San Antonio - Ein Zwölfjähriger, der im vergangenen Jahr einen Taxifahrer von hinten erschossen hatte, ist im texanischen San Antonio zu einer Haftstrafe von 33 Jahren verurteilt worden. Bis zu seinem 18. Geburtstag muss er in ein geschlossenes Heim für Jugendliche, danach noch 27 Jahre in ein reguläres Männergefängnis."
Ein zur Tatzeit 13-jähriger Lernbehinderter mit dem Lesevermögen eines 10-Jährigen, der ein siebenjähriges Mädchen in ein leerstehendes Appartement gelockt, sich dort an ihm vergangen und sein Opfer dann mit einem Gürtel an einem Türknopf erhängt hatte, ist als 14-Jähriger wegen Vergewaltigung und Mord zu lebenslänglicher Haft plus 20 Jahre verurteilt worden.
Kritische Nachfrage an die US-Kollegen: Wie vollstreckt man ein solches Urteil dem Urteilsspruch gemäß? Kommt der Verurteilte nach seinem Tod noch für 20 Jahre in einen Kühlschrank? Der deutsche Kaiser Heinrich IV. konnte nach seiner zweiten Bannung 1080 n. Chr. durch den Papst Gregor VII. (drei Jahre nach seiner ersten und dem daraufhin erfolgten Bußgang nach Canossa), die dann von den drei Nachfolgepäpsten wiederholte wurde, auch nicht beerdigt werden, weil das nur unter Mitwirkung der Kirche geschehen konnte, und die verweigerte sich. Feindschaft bis über das Grab. Der Kaisersarg stand fünf Jahre außerhalb des Domes von Speyer, bis der Bann gelöst wurde. Doch das war vor rund 900 Jahren.
Noch länger musste Ludwig der Bayer draußen vor der Tür bleiben: Als Ludwig den Kampf gegen den Papst mit vermutlich kriegerischen Mitteln austragen wollte, starb der 1324 Gebannte 1347 auf einer Bärenjagd an einem Schlaganfall. Gebannt, wie er es seit 23 Jahren war, konnte er nicht mit kirchlichem Segen beigesetzt werden: Erst 1625, 301(!) Jahre nach seiner Bannung, erhielt er die erforderliche Absolution, wurde damit vom Bann gelöst und konnte daraufhin in der Münchner Frauenkirche kirchlich beigesetzt werden!
Das war vor fast 400 Jahren. Aber heutzutage eine Strafe bis über den Tod hinaus?
Irgendetwas musste aber bei uns, und besonders im Stadtstaat Hamburg und den anderen Bundesländern, die die Einrichtung geschlossener Heime abgeschafft hatten, geändert werden, wenn die Allgemeinheit vor schwerstkriminellen Kindern wirkungsvoller als zurzeit geschützt werden soll, denn so war etwas faul im Staate Hamburg72:
"13jähriger auf Beutezug - Jetzt ist er wieder frei
Eine Serie von vier Raubüberfällen hat der 13 Jahre alte Mene N. am frühen Sonnabend morgen auf St. Pauli mit Komplizen begangen. Zweimal wurde er dabei festgenommen und nach der Vernehmung wieder entlassen. Die Polizei ist machtlos, der einschlägig bekannte Junge ist noch nicht strafmündig.
Die Serie begann um 2.25 Uhr an der Simon-von-Utrecht-Straße. Mit drei Komplizen umringte der 13jährige einen 25 Jahre alten Angestellten. In dessen Taschen suchten sie nach Geld. Der 25jährige konnte sich befreien und erstattete Anzeige. Fünf Minuten später überfiel die Bande einen Hafenarbeiter (25) und raubte ihm 600 Mark. Um 3.12 Uhr gingen sie auf einen 20 Jahre alten Schüler los, er konnte nach kurzer Rangelei flüchten. Kurz vor vier Uhr nahmen Beamte der Davidswache Mene und seine Komplizen (15, 17, 22) fest.
Gleich nach den Vernehmungen legte Mene wieder los. An der Seilerstraße überfiel er gegen acht Uhr einen 68 Jahre alten Mann und raubte dessen Portemonnaie. Als Mene kurz darauf erneut festgenommen wurde, hatte er außer der Beute noch einen falschen Hundertmarkschein in der Tasche. Der 13jährige hat bereits zahlreiche Raubüberfälle begangen und gilt als brutal."
»Terror-Kids« gibt es natürlich in jeder größeren Stadt, und erst recht in der Subkultur jeder Großstadt.
„Wohin mit Christopher?
dpa Darmstadt – Er soll in den vergangenen Jahren mindestens 231 Straftaten begangen haben. Ins Gefängnis musste er nicht; denn er war noch nicht strafmündig. Das Jugendamt Darmstadt schickte Christopher auf eine erlebnispädagogische Reise nach Argentinien. Kosten: 70.000 Mark. Doch dort will man keine kriminellen deutschen Kinder, der Junge musste schleunigst zurück. Jetzt ist er erneut straffällig geworden. Er sitzt in Untersuchungshaft, in 14 Tagen steht der nächste Haftprüfungstermin an. Christopher ist inzwischen 14 Jahre alt, seinen Eltern wurde das Sorgerecht entzogen. (HH Abendblatt 13.11.98)
Nicht jedes Bundesland machte sich so wehrlos, dass es in der Nachfolge der so genannten „antiautoritären Erziehung“ die geschlossenen Heime abgeschafft hatte. Wie sollen solche Kinder sozialisiert werden, wenn sie sich pädagogischen Bemühungen – wie bisher – durch Weglaufen und „auf Trebe gehen“ entziehen können?
Der nächste pädagogische Schrei nach der wohl überwiegend gescheiterten Erlebnispädagogik, die einige Kinder ihre Eltern fragen ließ: „Mami, was muss ich machen, damit ich auch einmal eine so tolle Reise machen kann?“, war dann einem Fernsehbericht zufolge eine mindestens einjährige Einquartierung solcher Problemkinder in preiswert gekaufte Häuser in sibirischen Dörfern, wo sie praktisch nicht weglaufen können, nach langsamer zwangfreier Eingewöhnung am Dorfleben teilnehmen, von den freundlichen, (bisher) unvoreingenommenen Dorfbewohnern vielleicht das erste Mal in ihrem Leben tragfähige soziale Bindung erfahren und auch ertragen lernen. In diesem Projekt wurden sie darüber hinaus von einem deutschen Sozialarbeiter betreut. Die dem deutschen Steuerzahler für diese Projekte entstehenden Kosten werden pro Jahr und »Terror-Kid« mit ca. 55.000,- € in ungefähr der Höhe einer erlebnispädagogischen Reise angegeben. Das entspricht rund 130 Jahreslöhnen eines Bewohners von Sedelnikowo, eines der Dörfer in der sibirischen Taiga, wo der Winter sieben Monate dauert, wo es dann bis minus 50 Grad kalt wird und wo im heißen Sommer Myriaden von Stechmücken die Leute plagen, einer der Orte, in dem so eine Maßnahme läuft. Dafür erkaufte sich der Staat aber nicht mehr nur ein Vierteljahr, sondern schon ein ganzes Jahr Ruhe vor dieser in Deutschland unter den hiesigen Verhältnissen bisher nicht sozialisierbar gewesenen, manchmal abschätzig als "Wohlstandsmüll" bezeichneten Klientel. Man hoffte, dass die längere Dauer der Maßnahme eine größere Chance der Sozialisierbarkeit bieten könnte: Weites Wegbringen statt langfristigem Wegsperren.
