Tagebuch ohne Fotos zum Drucken


) Die zweite Halbzeit beginnt



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8.) Die zweite Halbzeit beginnt

 

 



Engel Gottes, Heiliger beschütze mich, wende mein Leben in Andacht zu Christus Gott, bekräftige meinen Verstand im wahren Weg und zu höchster Liebe lenke meine Seele; wenn Du mich führst, erhalte ich von Christus Gott große Gnade. (Schutzengel-Troparion)

 

 



Dienstag, 20. Januar 2009

Heute habe ich mich um kurz vor elf mit zwei deutschen DAAD-Kommilitoninnen im Leningrader Bahnhof getroffen, wir wollten zusammen ein wenig die orthodoxe Kirche erkunden. So sind wir zunächst zu unserer Universität gefahren, wo ich den beiden die Fakultätskirche gezeigt habe und ganz kurz, soweit es möglich war, ein paar Räumlichkeiten auf dem Gelände. Anschließend sind wir essen gegangen, was zunächst alles sehr hektisch ablief, weil in dieser Woche eine große Konferenz tagt, an der heute sogar Metropolit Kyrill teilgenommen hat, einer der großen Anwärter für das Amt des Patriarchen. Leider habe ich davon nichts gewusst, nur dass meines Wissens ein anderer Bischof eingeplant war. Den haben wir noch kurz beim Essen gesehen.

Da die Küche erst später aufgemacht hat als geplant, hat meine Idee mit dem schnellen Essen nicht geklappt. Elena und Vitali, ein ganz lieber und netter Kommilitone, sind dann noch mit uns nach Sergijew Possad gefahren. So sind wir erst eine gute halbe Stunde später in Moskau losgefahren. In Sergijew Possad haben wir uns dann gemeinsam das Kloster angeschaut - und wie alle, die noch nicht dort gewesen sind, waren Claudia und Madeleine erstaunt über die Schönheit des Klosters, das sich auf dem Hügel erstreckt. Gegen Abend haben wir noch ein wenig in die beiden Gottesdienste hereingehört, die aber sehr dürftig waren. Da morgen kein Feiertag ist, gab es noch nicht einmal das Ölkreuz. Davon war ich ein wenig enttäuscht.

Elena und ich konnten den beiden aber eine gute Einführung in die Russisch-orthodoxe Kirche geben und viel darüber erzählen und versuchen, verständlich zu machen. So war ich heute dann das vierte Mal in Sergijew Possad - und war wieder einmal erstaunt über die Schönheit dort.

 
Mittwoch, 21. Januar 2009

Heute kam eigentlich mal wieder einiges anders, als ich erwartet hatte. Zunächst war ich heute Morgen auf der Suche nach einer Ikone, die einmal ein Geschenk werden soll. Diese Heilige gibt es zwar in der Russisch-orthodoxen Kirche, scheint aber sehr unbekannt zu sein. Daher habe ich bislang in den großen Geschäften keine gefunden - ich bin eher auf Verwunderung gestoßen. Aber es gibt noch eine Hoffnung - es gibt da noch ein Geschäft, das etwas außerhalb liegt, manchmal aber kleine Schätze beherbergt. Anschließend war ich nach mehr als fünf Tagen wieder im Internet und bin dann in der Uni essen gewesen. Dort hat mich Sergej angesprochen, ob ich heute auch zum Seminar kommen würde. Ich war sehr überrascht, dass es stattfand, denn gestern habe ich noch von einigen gehört, dass die Vorlesungen erst in der nächsten Woche beginnen. Nun gut - einige fallen wohl aus, einige finden statt. In dem Seminar bei Vater Alexej waren auch noch längst nicht alle aus den Ferien zurück - vor allem die nicht, die weite Wege haben. Anschließend war dann noch Chorstunde - ebenfalls bei Vater Alexej, der heute sogar den zweiten Tenor gelobt hat. Das Besondere daran war, dass wir nur zu dritt waren. Und ein Lob von Vater Alexej bedeutet ja recht viel. Gegen Abend habe ich mich wieder mit Wasser eingedeckt, das zu meinem auch teurer geworden ist - um einen Rubel. Vieles ist in den letzten Monaten teurer geworden - Metro, Elektritschka, Lebensmittel und noch vieles mehr. Was mir aber gefällt, dass der Währungskurs im Moment für mich so günstig steht. Im Gegensatz von vor zwei Monaten bezahle ich für 15.000 Rubel, derzeit um 80 Euro weniger. Ich werde jetzt versuchen, alles im Voraus zu bezahlen, was möglich ist, da sich dies doch sehr gut bemerkbar macht. Lag der Kurs vor ein paar Wochen noch bei etwa 34,22 Rubel für einen Euro, so rangiert der Kurs derzeit um 1:43. Das sind doch gewaltige Unterschiede. Am Anfang meines Studiums waren es immer so um die 1:37, aber mit der Krise hat sich alles sehr geändert. So glücklich ich auch mit dem derzeitigen Kurs bin, umso schlechter ist es für die Russen. Hier findet man in den Supermärkten sehr viele Importprodukte und vergleichbar wenige Eigenerzeugnisse. Dadurch, dass die Löhne nicht steigen, macht sich die Krise hier doch bemerkbar. Somit kann die Sorge der Russisch-orthodoxen Kirche durchaus begründet sein, wenn sie vor sozialen Unruhen warnt.

