iKor 11,23ff.). Christi Tod war Sühnetod für unsere Sünden (Röm 3,25 u.ö.). Christus starb »für uns« (Röm 5,8 u.ö.). Christi Tod ist die Voraussetzung unserer -» Rechtfertigung, seine -> Auferstehung die Bedingung unserer Auferstehungshoffnung. Christus ist der neue Mensch, der zweite Adam (Röm
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ff.; 1 Kor 15,4 5 ff.), nach dessen Auferstehungsleiblichkeit auch wir verklärt werden sollen (iKor 15,44ff.). Er ist das wahre Ebenbild Gottes, dem wir gleichgestaltet werden (Röm 8,29; 2Kor 4,4; Eph 4,24; Kol 3,10). Er war auch in seinem Menschsein Gottes Sohn und ohne —» Sünde (2Kor 5,21), also nicht nur Mensch wie wir: Ihm gleichgestaltet werden heißt daher, den »alten Menschen« ablegen (Eph 4,22ff.; Kol 3,9). In ihm bzw. im Geist leben ist -» Wiedergeburt, die sich äußert im Prozeß der Befreiung von der Bindung an die Sünde und in der Betätigung der Geistesgaben (Röm 8,1 ff., 12,1 ff.). Christus ist erhöht zum Herrn über alle Mächte und Gewalten (iKor 15,27; Phil 2,10; Kol 1,19ff-), er muß herrschen, bis alle gottfeindlichen Mächte unterworfen sind, daß dann »Gott sei alles in allem« (iKor 15,28).
Nach dem Hebr war er als Mensch ein Hoherpriester, der sich selbst als Opfer darbrachte und durch sein einmaliges Opfer eine ewige Erlösung erwirkte, den neuen Bund stiftete. Nun ist er in den Himmel eingegangen, wo er als himmlischer Hoherpriester fürbittend vor Gott für die Seinen ein- tritt (Hebr 9,23-28; 10,11 ff.). - Im iPetr wird auf Christus als unser Vorbild hingewiesen: Er hat, wie der Gottesknecht Jes 53 (vgl. 1 Petr 2,21-25), für unsere Sünden gelitten (iPetr 1,18-19; 2,24; 3/18). Nun wartet die erlöste Gemeinde auf seine Offenbarung, wenn er zum Gericht erscheinen wird (1,7;
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. — Die Joh.-Briefe verkünden den Sohn, der vom Vater gezeugt ist (ijoh 5,18), durch den wir Gott erkennen und das ewige Leben empfangen. Wer in ihm lebt, der wandelt im Licht bzw. in der Liebe und wird gereinigt von der Sünde. 2Petr, Jud und Offb vertreten eine stark apokalyptische Theologie: Christus, der Retter der Gemeinde, ist auch der himmlische Herrscher, der die Welt richten wird. Er wird die satanischen Mächte niederwerfen und die neue Schöpfung heraufführen.
RI Das Zeugnis der Evangelien Der biographische Rahmen der Evangelien umgreift davidische Herkunft, Geburt in Bethlehem (-* Jungfrauengeburt), Kindheit in Nazareth, Taufe durch Johannes, bei welchem Anlaß eine Offenbarung ihm seine Sendung zeigt; erste Wirksamkeit in Galiläa, Sammlung eines Jüngerkreises, Kreuzigung um 30 in Jerusalem durch den römischen Prokurator Pontius Pilatus und die Erscheinungen des Auferstandenen. Zur ältesten Überlieferung gehört, daß er predigte und daß er —» Wunder vollbrachte (vgl. die Zusammenfassungen seines Wirkens in Mk 4,23; 11,5: Apg 2,22-23; 10,36-42; Hebr
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-4). Im Zentrum der Verkündigung steht die Herrschaft Gottes (-» Reich Gottes), die nicht ein »Reich« ist, sondern das Herr-Sein, die Würde und Macht Gottes, die der Welt noch verborgen ist. Jesus kündet das Kommen, die nahe Offenbarung der Gottesherrschaft an (Mk 1,15). Keimhaft ist sie in Jesu Wort (Mt 13,37) und Werk (Lk 11,20) schon da. Sie ist Gericht und Rettung. Nicht alle werden hineinkommen (Mt 5,20; 7,21; 8,12;
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ff.). Jesus hat Vollmacht, die Zugehörigkeit zur Gottesherrschaft zuzusprechen (Mt 5,3; Lk 23,43). Gott hat sie ihm vermacht (Lk 22,29). Auch die Wunder sind Offenbarung der Gottesherrschaft, d.h. der schöpferischen Lebensmacht Gottes an Kranken, Besessenen, Elenden und Toten. Sie sind
eschatologische Zeichen der Schöpfungsmittlerschaft des Sohnes und der Neuschöpfung. Als solche waren sie auch für die damalige Zeit einzigartig (Mt 9,33; Mk 2,12; foh I5,i4)-
