Tagebuch ohne Fotos zum Drucken



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Sonntag, 17.05.2009

Der Flug von Matthias und Papa ging heute schon in alle Frühe - um 9:20 Uhr ist der Flieger einer russischen Airline abgehoben. So haben wir uns um halb acht mit Marcus getroffen, der die beiden dann zum Flughafen gebracht hat. Der Abschied dort war sehr kurz, weil wir einerseits noch Devisen getauscht haben und man andererseits dort nur 15 Minuten frei parken darf. So haben Masha und ich uns recht schnell wieder aus dem Staub gemacht, haben im Seminar gefrühstückt, unsere Sachen so weit wie möglich für die abendliche Abreise gepackt, sind eine Stunde in die Göttliche Liturgie gegangen und uns dann zum Baltischen Bahnhof aufgemacht. Dort angekommen hatten wir noch etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit, um Tee zu trinken und sind dann um 12 Uhr mit der Elektritschka nach Petershof gefahren, wo wir uns die Parkanlagen anschauen wollten. Dort angekommen haben wir erst mit einem Linienbus eine Stadtrundfahrt gemacht und haben uns dann in den Park aufgemacht. Sehr bemerkenswert sind dort die ganzen Springbrunnen, die sich durch den ganzen sehr großen Park ziehen, der direkt an einer großen Bucht die zur Ostsee führt liegt. Dort sind wir bis zum Nachmittag spazieren gegangen, haben uns die Springbrunnen angesehen und jede Menge Eichhörnchen, Meisen, Tauben, Spatzen, Buchfinken und andere Vögel gefüttert, von denen die meisten handzahm waren. Mit den Eichhörnchen hatten wir unsere Probleme, sie schauten zwar immer, was wir in der Hand haben, wollten aber nichts davon haben. In einem Baum haben wir ein Eichhörnchen gesehen und dort saß versteckt ein Mann darunter. Wir sind dort auch hingegangen und wollten es füttern. Der Mann hat dann das Feld für uns geräumt und auch hier kam das Eichhörnchen nur zum Schnuppern. Und dann sahen wir unter dem Baum ein Portemonnaie dort liegen, dass dort höchstens einen Tag gelegen hat. Sämtliche Geldscheine wurde herausgenommen und nur ein paar Münzen und persönliche Andenken waren dort noch zu finden. Wir haben es an uns genommen und am Ausgang dem Wachmann gezeigt, der auch nicht viel ausrichten konnte, da keine Dokumente zu finden waren. Wir wollen versuchen, die Geldbörse irgendwie wieder zurückzusenden, wenn wir die Inhaberin ausfindig machen können. Den Namen und das Land wissen wir schon, mehr aber auch nicht. Nach dem Besuch im Park sind wir noch in die große Peter- und Paul-Kathedrale gegangen, die direkt dort in der Nähe ist und konnten dort sogar auf den großen Mittelturm gehen und von dort die Aussicht über den Ort und die Schlossanlagen genießen. Nachdem wir etwas in einem kleinen Lebensmittelladen gegessen haben, sind wir mit dem Bus zum Bahnhof gefahren und ich hatte dort gesehen, dass die Schranken vom Bahnübergang geschlossen waren. Kurz darauf kam auch schon die Elektritschka nach St. Petersburg, die wir dann in aller Eile mitbekommen haben. Im Bahnhof in St. Petersburg habe ich dann noch ein wenig fotografiert und wir sind dann ins Priesterseminar zurückgefahren, um unsere Sachen zu packen und zum Freund von Mashas Vater zu fahren. Dort gab es ein leckeres Abendessen und gegen 22 Uhr mussten wir schon wieder aufbrechen zum Bahnhof, da unser Nachtzug nach Moskau um 23:15 Uhr fuhr. Bei der Metrofahrt dorthin hatte ich ständig die Diebe im Kopf, die meinen Vater überfallen hatten und tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass dort eine Horde dunkelhäutiger junger Männer herumlief. Übrigens: Es soll dort einmal einen Skandal gegeben haben. Eine Frau, die die Rolltreppe bewacht, hat eine solche Gruppe die Treppe herunterfahren gesehen und dann die Leute in der Metro-Station vor dieser Gruppe gewarnt. Der ganze Fall ist dann vor Gericht gegangen...