Wärmer haben es die »Terror-Kids«, die in der seit 1993 existierenden „Buschschule“ in Namibia »betreut« werden: Dort sind für einen von dem den jeweiligen Jugendlichen betreuenden Jugendamt an den Veranstalter zu zahlenden Tagessatz von rund 100 € (2003) eine ganze Reihe schwer erziehbarer deutscher Jugendlicher auf isolierten Farmen untergebracht. Sie sollen dort in Integration eingeübt werden, begehen dort aber weiterhin Straftaten. Die aufnehmende Farmer-Familie erhält von dem Verein Buschschule eine monatliche Vergütung von 850 € - bei 40 dort untergebrachten problematischen Jugendlichen ein sehr gutes Geschäft für den Veranstalter, der zwei Drittel der Zahlungen der deutschen Jugendämter für sich behielt und laut Zeitungsberichten seinen Betreuungspflichten kaum nachgekommen war.
Einige der schwer erziehbaren Jugendlichen wurden auch für 110,60 € am Tag in Buschcamps in Nicaragua gebracht und verursachten dort derartige diplomatische Verwicklungen, dass im Auswärtigen Amt mit Blick auf die alarmierenden Fälle in vielen Ländern 2003 eine Expertise verfasst wurde, in der es heißt: „Die Risiken lassen es aus Sicht des Auswärtigen Amtes empfehlenswert erscheinen, die so genannte Erlebnispädagogik im Ausland vollständig einzustellen“ (SPIEGEL 02.02.04). Zu einem ähnlichen Fazit kommt der Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 2002, der von „Hilflosigkeit“ spricht, die „in oftmals unzureichend geeigneten Projekten in erlebnispädagogischen Veranstaltungen als ’Entsorgungsalternative’ endet“.
An dem Geschäft mit der Betreuung von Hunderten von Jugendlichen in Projekten im Ausland verdienten Dutzende Vereine, weil die Jugendämter einen Tagessatz zwischen 100-220 € pro Kopf zu zahlen bereit waren, um sich durch diesen »Problemexport« für einige Zeit freikaufen zu können – bis einer der äußerst problematischen Jugendlichen, ein auf Grund des Alkoholabusus seiner Mutter durch vorgeburtliche Gehirnschäden schwer gestörter und aggressiver Junge von gerade 14 Jahren, der der seit seinem vierten Lebensjahr in Heimen, Wohngruppen und Kliniken gelebt hatte, in Griechenland seinen Betreuer mit einem Bolzenschussgerät umbrachte.
Der dann neueste – nach meinem Dafürhalten aber nicht verfassungskonforme - energische Schritt gegen einen jugendlichen Wiederholungstäter:
„Deutscher Serientäter verurteilt
Zur Besserung in die USA
Ein Kölner Richter hat einen jugendlichen Serientäter in ein privates Jugendgefängnis in den USA geschickt. Das berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger". Der 14-Jährige … soll 150 Straftaten begangen haben. Er war laut dem Zeitungsbericht im Sommer vergangenen Jahres zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Da bislang alle Angebote der städtischen Jugendhilfe wirkungslos geblieben seien, sei er am Mittwoch zu einem einjährigen Aufenthalt in der Besserungsanstalt Glen Mills im US-Bundesstaat Pennsylvania verurteilt worden. Am Tag darauf habe er bereits im Flugzeug Richtung USA gesessen.
…
Glen Mills School ist laut "Kölner Stadt-Anzeiger" eine Jugendanstalt ohne Zellen, Schlösser und Wärter, die Insassen überwachten sich gegenseitig. Die Rückfallquote liege bei 30 Prozent. Die Anstalt werde von Kritikern wegen des dort herrschenden Psychoterrors jedoch scharf kritisiert.“ (Internet Sternshortnews 10.01.03)
Wie es dort zugeht, wird aus einem anderen Artikel der WELT vom 13.01.06 deutlich, in dem vom Tod eines 14-Jähriger in einem der sechs dem "Department of Juvenile Justice" (DJJ) unterstehenden, militärisch geführten Umerziehungslager Floridas berichtet wird. Der Tod des Jungen löste eine Debatte über die so genannten "boot camps" in Florida aus.
Die dort eingewiesenen Jugendlichen werden wie Rekruten der Marineinfanteristen geschunden, sie werden geschlagen, an den Pranger gestellt, in Ketten gelegt, mit "shock and awe" behandelt, bis ihr Widerstand bricht: Die delinquenten Jugendlichen in Amerikas militärisch geführten "boot camps" gehen aber nicht freiwillig dort hin, "aber ihr Risiko, bei der Umerziehung durch Sherrifs zu sterben, ist kaum geringer als durch den Drill der Sergeanten."
Der Tod des Jungen, der kaum drei Stunden nach seiner wegen der Verletzung von Bewährungsauflagen nach einer Verurteilung wegen Raubes angeordneten Überstellung in das Camp in eine Klinik eingeliefert worden war, warf erneut die Frage auf, ob es angemessen und sinnvoll ist, halbe Kinder mit Gewalt auf den richtigen Weg zu bringen.
Das Gesicht des Jungen zeigte Spuren von Misshandlungen. Die Lippe war aufgeplatzt, die Nase blutig und ein blauer Fleck zeigten, dass er sich "unkooperativ" verhalten hatte, wie es seine Aufseher nannten. Die Eltern glauben, ihr Sohn sei geschlagen und an die Wand gestoßen worden. Deshalb wollen sie den Staat Florida wegen fahrlässiger Tötung verklagen.
Obwohl ein vorläufiger Obduktionsbericht des amtlichen Leichenbeschauers zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Jungendliche nicht durch Verletzungen oder äußere Gewaltanwendung gestorben sei. Es wurde öffentlich die Frage gestellt: "Wie kann es sein, daß wir unfähig sind, das Leben derer zu erhalten, die uns anvertraut sind?"
Im Jahre 2000 war ein zwölf Jahre alter dürrer Junge von kaum vierzig Kilogramm Gewicht nach der Ruhigstellung in einer Ganzkörper-Zwangsjacke gestorben.
Die Rückfallquote ehemaliger Boot-Camp-Insassen liegt bei 62 Prozent. Sozialwissenschaftler lehnten diese Methode der Haft mit militärischem Schliff fast sämtlich als erfolglos und rechtlich problematisch ab.
2008 versuchte der Fernsehsender RTL diesen Trend der Therapie zu vermarkten und stellte die mehrteilige Serie "Teenager außer Kontrolle – Letzter Ausweg Wilder Westen" ins Programm. Es wurde gezeigt, wie Teenager in wochenlangen Märschen unter therapeutischer Begleitung und Drangsalierung als Maßnahme verhaltenstherapeutischer Erlebnispädagogik hunderte von Meilen mit Gepäck zu Fuß durch weite Gebiete Arizonas laufen mussten, weil ich hier weglaufen zwecklos war.
