Text aus: Die Briefe der Päpste und die an sie gerichteten Schreiben. Band : Melchiades bis Anastasius I. (vom Jahre 310—401). Zusammengesetzt, übersetz, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Severin Wenzlowski



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Einleitung.
Wir kennen dieses Synodalschreiben nur aus den Acten des Concilium Telense vom 24. Februar des J. 418. Auf demselben waren die Bischöfe der byzacenischen Pro vinz versammelt und ist uns von seinen Acten, ausser dem Namensverzeichnisse der Bischöfe und einer kurzen Einleitung, nur das Schreiben des Papstes mit den Beschlüssen der römischen Synode vom Jänner 386, auf welcher Siricius mit 80 Bischöfen verschiedene ältere Kirchengesetze auf's Neue einschärfte, erhalten. Die Authenticität des ganzen africanischen Concils und des von demselben citirten Schreibens des P. Siricius leugnete Quesnell888und Bower889 vor Allem wegen der Überschrift „Concilium Telense", weil Tele im proconsularischen Africa liege, die versammelten Bischöfe aber der byzacenischen Provinz angehörten; dagegen erwiderten Coustant, Baluze890und Remi Ceillier,891daß einige sehr gute Codices Teleptense lesen, was sehr gut passe, da Telepte die Metropole der byzacenischen Provinz war; die Ballerini892wieder erklärten das Telense für eine Verwechslung mit Zelense, da die Africaner sehr häufig T und Z verwechseln und mehrere Codices auch diese Leseart haben; Zelle aber war eine Stadt der byzacenischen Provinz; Maassen893hält die Erklärung der Ballerini für die bessere. Daß P. Innocenz I. in seinem Schreiben an Bischof Victricius von Rouen theilweise, dieselben Worte wie Siricius hier gebraucht, kann die Ächtheit unseres Briefes nicht zweifelhaft machen, da die Päpste, wie schon Hincmar von Reims894 richtig bemerkte, gerne die Worte ihrer Vorgänger zu den ihrigen machten. Endlich wäre noch zu erwähnen, daß einige Codices durch ihre Überschrift andeuten, unser Brief, der auch tractoria895Siricii heißt, sei ein encyklischer gewesen.

Text. 1.
Den geliebtesten Brüdern und Mitbischofen Africas (sendet) Siricius896 (seinen Gruß).
1. Die von Vielen vernachlässigten kirchlichen Anordnungen mußten erneuert und denen, welche aus irgend einer Ursache der Synode nicht anwohnen konnten, brieflich eingeschärft werden.

Als wir Brüder sehr zahlreich bei den Reliquien heil. Apostels Petrus, durch welchen der Apostolat und Episcopat in Christus seinen Anfang genommen, versammelt waren, wurde wegen der so mannigfaltigen sich ergebenden Streitigkeilen, die theilweise nicht mehr Streitigkeiten, sondern Verbrechen waren, beschlossen,897für die Zukunft müsse ein Jeder in der Kirche eine solche Sorge anwenden, oder, wie der Apostel898lehrt, die Kirche müsse Gott als eine solche dargestellt werden, welche keine Makel oder Runzel hat, auf daß unser Gewissen nicht durch den Hauch eines räudigen Schafes befleckt erscheine. Hierüber wurde in besserer Absicht Dieß festgesetzt.899 Vorzüglich derjenigen wegen, welche in Folge von Krankheit oder gebrechlichen Alters gegenwärtig nicht erscheinen konnten, wurde zur immerwährenden Bewahrung dieser Entscheidung beschlossen, solche Briefe ergehen zu lassen, welche nicht etwa neue Vorschriften ertheilen sollen, sondern durch welche wir unserem Wunsche nach Beobachtung dessen, was durch die Trägheit und Lauigkeit Einzelner vernachlässigt und doch durch Anordnung der Apostel und Väter900befohlen war, Ausdruck geben wollen, wie geschrieben steht:901„Stehet fest und haltet an unseren Überlieferungen, (sie mögen) durch unser Wort oder unser Schreiben (gegeben sein)." Das wenigstens muß, geliebteste Brüder, eueren Geist heftiger erschüttern, daß wir von jeder Makel dieser Welt frei und sicher zur Anschauung Gottes gelangen. Denn wir werden deßhalb, weil902wir dem Volke vorstehen, nicht gesichert sein, da geschrieben steht:903 „Dem Vieles anvertraut worden ist, von dem wird mehr gefordert werden." Weil wir also nicht nur für uns, sondern auch für das uns anvertraute Volk Rechenschaft ablegen müssen, ist es unsere Pflicht, das schwache Volk durch die zu Gott erhebende Lehre zu unterrichten.904Denn es gab Einige, welche, weil sie die Anordnungen der Vorfahren nicht beobachteten, die Reinheit der Kirche durch ibre Anmaßung verletzten, dem Willen des Volkes sich fügten, vor Gottes Gericht aber sich nicht fürchteten.