An für sich bin ich sehr froh, dass die Vorlesungen heute wieder begonnen haben. So habe ich jetzt wieder meine feste Tagesstruktur - soweit dies möglich ist - und bin gleich viel besser zufrieden. Nun freue ich mich auf die "zweite Halbzeit" meines Studiums hier in Moskau und bin mir sicher, dass es noch schöne Monate werden.

Donnerstag, 22. Januar 2009

Der Morgen begann zunächst mit dem Schreiben des Zwischenberichts für den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), den ich bis Ende Januar eingereicht haben muss. Bis vor ein paar Tagen hatte ich noch überhaupt keine Ahnung, was ich daraus machen soll. Nun hoffe ich, dass ich das geschrieben habe, was der DAAD von mir verlangt. Gegen elf Uhr bin ich in einen kirchlichen Laden gefahren in der Nähe der Station Zwjetnoj Boulevard, um dort Ikonen und Bücher zu kaufen. Anschließend habe ich in der Mensa gegessen und etwas mit Nina gequatscht, die ich dort getroffen habe. Wir haben vor allem ein wenig über Katjas Geburtstag gesprochen und überlegt, wie wir dort hinkommen. Nach dem Essen - Nina war schon weg - habe ich erfahren, dass die Vorlesung heute ausfällt. Im gleichen Moment fragte Nina mich, ob ich nicht noch etwas Zeit zum Deutsch sprechen hätte. Die hatte ich natürlich.

Anschließend bin ich nach Hause gefahren, um einige Briefe zu schreiben, was dann auch bis zum Abend gedauert hat. Nachdem ich so gut wie fertig war, haben wir, das heißt Oleg, Pjotr und Stephan, noch ein wenig Wein getrunken und zu Abend gegessen. So ist dann gegen Mitternacht ein Tag zu Ende gegangen, der viel mit Schreiben zu tun gehabt hat. Herrschte am Morgen noch allerschönstes Winterwetter, so endete der Tag mit Regen und trüben Tauwetter.

 

 



Freitag, 23. Januar 2009

Das Tauwetter und der Regen des Vortages setzte sich auch heute fort und so waren die Straßen und Wege heute extrem glatt - Moskau sah etwas salopp gesagt aus wie eine riesige Pinguinhorde, die durch die Gegend schlittert. An manchen Stellen war mit Sand oder sogar mit Salz gestreut und an anderen Orten wurden von Straßenarbeitern mit allen möglichen Werkzeugen die Wege vom Eis frei gekratzt. Dennoch war es fast überall sehr gefährlich, zu laufen.