Wegen der beängstigend zunehmenden verrohten Jugendkriminalität mit insbesondere Körperverletzungsdelikten durch dissozialisierte jungendliche Schläger und Messerstecher startete Baden-Württemberg 2003 eine Bundesratsinitiative, um statt „Kuschel-“ und „Verständnispädagogik“ mehr Härte in der Jugendgerichtsbarkeit durchzusetzen: Nach neuen CDU-Vorstellungen sollen dissozialisierte Jugendliche frühzeitig in Erziehungscamps mit Therapiekonzepten ein Leben mit festen Strukturen und Respekt lernen. Bei einer Verurteilung auf Bewährung soll zusätzlich eine mehrtägige Kurzhaft als erster Warnschuss ("Warnschuss-Arrest"), eine Heraufsetzung der Höchststrafe für Jugendliche von 10 auf 15 Jahre Freiheitsentzug und eine vermehrte Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende angewandt werden. Die Anwendung des Jugendstrafrechts auf diese Klientel solle nur noch die Ausnahme bilden. „Zur Wahl gehen dürfen die 18-Jährigen schließlich auch. Dann müssen sie auch wie Erwachsene bestraft werden können“, ließ sich das Land Baden-Württemberg vernehmen. 2004 unternahmen einige CDU-Bundesländer den Versuch, das Jugendstrafrecht in dieser Hinsicht zu verschärfen. Nach Körperverletzunggsdelikten an älteren Passanten, die sich gegen Verstöße ausländischer73 Jugendlicher im öffentlichen Raum – rauchen in der U-Bahn, Füße auf den Sitzen u.ä. - verbal zur Wehr gesetzt und ein gesitteteres Verhalten angemahnt hatten und wegen dieser Ermahnungen von den Jugendlichen erheblich verletzt worden waren, sollen gravierend kriminelle jugendliche Ausländer künftig schon bei Verurteilung zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafe von einem Jahr zwingend in die Heimat abgeschoben werden, und nicht, wie bislang, erst ab einer Grenze von drei Jahren. Darüber hinaus tritt die CDU dafür ein, Führerschein- oder Fahrverbote als eigenständige Sanktion im Jugendstrafrecht zu verankern. Jugendliche Straftäter sollen frühzeitig Erziehungscamps mit therapeutischem Gesamtkonzept absolvieren müssen. Nach schweren Straftaten sollen künftig auch Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren in Sicherungsverwahrung geschickt werden können.
Ab 2004 unternahmen einige CDU-Bundesländer der Versuch, das Jugendstrafrecht in dieser Hinsicht zu verschärfen. Damit würde für die Heranwachsenden das Höchststrafmaß von 10 auf 15 Jahre heraufgesetzt – hätte aber noch keine us-amerikanischen Dimensionen erreicht, wo rund 2.200 Jugendliche nach dem Willen ihrer jeweiligen Richter wirklich auf lebenslängliche Zeit hinter Gittern sitzen sollen. Mehr als 350 der zu lebenslänglich verurteilten Jugendlichen waren maximal 15 Jahre alt, viele waren jünger gewesen, als sie straffällig geworden waren.
Die Menschenrechtsorganisationen "Amnesty International" und "Human Rights Watch halten diese Praxis für inhuman. Konservative Hardliner in den Vereinigten Staaten fordern dagegen vehement die Wiedereinführung der Todesstrafe für Minderjährige.
In zwölf Ländern sind lebenslängliche Haftstrafen für Minderjährige gesetzlich zulässig, aber nur vier Staaten wenden das Gesetz tatsächlich an, sodass in Israel sieben Jugendliche zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt worden sind, in Südafrika vier, in Tansania einer; in den USA sind es rund 2.200!
In Deutschland liegt die Höchststrafe für Jugendliche bei zehn Jahren Haft. Hier liegt der Schwerpunkt nicht auf Strafe und Sühne, sondern auf erzieherischen Maßnahmen und Resozialisierung.
Anders in den USA. Dort wurde erst im März 05 die Todesstrafe für Jugendliche auf Grund einer Entscheidung 4:5-Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wegen des Verfassungsverstoßes gegen den achten Verfassungszusatz nicht zulässiger "grausamer und ungewöhnlicher Bestrafung" verboten.
Ohne Mehrheit in der eigenen Partei versuchte 2006 der Hamburger Justizsenator Kusch, nicht nur die Haft allgemein – „Haft darf kein Luxusurlaub sein. Haft muss wieder als Haft spürbar sein.“74 (so in seiner Antrittsrede 2001) - sondern zunächst insbesondere das Jugendstrafrecht zu verschärfen, ja es langfristig mitsamt der eigenständigen Jugendgerichte sogar abzuschaffen, da er den im Jugendstrafrecht zentral verankerten Erziehungsgedanken für verfehlt hält: Kriminalität im Jungendalter sei „…meist nicht Indiz für ein erzieherisches Defizit, sondern überwiegend entwicklungsbedingte Auffälligkeit. … Der Erziehungsgedanke bildet weder für das materielle Strafrecht, noch für das Verfahrensrecht eine überzeugende Grundlage. … Bei der besonderen Wahrnehmung jugendlicher Straftäter im Gerichtsverfahren geht es in Wahrheit gar nicht um Erziehung, sondern um möglichste Schonung, um den erforderlichen Schutz des Jugendlichen im Strafverfahren.“, so Kusch in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (01.02.06). Die hohen Rückfallquoten jugendlicher Straftäter – Rückfall nach Strafarrest 71 %, nach Strafhaft 80 % - sprächen gegen die erzieherische Wirkung.
(Wieso gleich das Kind mit dem Bade ausschütten? Vielleicht sprechen die hohen Rückfallquoten auch »nur« gegen die bisherige Ausstattung und Ausgestaltung des seit 30 Jahren nicht in einem Jugendstrafvollzugsgesetz sondern durch Verwaltungsvorschriften geregelten Jugendstrafvollzuges mit Personal und Sachmitteln! Bislang scheiterte das von dem BVerfG angemahnte und dem Bundesgesetzgeber bis Ende 2007 zur Erledigung aufgegebene Jugendstrafvollzugsgesetz an den damit als verbunden gefürchteten Kosten, weil in dem Gesetz mit Sicherheit Mindeststandards gesetzt würden. Im Jugendstrafvollzug versucht man, den jugendlichen Straftäter mit spezialpräventiven Erziehungsmaßnahmen dazu zu bringen, in Zukunft straffrei zu leben und so die Gesellschaft zu schützen. Weil es sich aber um noch nicht ausgereifte Jugendliche handelt, geschieht das schonender, als bei ausgereiften Erwachsenen, aber der Sinn des Jugendstrafrechts zielt erstrangig auf Erziehung, wobei »nur« das Mittel in vergleichsweiser Schonung bestehen kann. Doch darauf läuft Kuschs Vorschlag der pauschalierten »Strafenhalbierung« bei der Festsetzung des Strafrahmens für Jugendliche letztlich ja auch hinaus. Und ob sich das präventiver auswirken würde, als die bisherige Praxis der Jugendgerichtsbarkeit, ist auch noch fraglich. Die hohen Rückfallquoten sind auf jeden Fall für das Erwachsenenstrafrecht signifikant. Außerdem: Mit Kuschs Argument einer hohen Rückfallquote müsste man ja vermutlich in Deutschland zu den Strafen des Mittelalters zurückkehren oder gleich die Scharia einführen: Wenn die Hand ab ist, kann schlechter zugegriffen werden! Das hat er aber noch nicht gefordert – weil er mit dieser Forderung in der CDU noch weniger mehrheitsfähig wäre?) Alle Straftäter seien nach einem einheitlichen Strafrecht abzuurteilen; bei der Aburteilung von „Jungkriminellen“ unter 18 Jahren solle der im StGB vorgegebne jeweilige Strafrahmen pauschal halbiert werden. Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren, die bisher nach Jugendstrafrecht verurteilt werden konnten, sollen generell wie Erwachsene behandelt werden. Wer volljährig ist, müsse grundsätzlich die volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen, da sonst auf von Heranwachsenden begangene Fälle schwerer und schwerster Delikte nicht entschieden genug reagiert werde: „Zweitens dürfte es auch einen 18-21-Jährigen nicht überfordern, sich über das Unrecht eines Raubes oder einer Erpressung klar zu werden und sich normgemäß zu verhalten.“, was man für Crash-Kids hinsichtlich ihres Normbewusstseins nach von ihnen begangenen diversen Autodiebstählen auch annehmen kann. Natürlich sind Kinder Kinder, aber die, die sowieso teilweise schon auf der Straße leben, nur bei ihren erwiesenermaßen überforderten Eltern abzuliefern, von wo sie dann gleich wieder weglaufen, erscheint auch nicht sehr sinnvoll. "Ich bin ober-cool und die können mir alle gar nichts, denn ich bin noch nicht strafmündig." Für solche Kinder muss es staatliche Reaktionsmöglichkeiten geben! Die Abschaffung geschlossener Heime für solche Kinder, wie von einigen SPD-geführten Ländern praktiziert, ist mit Sicherheit der falsche Weg!
