Tagebuch ohne Fotos zum Drucken


Karsamstag, 18. April 2009 - Karsamstag (orth.)



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Karsamstag, 18. April 2009 - Karsamstag (orth.)

Die Göttliche Liturgie des Hl. Basilius fing mit einigen Gottesdiensten vorher schon um sieben Uhr an, aber ich war zusammen mit Masha erst um etwa viertel vor acht dort. Zunächst waren Stundengebete, dann der Morgengottesdienst, der in die Göttliche Liturgie eingeflochten war. Alles wurde wieder von sehr schönen Gesängen dominiert. Als ich vor der Eucharistie kurz draußen war, standen da schon eine Menge Leute, die ihre Osterkuchen und Eier gesegnet haben wollten. Dazu standen eigens jede Menge Tische aufgestellt und ein Priester ging durch die Reihe. Am frühen Nachmittag war ich noch einmal dort, um bei Sonnenschein das Spektakel zu fotografieren. Jetzt war Vater Georgij am segnen und er hat so gesegnet, dass auch keiner zu wenig von dem heiligen Wasser abbekommt. Den Tag wurde, wie es sonst üblich sein sollte, nicht in Ruhe begangen, sondern viel eher mit den letzten notwendigen Vorbereitungen für die Feier in der Nacht.

Kurz nach acht bin ich ins Bett zum Schlafen geschickt worden und um halb elf bin ich wieder aufgestanden, habe mich frisch gemacht für die Nacht und bin dann gemeinsam mit der Familie zur Fakultätskirche St. Nicolai gegangen. Wir haben gleich den Seiteneingang genommen und uns direkt vor die Ikonostase gestellt, damit wir zur Prozession zügig aus der Kirche konnten. Um etwa halb zwölf begann der Mitternachtsdienst, der dann nach etwa einer halben Stunde aufhörte. Dann begann ein kurzes, aber spannendes Warten auf die Prozession, die die Osternacht eingeleitet hat. Es gab eine "historische" Besonderheit an diesem Abend: Es war möglich, ohne Beichte zu kommunizieren - Vater Vladimir hat die Beichtgebete gesprochen und dann gesagt, dass sich jeder sofort zum Priester gehen und unter die Stola beugen kann, ohne dass der Priester vorher die Beichte hört. Das war aber nur für diejenigen, die vorbereitet waren, also keine schweren Sünden haben, eucharistisch gefastet haben und die Gebet vor der Kommunion gelesen haben. Dies war eine Empfehlung des Patriarchen Kyrill, damit alle in der Osternacht kommunizieren können.

Nun ist mir in den letzten Tagen aufgefallen, dass sich Russland für den Frühling oder für das Osterfest herausputzt. An jeder Ecke und Kante wird mit oft fürchterlich stinkender Lackfarbe alles gestrichen, was man nur streichen kann: Türen, Zäune, Hauswände und sogar wieder die Bordsteinkanten. Nicht überall gibt es einen Hinweis, dass gestrichen wurde. So muss man sehr aufpassen, dass man nicht seine Sachen versaut. Die Weise, wie gestrichen wird, kommt mir sehr fremd vor: Es wird vorher nichts gereinigt oder abgeschliffen, die Farbe wird einfach neu aufgetragen - möglichst dick natürlich. So verschwinden nach und nach Verzierungen, da sie durch die dicke Farbschicht einfach verdeckt werden. Heute Abend war die ganze Novokusnetskaja Uliza voll mit Reinigungspersonal - es wimmelte fast nur so von Menschen mit orange leuchtenden Warnwesten.

 

Stehe auf, oh Herr, mein Gott, erhebe Deine Hand, auf dass nicht für immer vergessen werde Deiner Armen.

Ich will Dich, oh Herr, von ganzem Herzen bekennen und verkünden all' Deine Wunder.

Gott ersteht auf und seine Feinde werden sich zerstreun.

Wie der Rauch verweht, so mögen sie verwehen. Wie das Wachs, das da schmilzt vor dem Angesichte der Flamme.

Vor Gottes Angesicht mögen vergehen die Frevler, doch die Gerechten sollen fröhlich sein.
Alle, die ihr auf Christus getauft seid, seid in Christus eingezogen. Halleluja.

Alle Welt neige sich vor Dir und singe Deinen Namen, Höchster.