Die erste Vorlesung ist heute aufgrund der Konferenz ausgefallen, so dass ich die Zeit nutzen konnte, zur Post zu gehen, einzukaufen und mit meinem Communicator eine Postadresse aus dem Internet zu ziehen. Ich wollte eigentlich vor dem Seminar zum Neuen Testament noch meine vollständige Wohnheimmiete bis Ende Juni bezahlen, aber die Bank hatte geschlossen. In dem Seminar angekommen kam es zu einem etwas eigenartigen Vorfall: Vorne waren noch Plätze frei und mit dem Spruch "Jeder Meter zu Vater Alexej ist ein verlorener Meter" beorderte er einige Studenten nach vorne. Hinter mir saß, gut versteckt vor den Augen unseres Dozenten, Dmitri. Und ihn hat er immer auf dem "Kieker". Nach einer Weile, als er ihn entdeckt hatte, wurde er auch nach vorne beordert. Allerdings an das Klavier, das schon fast im Rücken von Vater Alexej stand. Dort sollte er dann der Vorlesung weiter lauschen, mit dem Gesicht zur Wand und mit den ganzen Materialien auf dem recht schmalen Klavierdeckel. Eine, wie ich meine, etwas übertriebene Aktion.

Nach dem Seminar habe ich dann wieder meinen üblichen Dienst in der Stalowaja aufgenommen - anschließend war die Chorstunde bei Vater Alexej - dieses Mal allerdings bei dem Diakon und Chorleiter. Dort war mehr oder minder die Generalprobe für die Göttliche Liturgie, die wir am Montagmorgen um sieben Uhr singen werden. Auch wenn das wieder einmal frühes Aufstehen bedeutet, so freue ich mich doch darauf.

Anschließend habe ich das Wohnheim bezahlt, wobei Masha mich anrief. Sie wartete schon auf das Deutschtreffen. An einem anderen Tisch dort wartete und lernte Lena, die ich dann gleich zu Mashas Tisch mitgenommen habe. Nach einem recht lustigen Abend bin ich dann ins Wohnheim zurück gefahren und habe ein wenig aufgeräumt.

 

 



Samstag, 24. Januar 2009

Heute hatte ich irgendwie einen Tag, an dem ich deprimiert und traurig war. Alles verlief schleppend und langsam und mit viel Gefühlsduselei. Manchmal überlege ich vielleicht doch zu viel und schaue zu wenig in meinem Herzen nach und höre darauf, was es sagt. Und dann müssen Entscheidungen gefällt werden, in denen es um Abschied, Enttäuschung und Traurigkeit geht. Und das Schlimmste ist, dass ich da nicht allein von betroffen bin. Und ich mag doch keinen enttäuschen. Und so setze ich mich wieder selbst unter Druck, indem ich versuche allem gerecht zu werden und da wieder grandios dran scheitere. Andererseits ist es ganz gut, auch mal wieder an die eigenen Grenzen zu stoßen, so weh es dann auch wieder tut, vielleicht wachse ich ja daran...

Nun, mit dieser Sache, die diesen Tag heute besonders beherrscht hat, bin ich also kraftlos durch die Stadt gelaufen, war wieder beim internationalen Postamt und habe zwei Briefe weggebracht, war im Internet und habe Mails bekommen, die die Kraftlosigkeit bestärkt haben, und die Dogmatikvorlesung ist heute auch ausgefallen. Weil ich schon einige Mails direkt im Internet beantwortet habe, habe ich sogar die Vetschernaja sausen lassen, zu der ich eigentlich wollte. Das stört mich auch sehr an diesem Tag. Die Lichtblicke am Tag waren heute die drei Telefongespräche, die ich heute Abend geführt habe und die mich etwas beruhigt haben. 

Dann lässt sich noch berichten von einem Vorfall von heute Abend aus dem Zimmer, das meinem gegenüber liegt. Dort haben sich wohl ein paar Jungs aus dem ersten Kurs getroffen, die irgendwas gemacht haben, was die Administratorin nicht gerne gesehen hat. Zumindest lief heute Abend der Wachmann mit der Administratorin mehrmals durch den Flur in Richtung des Zimmers. Was aber richtig gewesen ist, weiß noch keiner genau.