Am Bahnhof angekommen sind wir gleich in den Zug gestiegen. Ich habe noch meinen Weg an die Zugspitze gemacht, da noch genügend Zeit war. Vorne gab es Erstaunliches zu sehen: Den ersten Waggon, den ich gesehen hatte, trug die Ordnungsnummer 19, der erste die Ordnungsnummer 0. So hatte dieser Zug also einen Waggon, den es eigentlich gar nicht gibt. Und dieser Stand auch nur mit der Hälfte der Türe am Bahnsteig, so dass die Leute alle beim Einsteigen aufpassen mussten. Und die Lokomotive stand mit der Spitze schon fast in der ersten Weiche hinter dem Bahnsteig und insgesamt mehr als eineinhalb Wagenlängen hinter dem Hauptsignal des Bahnsteigs. Gegen Mitternacht habe ich dann das Bett gemacht und bin dann schlafen gegangen, ...

 

 

Montag, 18.05.2009



...sofern das dann möglich war. Der Waggon lief sehr unruhig und bei jedem Schienenstoß rappelte es mehr als gewohnt, so dass ich ich die ganze Nacht entweder gar nicht oder nur sehr unruhig geschlafen habe. Das Resultat war, dass ich am nächsten Morgen zwar heilfroh übers Aufsehen war, aber auch noch längst nicht ausgeschlafen war. Nach einem kleinen Frühstück bei Mashas Eltern bin ich dann sofort ins Bett gegangen und habe bis etwa halb elf Schlaf nachgeholt, daraufhin kurz meine Eltern angerufen und mich dann an das Beantworten von den gesammelten Mails gemacht, wo ich lange dran gesessen habe. Anschließend habe ich mein Tagebuch in Schuss gebracht, was auch noch wieder eine Zeit gedauert hat und es dann ins Internet gestellt. Dazu musste ich wieder an meinen Internetplatz gehen, da ich mich aus irgendwelchen Gründen keinen Empfang mehr in dem Haus habe, in dem Masha wohnt. Die ungesicherte Verbindung funktioniert nicht mehr... Gegen Abend funktionierte die Internetverbindung auf einmal wieder und ich konnte noch alle Dinge im Internet erledigen. Nachdem alles im Internet erledigt war, haben wir noch gemeinsam gegessen und anschließend bin ich zeitig ins Wohnheim gefahren, um die Sachen aus- und wegzupacken. Ich bin auch noch unter die Dusche gesprungen - allerdings gibt es nach wie vor kein warmes Wasser. Es bleibt zu hoffen, dass die Reparaturarbeiten weiter in vollem Gange sind und dass ab dem 25. Mai das Wasser wieder normal fließt.

Dann gibt es noch eine interessante Begebenheit, von der ich sehr überrascht war: Die Treppe zum Bahnsteig der Züge, die aus Moskau herausfahren, ist zur Hälfte renoviert und in einem guten Zustand und weitestgehend ohne Stolperfallen. Und sie wird bei laufendem Betrieb gewechselt.



Dienstag, 19.05.2009

Den Wecker hatte ich eigentlich auf acht Uhr gestellt, ich bin aber von dem Schleudern der Waschmaschine wach geworden, die zwar in der Küche steht, aber beim Schleudern leise zu hören ist. Das war das Zeichen für mich, dass sie bald frei wird und so habe ich schnell die Sachen zusammengesucht und sie in die Waschmaschine gestopft. Nach dem Frühstück habe ich mich dann wieder an die Hausarbeit gesetzt und an hier herumgefeilt. Dazu musste ich mich zu einem Teil erst wieder in die Materie einlesen, so dass ich den ganzen Morgen den Eindruck hatte, kaum etwas geschafft zu haben. Jetzt, am Abend, habe ich immerhin ein Kapitel schreiben können und will damit recht zufrieden sein. Heute habe ich wieder mein reguläres Studium aufgenommen und bin die Liturgik-Vorlesung gegangen. Die zweite danach ist ausgefallen, so dass ich schon etwas eher nach Masha gehen und weiter an der Hausarbeit basteln konnte. Zwischendurch habe ich Kolja und Sergej noch ein wenig Deutschunterricht gegeben und nach dem Essen habe ich noch ein paar Mails geschrieben.