Strafverhandlungen gegen Jugendliche und Heranwachsende seien in aller Öffentlichkeit zu führen: „Die Öffentlichkeit sollte die ausgesprochene Strafe und ihr Zustandekommen als solche wahrnehmen können, dem Straftäter wird dadurch zudem klargemacht, dass er sich außerhalb der Rechtsgemeinschaft stellt und dass diese sein Verhalten gegebenenfalls unter unmittelbarer Anteilnahme missbilligt.“ Die strengeren Bedingungen für die Anordnung einer Untersuchungshaft für Jugendliche sollten ebenfalls wegfallen.
So weit die bisher auch in der CDU nicht mehrheitsfähigen Überlegungen zur Verschärfung oder Abschaffung des Jugendstrafrechts - gegen die Jugendrichter und Hanseatische Rechtsanwaltskammer natürlich Sturm liefen: „Niemand teilt des Auffassung des Senators, kein Wissenschaftler, kein Praktiker“, sagte deren Vizepräsident.
Die Vorschläge von Kusch, der nach seinem Rauswurf als Justizsenator eine eigene Partei gründen, damit das rechts von der CDU-Linie liegende konservative Potenzial für sich nutzbar machen und nach der nächsten Bürgerschaftswahl durch eine Koalition mit der CDU auf seinen Posten zurückkehren will, zielen auf Repression.
Zuzugeben ist: Der Gedanke des Jugendstrafrechts stößt dort an seine Grenzen, wo kindliche Intensivtäter unter 14 Jahren, wie z.B. wiederholt von der Polizei gestellte Auto-Crash-Kids, oder wo der so genannte jugendliche Intensiv-/Rückfalltäter (mit mindestens fünf Straftaten) nicht nur aus dem Multikultimillieu – 80 % aller Berliner Intensivtäter kommen aus Einwandererfamilien75 -, sondern auch aus dem deutschen Prekariat in Erscheinung tritt. Zu dem letzteren Tätersegment gehören aber nur 1,8 Prozent der registrierten jugendlichen Kriminellen, von denen wiederum "nur" ca. fünf bis fünfzehn Prozent auf Dauer kriminell bleiben. Für die erstere Gruppe der kindlichen Intensivtäter könnte es durchaus erwägenswert sein, die die lege lata bisher bestehende unwiderlegliche Vermutung der Strafunmündigkeit Untervierzehnjähriger de lege ferenda durch eine Gesetzesreform in eine widerlegliche Vermutung bei kindlichen Intensivtätern umzuwandeln, denn bei denen liegt keine kindliche Unreife mehr vor, sondern ein abgebrühtes Ausnutzen gesetzgeberischer Großmut!
Ohne größere Repressionsmöglichkeit glauben inzwischen auch andere Bundesländer nicht auskommen zu können: Nach dem Mord an einem neunjährigen Jungen in München im Februar 2005 durch einen 28-jährigen, kurz zuvor entlassenen Kindermörder, der bereits als 18-Jähriger einen elfjährigen Jungen nach einem Vergewaltigungsversuch erstochen hatte und der trotz mehrjähriger Sexualtherapie in Haft nach seiner Strafverbüßung hatte entlassen werden müssen, obwohl er von Gutachtern als weiterhin gefährlich eingestuft worden war, der, wieder auf freiem Fuß, der richterlichen Aufforderung zur weiteren Therapie nicht nachgekommen ist, forderte insbesondere die CSU höhere Strafen für junge Täter und zusätzlich die Möglichkeit zur Zwangstherapie (obwohl von Wissenschaftlern eine Erfolgsmöglichkeit eines gegen den Willen des zu Therapierenden durchgeführten Therapieversuches grundsätzlich bestritten wird). Außerdem sollten Heranwachsende von 18 bis 21 Jahren, anders als bisher üblich, grundsätzlich nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden.
Nach zweijähriger politischer Diskussion soll nunmehr das JGG geändert werden: Nach dem 2007 vorgelegten Entwurf des Bundesjustizministeriums sollen alle jungen Täter, die etwa einen Totschlag, einen Raub mit Todesfolge, eine Vergewaltigung oder eine schwere Körperverletzung begangen und dafür mindestens sieben Jahre Freiheitsstrafe erhalten haben, am Ende ihrer Haftzeit auf ihre Gefährlichkeit hin überprüft und begutachtet werden, damit Richter in dramatischen Fällen auch bei jungen, „hochgefährlichen“ Tätern, die als nicht resozialisierbar eingestuft werden, nachträglich Sicherungsverwahrung anordnen können.
Künftig sollen außerdem schwerstkriminelle Jugendliche, wie z.B. Sexualstraftäter und Mörder, wie erwachsene Straftäter behandelt und bis an ihr Lebensende festgehalten werden können. Gutachter müssen dafür am Ende der Haft zu dem Ergebnis kommen, dass von ihnen weiterhin schwere Gewalttaten zu erwarten seien. Diese Einschätzung soll dann einmal pro Jahr überprüft werden.
Einen entgegengesetzten, mit einer - vermutlich auf Grund der besseren Kommunikation auf der Ebene der Jugendlichen untereinander - statistisch nachweisbar geringeren Rückfallquote erfolgreicheren Weg beschreiten als "phantasievollen Ansatz zur Bekämpfung der konstant hohen Jugendkriminalität" manche konservativ(!) regierten Bundesländer durch die Einrichtung von »Schülergerichten« in zunächst Bayern und Hessen wie des 2001 als erstes dieser Art in Aschaffenburg eingerichteten Projektes „Wellenbrecher“, durch das im Schnitt pro Jahr 70 kleinere Fälle von Jugenddelinquenz durch drei Jugendliche und eine erwachsene Person abgehandelt werden. Ursprünglich kommt die Idee der „Teen Courts“ aus den USA. Dort gibt es etwa 600 derartige Institutionen, in denen Schüler wie Ankläger, Verteidiger, Geschworene und oft wie Richter agieren. In den „Teen Courts“ in Deutschland sitzen bei »kleineren« Delikten Schüler über junge Straftäter »zu Gericht« und suchen nach einer im Jugendstrafrecht vorgesehenen erzieherischen Maßnahme. Sofern der Täter das »Urteil« des Teen Courts akzeptiert, sieht die über dem Verfahren wachende Staatsanwaltschaft von weiterer Strafverfolgung ab.