Jauchzet Gott, alle Lande, lobsinget zur Ehre Seines Namens.

Gott mache Dich auf und richte die Erde, denn Du bist der Erbe über alle Heiden.

Gott steht in der Gottesgemeinde und ist der Richter unter den Göttern.

Wie lange noch wollt ihr Unrecht richten und die Gottlosen vorziehen?

Schaffet Recht dem Armen und der Waise, und helft dem Elenden und Bedürftigen zum Recht.

Errettet dem Geringen und Armen und erlöst ihn aus der Gewalt der Gottlosen.

Darum wanken alle Grundfesten der Erde. Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter und allzumal Söhne des Höchsten, aber Ihr werdet sterben wie die Menschen und wie ein Tyrann zugrunde gehen.

Gott, mache Dich auf und richte die Erde, denn Du bist der Erbe über alle Heiden.

Der Herr ist auferstanden wie aus dem Schlafe, und hat uns indem er auferstanden ist erlöst. Halleluja.
(aus den Karsamstagsgottesdiensten)

 
In dem oben endenden Text, der im neuen Kapitel fließend eine Fortsetzung findet, wird nun unterbrochen durch meinen Rückblick, der über die ganze Fastenzeit geht. Das letzte Kapitel ist ja nun sehr lang geworden und beinhaltet bewusst die gesamte orthodoxe Fastenzeit. Was hat sich in dieser Zeit bei mir getan? Zunächst bin ich nach wie vor noch sehr glücklich und zufrieden, dass ich hier studieren darf und dass ich mich hier so wohl fühle. Es ist für mich nach wie vor wie ein toller Traum, aus dem ich nicht aufwachen möchte. Doch dies wird wohl spätestens am 30. Juni der Fall sein - der Tag, an dem ich plane zurück nach Deutschland zu fliegen. Wegen der Wohnung in Münster, die momentan leer steht und für die ich eine verminderte Miete bezahlen muss und auch meinen weiteren Plänen habe ich nach langem und schweren Überlegen entschieden, nicht mit nach Walaam zu fahren und werde dann bei der Müllabfuhr arbeiten und mich hoffentlich sehr gründlich auf die Prüfungen im Oktober vorbereiten. Im Moment habe ich noch kein Heimweh nach Hause oder Ostfriesland, freue mich aber in einer gewissen Form auch wieder auf meine Rückkehr - auch wenn dann eine Zeit anbricht, die nicht sonderlich einfach wird: Es stehen jede Menge Prüfungen an, für die ich mich sehr gut vorbereiten muss. Und andererseits werde ich sehr traurig sein, wenn ich abreisen muss. Mein Herz hängt doch sehr an der Universität, an meiner "Gastfamilie", meinen Freunden und letztlich auch an der orthodoxen Kirche, in der ich so viele schöne Liturgien und Gottesdienste miterlebt habe. Ich habe jetzt noch etwa zweieinhalb Monate vor mir, die ich möglichst genießen möchte.