Heute ist mir während der Vorlesung aufgefallen, dass bei den sehr häufigen Vergleichen zur katholischen Kirche sehr oft deutsche Theologen und Philosophen wie beispielsweise Karl Rahner oder der jetzige Papst Benedikt XIV. genannt werden. Von Theologen aus anderen Ländern des Westens ist eher weniger die Rede. Von den evangelischen Kirchen ist in der Regel eher seltener die Rede, aber auch dann werden zusammenhängend damit die herausragenden deutschen Theologen genannt. Am meisten wird jedoch mit der katholischen Kirche verglichen und dabei fällt häufig auf, dass die Gemeinsamkeiten verglichen und bewertet werden. Dies scheint im Gegensatz zu den evangelischen Kirchen weniger möglich zu sein. Und dies durchzieht nicht nur das Fach "Vergleichende Theologie", sondern sehr viele andere Vorlesungen auch, wie heute Liturgik. Auffallend kommt dies auch in den Fächern Pastoraltheologie, Einführung in die liturgische Überlieferung und im Seminar zum Neuen Testament vor.

 

 



Mittwoch, 20.05.2009

Den heutigen Morgen habe ich wieder an der Hausarbeit gesessen und dabei kleine Fortschritte gemacht. Der erste Teil der exegetischen Hausarbeit neigt sich dem Ende zu. Dem wird noch der zweite Teil folgen, in dem ich mich an orthodoxe Literatur halte. Das wird für mich der spannendste Teil der Hausarbeit.

Wie üblich bin ich zu 12 Uhr mit der Elektritschka in die Stadt gefahren und habe im Kursker Bahnhof den renovierten Durchgang zur Metro ausprobiert, der seit meiner Ankunft geschlossen war. Er ist erstens viel schneller und zweitens komme ich auch bei Regenwetter trockenen Fußes zur Metrostation. Dazu kommt noch, dass ich wesentlich weniger Treppen steigen muss. Alles in allem eine schöne Sache. Zudem macht die renovierte Halle einen schönen Eindruck und zeigt ein bisschen, wie sie in den 50er Jahren ausgesehen haben könnte, als die Station eröffnet worden ist. Jetzt muss ich mich nur noch daran gewöhnen, dass ich an anderer Stelle in den Zug in der Station Pererwa einsteigen muss.

Nach den beiden Vorlesungen war wie üblich Chorstunde - dieses Mal allerdings in der Fakultätskirche, da wir anschließend den Abendgottesdienst gesungen haben. Morgen früh werden wir auch wieder singen, da morgen ein kleines Fakultätsfest ansteht: Das Fest des Johannes des Theologen. Wer das ist, dazu möchte ich morgen mehr schreiben. Nach dem Gottesdienst und nach der kurzen Chorprobe hat Masha mich in der Kirche abgeholt und wir sind dann zu ihr nach Hause gegangen, wo ich die meiste Zeit gefaulenst habe...

 
Donnerstag, 21.05.2009 - Fest des Heiligen Apostels und Evangelisten Johannes der Theologe (orth.) und Christi Himmelfahrt (kath.)