Sonntag, 25. Januar 2009

Wie ich es am Vortag geplant hatte, bin ich zunächst in der katholischen Kirche gewesen. Kurz bevor ich dort angekommen bin, habe ich schon geahnt, dass heute wohl eine Bischofsmesse sein könnte, da unheimlich viele Leute in der Kirche waren. Und ich hatte recht. Die große Orgel hat gespielt, es hat ein Chor gesungen und auch der Gemeindegesang war schön. Ganz zum Schluss wurde das Lied "Der Geist des Herrn" gespielt, das ich dann einfach in deutscher Sprache gesungen habe. Nach der Messe war es später geworden als ich geplant hatte und so musste ich mich beeilen, denn ich wollte ja für Katjas Geburtstag noch einen Salat machen. So habe ich dann die Zutaten gekauft und hätte fast einen Schock bekommen, als ich den Preis an der Kasse gehört habe. Ich habe fast das Doppelte bezahlt als am katholischen Weihnachtsfest, wo ich den Salat das letzte Mal gemacht habe. An einer anderen Stelle habe ich dann noch zwei kleine Zucchini gekauft und habe dann den Salat in der Stalowaja zubereitet. Zunächst waren die erstaunt, wie schnell ich damit bin. Als ich gewürzt habe, haben es einige der Küchenhelfer mit der Angst bekommen, als sie aber probiert haben, fanden sie den Salat doch sehr lecker und wollten gleich das Rezept haben. Anschließend haben ich noch schnell gegessen und habe dann Masha abgeholt und wir sind dann zusammen zur Metro-Station Timirjasevskaja gefahren, wo wir Nina getroffen haben. Wir hatten dort direkt Anschluss an eine Elekritschka nach Vodniki, das ich am Tag zuvor verzweifelt in meinem russischen Eisenbahnatlas gesucht habe. Dort haben wir schnell die Wohnung gefunden, aber nicht ohne noch vorher etwas im Schnee zu balgen. Leider war der Schnee aber nicht schön für eine Schneeballschlacht, da die erste Schicht gefroren war und die Schneebälle zogen doch im Gesicht, was nicht angenehm war. Auf der Geburtstagsfeier von Katja und ihrer Mutter haben wir schön zusammen gegessen und uns über alles mögliche unterhalten. Schön war, dass noch ein paar andere Studenten mit dabei waren, zu denen ich sonst nicht so viel Kontakt habe und die ich so ein bisschen näher kennen lernen konnte.

Eigentlich wollten wir um 20:36 Uhr einen Zug nach Moskau nehmen, haben ihn aber leider verpasst und mussten so über eine halbe Stunde auf den nächsten warten. Die Zeit haben wir für einen kleinen Spaziergang durch den Ort genutzt, der bei Tageslicht bestimmt sehr schön ist. Dort gibt es Seen und eine Kirche, die auf einer Anhöhe steht. Es sieht dort recht idyllisch aus. Ich wollte in dem kleinen Lebensmittelladen an der Bahnstation eigentlich noch Brot kaufen, aber leider hatte das Geschäft wegen Inventur geschlossen.

Gegen 23 Uhr war ich dann im Wohnheim - ich hatte dort natürlich in den beiden Läden auch noch nach Brot geschaut: Das eine Geschäft war geschlossen und das Brot in dem anderen Laden war ausverkauft. So musste ich mich mit einer Tüte Keksen begnügen.