Was die Sprachkenntnisse angeht, bin ich nach wie vor nicht zufrieden, komme aber mittlerweile gut zurecht. Ich schaffe es immer wieder, dass die Leute mich verstehen und ich erreiche immer das, was ich haben möchte - auch wenn es manchmal schwierig ist. Aber mit Geduld klappt es in der Regel immer. In der Universität verstehe ich auch immer mehr, wenn dies auch nach wie vor ein langer und schwieriger Prozess ist. In der Fastenzeit habe ich viele Texte übersetzt für meine Hausarbeit - das hat meine Sprachkenntnisse etwas verbessert. In Sachen Hausarbeit hoffe ich sehr, dass ich sie bis zum Eintreffen meine Freunde fertig habe. Einen Teil habe ich schon geschafft und nun hoffe ich, dass ich den Rest auch noch hinbekomme. Es wird aber noch ein Stück Arbeit werden. Vor allem muss sie dann noch übersetzt werden. Das wird auch noch einmal recht schwierig werden. Ich hoffe, dass mir das Sprachprogramm da eine Hilfe sein wird - auch wenn es einige Begriffe nicht kennen wird. Darunter werden auch Begriffe der Exegese sein, die die Russisch-orthodoxe Kirche vielleicht nicht kennt: Ich denke da nur an das Wort "Perikope" (Bibelstelle/-Abschnitt). Und dann bin ich natürlich auf das Ergebnis sehr gespannt. Mittlerweile geht hier auch das Studium zu Ende - ich hatte in der vorletzten Fastenwoche schon geschrieben, dass die erste Vorlesung mittlerweile geendet hat und die Kommilitonen sich nach Ostern in der Prüfungsphase befinden. Und so werden die anderen Vorlesungen nach und nach auch weniger werden. Ich hoffe aber, dass ich meinen Besuch aus Münster noch in die ein oder andere Vorlesung mitnehmen kann, um ihnen zu zeigen, wie ich hier studiere. Es ist ja doch etwas anderes. Mittlerweile zähle ich die Tage schon sehr, bis ich Nathalie und Mark hier begrüßen kann - noch mehr zähle ich aber die Tage, bis meine Eltern bei mir auftauchen. Ich denke, dass wir zusammen eine wunderschöne Zeit erleben und viel machen werden. Ich hoffe nur, dass in Sachen wohnen alles klappt bei Mark und Nathalie. Bislang ist noch nicht ganz geklärt, wer die beiden nun registrieren wird: Entweder die Universität oder die Gastfamilie. Beide schieben das hin und her. Die Gastfamilie aus dem Grund, weil es ihnen unbekannt ist und sie - wie ich auch - so gut wie keine Ahnung haben. Aber wie immer in Russland wird sich dies auch regeln und ich sehe der Sache sehr gelassen entgegen. Ich hoffe nur, dass das recht schnell geht, so dass wir nicht zuviel Zeit damit vertrödeln. Aber was die Planungssicherheit in Russland angeht...

Nun noch ein paar Zeilen zur Fastenzeit hier: Stellenweise war es ganz schön hart, aber ich habe es durchgehalten! Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich sie soweit gut durchgehalten habe. Das Fastenbrechen mit Vater Paul... Nun gut - man kann es durchgehen lassen. Und am Ostersonntag die drei Hackfleischbällchen, die in der Cremesuppe waren: Es gelten Fastenerleichterungen für Reisende. Auch dies ließe sich entschuldigen und außerdem war da ja das katholische Osterfest. Ich bin sehr zufrieden und werde es im nächsten Jahr in Münster auch ausprobieren, sofern es die Umstände zulassen. Die Liturgien in der Fastenzeit waren durchweg alle sehr schön und es war eine sehr intensive Zeit für mich, die meinen Glauben bestimmt noch einmal etwas gefestigt hat. Besonders der Kanon des Heiligen Andrej Kritskij und die Liturgie der vorgeweihten Gaben waren jedes Mal wunderschön. Ich habe aber in Saratov auch gemerkt, dass ich katholisch bin und es auch wohl immer bleiben werde. Dort in der Kirche habe ich mich sofort heimisch gefühlt und es im Inneren viel mit meiner Heimatgemeinde in Oldersum verglichen. So schön alles Orthodoxe auch ist und so sehr ich es auch liebe - letztlich bin ich doch Katholik. Vielleicht ein manchmal mittlerweile sehr orthodox denkender Katholik.

Ansonsten geht es mir nach wie vor gut - vor allem bestimmt wegen einem ganz lieben Menschen, den ich sehr ins Herz geschlossen habe und von der mir der Abschied noch sehr, sehr schwer fallen wird...


10.) Oster- und Besuchszeit

 

 



Sonntag, 19.04.2009 - Ostern (orth.)

 

Gott ersteht auf und seine Feinde werden sich zerstreun, und die ihn hassen fliehen vor seinem Angesicht.



Wie der Rauch verweht, so mögen sie verwehen, wie das Wachs, das da schmilzt vor dem Angesicht der Flamme.

Vor Gottes Angesicht mögen vergehen die Frevler, doch die Gerechten sollen fröhlich sein.

Dies ist der Tag, den der Herr gemacht, lasset uns an ihm frohlocken und fröhlich sein.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Christus ist erstanden von den Toten, im Tode bezwang er den Tod und schenkte den Entschlafenen das Leben.