Für den heutigen Tag gibt es mehrere gute Nachrichten zu vermelden, über die ich mich sehr gefreut habe. Die erste Überraschung, die fast keine mehr war, weil ich mir schon so etwas in der Richtung gedacht habe, war, dass ein Kommilitone von mir vor einem Monat zum Diakon geweiht worden ist. Er hat heute Morgen bei uns in der Fakultätskirche zelebriert und ich war begeistert von dem, wie er es gemacht: In jedem Fall sehr würdig und mit einer schönen Stimme. Hoffentlich hält Vater Vassilij das auch so bei. Sehr gefreut habe ich mich heute auch darüber, dass wir heute im Chor viel besser als sonst gesungen haben. Es hat heute richtig Spaß gemacht, im Chor zu singen und so konnte ich die Göttliche Liturgie richtig genießen. Da heute das Fest des Heiligen Apostels und Evangelisten Johannes der Theologe ist, gab es heute wieder ein Fakultätsfest, zu dem wir Studenten in die Stalowaja eingeladen worden sind. Dort gab es freies Essen und es wurden einige Studenten mit Stipendiaten geehrt. Alle haben eine CD unseres Chores geschenkt bekommen, von denen ich im Anschluss daran gleich noch einige gekauft habe.8 Sie sind in einigen Fällen sicherlich ein schönes Geschenk für Freunde und Bekannte in Deutschland und vor allem ein Stück Erinnerung an den Chor, in dem ich mitsingen darf. Da sind die Stimmen verschiedener Studenten und Diakone zu hören. All das kann ich dann mit nach Hause nehmen und wie ich mich kenne, werde ich sie sehr häufig hören. Vor allem dann, wenn ich an die schöne Zeit zurückdenke. Anschließend war ich noch fix auf dem Postamt und habe drei Briefe aufgegeben und auch hier hatte ich unverschämtes Glück: Es war keine vor mir und so war ich nach kurzer Zeit schon fertig. Nachdem ich meine Jacke zur Reparatur gegeben habe, bin ich dann nach Masha gegangen. Zur Jackenreparatur: Mir ist eine Naht vom Reißverschluss der Winterjacke aufgegangen, da der unterste Druckknopf nicht mehr funktioniert. Nun zu den Kosten: Der Druckknopf wurde ein wenig verbogen, dass er jetzt wieder funktioniert und das Nähen kostet etwa 1,15€. Die allerschönste Nachricht kam dann allerdings per E-Mail: Eine Freundin aus Ostfriesland hat Arbeit gefunden! Ich habe so sehr mit ihr mitgefiebert und nun hat es nach ihrem "Sprachurlaub" doch sehr schnell geklappt. Damit ist sie die Erste aus meinem ostfriesischen Freundeskreis, die Geld verdient. Zudem habe ich heute noch Bilder von anderen Freunden bekommen - am Samstag wird ebenfalls in meinem ostfriesischen Freundeskreis geheiratet - von Marcos Junggesellenabschied. So habe ich etwas Anteil an dem, was meine Freunde in Ostfriesland so treiben und machen. Ich wäre sehr gerne dabei gewesen und noch viel lieber am Samstag bei deren kirchlicher Trauung.

Nun die Frage: Wer ist der Heilige Apostel und Evangelist Johannes der Theologe? Zunächst ist er der uns als Evangelist bekannte Johannes. Den Beinamen "der Theologe" hat er aufgrund seines Evangeliums erhalten, das sich von den anderen dreien durch eine andere, geistlichere Akzentuierung abhebt. In der Überlieferung wird der Evangelist dem Jünger Jesu (also der Apostel) dem Evangelisten gleich gesetzt - dazu auch dem Verfasser der Offenbarung. Die Forschung hat andere Ansätze gefunden, die im Evangelisten, Apostel und Offenbarungsverfasser jeweils eine Person sehen. In Selcuk, einer seiner Wirkungsstätten tat er ein Wunder: Er sollte dort ein Opfer bringen, weigerte sich und sollte einen Becher mit Gift trinken, an dem vorher vor seinen Augen zwei Menschen gestorben waren. Er nahm ihn, segnete ihn, das Gewicht entwich als Schlange und er trank ihn. Er wurde als Gefangener nach Rom gebracht und sollte dort im Ölkessel sterben. Dieser verwandelte sich jedoch in ein erfrischendes Bad. Er wurde nach Patmos verband, wo er die Offenbarung schrieb und etwas später kehrte er nach Selcuk zurück und verfasste dort das Johannes-Evangelium. Sein Tod war ebenso spektakulär: Er stieg nach seiner letzten Predigt in das bereits vorbereitete Grab in grellem Licht und segnete daraus noch seine Diakone.

Und Christi Himmelfahrt habe ich so gut wie vergessen am heutigen Tage.