  
Montag, 26. Januar 2009 - Festtag des Heiligen Eleasar

Das Brot, das ich eigentlich am Vorabend gekauft haben wollte, wurde nun, wie gesagt ja durch Kekse ersetzt. So gab es heute Morgen um kurz nach sechs Uhr eine Tasse Ostfriesentee und eben diese Gebäckstücke, die leider auch noch recht geschmacklos und trocken sind. Es hat aber für das erste gereicht. So früh aufgestanden bin ich, weil ich heute Morgen um acht Uhr im Chor singen musste. Wie üblich haben wir uns schon eine halbe Stunde früher getroffen und geprobt. Die Göttliche Liturgie haben wir für meinen Geschmack dann ganz gut gesungen. Vielleicht lag es im Gegensatz zum letzten Mal daran, dass die einzelnen Stimmen nicht so durcheinander gestanden haben wie beim letzten Mal. Und der Chor war aufgeteilt, so dass einmal mein Teil des Chores gesungen hat und dann der andere. Bei einigen Liedern macht das dann einen sehr feierlichen Eindruck. Die Antiphone am Anfang sind extra für einen solchen Wechselgesang konzipiert und so klingt das dann ein wenig wie ein Echo - aber in jedem Fall wunderschön. So wie ich das mitbekommen habe, wurde heute das Fest zu Ehren des Heiligen Eleasar gefeiert, aber eigentümlicherweise ohne das "Wir verehren..." am Ende der Liturgie.

Nach der Liturgie war dann eine Feier für die Studenten der theologischen Fakultät in der Stalowaja, wo auch der Rektor der Uni, Vater Vladimir und Vater Nicolai teilnahmen. Es gab richtig gutes Essen: Salat, Kartoffelpüree, Fleisch dabei, Süßigkeiten, Obstteller, Tee, Saft, usw. Dabei wurden dann Fotos und Videos über die theologische Fakultät gezeigt. Da ich bislang noch nicht genau weiß, was da genau gefeiert wurde, muss ich mich da noch genau nach erkundigen. Auf jeden Fall war es ganz schön.

Anschließend habe ich übers Internet mit meiner Mutter telefoniert und das Neueste erzählt und erfahren. Pünktlich zur Ethikvorlesung war ich dann in der Universität zurück und habe dann erfahren, dass ich gar nicht mehr Ethik mit der Studentinnen-Gruppe, sondern mit denjenigen, mit denen ich auch schon Kirchenrecht und Vergleichende Theologie habe. Aber wie schon üblich hat mich der Professor mit Handschlag begrüßt.

Nach der Vorlesung ist das Sprachtandem mit Olga ausgefallen und ich bin nach Hause gefahren und habe mich etwas aufs Ohr gelegt und dann eigentlich nicht mehr viel Zustande bekommen. Leider. Ich habe mich aber sehr über einen Brief von einem Freund aus der Nähe von Dresden gefreut, der mich heute erreicht hat und mit dem ich nicht gerechnet hatte!

Gerade habe ich mit Stephan das Troparion für den Heiligen Eleasar übersetzt. Die Grammatik und die fremden Wörter, die selbst meine Wörterbücher nicht kennen, machen es nicht einfach, daraus etwas Deutsches zu machen. Meist ist es so, dass Stephan Vorschläge gibt, wie die Grammatik ausdiskutieren und ich dann versuche, einen Satz daraus zu machen.

Nachdem ich Vitali bei seinen Deutsch-Hausaufgaben geholfen habe, habe ich beim Zähneputzen Ivan getroffen und ihn gefragt, warum das Fest heute in der Kirche so groß gefeiert wurde, aber die "Taufe-des-Herrn"-Ikone vor den Königtüren lag. Sonst liegt dort immer die des Tagesheiligen. Wir haben heute gemeinsam eine feierliche Göttliche Liturgie gefeiert, weil die meisten Weihnachten zu Hause gewesen sind. Es war also eine kleine Weihnachtsfeier, wie sie in Deutschland in der Adventszeit üblich sind, hier aber wegen der Fastenzeit in dem Rahmen nicht machbar sind.

 

Er lehnte ab das vergängliche Fleisch, strebte das Nichtvergängliche an, und ging von der Welt fort, zog auf die Meeresinsel ein, und arbeitete auf ihr mit Eifer viele Jahre für Gott, erhielt seine Freude und das Vermögen des Hellsehens und wurde reich an Wundern, hochwürdiger Vater Eleasar. Bete für uns bei Christus Gott, damit er uns gebe Frieden und große Gnade. (Troparion, 3. Ton)

 
Dienstag, 27. Januar 2009

Der Höhepunkt dieses Tages war zweifelsohne für mich und das ganze Wohnheim heute um kurz nach 23 Uhr: Kyrill von Smolensk und Kaliningrad ist das neue Oberhaupt der Russisch-orthodoxen Kirche - der neue Patriarch heißt also Patriarch Kyrill. Er ist laut den Nachrichten mit einer großen Stimmenmehrheit gewählt worden. Im Wohnheim haben wir uns so eben gegenseitig gratuliert. Heute ist ein besonderer Tag in Russland und in der Russisch-orthodoxen Kirche, an dem Geschichte geschrieben wird - am Sonntag soll die Einsetzung ins Amt stattfinden.