(aus der Osterliturgie)

 

Und um genau 0:00 öffneten sich die Königstüren der Ikonostase und die Prozession begann. Die Priester trugen noch alle ihre weiße liturgische Kleidung. Sie trugen Ikonen und auch wieder das Grabtuch. Während die meisten zum Hauptausgang strebten, sind wir schnell durch Nebeneingang gehuscht, so dass ich noch ein paar Fotos von der Prozession machen konnte. Das Fotografieren war sowohl draußen als auch in der Kirche schwierig, da ich nicht mit dem Zoom arbeiten konnte. Die Bilder wären sonst allesamt verschwommen gewesen.



Die Prozession stoppte vor dem Haupteingang der Kirche, der verschlossen war. Nach einigen Gebeten Gesängen und letztlich dem dreimaligen Ruf des Erzpriesters Vater Vladimir

"Christus ist auferstanden!"

und der Antwort der Gläubigen:



"Er ist wahrhaftig auferstanden!"

wurden die Türen geöffnet und alles strömte zurück in die Kirche - mit sehr viel Gedrängel und Gequetsche. Masha und ich habe einen recht guten Platz bekommen - etwa in der Mitte der Kirche, so dass zumindest ich gut sehen konnte. Während dem Osterkanonikon traten alle Priester zu zweit oder zu dritt vor die Königstüren und segneten die Gläubigen mit einem Kreuz mit drei Kerzen und jedes Mal wurde drei Male der Osterruf gerufen und lautstark von der Gemeinde beantwortet - so dass ich mich beim ersten Mal erschrocken habe. In der Kirche hat sich einiges verändert: In den Kerzenständern waren jetzt rote Kerzen zu finden, über den Königstüren der Ikonostase waren die Leucht-Insignien "XB" angebracht - für "Christus Voßkreße", was übersetzt "Christus ist auferstanden!" heißt und es hing noch ein beleuchtetes Spruchband unter dem Bogen mit dem gleichen Spruch. Die Priester haben sich alle umgezogen - einige mehrfach: Während dem Osterkanonikon hatten alle bunte Gewänder an und anschließend haben sich alle in rot umgezogen. Die ganze Liturgie war durch große Freude und Freude geprägt. Viele aus der Gemeinde hatten die passende farbige Kleidung angezogen, die Frauen vor allem Kopftücher und Kleider in roter und weißer Farbe. Und auch die Gesänge der Göttlichen Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus waren auf auf Ostern abgestimmt - immer wieder wurden Osterlieder gesungen. Die große Besonderheit war, dass das Evangelium (Joh. 1,1-17) in Griechisch, Latein und Kirchenslawisch gelesen wurde. Nach der Kommunion haben sich schon alle zum Osterfest gratuliert und kleine Geschenke ausgetauscht - in der Hauptsache bunte Ostereier und Kulitschi - also kleine Osterkuchen. Alles in allem war es die wohl feierlichste Liturgie, die ich hier miterlebt habe. Ich habe mich die ganze Zeit auf das Osterfest gefreut - zu Recht. Kurz vor vier Uhr sind wir dann nach Hause gegangen - es hatte etwas geschneit - und haben das Osterfest gebührend mit einem guten Essen begangen und die Fastenzeit ebenso feierlich beendet: Es gab viele Salate, Eier, Quark und natürlich Fleisch. Gegen fünf Uhr habe ich dann völlig müde im Bett gelegen und geschlafen.

Um halb elf bin ich dann wieder aufgestanden, habe mich etwas frisch gemacht und bin dann mit Masha zur Prozession in die Dreifaltigkeitkirche gegangen um Fotos von der Prozession zu machen. Auch in hier sind wir in eine sehr feierliche Liturgie gekommen, in der sehr viele Eltern mit ihren Kindern waren. Die Prozession war auch wunderbar - an diesem Morgen wurden die Leute wieder mit reichlich viel Wasser gesegnet. Anschließend sind wir wieder zurück gegangen, haben angefangen die Rest des Abends zu essen und haben uns dann noch ein bisschen ausgeruht. Den Nachmittag habe ich mit Masha und ihrer Oma verbracht, um die Pizza für das Abendessen vorzubereiten. Zwischenzeitlich waren wir noch im Abendgottesdienst - wieder ein an Feierlichkeit kaum zu übertreffender Gottesdienst - und anschließend in der in Nähe liegenden Christus-Verklärungs-Kirche auf dem Holzglockenturm und haben dort geläutet. Es ist "normalen Menschen" nur in der Hellen Woche (die Woche des Lichts) möglich, in der orthodoxen Kirche zu läuten, was viele auch wahrnehmen.  