 

 

Freitag, 22.05.2009 - Fest des Heiligen Nikolaus



Bevor ich heute in die Göttliche Liturgie gegangen bin, habe ich für Kolja ein kleines Namenstagsgeschenk gekauft - es gibt da eine Schokoladenfabrik in der Nähe mit einem sehr schönen und interessanten Sortiment. Da heute das Gemeindefest der Fakultätskirche war, hatten wir heute alle Vorlesungsfrei. Dementsprechend voll war auch die Kirche. Da die Gemeinde nicht nur aus Studenten, sondern auch aus "normalen" Bürgern, war es heute sehr voll. Es gab einige spezielle Feinheiten in der Göttlichen Liturgie und zum Schluss gab es noch einen Kreuzgang (also eine Prozession) um die Kirche. Und den Nachmittag habe ich wieder an meiner Hausarbeit verbracht, aber nicht so viel Zustande bekommen, wie ich erhofft hatte. Das Wetter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Irgendwie herrschte heute eine eigenartige und drückende Luft und am Abend hat es geregnet. Es hat aber heute noch einen kleinen Lichtblick gegeben: Ich habe heute eine Mail von der Zeitung bekommen, in der ich einen Artikel über Ostern veröffentlicht habe. Sie haben nach meiner Bankverbindung gefragt. Nun bin ich mal gespannt, was dabei herumkommen wird...

 

 



Samstag, 23.05.2009

Heute heiraten nun also zwei meiner Freunde aus Deutschland kirchlich. Es sind die ersten aus meinem Freundeskreis, die sich zu diesem Schritt entschieden haben. Von ihren Plänen wusste ich schon sehr lange und wir haben gemeinsam lange hin- und herüberlegt, wie ich mit dabei sein könnte und letztlich ist es doch sinnvoller, dass ich hier in Russland geblieben bin. Aber dennoch wäre ich heute gerne bei ihnen und würde gerne mitfeiern. Ich habe aber ein gutes Gefühl, wenn die beiden heute heiraten und freue mich sehr für die beiden.

Der Morgen fing heute mit einer Dusche an, von der ich garantiert wach werden musste: Wir haben nun schon seit elf Tagen kein warmes Wasser. Da das Haus über Fernwärme und ebenso über Fernwarmwasser versorgt wird und die Leitungen repariert gewartet werden, lässt sich da auch nicht viel machen. Diejenigen, die keine andere Gelegenheit zum Duschen haben, gehen mit dem Wasserkocher und einer ganzen Sammlung von Bechern und Dosen ins Bad und waschen sich auf diese Art und Weise - zumindest ihre Haare. Wenn man sich den Kopf ausschließlich mit kaltem Leitungswasser wäscht, dann schmerzt es nach kurzer Zeit, so kalt ist das Wasser, trotz der warmen Tage. Ich kann zum Glück hin und wieder bei Masha duschen gehen, so dass bei mir das Problem nicht ganz so akut ist.

Beim Frühstück habe ich dann eine ganze Zeit lang mit Pjotr gesprochen und wie in vielen Gesprächen auch kam die Frage, wann ich denn abreisen würde und im Gegenzug habe ich gefragt, ab wann er nicht mehr im Wohnheim ist. In den ersten Kursen ist ja schon die Prüfungszeit angebrochen - für die letzten beginnt sie Anfang Juni. Und wer die Prüfungen alle gemacht und bestanden hat, der geht dann für längere Zeit in Ferien, fährt nach Walaam, in ein Kinderlager als Betreuer und so weiter. Das heißt, dass ich mich von den ersten schon vielleicht Anfang Juni verabschieden muss. Und so rücken die Abschiede langsam immer näher.  

Nachdem ich noch ein bisschen an der Hausarbeit gesessen habe, bin ich in die Stadt gefahren und bin dort durch strömenden Regen zur Post gegangen, um einen Einschreibebrief aufzugeben. Anschließend habe ich bei Masha an der Hausarbeit weiter gemacht. So langsam zeigen sich Fortschritte und vielleicht schaffe ich es tatsächlich zum nächsten Wochenende, die Hausarbeit vollständig fertig zu haben. Zu halb vier bin ich zur Fakultätskirche gegangen, weil ich die Vermutung hatte, dass heute noch eine Chorprobe ist. So wäre es auch gewesen, wäre Vater Alexej nicht krank geworden. So haben wir erst zu sechst alleine etwas geprobt und zu genau fünf Uhr kam Vater Michael in die Kirche als Vertretung für unseren Regenten. Der Chor bestand heute überwiegend aus Studenten gehobener Kurse, so dass heute wenig Unruhe herrschte. Auch war der Gesang heute sehr viel besser. Zum einen waren nur solche dabei, die Spaß an der Sache haben und dann hat Vater Michael den Chor sehr energisch und kraftvoll reagiert. So haben wir die meiste Zeit so laut gesungen, dass wir manchmal erst viel zu spät gehört haben, dass die Priester und Diakone im Altarraum "mit" uns gesungen haben aber nicht so wie wir waren. So hat der Abendgottesdienst richtig viel Spaß gemacht und war noch einmal ein tolles Erlebnis. Nun hoffe ich sehr, dass es morgen auch so schön wird. Dann singen wir die Göttliche Liturgie - es ist der letzte Ostersonntag, denn nächste Woche ist Christi Himmelfahrt und damit endet die Osterzeit. Dann werden die Ostergesänge alle wieder verstummen und alles wird wieder in seine übliche Ordnung übergehen.