Doch zurück zur Grenze für den Beginn der eingeschränkten Strafmündigkeit: Wo sollte sie sinnvoll neu gezogen werden, ohne gleich amerikanische Verhältnisse zu schaffen, wo die Strafmündigkeit je nach Bundesstaat zwischen sechs und elf Jahren liegt und oft schon Kinder unter zehn in Jugendgefängnissen. Sitzen (WELT ONLINE 02.05.08)?
Sicher nicht bei zwei Jahren:
"Auto zerquetschte Kind
ebb Gifhorn - Auf tragische Weise ist in Meinersen (Landkreis Gifhorn) ein vierjähriges Kind getötet worden. Ein zweijähriger Junge hatte am Zündschlüssel gespielt und in der Garage ein Auto in Bewegung gesetzt. Er zerquetschte das Mädchen an der Wand."
"Zweijähriger schoss: Tot
dpa Chicago - Die Kinder waren allein zu Hause in Chicago, der Vater hatte seine Waffe im Jackett zurückgelassen. Besorgt rief die Mutter von unterwegs an und bat die neunjährige Tochter, den Revolver in Sicherheit zu bringen. Der zweijährige Sohn fand ihn, legte auf seine siebenjährige Schwester an und erschoss sie."
Mit Sicherheit auch nicht bei drei Jahren:
"Säugling getötet
SAD Le Havre - Ein dreijähriges Mädchen hat in Le Havre (Nordfrankreich) in einem Waisenheim ein drei Monate altes Baby erschlagen. Es hatte mit einer Spieldose aus Hartplastik auf den Kopf des Säuglings eingeprügelt."
Ohne jede Diskussion wird ebenfalls unstreitig sein, dass auch Vier- und Sechsjährige wegen mangelnder Einsichtsfähigkeit noch nicht durch ein Gerichtsverfahren bestraft werden können.
(Die eventuelle Strafbarkeit der Erwachsenen wegen u.a. fahrlässiger Tötung soll in diesem Zusammenhang einer fallbasierenden Annäherung an die Strafmündigkeitsgrenze nicht erörtert werden):
"Vierjährige überfuhr Mutter
dpa Hanau - Eine 29jährige Amerikanerin in Hanau hatte ihre Tochter nur für kurze Zeit im Auto zurückgelassen - bei laufendem Motor. Als sie zurückkam, saß die Vierjährige schon hinter dem Steuer. Bei dem Versuch, den rollenden Wagen aufzuhalten, wurde die Mutter an der Hauswand erdrückt. Sie war im achten Monat schwanger."
"Todesschuss beim Spielen
Beim Spielen hat der sechsjährige Michael W. am Sonnabend nachmittag in Wilhelmsburg seine ein Jahr jüngere Spielkameradin Ireen B. im Haus seiner Großmutter versehentlich mit einem Gewehr in den Kopf geschossen. ...
Während Marianne H. den Tisch deckte, spielten die beiden Kinder im Flur. Plötzlich knallte ein Schuss. Als die Erwachsenen hinzugestürzt kamen, lag die kleine Ireen leblos am Boden. Michael stand wie versteinert da und wimmerte immer wieder: ‘Mammi, ich will nicht, dass die Polizei mich mitnimmt.‘
Der Junge hatte das Gewehr in einem Schirmständer entdeckt und herausgezogen. Dann löste sich beim Spielen der verhängnisvolle Schuss. ...
Marianne H.: ‘Ich habe die Waffe immer benutzt, um die Kaninchen zu schießen, die ständig die jungen Pflanzen abknabberten.' ..."
Sicher sollen bei uns - im Gegensatz zu den rechtlichen Verhältnissen in manchen Staaten der USA(!) - auch noch keine Siebenjährigen nach Jugendstrafrecht bestraft werden (und dann haben sie auch noch Glück gehabt und wohnen in einem Staat mit für Kinder und Jugendliche »liberaler« Strafrechtsgesetzgebung, denn z.B. wurde laut Pressebericht in dem US-Staat Michigan 1997 ein Gesetz verabschiedet, das besagt, „... dass Kinder jeden Alters, die ein ernstes Verbrechen begangen haben, unter bestimmten Umständen nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden dürfen“):
"Kind als Bankräuber
afp Hannover - Ein etwa sieben Jahre alter Junge hat gestern in die Kasse einer Commerzbank-Filiale in Hannover gelangt und 15.000 Mark erbeutet. Er flitzte mit dem Geld zum Ausgang, während eine siebenköpfige südländisch aussehende Großfamilie die Verfolgung verhinderte."
Sie sollten selbst dann nicht vor einen Jugendrichter müssen, wenn sie wissen, dass sie Unrecht tun.
Wie lange aber halten Kinder alles vielleicht noch für ein tolles Spiel? Ab wann beginnt dann die strafrechtliche Einsichtsfähigkeit für das Begehen schwerer Delikte? Bei welchen Delikten? Ab wann soll deliktisches Handeln für den einzelnen nicht mehr strafrechtlich ganz folgenlos sein? Was hat die psychologische Forschung dazu herausgefunden? Ab wann soll die strafrechtliche Einsichtsfähigkeit dann - verbindlich für alle76 - gelten? Ab wann sollen somit noch ganz junge Menschen dann doch jugendstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können? Wie und wo wäre die Grenze zwischen Kind und Jugendlichem neu zu definieren?
Tasche konfisziert: Viertkläßler wollte Schule anzünden
Saudi-Arabien
Ein Grundschüler in Saudi-Arabien hat versucht, seine Schule in die Luft zu sprengen und sich selbst zu töten, weil der Schuldirektor seine Tasche beschlagnahmt hatte. Wie die saudi- arabische Zeitung "Al-Watan" am Sonntag berichtete, hatte der zehn Jahre alte Junge am Samstag seine Schultasche wegen schlechten Betragens abgeben müssen. Daraufhin riß er in der Schulküche eine Gasleitung aus der Wand, so daß Gas durch das Gebäude strömte. Später gab er an, er habe die Schule "in die Luft sprengen" wollen. Dpa
(DIE WELT 25.04.05)
Vielleicht bringt es etwas mehr Erkenntnisgewinn, sich auch einmal von dem anderen Ende der Zeitskala von oben herab an eine eventuell neu zu definierende Strafmündigkeitsgrenze heranzutasten. Ausgangsfälle waren der des 13-jährigen Räubers, der nächtens - wieso halten seine Eltern das Früchtchen nicht im Bett? - in einer Raubserie Passanten auf St. Pauli ausraubte und der des 12-jährigen Messerstechers, der eine Frau mit zahlreichen Messerstichen schwer verletzt und schon seit Jahren einen ganzen Stadtteil terrorisiert hatte, sodass um einen Kindergarten ein hoher Zaun gezogen und ein privater Wachmann engagiert werden musste. Beide sind Serientäter; genauso wie die Autocrash-Kids mit ihren oft weit über 40 Autoaufbrüchen. Angesprochen worden war auch der Fall eines »Terror-Kids« mit 231 aktenkundig gewordenen Straftaten vor seinem 14. Geburtstag; die private Dunkelziffer dieses Serientäters soll lieber gar nicht hinterfragt werden!