Um 22 Uhr bin ich dann wie üblich ins Wohnheim zurück gefahren, das wegen der Ferien momentan fast wie ausgestorben ist, habe noch mit meiner Mutter telefoniert und von den Feierlichkeiten berichtet und bin dann hundemüde ins Bett gefallen.


Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen:

"Reine Jungfrau, freue Dich! -

und ich sage Dir wieder 'freue Dich'!

Dein Sohn ist nach drei Tagen vom Grabe auferstanden

und hat die Gestorbenen auferstehen lassen!

Volk, freue Dich!"
Werde Licht, werde Licht, neues Jerusalem,

denn die Herrlichkeit des Herrn ist aufgegangen über Dir.

Jauchze jetzt und frohlocke, o Zion!

Du aber, reine Gottesgebärerin, freue Dich über die Auferstehung Deines Kindes!

(9. Lied vom Osterkanon)

 
 Montag, 20.04.2009 - Ostermontag (orth.)

Heute wollte ich mit Mashas Familie zu einem ihr bekannten Priester fahren und so stand ich bei ihnen schon um 8:45 Uhr auf der Matte. In dem kleinen Dorf Jam angekommen wollten wir in die Göttliche Liturgie gehen, haben diese aber um etwa zwei Stunden verpasst und die Helfer waren gerade dabei, die Kirche aufzuräumen. Ein anderer Priester hat uns dann zum Haus des Priesters geleitet, wo wir ein wenig gefrühstückt und uns mit ihm unterhalten haben. Da ich sehr müde war, habe ich leider kaum den Gesprächen folgen können. Irgendwann sind wir zu der Kirche gegangen und haben die Gelegenheit genutzt, die Glocken der Kirche zu läuten, was wirklich viel Spaß gemacht hat. Allerdings war es auf dem hohen Glockenturm sehr kalt, da ein scharfer Wind wehte und die Temperaturen etwas über Null waren. Als wir zurück in Moskau waren, haben Masha und ich uns an einer Wurstbude ein paar Leckereien gekauft und dann den ganzen Nachtmittag am Tagebuch gearbeitet.

Gegen acht Uhr bin ich dann wieder zurück ins Wohnheim gefahren, da heute Tauschtag der Bettwäsche ist. Den Rest des Abends habe ich wieder mit dem Tagebuch verbracht.

Der dort ansässige Priester, Vater Valeri, ist ebenso ein interessanter Mensch als auch Priester. Er hat lange Zeit mit Alkoholabhängigen zusammen gelebt und versucht, sie von ihrer Krankheit zu befreien. Leider haben es nur wenige geschafft. Aber es ist an für sich der erste orthodoxe Priester von dem ich höre, der in einem solchen Arbeitsfeld tätig ist.

Dienstag, 21.04.2009 - Osterdienstag (orth.)

Heute Morgen musste ich schon um kurz nach sechs Uhr aus den Federn  - was mir ordentlich schwer gefallen ist, da ich heute mit Masha in die Gemeinde von Vater Alexej Emeljanov wollte. Wir haben uns an der Metro-Station Poljanka getroffen - zeitgleich mit Janka und Djadja Slawa (Onkel Slawa - einer der Hausmeister der theologischen Fakultät und bekannt wie ein bunter Hund). Die kleine Kirche hat heute ihr Patronatsfest und es ist Tradition, dass die meisten Priester der Fakultätskirche dann bei ihm zelebrieren. Die Kirche ist recht alt - 105 Jahre - und war nach der Zeit des Kommunismus beinahe abrissreif. Sie ist im Laufe der Zeit wiedererrichtet worden und hat von innen jetzt sehr schöne Fresken in verschiedenen Stilrichtungen. Von außen sieht die Kirche aber noch stark renovierungsbedürftig aus. Nach der fröhlichen österlichen Liturgie gab es dann noch zwei Glückwünsche: den einen von Vater Vladimir an Vater Alexej Emeljanov, der heute sein 18-jähriges Weihejubiläum hat, den anderen von Vater Alexej an Vater Vladimir, der eine neue Auszeichnung für sein Lebenswerk erhalten hat: Er darf fortan mit geöffneten Zarentüren dienen. Dies ist für ihn eine Umstellung, da er, wie er sagte, eigentlich seine Ruhe dort braucht. Und für ihn ist es vielmehr ein Geschenk an die Gemeinde, die ihm nun zuschauen darf. Ganz im Anschluss werden ja immer das Kreuz und die Hand des Priesters geküsst. Masha und ich sind hintereinander hingegangen. Zu Masha hat Vater Alexej mit einem Lächeln im Gesicht in etwa gesagt: "Ah, die deutschen Gäste sind angekommen!" und zu mir darauf das Gleiche. Da hat uns wohl jemand durchschaut und uns das durch die Blume gesagt - allerdings mit einer großen Wolke Blütenstaub. Ich habe ihm auch gratuliert mit dem Hinweis, dass mein Geschenk für ihn noch nicht fertig ist. Ich schreibe bei ihm ja meine Hausarbeit.



