In England wurde 1882 die Society for Psychical Research (S.P.R.) gegründet. Zu ihren Gründern gehörten u. a. Prof. William Barret (1845-1926, Physiker), Prof. Edmund Gurney (1847-1888, Altphilologe), Prof. Frederic Myers (1843-1901, Altphilologe und Philosoph), Prof. Henry Sidgwick (1838-1900, Präsident der S.P.R. von 1882-84 und 1888-92, Philosoph und Psychologe), Prof. Henry Butcher (Altphilologe in Edinburgh, gest. 1910).
Diese Gründer und andere führende Mitglieder befaßten sich in den ersten Jahren und Jahrzehnten des Bestehens dieser Gesellschaft besonders mit dem Problem des persönlichen Überlebens des Todes. Sie wußten auch, wie schwierig es ist, einen Beweis des Fortlebens einigermaßen überzeugend zu gestalten. Es war ihnen klar, daß immer wieder die Einwände von Telepathie und Unterbewußtsein vorgebracht werden.
Von dem Jahr 1901 ab, nachdem also Gurney, Myers und Sidgwick bereits verstorben waren, entwickelte sich bei einigen Damen, die sich bis dahin zum Teil noch gar nicht medial betätigt hatten, die Fähigkeit des automatischen oder medialen Schreibens (37, Bd II, S. 104; 61, S. 162; 35; 47). Unter letzterem versteht man das Entstehen einer Schrift durch die Hand eines lebenden, medialen Menschen, die aber nicht durch sein Bewußtsein oder seinen Geist, sondern durch den einer jenseitigen Wesenheit angesteuert wird.
Es handelte sich dabei um folgende Personen:
1. Die Altphilologin Margaret Verrall (1859-1916, Ehefrau des Cambridger Altphilologen Dr. Arthur Verrall (1851-1912)).
2. Ihre Tochter Miss Helen Verrall (später verh. Salter, 1883-1959).
3. Eine Mrs. Holland [Pseudonym von Alice Kipling-Fleming (1868-1948)], Schwester des Schriftstellers R. Kipling, die damals in Indien lebte.
4. Eine Mrs. Willet (Pseudonym für die Friedensrichterin Winifred Coombe-Tenant, 1874-1956).
5. Eine Miss E. Mac und ein Mr. A. Mac, sowie ihre Gruppenmitglieder, allgemein als, "The Macs" bezeichnet.
6. Eine Mrs. Forbes.
7. Eine Mrs. Edith Lyttelton.
Diese Damen, die zum Teil weit voneinander entfernt wohnten, erhielten durch ihre Hände schriftliche, literaturbezogene Durchgaben. Es handelte sich dabei um Gedichte, Zitate und Titel mit literarischen Anspielungen, und zwar in englischer, französischer, lateinischer und griechischer Sprache. Die Botschaften erfolgten in stärkerem Maße und in kurzen Zeitabständen ab 1906. Teilweise bestanden sie auch in Trancerede. Es waren jeweils nur bruchstückhafte Äußerungen, die keine besondere Bedeutung zu haben schienen. Erst nachträglich ergab sich zwischen diesen medialen "Botschaften" eine innere Bezogenheit, ein innerer Vorstellungszusammenhang, ein übergeordneter Sinn.
Eine besondere Bedeutung lag auch darin begründet, daß die Medien, außer Margaret Verrall, die lateinische und griechische Sprache nicht gelernt hatten. Als Verursacher dieser Durchgaben, auch Kommunikatoren genannt, traten "Jenseitige" auf, die sich als die verstorbenen S.P.R.-Mitglieder Myers, Gurney und Sidgwick ausgaben.
Die Versuche dauerten eine Reihe von Jahren. Nach ihrem Tode gesellten sich zu den genannten Kommunikatoren auch die S.P.R.-Mitglieder Henry Butcher, gest. 1910, und Arthur Verrall, gest. 1912, Ehemann des einen Schreibmediums. In diese Durchgaben, die man dann "Cross-Correspondences" nannte, wurde auch das bedeutende amerikanische Medium Leonore Piper (1859-1950) mit einbezogen.
Nachdem der innere Zusammenhang dieser Durchgaben festgestellt war, wurden laufend alle Durchgaben von den Medien an die Untersuchungsbeamten der S.P.R., Miss Alice Johnson und Mr. J. G. Piddington, gesandt. Es wurde darauf geachtet, daß die verschiedenen Medien isoliert arbeiteten und den Inhalt der anderen Schriften nicht erfuhren. Piddington hatte die Bruchstücke (47) zusammenzusetzen, was einen hohen Grad an klassischer und literarischer Bildung verlangte. Er beschrieb die Schriften der Kommunikatoren als Glieder einer Kette oder Würfel in einem Mosaik von Gedanken, die auf verschiedene Medien verteilt sind.
Die Kommunikatoren gaben als Grund für ihre Cross-Correspondenc an, daß die Verteilung eines einzelnen Themas unter verschiedene Medien, von denen keines wußte, was das andere schrieb, beweisen sollte, daß ein einziger unabhängiger "Geist" oder eine Gruppe von "Geistern" hinter dem Phänomen stünden. Das könne dann nicht einfach durch Quertelepathie unter den Medien erklärt werden. Auch wurden wenig bekannte Stellen der klassischen Literatur eingestreut, um die Identität der Kommunikatoren zu beweisen, denn Myers, Verrall und Butcher waren hervorragende Altphilologen gewesen. Die Kommunikatoren hofften, durch ihre Durchgaben einen besonders starken Beweis für ihr Fortleben zu geben.
Der englische Physiker und Präsident der S.P.R. Tyrrell schreibt (61, S. 183):
"Es gibt gewisse persönliche Nuancen in den automatischen Niederschriften, die ein Außenstehender zweifellos wegerklären würde, die aber für die persönlichen Bekannten der Kommunikatoren besonders zwingend sind.
Auch Mrs. Sidgwick wurde nach und nach von der Echtheit der Kommunikatoren überzeugt. Sie war eine Frau von überragender Begabung und ausgewogenem Urteil. Sie sagte 1913: 'Obgleich wir noch nicht berechtigt sind, ein sicheres Urteil zu fällen, bin ich persönlich der Ansicht, daß das Beweismaterial zu der Schlußfolgerung hinführt, daß unsere früheren Mitarbeiter immer noch mit uns arbeiten.' Ihr Bruder sagte 1932 in einem Vortrag: 'Der schlüssige Beweis eines Überlebens nach dem Tode ist offenkundig schwer zu führen. Aber das Beweismaterial kann so beschaffen sein, daß es zur Gewißheit führt, wenn auch zwingende Beweise fehlen. Ich habe die Zusicherung von Mrs. Sidgwick - eine Zusicherung, die ich auch der Versammlung mitteilen darf -, daß sie angesichts des ihr vorliegenden Beweismaterials sowohl an ein Überleben nach dem Tode als auch an die Wirklichkeit einer Verbindung zwischen Lebenden und Toten fest glaube.' Viele werden damit nicht übereinstimmen, aber wahrscheinlich ist niemand besser als sie in der Lage, sich über das vorliegende Beweismaterial ein gültiges Urteil zu bilden."
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