Auf dem Nachhauseweg habe ich auf der Rolltreppe von der Metro zum Kursker Bahnhof deutsche Stimmen gehört und die Frau hinter mir angesprochen. Sie kommt aus Oberammergau und ist gerade auf eine Schiffsreise von irgendwo nach St. Petersburg und machen gerade in Moskau Station, um die Stadt ein wenig zu erkunden - so auch einzelne Metro-Stationen. Viel Zeit zum Reden war nicht - sie war nur sehr erstaunt über die U-Bahn hier. Wir hatten uns schon verabschiedet, da bin ich noch einmal zurückgegangen und habe sie vor den Handtaschendieben in St. Petersburg gewarnt.

Nun will ich mir noch einen kleinen Blick in die Gemeinde leisten, in der ich mich mittlerweile sehr zu Hause fühle und zu der ich sehr gerne hingehe. Wenn ich im Chor stehe, dann blicke ich vor allem samstags abends und sonntags in ein sehr gut gefülltes Gotteshaus. Zumeist stehen auf der linken Seite die Frauen (die an ihren Kopftüchern leicht zu erkennen sind) und auf der rechten Seite stehen mehrheitlich Männer. Hier kann man aber sicherlich nicht von einer strikten Trennung sprechen - es ist aber doch auffällig. In der Göttlichen Liturgie steht (es gibt ja keine Kirchenbänke) vorne meistens ein ganzer Pulk Kinder - die meisten aber sehr artig und gesittet. A propos Kinder und Familien: Sehr viele Frauen und einige Männer haben Kleinkinder auf dem Arm, die allesamt zur Kommunion gehen oder geführt werden. Dabei ist es auffällig, dass die älteren Kinder auf die Jüngeren aufpassen und sie gegebenenfalls in die Schranken weisen. Dabei kommt es aber nur in absoluten Ausnahmefällen zum Streit. Zudem erwarten viele Familien in Bälde Familiennachwuchs, allein heute Abend habe ich vier Frauen gesehen. Die kleinen Kinder (bis etwa sieben Jahre), die zur Kommunion gehen, müssen noch nicht beichten, da sie als Engelchen gelten und noch nicht verantwortlich für ihre Sünden sind. Dabei hat jeder seinen oder ihren einen Beichtvater, ähnlich wie es in der katholischen Kirche vorkommt. Daraus resultiert letztendlich, dass der Priester der Anzugspunkt oder Gemeinde bildend ist: Die Gläubigen sammeln sich um ihren Beichtvater. In der Fakultätskirche ist es ein sehr guter, weiser und schon fast berühmter Beichtvater, bei dem die Gläubigen am Samstag Abend oder am Sonntag Morgen oft lange in der Schlange stehen müssen, wenn sie bei ihm beichten wollen. Gerade in der letzten Zeit habe ich den Eindruck, dass es dem Priester zu viel wird und er die Menge nicht mehr bewältigen kann. Das führt dann dazu, dass er seine nicht üblichen Beichtkinder an andere Priester verweisen muss. Man kann auch gut beobachten, dass wenn eben der Priester nicht in der Gemeinde ist, dass dann weitaus weniger kommunizieren gehen wollen. Vor der Eucharistie muss ja gebeichtet werden und viele wollen dann nicht auf einen anderen Priester ausweichen. Dadurch entsteht eine feste Bindung und ein inniges Verhältnis zu dem Priester, wodurch möglicherweise hier und dort Einflüsse entstehen können, in jedem Fall die Gemeinde aber geprägt wird. Und letztlich wollen viele dann auch von ihrem Beichtvater die Eucharistie erhalten.
Sonntag, 24.05.2009 - Fest der Hll. Kyrill und Method