2. Siricius erneuert acht Anordnungen, vorzüglich über die Einsetzung der Kleriker.
Damit wir also nicht in gleicher Weise Solchen durch Stillschweigen zu willfahren und beizustimmen scheinen und dadurch den Strafen der Hölle verfallen nach dem Worte des Herrn:905„Du sahst den Dieb und liefest mit ihm und theiltest dich mit den Ehebrechern," lassen wir nun Das folgen, was von nun an im Hinblick auf Gottes Gericht alle katholischen Bischöfe beobachten sollen:

I. Zuerst, daß ohne Zustimmung des apostolischen Stuhles d. i. des Primas906 Niemand (einen Bischof) ordiniren dürfe. Denn das Urtheil ist vollständig, welches durch den Ausspruch Vieler bestätigt wird.

II. Daß kein einzelner Bischof sich anmaße, einen anderen zu ordiniren, damit dieses Amt nicht als ein diebisch verliehenes erscheine; denn so wurde schon auf der nicänischen Synode907angeordnet und festgesetzt.

III. Ferner, daß, wer nach der Vergebung der Sünden908 Kriegsdienste geleistet hat, nicht zum Klerus zugelassen werden dürfe.

IV. Daß kein Kleriker909ein Weib d. i. eine Wittwe heirathen dürfe.

V. Daß, wer als Laie eine Wittwe geheirathet hat, zum Klerus nicht zugelassen werde.

VI. Daß Niemand den Angehörigen einer fremden Kirche zum Kleriker zu weihen wage.

VII. Daß einen abgesetzten Kleriker eine andere Kirche nicht aufnehme.



VIII. Daß die, welche von den Novatianern oder Montenses910 (zur Kirche) kommen, durch Händeauflegung aufgenommen werden sollen, mit Ausnahme derer, welche sie wiedertaufen.911

3. Über die Enthaltsamkeit der Kleriker.
Überdieß ermahnen912wir zu dem, was (für dasPriesterthum) würdig, schamhaft und ehrbar ist, daß nemlich die Priester und Leviten ihren Frauen nicht beiwohnen, weil sie im Dienste durch die täglichen Bedürfnisse des Dienstes beschäftigt sind.913Denn also sagt Paulus im Briefe an die Corinthier:914„Enthaltet euch, um euch dem Gebete zu widmen." Wenn also den Laien Enthaltsamkeit aufgetragen wird, damit sie Erhörung ihrer Bitten finden, um wie viel mehr muß demnach der Priester jeden Augenblick bereit und von unversehrter Reinheit sein, damit er nicht915 gezwungen sei, das Opfer darzubringen oder zu taufen! Wer aber durch fleischliche Begierlichkeit befleckt, was soll er thun? Soll er sich entschuldigen? Wäre Dieß nicht schamlos und frech? Mit welchem Gewissen, mit welchem Rechte darf er glauben, erhört zu werden, da es heißt:916„Alles ist rein den Reinen, den Befleckten aber und Ungläubigen ist Nichts rein"? Deßhalb ermuntere, ermahne und bitte ich, daß diese Schmach beseitiget werde, wegen der auch das Heidenthum und mit Recht Klage erheben kann. Vielleicht glaubt man (zur Entschuldigung anführen zu können) das Wort der Schrift:917„Eines Weibes Mann;" er918meinte aber nicht einen in der Begierlichkeit des Erzeugens Verharrenden, sondern sagte es wegen der zukünftigen Enthaltsamkeit.919Auch war der nicht geneigt, die nicht Unbescholtenen aufzunehmen, welcher sagte:920„Ich wünschte aber, daß alle Menschen so seien, wie ich bin;" und noch deutlicher erklärt er sich mit den Worten:921„Welche aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht fleischlich,sondern geistig."