Angesichts solcher Fälle scheint es nicht sinnvoll, die Strafmündigkeitsgrenze bei 14 Jahren zu belassen. Dann müsste sie abgesenkt werden. Bis wie weit runter? Soll die Grenze »nur« auf 13 Jahre abgesenkt werden?
"Rentnerin mit Mistgabel erstochen
dpa Dietersburg - Aus Wut soll ein 13jähriger Schüler aus Dietersburg (Bayern) eine Rentnerin mit einer Mistgabel getötet haben. Die 78jährige war tot in ihrem Haus gefunden worden, ihre Leiche wies mehr als 50 Stiche auf. Am Tatort fand die Polizei die Uhr des Jungen, der noch nicht strafmündig ist. Sein Motiv: Die Witwe hatte die Eltern des Kindes nach einem Nachbarschaftsstreit angezeigt."
Ein 12-jähriger Schüler, der als Hobby Kickboxen betrieb, hat einer Lehrerin, die eine Prügelei zwischen Schülern beenden wollte und deswegen zwischen die an der Rauferei beteiligten Kinder ging, einen so heftigen Schlag ins Gesicht versetzt, dass ihr Gesichtsknochen gebrochen wurden und sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste (SPIEGEL ONLINE 01.06.06). Der Vorfall hatte in Berlin eine heftige Debatte über den Umgang mit Jugendgewalt und über eine Herabsetzung des Strafmündigkeits-Alters ausgelöst (SPIEGEL ONLINE 10.06.06).
Oder soll die Grenze, wie in Großbritannien, schon bei 10 Jahren gezogen werden?
Großbritannien wurde Anfang 1993 von dem Fall erschüttert, dass zwei 10-Jährige einen 3-Jährigen in einer Einkaufspassage entführt, ihn verschleppt, grausamst - so grausam, dass die Polizei keine diesbezüglichen Einzelheiten bekannt geben mochte - gefoltert und anschließend auf einem Bahngleis getötet haben. Die Kinder-Täter konnten ermittelt werden, weil in der Einkaufspassage eine automatische Videokamera installiert gewesen war, die die Entführung aufgezeichnet hatte. Die beiden 10-Jährigen wurden in Haft genommen, weil in Großbritannien schon bei gerade erst 10-Jährigen das Vorliegen von Strafmündigkeit - nach von dem Richter im jeweiligen Einzelfall festzustellender subjektiver Einsichtsfähigkeit - bejaht werden kann.
Die beiden zehn Jahre alten Jungen wurden von einem Erwachsenen(!)gericht zu Haft von unbestimmter Dauer verurteilt, die der Innenminister dann wegen der besonderen Grausamkeit der Tat auf 15 Jahre festsetzte.
Weil die Menschenrechtskommission des Europarates in dem Verfahren einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskommission sah – die Kinder hätten keinen fairen Prozess gehabt –, muss letztlich der Gerichtshof für Menschenrechte abschließend entscheiden.
Sie wurden – zu ihrem Schutz mit einer neuen Identität ausgestattet - 2001 vorzeitig entlassen.
"Von Kindern überfallen: Oma starb
‘Es muss etwas passieren. Hier eskaliert die Gewalt.', hatten Polizeibeamte schon im letzten Jahr gewarnt. ‘Wir werden von jugendlichen Roma-Banden terrorisiert', beklagen sich Anwohner des Karo-Viertels, in dem Diebstähle, Raubüberfälle, Dealerei, sexuelle Belästigung und Körperverletzung an der Tagesordnung sind. Jetzt ist das erste Todesopfer zu beklagen: Die 80jährige Irmgard S. starb an den Folgen eines Überfalls im Oktober, als vier jugoslawische Roma-Kinder im Alter von 10 bis dreizehn Jahren versucht hatten, die Rentnerin zu berauben. ...
Die vier Roma-Kinder waren wenige Tage nach dem Überfall von der Polizei gefasst worden, hatten die Tat gestanden - laut Gesetz sind sie strafunmündig, wohnen weiterhin bei ihren Eltern. Ein Ladenbesitzer aus der Marktstraße: ‘Die wissen genau, dass ihnen nichts passieren kann, rauben hier weiter, als wäre nichts geschehen.'“
Doch von dem vorstehenden Versuch des Annäherns an eine sinnvolle Grenze für die Annahme des Beginns der Strafmündigkeit zurück zu unserer Eingangserkenntnis, die am Beispiel des § 19 »aufgehängt« und exemplarisch dargestellt worden war:
Die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des StGB sind nicht nur bei der Beantwortung der Frage nach der erforderlichen Strafmündigkeit, sondern auch bei der Begutachtung von Fällen immer mitzudenken. Teilweise erschließt sich erst aus dem Zusammenspiel des AT mit dem BT des StGB die Strafbarkeit eines Tuns.
Nur eines Tuns?
"Wer schläft, sündigt nicht!", behauptet ein Sprichwort. Das ist nur grundsätzlich richtig. Doch wenn die Juristen »grundsätzlich« sagen, dann drücken sie damit gleichzeitig unausgesprochen aber trotzdem schlüssig mitgedacht (»konkludent«) aus, dass es von diesem Grundsatz auch mindestens eine rechtlich relevante Ausnahme gibt, eventuell sogar mehrere. Nach dem Wegfall des strafrechtlich sanktionierten Ehebruchsparagraphen – wer mit einer anderen als seiner ihm angetrauten Ehefrau sündigend »schlief«, konnte strafrechtlich belangt werden - findet sich eine solche (neben-)strafrechliche Ausnahme z.B. noch im Wehrstrafgesetz (WStG), das in seinem § 44 die dort aufgeführten Wachverfehlungen unter Strafe stellt, wozu unter Nr. 3 auch das Einschlafen auf Wache zu rechnen ist. Und wer beim Autofahren am Steuer in einen (sich nach den Ergebnissen der Forschung vorher durch Müdigkeitsgefühle ankündigenden) „Sekundenschlaf“ fällt und so einen Unfall verursacht, wird auch bestraft. Ein ermüdender Autofahrer habe beim ersten Anzeichen des Herunterfallens der Augenlider bei nächst sich bietender Gelegenheit anzuhalten. Laut ADAC-Untersuchung ist mehr als die Hälfte der Anzahl aller auf den Autobahnen durch Unfälle Getöteten auf den Sekundenschlaf des den Unfall verursachenden Fahrers zurückzuführen!