Auf diese Nachricht bin ich aufmerksam geworden, weil ich heute ausnahmsweise Internet im Wohnheim habe. Ein Mitbewohner hat mir beim Installieren von einem Übersetzungsprogramm geholfen. Währenddessen habe ich Vitali wieder bei seinen Hausaufgaben geholfen und er war es dann auch , der die neue Nachricht wusste.

In dieser Woche muss ich wohl oder übel meinen Stundenplan völlig umbauen, da sich vieles geändert hat. So schaue ich jeden Tag auf dem Stundenplan nach, wann und in welchem Raum die Vorlesungen fortgesetzt werden. Gestern ist eine neue Veranstaltung für mich dazu gekommen, es ist eine Liturgik-Vorlesung, von der ich gestern sogar schon viel verstanden habe. Für morgen steht wieder eine neue Vorlesung an, es wird Pastoraltheologie werden. Die Möglichkeit dazu ist gegeben, weil Kirchenrecht jetzt auf einen Freitag fällt, was aber wiederum mit dem Seminar zum Neuen Testament kollidiert. Da muss ich noch eine Lösung finden. So wie es bislang aussieht, werde ich meinen Stundenplan ein wenig ausbauen.

Den Nachmittag habe ich mit dem Übersetzen meines philosophischen Textes verbracht. Zwischendurch kam Vitali herein und wollte mir ein wirklich tolles Übersetzungsprogramm geben, dass wir bis um zwei Uhr nachts aber nicht ans laufen bekommen und somit aufgegeben haben. Das hängt mit der kyrillischen Schrift zusammen, dass es nicht funktionieren will. Damit hätte ich sonst ganze Sätze übersetzen können. So werde ich nun in der gewohnten Art und Weise an meinen Texten arbeiten. Wenn es auch viel länger dauert, so bin ich nicht traurig darum, denn so bekomme ich mehr Sprachpraxis.

In der Stalowaja hatte ich heute ziemlich Glück: Es gab wenige Hähnchenbeine und ich habe eines davon erwischt! So war heute auf meinem Teller erstmals mehr Fleisch als Beilage, was mir sehr gut gefallen hat.

 
Mittwoch, 28. Januar 2009 - Habemus papam

"Habemus papam" - mit diesen Worten begrüßte mich heute Vater Valentin, den ich auf dem Unigelände getroffen habe. Die Wahl des Patriarchen war heute unbestritten das Thema Nr. 1 bei uns in der Universität. So wie ich es herausgehört habe, freut sich die Kirche über ihren neuen Patriarchen.

Heute habe ich das erste Mal eine Vorlesung in Pastoraltheologie auf Russisch gehört und muss sagen, dass ich leider kaum was verstanden habe, weil der Dozent sehr leise und für mich sehr unverständlich gesprochen hat. Und aus dem Nebenraum konnte man gut die Stimme Vater Alexejs vernehmen, was dann noch einmal ablenkte. Ich hoffe sehr, dass sich das mit dem Verstehen noch ändern wird. Zumindest werde ich mir das nächste Mal einen anderen Platz suchen.

Nach der Chorstunde bin ich zum Rigaer Bahnhof gefahren und habe mich dort erkundigt, wie man nach Neu-Jerusalem fahren kann. Ich habe mich mit einer DAAD-Kommilitonin verabredet, dorthin einen Ausflug zu machen. Dort gibt es auch ein Eisenbahnmuseum mit einigen Museumslokomotiven. Dort werde ich mich in absehbarer Zeit auch einmal umschauen, da dort doch so einige interessante Exponate stehen. Und ich habe dort einen Modelleisenbahnladen entdeckt, den ich auch mal besuchen möchte um zu schauen, wie in Russland eine Modellbahn aussehen kann.