Jesus hat sich in seiner Verkündigung nicht als Messias bezeichnet. Nach den Evangelien sprach er von sich als vom Menschensohn. Die besondere Bedeutung dieses Begriffs im Selbstzeugnis ist, daß darin nicht nur das künftige Kommen (nach Dan 7,13) ausgesagt ist, sondern primär sein gegenwärtiges Leiden, seine Erniedrigung (Mt 8,20; 11,19; Mk 8,31; 10,45 u.a.). Dieser Leidensaspekt erklärt, warum Menschensohn-Aus- sagen und Verkündigung der Gottesherrschaft nicht miteinander verbunden sind, denn die Gottesherrschaft ist immer, auch in den gegenwärtigen »Zeichen«, Offenbarung der Herrlichkeit und Königsmacht Gottes. Die Gemeinde nach Ostern kannte den Menschensohn-Namen nur noch als Erhöhungsaussage (Joh 1,15 u.a.; Apg 7,55; Offb 1,13; 14,14), es ist daher nicht anzunehmen, daß sie einen Menschensohn-Be- griff, den sie selber nicht verwendete, in die Geschichte Jesu zurückprojiziert haben könnte. Jesus war Jude und wandte sich an die Juden, wenngleich er Heiden, die zu ihm kamen, nicht von sich wies (Mt 8,5ff.;
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ff.). Auch die Jünger sandte er nur zu den Juden (Mt 10,5). Er lebte in engem Umgang mit der Schrift. Das Gebot der -» Liebe zu Gott und zum Nächsten wird als Gebot des AT gelehrt (Mk i2,28ff.). Die jüdische Gesetzesauslegung (Überlieferung der Alten Mk 7,5 par.) stellte er in wichtigen Teilen (Reinigung, Sabbat) durch seine eigene Gerechtigkeitsforderung in Frage (Bergpredigt). Er hat -» Vollmacht, Sünden zu vergeben (Mk 2,5). Die Elenden und Sünder verstößt er nicht, vielmehr weiß er sich gesandt, sie zu retten (Mt 18,11). Seine Botschaft ist Ankündigung des —> Heils Gottes, aber zugleich Ruf zur —» Bekehrung und Nachfolge (Mt 4,17; Mk 1,15; Lk 15,7; 19,8).
Warum wurde Jesus getötet? Nach Mt 27,37 wegen des Anspruchs, »König der Juden« (d.h. der Messias) zu sein. Die Römer verstanden diesen Anspruch politisch, wie er ihnen vom römerfeindlichen jüdisch-zeloti- schen Messianismus her bekannt war. Nach den Evangelien ist die Anklage vom Sanhe- drin, dem jüd. »Hohen Rat« ausgegangen, der Jesus zuvor verhörte. Da Zeugen vernommen wurden, ist wahrscheinlich, daß beim Sanhedrin Klagen eingegangen waren, evtl, wegen Schmähung des Tempels (Mk 14,58). Aber das hatte wohl nur den Anstoß gegeben, denn längst bestand Mißtrauen wegen seines Vollmachtsanspruchs (Mt 9,3; Mk 11,18,- Lk 6,1 — 11). Nach Mk 14,62 par. hat Jesus vor dem Rat ein Messias-Bekenntnis abgelegt. Aber messianische Bewegungen galten bei den Juden an sich nicht als verbrecherisch, sie fanden eher heimliche Unterstützung. Der wahre Grund der Anklage muß ein anderer gewesen sein. Nach den synoptischen Berichten hat Jesus sein Messiasbekenntnis verbunden mit einer Ankündigung seiner Erhöhung. Er wird sitzen zur Rechten der Kraft (d.h. Gottes).
Diese Aussage wird ergänzt durch eine deutliche Anspielung auf Dan 7,13. Das Kommen des Menschensohnes auf den Wolken in Dan 7,13 ist nicht ein Kommen auf die Erde, sondern Erhöhung zu Gott. Jesus kündete an, daß er sich offenbaren wird als erhöht zur Rechten Gottes, d.h. in einer Gott gleichen Stellung. Für jüdische Ohren erinnert das an das »Sein wie Gott« Gen 3,5, die Ursünde, und es ist verständlich, daß der Hohepriester sogleich den Vorwurf der Lästerung erhob und der ( wahrscheinlich inoffiziell zusammengerufene) Rat Jesus als des Todes schuldig erkannte. Das Todesbekenntnis Mk 14,62 par., auf das wohl iTim
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angespielt hat, erklärt die sonst unbegreifliche Verurteilung. Die Juden wollten Jesus als Lästerer gekreuzigt haben, weil er seine Erhöhung zur Rechten Gottes angekündet hatte. Aber weil der römische Richter auf diese rein religiöse Anklage nicht eingetreten wäre, benutzen sie sein gleichzeitiges Messiasbekenntnis (und vielleicht Hinweise auf die Mk 11,1-8 par, geschilderte Demonstration), um ihn als Messiasprätendenten, d.h. für Pilatus als Aufrührer, zu bezichtigen. Mit solchen machten die Römer sehr kurzen Prozeß, wie es denn auch hier geschehen ist. Das Todesbekenntnis ist auch der Schlüssel zum ältesten Bekenntnis der Gemeinde, daß Jesus der Christus ist, und daß er zum Herrn gemacht ist, zur Rechten Gottes (Apg2,36; Phil 2,9-H; Hebr 1,3). Dieses Bekenntnis ist möglich und Tatsache geworden, weil Gott selber sich gegen das Urteil der Menschen zu Jesus bekannt hat, indem er ihn von den Toten auf erweckte (vgl. Apg 3,15-20).