Wenn schon das Schlafen eine Strafbarkeit begründen kann, dann ist einsichtig, dass erst recht im wachen Zustand durch »Nicht(s)tun« Straftaten »begangen« (in der Bedeutung von: »verübt«) werden können. Der Strafjurist spricht vom "Begehen durch Unterlassen". Natürlich sind die Strafbestimmungen und die Verurteilungen hierfür - gemessen an der Vielzahl der Strafbestimmungen für rechtswidriges Tun oder an der Vielzahl der insgesamt abgeurteilten Fälle - nur seltene Ausnahmen. Wenn man in einem Laden nichts wegnimmt, sondern die Verlockungen der Werbung nur sehnsuchtsvoll ankuckt, kann man durch Unterlassen keinen Ladendiebstahl begehen. Und wer trotz drückendsten Ärgers durch große geistige Anstrengung seinen Adrenalinstoß abbaut, die schon geballte Faust entkrampft und nicht zuschlägt, der begeht keine Körperverletzung durch Unterlassen des Schlages. Das sind zwar Fälle, in denen es für viele Menschen oft leichter ist, eine Straftat zu begehen, als sie zu unterlassen - das Problem stellt sich jedoch nicht, wenn der Gegner wesentlich größer ist und stärker erscheint -, aber solche Fälle können hier nicht gemeint sein, da es sich in den vorgenannten beiden Beispielsfällen genau genommen um das Unterlassen des Begehens von Straftaten, nicht aber um das Begehen von Straftaten durch Unterlassen handelt.
Begehen durch Unterlassen, das sei an dieser Stelle schon einmal kurz angedeutet, ist gesetzestechnisch in zwei Gruppen geteilt. Es handelt sich dabei einerseits um das "Wortlaut-" und andererseits um das "Auslegungsunterlassen". Beim ersteren findet sich die jeweilige Strafbestimmung, die ein bestimmtes Nichthandeln unter Strafe stellt, direkt im Tatbestand eines im BT des StGB geregelten Paragraphen. Es handelt sich dabei um Verstöße gegen Gebotsnormen. Vom verletzten Rechtsgut geht ein Handlungsgebot aus, dem Nachzukommen der Unterlassungstäter unterlässt. Die geforderte Handlung ist zumutbar, sie zu unterlassen damit pflichtwidrig: Priester und Levit, dem Dienst an Gott und jedem einzelnen seines Volkes durch ihre kirchlichen Ämter besonders verpflichtete Männer, hatten sich schuldig gemacht, als sie schnell weggekuckt und den unter die Räuber gefallenen, halbtot geschlagenen Landsmann liegen gelassen hatten; einzig der barmherzige Samariter, Angehöriger eines von den Jerusalemer Juden, insbesondere den Schriftgelehrten, als "unrein" verachteten Mischvolkstammes aus Juden und Assyrern, hatte die erforderliche Hilfeleistung erbracht und war sogar überobligatorisch tätig geworden. Diese Konstellation, dass der in dem Königreich der Juden sozial Verachtete selbstlos hilft, während zwei der sich besser dünkenden, in der sozialen Hierarchie der jüdischen Gesellschaft sogar noch herausgehobenen Juden versagen, war das eigentlich Anstößige an diesem Gleichnis Jesu (Lukas 10/29-37) - und eine gezielte Provokation des Jesus auf die Probe stellenden Schriftgelehrten, um den selbstgerechten Frager zu beschämen.
Der klassische Fall eines "Wortlaut-Unterlassungsdelikts" ist der inoffiziell so genannte »Liebesparagraph«:
"§ 323 c Unterlassene Hilfeleistung
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."
Dieser Paragraph hatte die früher geläufigere inoffizielle Bezeichnung »Liebesparagraph« deswegen erhalten, weil er damals, als die Leute noch überwiegend in die Kirche gingen, mindestens einmal jährlich während des Gottesdienstes von der Kanzel herab verlesen worden war. Im Gewissen der Bevölkerung sollte das Wissen wachgehalten werden, dass aus dem Gebot der Nächstenliebe und der Strafandrohung des StGB heraus in bestimmten Situationen ein Handlungsgebot bestehe - selbst dann, wenn dem ein alter Aberglauben entgegenstand: In hauptsächlich ländlichen Gebieten hatten sich immer wieder Personen aus Aberglauben gescheut, Ertrinkende zu retten, weil sie befürchteten, den Ertrinkenden zu spät zu erreichen und so nur noch einen Toten bergen zu können. Durch das Herausziehen einer Wasserleiche »aber-glaubten« sie, wie durch das Zerbrechen eines Spiegels langjähriges Unglück für ihr eigenes Schicksal hervorzurufen. Darum unterließen sie lieber vorsichtshalber die gebotene und ihnen an sich zumutbare Rettungshandlung. Doch Aberglauben sollte seelisch nicht entschuldigen; darum die alljährliche Ermahnung von den Kanzeln.
Diesen Aberglauben gibt es heute nicht mehr. Warum aber helfen die Menschen dann heute nicht?
„Sie kämpften verzweifelt im eiskalten Münchner Olympiasee um ihr Leben. Drei kleine Jungen im Alter von 8, 7 und 5 Jahren. Mehr als 20 Erwachsene schauten zu: gebannt, aber ohne sich zu rühren. Keiner half. Nach 45 Minuten hatten die Kinder den Kampf verloren. Sie starben qualvoll.“ (1991!)
Ein weiteres Beispiel für diese Art der Unterlassungsdelikte ist § 138 Nichtanzeige (bestimmter) geplanter Straftaten in einem Stadium, in dem die Ausführung oder der Erfolg der geplanten Straftat noch hätten abgewendet werden können.
Im Gegensatz zu der Gruppe der Wortlaut-Unterlassungsdelikte sind die "Auslegungs-Unterlassungsdelikte" nicht ausdrücklich im BT des StGB geregelt. Sie ergeben sich erst aus einem Zusammenspiel einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich § 13, des Allgemeinen mit der jeweiligen Norm des Besonderen Teils. Ein solcher "Auslegungs-Unterlassungstäter" wird im entscheidenden Moment pflichtwidrig nicht zur Erhaltung eines geschützten Rechtsgutes tätig, obwohl für ihn aus bestimmten Gründen eine gesteigerte Handlungspflicht besteht. Das hört sich zunächst verwirrend an, ist aber an einem Beispiel leicht deutlich zu machen:
Von dem einem Witz zufolge behaupteten Zusatz auf Speisekarten ausgehend: "Wir bitten, Pilzgerichte gleich zu bezahlen!", sei der Fall angenommen, dass Gastwirt G von einem Pilzsammler Pilze angekauft, sie zubereitet und dabei versehentlich giftige Pilze zu einem Topf Pilzsuppe verarbeitet und davon Portionen serviert habe. Stirbt der erste Gast noch am Tisch, so ist G (»nur«) wegen eines Verstoßes gegen § 222 fahrlässige Tötung (eventuell sogar nur mit einer Geldstrafe) zu bestrafen, wenn er die Giftigkeit der verarbeiteten Pilze hätte erkennen können, oder bei mangelndem eigenen Sachwissen nicht vor der Zubereitung eine pilzkundige Person zu Rate gezogen hatte.
Es liegt ein Begehungsdelikt vor, da G durch die Ausgabe des vergifteten Essens in das Rechtsgut Leben des Gastes unerlaubt eingegriffen hat.
Nun müsste G mehr tun, als möglichst unauffällig Teller und Gast abzuräumen!
Nach dem Tod des ersten Gastes unterlässt es G aber, die schon ausgegebene und so die anderen Gäste an ihrem Leben bedrohende Pilzsuppe zurückzuholen.
(Jeder Lehrer - und so auch ich - wäre überglücklich gewesen, wenn die Schüler - oder Sie als mein/e Leser/in - aus dunkler Erinnerung an dieser Stelle sofort den Transfer von der ausgegebenen aber nicht zurückgeholten Pilzsuppe zu dem Fall 37 mit den aidsverseuchten Blutplasma-Chargen geschafft hätten! Schade. Aber es kommen noch weitere Chancen des Kombinierens. Oder hatte es doch geklappt? Ehrlich? Toll!)