Anschließend waren wir noch bei Sofrino, einem orthodoxen Geschäft und anschließend habe ich bei meinem Internetplatz die Homepage erneuert und habe mich dann bei Masha zu Hause an meine Hausarbeit gesetzt. In der letzten halben Stunde vor dem Abendessen habe ich es geschafft, zwölf Mails zu beantworten, die auf meinen Osterbrief reagiert haben. Das ist schon fast rekordverdächtig für mich! Nach dem Essen sind wir dann zur Moskauer Philharmonie aufgebrochen, wo ich durch Kusma an Karten für ein kleines Konzert gekommen bin. Es wurden durch ein Quartett Lieder von Richard Strauß und von Kusma selbst gespielt. Im letzten Teil trat dann noch eine Sängerin auf, die mir nicht so gefallen hat - nicht, weil sie nicht singen konnte, sondern eher weil mir weiblicher Operngesang nicht so zusagt. Alles waren Studenten des Moskauer Konservatoriums. Wer einen Abschluss dieser Universität hat, vor dem hat man in Russland Achtung und zollt ihm Anerkennung. Nach dem Konzert hatten wir noch etwas Zeit und sind Eis essen gegangen. Heute war ich dann wieder etwas früher im Wohnheim, da ich morgen früh aus den Federn muss. Morgen fahre ich ja für zwei Tage nach Optina in ein Kloster - es ist eine Art Ausflug, der von der theologischen Fakultät angeboten wird. Ich denke, dass es eine schöne Fahrt werden wird.

Mittwoch, 22.04.2009 - Ostermittwoch (orth.)