4. Die Beobachtung dieser Vorschriften bringt Frieden und Eintracht und den Segen Gottes.
Wenn also, o Brüder, Dieß von Allen mit ganzer Wachsamkeit beobachtet wird, dann schwindet der Ehrgeiz, ruht der Hader, entstehen keine Häresien und Schismen, ist dem Teufel jede Gelegenheit genommen zu wüthen, bleibt die Einmüthigkeit, wird die Sünde überwunden und vernichtet, erglüht die Liebe in geistigem Eifer, stimmt der mit den Lippen verkündete Friede mit dem Willen überein, der Friede nemlich unseres Gottes, welchen der Erlöser selbst, kurz vor semem Leiden, zu halten geboten und uns als gerechtes Erbe hinterlassen hat mit den Worten:922«Meinen Frieden gebe ich euch, meinen Frieden hinterlasse ich euch." (Beherziget) auch das Wort des Apostels, daß wir einmüthig, eines Sinnes in Christus verbleiben, Nichts aus Streitsucht oder eitlem Ruhme für uns beanspruchen, nicht den Menschen, sondern Gott, unserem Erlöser, gefallen sollen.923Wenn wir allen diesen Geboten getreu gehorchen wollen, so wird Gott unsere Leiber und unsere Seelen bewahren für den Tag, an welchem er einem Jeden vergelten wird nach seinen Werken.924Wenn Jemand, aufgeblasen von dem Geiste seines Fleisches, von dieser Regel des Gesetzes abweichen will, so wisse er, daß er von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen ist und die Strafen der Hölle erleiden wird.

5. Mit der Strenge ist die Barmherzigkeit zu verbinden.
Übrigens muß die Barmherzigkeit mit dem Gerichte (vereint) sein. Denn solchen Sinkenden muß man die Hand reichen, welche den also925Laufenden nicht in's Verderben ziehen. Gegeben zu Rom auf dem Concil von 80 Bischöfen am 6. Jänner nach dem Consulate des Arcadius Augustus und des Bauto, der erlauchtesten Consuln.926

6. Brief des P. Siricius an verschiedene ital. Bischöfe v.J.386927


Einleitung.
Über die Abfassungszeit und Empfänger des folgenden, gleichfalls die Ordination der Kleriker behandelnden Briefes lassen sich nur Vermuthungen aufstellen. Coustant meint, er sei ursprünglich an Dieselben gerichtet gewesen, an welche zunächst der vorige geschickt wurde, also an die italienischen Bischöfe, von da zur Kenntniß Anderer gelangt und deßhalb in den Sammlungen von fremder Hand mit der jetzigen Aufschrift versehen worden; auch sei er nicht viel iünger als der vorstehende Brief.

Text.
1.
Papst Siricius an die orthodoxen (Bischöfe) in den verschiedenen Provinzen.

1. Kein Unwürdiger darf Bischof werden.928 Da wir, theuerste Brüder, die Furcht vor dem göttlichen Gerichte bedachten, und daß ein Jeder nach diesem Leben den Lohn seiner Thaten empfangen werde, war es uns nicht gestattet, über das Tadelnswürdige zu schweigen, sondern gebot uns die Nothwendigkeit, zu reden, da der Prophet929sagt: „Erhebe wie eine Posaune deine Stimme." Und da mir die Sorge für alle Kirchen obliegt, würde ich, wenn ich schwiege, das Wort des Herrn vernehmen930 „Ihr verachtet das Gebot Gottes, damit ihr euere Überlieferungen festsetzet." Denn was heißt es anders, Gottes Gebot verachten, als nach eigenem Urtheile und menschlichem Rathschlusse sich frei an Neuerungen zu ergötzen?

Es wurde also zur Kenntniß des apostolischen Stuhles gebracht, daß gegen die kirchliche Satzung gefrevelt wird, und daß man (gegen das), was derart von den Vorfahren angeordnet ist, daß es nicht einmal durch ein leichtes Murren verletzt werden darf, gewisse eigene neue Vorschriften einführt und mit Ausserachtlassung des Fundamentes auf Sand bauen wolle, da der Herr sagt:931:Du sollst die Grenzen nicht verrücken, welche deine Väter gesetzt haben." Dazu ermahnt auch der hl. Apostel, der Verkündiger des alten und neuen Testamentes, in welchem Christus geredet hat, mit den Worten:932 „Stehet fest und beobachtet euere Überlieferungen, die ihr gelernt habt, es sei durch das Wort oder einen Brief." Deßhalb erkennt euere Aufrichtigkeit, welch' große Sorgfalt und gewissenhafte Aufmerksamkeit sie im heiligen Dienste und in eueren Ordinationen zu beobachten habe. Endlich sagt (der Apostel) zu Timotheus:933 „Lege Niemandem schnell die Hände auf und nimm keinen Theil an fremden Sünden." Das wird deßhalb erinnert, auf daß nach abgehaltener Prüfung sich Derjenige durch Rechtschaffenheit der Sitten und durch Arbeit für die Kirche mehr empfehle für die Berufung zum höchsten Priesterthume, welcher bewährt ist durch das Urtheil, nicht durch Gunst, angenommen der Wahrheit gemäß, nicht aus Gnade, gestützt934auf die apostolische Ordnung, nicht auf vorschnellen Willen.