IV Entfaltung der Christologie in der
KIRCHLICHEN LEHRE
Die -> Alte Kirche hat in Weiterbildung der ältesten Glaubensformeln das sog. apostolische Glaubensbekenntnis formuliert und zur Glaubensregel gemacht. Im Zentrum des christologischen 2. Artikels stehen Leiden, Auferstehung und Erhöhung Christi, dazu nun das künftige Kommen als Richter. Gegen die gnostische Infragestellung der menschlichen Natur Christi und gegen die arianische Infragestellung seines göttlichen Wesens wurde 451 das Symbol von Chalce- don aufgestellt, als Bekenntnis zum »Sohn, unserem Herrn Jesus Christus . . . wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch . . . der in zwei Naturen unvermischt und unverwandelt, ungetrennt und ungesondert erkannt wird«. Apostolikum und Chalcedonense blieben die grundlegenden -» Bekenntnisse auch in der Reformationszeit: Die überlieferte Lehre von der Person Christi wurde beibehalten, das theologische Schwergewicht liegt nun auf der Lehre vom Werk Christi. Diese wird dogmatisch entfaltet in der Lehre vom dreifachen Amt Christi, nämlich vom prophetischen Amt, insofern Christus uns Gottes Willen (als Gesetz und Evangelium) enthüllt, als hohepriesterliches Amt, indem Christus durch das freiwillige Opfer seines Todes am Kreuz die Strafe für unsere Sünde auf sich nahm und uns mit Gott versöhnte, und das königliche Amt, d.h. die ihm verliehene Herrschaft bzw. Vollmacht, zunächst über sein Volk, das er zur Vollendung führt, aber (nach reformierter Lehre) auch über die Welt und alle Mächte und Gewalten.
Von der Aufklärungszeit an begegnet die überlieferte Christuslehre vielfacher Kritik, einmal von einer Welterkenntnis her, die alles Geschehen aus innerweltlichen Ursachen zu erklären sucht und deshalb Wunder ablehnt, dann wegen der historischen Evangelienkritik, welche die Berichte der Evangelien oft stark anzweifelt (D.F.Strauss, R. -> Bultmann). Unter dem Einfluß idealistischer Philosophie vertreten viele Theologen des 19. Jh.s ein neues Christusbild: Christus erscheint als Urbild dessen, was einst die Menschheit im Ganzen sein soll: die Verkörperung der höheren, vom Geiste erfüllten Natur. Als Vorbild höherer Menschlichkeit (Mitmenschlichkeit) erscheint Christus auch in der gegenwärtigen Theologie, oft stark gesetzlich, insofern Christusverkündigung als Liebesforderung verstanden ist, oder als Gerechtigkeitsforderung im Blick auf die Schaffung einer neuen Gesellschaft.
Andere Wege geht die Dogmatik Karl —» Barths: In Christi Menschwerdung vollzog sich der ewige Erwählungsratschluß Gottes, die Welt bzw. die Menschheit anzunehmen und mit sich zu versöhnen. Diese Annahme ist für alle de jure geschehen, auch wenn die faktische Vollendung sich erst ereignen wird.
Im Bereich des -» Pietismus hat sich aufs Ganze gesehen keine eigene christologische Konzeption herausgebildet. Bezeichnend ist aber durchgehend, daß Glauben wesentlich verstanden wird als ein persönliches Verhältnis zu dem erhöhten und im Geist gegenwärtigen Jesus, dem Sohn Gottes, der als Herr und Heiland erfahren und bekannt wird.
Lit.: O. Cullmann, Die Christologie des NT, 19633 - O. Rodenberg, Der Sohn, 197er - O. Betz, Was wissen wir von Jesus, 1967* - O. Michel, Der Menschensohn in der Jesusüberlieferung, in: ThB Jg. 2/197t - H. Burkhardt, Man fragt wieder nach Jesus, in: ThB Jg. 2/1971 - Ed. Schweizer, Jesus Christus im vielfältigen Zeugnis des NT, 1968
Flückiger
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