Und wieder musste ich früh aufstehen - schon um halb sechs. Um 6:27 Uhr ist der Zug gefahren - ich bin mit einem Mädchen aus dem ersten Kurs zusammen gefahren. An der Metrostation Zarizino hat Masha mich angesimst, dass sie mich noch kurz treffen wolle. Und nun wollte das Handy nicht so richtig funktionieren, so dass ich ihr erst kurz vor knapp antworten konnte. Ich konnte schnell durch die Eingangstüre schlüpfen von dem Haus, das Mädchen ist mir dann hinterhergelaufen, obwohl ich ihr gesagt hatte, dass sie weitergehen sollte. Das hat sie dann anschließend auch getan. Um zehn nach sieben war ich dann in der Taufkirche, wo Vater Nicolai, Vater Konstantin und Vater Alexeij die Göttliche Liturgie schon feierten. Es sang auch mein Chor, da ich aber nicht mit geübt hatte, habe ich erst gar nicht mitgesungen. Mir schien es, als hätten die anderen auch nicht geübt. Angeblich war eine Chorprobe am Mittwoch - da wusste ich aber überhaupt nichts von - wie auch? Anschließend haben wir kurz gefrühstückt - es gab für jeden in der Stalowaja eine Tasse Tee und einen Teller mit Kartoffelpüree und Fleischsstückchen. Zum Glück hatte ich morgens schon gefrühstückt. Dennoch habe ich mir für die Fahrt ins Kloster nach Optina Pust noch zwei Äpfel und ein paar Kekse gekauft - man weiß ja nie. Gegen neun Uhr sind wir dann losgefahren - in einem in Deutschland ausrangierten Neoplan-Bus, dessen Zustand äußerlich noch ganz in Ordnung war. Auf den Reifen war auch noch genug Profil drauf, so dass ich mir keine Sorgen machen musste. Doch bei genauerem Hinsehen zeigte der Bus im Inneren doch so ein paar Macken: Die Stühle funktionierten nicht richtig und waren teilweise recht ausgeleiert - und die Abstände dazwischen für meine Größe viel zu gering. Ich bin froh, dass der Bus nicht den Zustand von einem anderen Bus russischer Bauart hatte, der in völliger Schräglage (bei gerader Straße) durch die Gegend kurvte und fast aussah, als würde er jeden Moment umkippen. Am Stadtrand von Kaluga haben wir eine kleine Pause gemacht und einen kleinen Lebensmittelladen belagert, geplündert und geräumt. Die Frau wird an dem Tag wohl einen guten Umsatz gehabt haben. Ich selbst habe mir ein kleines Eis gegönnt - für acht Rubel. Nach einer weiteren Fahrt - nun nicht mehr auf einer autobahnähnlichen Straße - kam wir in Optina Pust an. Auf dem Weg dorthin habe ich mehrfach gedacht, dass mir gleich fürchterlich schlecht wird, weil die Sitzplätze im Bus recht hoch unter dem Fahrer lagen. Von außen sieht der Bus wie ein Doppeldecker aus. Die Straßen waren etwas schlechter und deshalb schaukelte es gewaltig. Dennoch - es war schön durch die kleinen Dörfer zu fahren und zu schauen. Und wie auch schon in Saratov an der Wolga wurden an jeder Ecke und Kante die Felder gebrannt. Am Nachmittag kamen wir an, haben unsere Zimmer bezogen - ich hatte eins mit Onkel Slawa, Andrej und einem Studenten aus dem vierten Kurs. Im Eingang vom Hotel fragte Vater Nicolai mich, ob ich auch baden gehen würde. Meine Antwort war "Ja - selbstverständlich, aber nur, wenn Sie auch gehen!" Seine Antwort: "Ich gehe!" Damit hatte ich nun nicht gerechnet und hatte gedacht, dass er wieder einen seiner Scherze macht. Anschließend stand ein kleiner Waldspaziergang an - also ein wenig ziellos im Wald herum streunern und sich unterhalten - hier konnte man genau sehen, wer nur selten nach außerhalb kommt von den Stadt-Moskauern: Sie benahmen sich im Wald ganz anders und es wurde beispielsweise das zuhauf fotografiert, was für mich im Wald normal ist: Bäume... Ich dagegen habe auf den Baumstämmen herumgeturnt. Um fünf Uhr sind wir ins Kloster spaziert - ebenfalls auf einem alten Weg quer durch den Wald - und sind dort in die Vetschernaja gegangen. Eine Besonderheit war, dass alle Priester dort zu zweit mit den Dreier-Leuchtern mit Kreuz zuerst den Altar, dann das Volk und dann die Ikonen der Kirche beweihräuchert haben. Das hat allerdings sehr lange gedauert, weil 24 Priester anwesend waren. Nach Vetschernaja sind wir dann zur Quelle gegangen, die in der Nähe vom Kloster liegt - etwa 500m entfernt. Dort waren schon die ersten im Quellwasser, das in ein Becken mit Überlauf lief und sich ein einer Holzhütte befand, wo man sich ausziehen konnte - natürlich aufgeteilt in Männlein und Weiblein. Als dann die erste Gruppe raus war, bin ich dort ebenfalls mit hineingegangen, habe ich mich ausgezogen, bin wie alle anderen nackt (ich habe den Anfang meiner Gruppe gemacht) ins Wasser gegangen, dreimal untergetaucht und dann wie eine Rakete aus dem eiskalten Wasser wieder herausgeschossen. Letztendlich war es sehr lustig und mir war anschließend kaum kalt. Der Tag ging in dem Hotel nach dem Abendessen recht lustig zu Ende: Gerade als wir den Osterkanon angefangen hatten zu beten, viel das Licht für etwa 10-15 Minuten aus, es wurde im Licht von Handys jedoch fleißig weiter gesungen und gebetet. Das passierte dann noch mehrere Male. Gegen halb zwölf habe ich mit Bett gelegen, konnte aber nicht sofort einschlafen, auch wenn ich sehr müde war: Einerseits war es sehr kalt im ganzen Haus und ich habe mich klein gemacht, um irgendwie warm zu bleiben und andererseits hatte einer meiner Bettnachbarn einen lauten Schlaf - er hat zeitweise wie ein Weltmeister geschnarcht.

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