Donnerstag, 30.07.2009
Heute kann ich einen kleinen Nachtrag liefern, was aus den zwei Ende Oktober ermordeten Priestern geworden ist (s. 4. und 5. November 2008):
"Russland: Neun Monate nach dem Doppelmord an zwei Jesuitenpatres in Moskau muss sich ein russischer Angeklagter vor Gericht verantworten.
Der Prozess gegen den vorbestraften Arbeitslosen begann am Montag mit der Klärung von Verfahrensfragen vor dem Moskauer Stadtgericht. Der 38-jährige Verdächtige - der angeblich aus Kuba stammt - soll Ende Oktober 2008 im Affekt und unter Alkoholeinfluss den aus Ecuador stammenden P. Victor Betancourt erschlagen haben, nachdem ihn dieser angeblich sexuell bedrängt hatte. Das teilten die Ermittler zum Ende der Beweisaufnahme in Moskau mit. Um das Verbrechen zu verdecken, habe der Täter später auch einen zweiten Jesuiten, den russischen Pater Otto Messmer, getötet. Die Jesuiten in Deutschland beklagten im vergangenen November eine Verleumdung ihrer ermordeten Mitbrüder durch die russischen Behörden. Die Umstände der Morde entsprächen einem bekannten Strickmuster im Russland der letzten Jahre. Zu diesem Muster gehöre es u.a., Prostituierte gezielt auf engagierte Katholiken anzusetzen, um ihnen eine Nähe zum Rotlichtmilieu zu unterstellen. Die beiden Mitbrüder seien aber „lauterer Gesinnung“ gewesen. Im Umfeld der Opfer in Moskau wurde dagegen die Version der russischen Behörden als durchaus möglich bezeichnet; demnach habe der ecuadorianische Jesuit sexuellen Kontakt zu seinem späteren Mörder gesucht. Der russische Pater sei nach der Rückkehr aus Deutschland in der Wohnung von dem womöglich geistig verwirrten Täter überrascht und ermordet worden. (kap)" (NÖK vom 30.07.2009).
Wie auch immer dieses Urteil ausfallen wird - es darf mit Sicherheit Anlass zum Zweifel bestehen...
Dienstag, 04.08.2009
Nun war ich heute bei Ottmar Steffan und habe meine restlichen Sachen dort abgeholt und war doch erstaunt, dass ich ihm mit seinen Begleitern so viel mitgegeben habe. Damit sind jetzt auch die restlichen Sachen in meinen Händen zurück. Kurz nachdem ich bei ihm angekommen bin, bot er mir auch schon Eis aus Russland an. Ich war etwas überrascht, dass er welches hat, wusste aber sehr wohl, woher es kommt: Aus einem Geschäft mit russischen Spezialitäten. Und dann haben wir uns noch mehrere Stunden über dies und jenes unterhalten. Dabei kam heraus, dass ich wohl nicht der Einzige bin, der nach zehn Monaten (ich will hier nicht schreiben: "nach so langer Zeit", denn diese Zeit ist mir nie lang geworden und war eigentlich viel zu schnell vorbei) doch ein gewisses Heimweh oder Verlangen nach Russland oder nach dem Ort hat, wo er/sie gewohnt hat. Seine FSJler (Freies Soziales Jahr) haben nach ihren Aufenthalten auch ein gewisses Heimweh und wollen wieder zurück - und kommen es auch zumeist. Mir geht es genauso - ich fühle mich hier zwar wieder sehr wohl, aber die Sehnsucht in dieses Land bleibt wohl. Letztlich bleibt die schöne Erinnerung an eine tolle Zeit, für die ich Gott immer dankbar sein will.