Ein weiterer Gast stirbt. Langsam füllt sich das Restaurant mit Leichen.
Hierfür wird G nach der von den Strafjuristen - aber nur umgangssprachlich-flapsig - so genannten "Mehr-Schwein-Theorie" härter als für den ersten Fall, den der bisher fahrlässigen Tötung, bestraft werden, denn nach dem ersten Toten wusste er um die Gefährlichkeit der Speise. Er ist nun ein größeres moralisches Ferkel, eben "mehr Schwein", als vorher. Der Gastwirt wollte zwar niemanden töten - das sei unterstellt -, aber er hat den absehbaren zweiten und die weiteren Tötungs»erfolge« billigend in Kauf genommen, um nicht auf seine Einnahmen verzichten zu müssen und so keinen Verlust durch den Ankauf der vergifteten Pilze zu erleiden. Nach dem ersten Todesfall hat er es - aus Eigennutz - unterlassen, tätig zu werden und den zweiten und die weiteren Tötungserfolge abzuwenden, obwohl er als Hersteller des vergifteten Essens rechtlich dafür einzustehen hatte, dass die weiteren Tötungs»erfolge« nicht eingetreten wären. (Hat es dieses Mal mit dem Transfer geklappt? Na bitte! Es wird schon noch.)
Weil er unerlaubt seine Gäste in Leibes- und Lebensgefahr gebracht hat, befand er sich in einer von den Juristen so genannten "Garantenstellung" - daher das „G“ auch für Garant, und nicht nur für Gastwirt. (Als Jurastudent sollte man bei der Bearbeitung von Fallgestaltungen unbedingt auf solche manchmal verdeckt aber sehr bewusst gegebenen Hilfestellungen achten!) Die Garantenstellung verpflichtete ihn, alles Erforderliche zu tun, um die Realisierung der von ihm geschaffenen Gefahr zu verhindern. Die zur Abwendung der (im Sinne der Deliktsverwirklichung gesehenen) Todes»erfolge« erforderliche Leistung wurde trotz bestehender Leistungspflicht nicht erbracht. § 13 aus dem AT des StGB stellt ein solches Unterlassen einem (mit Tötungsbewusstsein vorgenommenen) Totschlag z.B. bei einer Messerstecherei, wo der Tod des Gegners zumindest billigend in Kauf genommen wird, gleich. Der Gastwirt wird neben der am ersten Gast begangenen fahrlässigen Tötung gemäß § 222 (bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe) nun noch gemäß §§ 212/211,13 wegen eines (oder bei entsprechender Fallgestalt: mehrerer) durch Unterlassen begangenen Totschlags (nicht unter fünf Jahren) und wohl sogar Mordes aus Habgier (lebenslänglich) bestraft werden.
Selbst wenn durch Glück und die guten Mägen der anderen Gäste kein weiterer Gast außer dem fahrlässig Getöteten um sein Leben gebracht worden wäre, müsste G außer wegen des Verstoßes gegen § 222 wegen des Unterlassens der gebotenen Handlung gemäß §§ 212/211, 13, 22 und 23 wegen eines durch Unterlassen begangenen, nunmehr aber nur Versuch gebliebenen Totschlags/Mordes bestraft werden. Dabei regeln die §§ 22 und 23 des AT die Strafbarkeit des Versuchs der Straftatbestände des BT.
Die Garantenstellung aus gefährlichem Tun ist aber nicht die einzig mögliche. Es gibt noch einige andere. Dazu zur Anschauung die nächsten, den Magen umdrehenden Fälle, damit das Strafrecht nicht zu spielerisch wirkt:
"Kind verhungert
ADN Berlin - Die Erfurter Polizei hat eine Frau verhaftet, die ihren Sohn (5) verhungern ließ. Ihr sei das Schicksal des Jungen "völlig gleichgültig" gewesen, habe die Mutter ausgesagt. Das Kind bekam nur alle drei Tage etwas zu essen."
"Mutter ließ ihr Baby verhungern
hei Köln - Unfassbare Tat einer Mutter: Die 22jährige Floristin Heike K. aus Aldekerk (Niederrhein) hat heimlich ihren neugeborenen Sohn in einer Tasche am Waldrand ausgesetzt. Der Junge muss mehrere Tage gelebt haben und dann jämmerlich verhungert sein. ... Im Polizeiverhör gestand Heike K. jetzt, dass sie vor vierzehn Monaten schon einmal ein Baby ausgesetzt habe. Es wurde tot in einem Müllcontainer gefunden."
"Zwillinge verhungert
dpa Köln - Die Zwillinge Udo und Dirk (2), die Anfang des Jahres tot in einer Kölner Wohnung gefunden worden waren, sind verhungert. Die Kinder haben in ihrer Not sogar Papier und Taschentücher gegessen."
Warum geben die Frauen ihre Kinder dann nicht zur Adoption frei, sondern töten sie - nicht indem sie sie erschlagen, sondern durch Unterlassen.
Das ist eine andere Form des Totschlags.
"Mordprozeß ausgesetzt
Das Hamburger Landgericht hat den Mordprozeß gegen einen 46 Jahre alten Schlosser ausgesetzt. Gegen den Angeklagten kann erst weiterverhandelt werden, wenn die Hauptbelastungszeugin, die wegen Krankheit nicht erschienen war, zu einer Aussage in der Lage ist. Der Angeklagte soll ihr gegenüber zugegeben haben, ein Dritter habe der damals 40jährigen Ehefrau in seinem Beisein mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. ..."
Diese Überlegungen zu den nur in Garantenstellung verwirklichbaren Auslegungs-Unterlassungsdelikten sind schon starker juristischer »Toback«. Dieses Pfeifchen werden wir später gemeinsam noch ein bisschen weiterrauchen, das muss jetzt noch nicht sitzen. Fürs erste genügt es zu wissen, dass:
-
wegen des fragmentarischen Charakters des Strafrechts nicht jedes moralisch verwerfliche Handeln mit den Mitteln des Strafrechts geahndet werden kann,
-
eine Straftat nur dann vorliegt, wenn der zu beurteilende Lebenssachverhalt alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes erfüllt - wer z.B. nicht aus den in § 211 II angegebenen Gründen tötet, kann nicht wegen Mordes mit lebenslänglichem Freiheitsentzug bestraft werden (und damit nicht leichtsinnigerweise angenommen wird, das Strafrecht zu beherrschen sei leicht, sei zur Verwirrung angemerkt: Aber nicht jeder, der ein Mordqualifikationsmerkmal verwirklicht, ist dadurch zwangsläufig ein Mörder, z.B. ist es derjenige nicht, der einem Todgeweihten aus altruistischen Motiven zur Abkürzung der Todesqualen durch eindeutig heimtückisches Vorgehen Gift beibringt!),
-
sich die Strafbarkeit eines Verhaltens oftmals erst aus dem Zusammenspiel der im Allgemeinen und im Besonderen Teil des StGB geregelten Paragraphen ergibt und
-
man nicht nur für sein Handeln, sondern in bestimmten Fällen auch für sein pflichtwidriges Nichthandeln bestraft werden kann.
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