Und wir haben so gesungen, wie ich es mir so sehr in meiner letzten Göttlichen Liturgie gewünscht habe, die ich gesungen habe: Einfach schön, energievoll und mit viel Freude. Nun habe ich heute wahrscheinlich zum letzten Mal im männlichen Chor mitgesungen und zum Glück war es nicht so wie die letzten Male. Es war einfach schön und so werde ich eine gute Erinnerung an den Chor haben. Ich habe zwei Teile der Liturgie aufgenommen - einmal das "Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen", was ich nicht nur wegen der Melodie so gerne singe (Text unter dem 19.4. zu finden). Regent war heute wieder Vater Michael. Vor und nach der Liturgie habe ich noch die Panychida mitsingen dürfen, die mir ebenfalls sehr gut gefällt. Nur habe ich sie heute erst das zweite und dritte Mal gesungen. Ich habe mir jetzt vorgenommen, noch jedes Mal nach der Liturgie zur Panychida zu gehen, um sie näher kennen zu lernen. Auch sie hat ihre Schönheiten - wie ich finde - vor allem in den Melodien.

Den restlichen Vormittag habe ich damit verbracht, einzukaufen und aus der Suppe, die anfangs nur eine Bouillon werden sollte, eine leckere Gemüsesuppe zu zaubern - zum ersten Mal übrigens. Und geschmeckt hat sie ganz gut. Zumindest ist der größte Topf bei Mashas Eltern nun zur Hälfte leer gegessen - das will was heißen. Und wie üblich habe ich den Rest den Rest der Zeit an meiner Hausarbeit gearbeitet.

Zu den beiden Heiligen Kyrill und Method: Sie sind für die Russisch-orthodoxe Kirche sehr wichtige Heilige, da sie einerseits die Slawen missioniert haben und andererseits das kyrillische Alphabet erfunden haben. Betrachtet man es, kann man an den Schriftzeichen gut erkennen, dass es griechische Züge trägt. Dazu sei gesagt, dass beide Brüder sind und den Namen ihrer Stadt tragen: Saloniki. Sie lebten im 9. Jahrhundert.



Montag, 25.05.2009

Den Morgen habe ich im Wohnheim verbracht und habe den Solovjov-Teil meiner Hausarbeit geschrieben. Da ich nicht erwartet habe, dass ich da so schnell mit fertig werde, habe ich gestern das Dogmatikbuch bei meiner Liebsten liegen lassen, dass ich jetzt gebraucht hätte. So habe ich dann die Zeit damit verbracht, zwei Briefe fertig zu machen, ein wenig aufzuräumen und zu sortieren, was an Kleidungsstücken schon zurück nach Deutschland kann. Ich habe im Juni ja noch einmal die Möglichkeit, etwas nach Deutschland zu schicken mit Ottmar Steffan. Und das will ich möglichst auch ausnutzen. So ist jetzt eigentlich die gesamte Winterkleidung im Koffer verschwunden. Und zu 14 Uhr wollte ich einen Zug in die Stadt nehmen, bin jedoch gescheitert, da er ausgefallen ist. So habe ich den schnellstmöglichen anderen Weg per Bus gewählt, der allerdings mehr als doppelt so teuer ist. Dort bin dort einige Sachen einkaufen gegangen - habe endlich eine CD mit einem bestimmten Lied gefunden - und bin anschließend zur Post und dann zu Masha gegangen, wo ich an der Hausarbeit weitergeschrieben habe. Bezüglich der gibt es heute ein paar Erfolge zu berichten: Ich habe recht viel geschafft am heutigen Morgen und auch das Dogmatikbuch "verwurstet". Heute Abend nach meiner Rückkehr ins Wohnheim will ich noch schnell einen Text per Computer von Vitali übersetzen lassen, ihn morgen lesen und dann abends dazu das Kapitel schreiben. Der Unterricht mit Kolja und Sergeij fällt morgen aus, so dass ich mehr Zeit haben dürfte und das schaffen könnte. Dann muss ich nur noch einen Schluss ausdenken und alles am Mittwoch korrigieren und dann abends Vitali zum Rückübersetzen geben. Mal schauen, was dazwischen kommt...


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