Samstag, 08.08.2009
An diesem Abend hat der erste Vortrag über meinen Aufenthalt in Russland stattgefunden - in meiner Heimatkirche in Oldersum: St. Mariä Himmelfahrt. Seit dem Nachmittag habe ich aufgebaut und Probleme mit dem Video-Beamer konnten ganz kurz vorher noch behoben werden. Gekommen sind viele meiner Freunde und Bekannten, Nachbarn, Gemeindemitglieder des Pfarrverbundes und vor allem meiner Gemeinde und so sind über 40 Leute dagewesen. Ich habe nach russischer Tradition ein wenig später als halb acht angefangen und kurz vor halb elf habe ich dann das Abschlussgebet gesungen. Letztendlich war es ein gelungener Abend. Ich glaube, dass der russische Geist auf die Zuhörer ein wenig übergesprungen ist. Geendet hat der Vortrag - von dem Gebet abgesehen - mit der ersten Strophe eines Liedes, das Ivan Rebrov einmal gesungen hat:
Weites Land, von Moskau bis zum Kaukasus,
vom Ural bis zum Meer.
Ganz egal, wo später ich mal sterben muss,
der Abschied fällt mir schwer.
Ich werde bei dem letzten Tag
die Taiga vor mir sehn,
die Wolga unser schönster Strom
und vor dem Kreml stehn.
Und sage wenn es dunkel wird:
„Mein Russland, Du bist schön.“
Es klingt zwar ein wenig endzeitlich, doch wenn man das herausnimmt oder übersieht, passt es genau zu meiner Situation und beschreibt das Fernweh, die Faszination, das Heimweh, die Glückseligkeit und den Schatz, den ich hoffentlich auf ewig in meinem Herzen tragen werde.
Und doch gibt es noch eine Sache, die bis heute geblieben ist, auch nach zehn Monaten Moskau und Russland. Es gibt ein Gedicht von Fjodor Ivanowitsch Tjutschew (1803-1873), das zutrifft:
„Russland ist mit dem Verstand nicht zu begreifen,
mit gewöhnlichem Maße nicht zu messen.
es hat ein besonderes Wesen -
an Russland kann man nur glauben."
Sonntag, 23.08.2009
Der Weg zur Kirche ist für mich nach Russland offenbar etwas Besonderes geworden - nicht ein bloßes Hingehen, sondern in einer bislang nicht gekannten bewussten Form. Mit ebensolcher Haltung verfolge ich neuerdings auch die Heilige Messe und kann viel einfacher ins Gebet finden. Doch nach wie vor fehlen mir noch Ikonen in den Kirchen St. Joseph in Münster-Kinderhaus oder in meiner Heimatgemeinde - wobei letzte nun schon zwei Marienikonen hat.
Dafür gibt es jetzt in meinem Zimmer eine Ikonenecke - mit meinem Müllkreuz in der Mitte. Mit einigen Austauschen zwischen meinem Zimmer in Oldersum und meiner Wohnung in Münster ist meine Ikonenecke jetzt fertig. Im Zentrum steht das Müllkreuz, das seine eigene Geschichte und mir sehr wichtig ist. Es ist das Kreuz, zu dem ich seit dem Fund eine enge Beziehung habe. Rund drum zu stehen verschiedene Ikonen: die des Hl. Andreas, die der Hl. Maria von Magdala, die Ikone aller Heiligen, die der Neuen Märtyrer von Butovo, die vom Weltgericht, die des Hl. Tichon, die der Hll. Pjotr und Fevrona und einige mehr. Eine größere Marienikone - Utoli maja petschali (Nimm hinfort meine Leiden) kommt noch. Sie passt gut zur Qual des Lernens vor Prüfungen. Daneben gibt es eine besondere Ikone - eine aus Bari. Dort sind die Gebeine des Hl. Nikolaus von Myrra aufbewahrt. Mein ehemaliger Nachbar hat sie von dort für mich mitgebracht. Da war die Freude und Überraschung bei dem Treffen sehr groß! Und manchmal brennt vor den Ikonen meine Lampada (ein Lämpchen, das eigentlich mit Öl betrieben wird, bei mir aber mit Teelichtern) mit einem Weihrauchgestell drüber. Dementsprechend riecht es manchmal beim Lernen bei mir nach Weihrauch.
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