Momentan taut es hier in Moskau noch, aber die größten Gefahren sind wohl vorbei: Die meisten Wege und Straßen sind eisfrei und auch von den Dächern fällt nur noch wenig Eis und Schnee herab. Derzeit haben wir Temperaturen um etwa 3°C, so dass es nicht sonderlich schnell taut. Bislang bin ich sehr froh, ohne gefallen zu sein durch den Winter zu kommen und hoffe sehr, dass das auch bis zum Frühling so bleibt.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Am heutigen Morgen habe ich zunächst mein Zimmer ein wenig umgebaut und mir so mehr Bewegungsfreiheit geschaffen. Der Schreibtisch steht jetzt noch näher in der Ecke und das Bett habe ich zwischen den Schrank und den Schreibtisch geschoben. So habe ich einen geraden Gang zum durchgehen. Ich habe sogar noch genügend Platz für meine Beine. Dann habe ich meine Ikone mit den vielen Heiligen, die ich dann und wann auch als Kalender verwende, am Schrank aufgehängt und das Nachtschränkchen neben das Kopfende des Bettes geschoben, so dass es mir jetzt einerseits als Nachttisch dient, aber auch als Ablagemöglichkeit, wenn ich am Schreibtisch am arbeiten bin. Mein Eindruck ist, dass ich jetzt wesentlich mehr Platz habe. Ich will mal schauen, wie es sich darin schlafen lässt.

Nachdem ich den Rest des Morgens irgendwie unproduktiv verbracht habe, war ich im Internet und bin dann in die Vorlesung "Vergleichende Theologie" gefahren. Hier habe ich mich gut in die Vorlesung mit Fragen einbringen können - was mich sehr froh und glücklich stimmt, denn vor den Ferien war das noch nicht in dem Rahmen möglich. Anschließend habe ich mich noch mit Vater Valentin über die katholische Kirche und damit zusammenhängend über das Filioque, die Unfehlbarkeit des Papstes und das Zölibat unterhalten - alles Themen, die kontrovers zur orthodoxen Kirche stehen.

Anschließend bin ich wieder einmal in den orthodoxen Buchladen in der Nähe der Station Zvjetnoj Boulevard gefahren, um dort wieder ein paar Russisch-deutsche und Deutsch-russische Wörterbücher christlicher Lexik zu kaufen, da die bei uns an der Universität heiß begehrt sind - was aber nicht heißen soll, dass ich da Geschäfte mit mache. Zudem habe ich mir ein Wörter- und ein Lehrbuch Russisch-kirchenslawisch gekauft. Vielleicht kann ich mir die Sprache da ein wenig selbst mit aneignen und hin und wieder ein paar Texte übersetzen, ohne dass ich dann auf die Hilfe anderer angewiesen bin.

Den Abend habe ich dann wieder mit meinem philosophischen Text verbracht, aber nur sehr mühselig, weil mir ständig die Augen schwer geworden sind. So habe ich mich dann nach dem Abendessen um halb zehn hingesetzt und mit meinem Eisenbahnsimulator am Computer gespielt, Nüsse geknackt und das Marzipan gegessen, was meine Eltern in der Bäckerei Wallenstein in Oldersum gekauft hatten und mir geschickt haben. So kommt also Oldersumer Marzipan nach Moskau! Schade, dass es schon auf ist, denn es schmeckt wirklich lecker.

Leider hat einer unserer Mitbewohner sein Studium bis zum Sommer hin abgebrochen und ist deshalb ausgezogen. Als er sein Zimmer aufräumte, hat er drei große Einkaufstüten mit Lebensmitteln und eine große Einkaufstüte mit Knoblauch in die Küche gestellt - für die Allgemeinheit. Stephan hat das trefflich kommentiert mit den Worten, dass das wohl für fünf Jahre gewesen sei.


 

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