Hierüber gelangte schon früher, meine935Theuersten, an euere Aufrichtigkeit936 ein ähnliches Schreiben unter grosser Zustimmung der Brüder und Mitpriester, das auch durch diese euere Unterschrift bekräftiget wurde,937damit die Anordnung des kirchlichen Canons, welcher in Nicäa ver-handelt wurde, bestätigen und nach Gebühr unerschütterlich bleibe, daß nemlich Solche zum kirchlichen Ordo Zutritt erlangen, wie sie die apostolische Auctorität verlangt, nicht Solche, die der Ehrgeiz anreizt, ich meine Beamte oder die im Kriegsdienste nach Ruhm strebten;938Diese, nachdem sie in weltlichem Pompe einherstolzirten und entweder Staatsämter bekleideten oder weltliche Geschäfte besorgten, drängen sich mit einer Schaar gewisser Leute und durch die Gunst der Angehörigen geleitet häufig zu unseren Ohren, damit sie Bischöfe sein könnten, da sie es doch nach der Überlieferung und evangelischen Anordnung nicht sein können. Mit welcher Anstrengung wurde da manchmal gekämpft! Nichts aber dergleichen konnte (uns) entlockt werden, was nicht die Regel erfordert. Auch von weither939sollen die zu Ordinirenden kommen, damit sie als würdig durch des Volkes und unser Urtheil bewährt werden können.

2. Daß Unbekannten die Priesterweihe nicht gegeben werden dürfe.
Wie verpönt aber das sei, kann nicht ermessen werden, daß man Durchziehende (sie mögen nun angebliche oder wirkliche Mönche sein), deren Leben, da deren Taufe wir nicht wissen können, deren Glaube unbekannt und unbewährt ist, nicht mit Geld unterstützen will, sondern sie sogleich zu Diakonen oder zu Priestern in aller Schnelligkeit weiht oder, was noch ärger ist. sie zu Bischöfen einzusetzen keinen Anstand nimmt. Höher steht bei Solchen eine dem Durchziehenden gereichte Gabe als das Priesterthum. Da man sie nicht behält, werden die Einen hochmüthig, die Anderen werden schnell abtrünnig, weil sie, überall Fremdlinge, die wahre Treue im kirchlicken Dienste, wie man versichert, nirgends lernen.

3. Daß Neophhten oder Laien nicht Priester werden sollen.
Auch das durften wir nicht übergehen, daß, was ein oder das andere Mal die durch die Häretiker verursachte Noth gegen die apostolischen Vorschriften herbeiführte, als gesetzlich erlaubt betrachtet werde;940daß man einen Neophyten oder Laien, welcher kein kirchliches Amt verwaltete, voreilig zum Priester oder Diakon zu ordiniren wage, als ob sie besser als die Apostel wären, deren Vorschrift sie zu ändern wagen; und Einer, der noch nicht gelernt hat. wird zum Lehren gezwungen. Also findet sich kein Tauglicher unter den Klerikern? Weder unter den Diakonen noch unter den anderen Klerikern ist Einer zu finden.,der des Priesterthumes würdig wäre; aber zur Schmach der Kirche verlangt man einen Laien? Ich ermahne, daß Dieß nicht ferner geschehe. Ich lege euch an's Herz,941daß wir, wie wir einen Glauben haben, so auch in der Überlieferung eines Sinnes seien, uns als einmüthig und einträchtig bewähren, in Christus und den apostolischen Verordnungen friedfertig die Liebe bewahren. Durch den Vater also und seinen eingeborenen Sohn und den heiligen Geist und die Dreiheit der einen Gottheit bitte ich, daß hierin der katholische Glaube und unsere Ordnung feststehe. Auch halte942Niemand die Weihen für irdisch, da das Priesterthum himmlisch ist, damit den Gläubigen der Ruhm seiner Würde verbleibe und vor dem Richterstuhle Christi hieraus keine Anklage entstehe.

7. Brief des P. Siricius an verschiedene Bischöfe über Jovinian v. J. 390


An verschiedene Bischöfe943wegen der Ausschließung des Häretikers Jovinianus und seiner Genossen aus der Gemeinschaft der Kirche.
Einleitung.
Jovinian, ein Mönch, ob zu Mailand oder anderwärts, ist unsicher, der längere Zeit ein strenges ascetisches Leben führte, kam um das J. 388 auf eine ganz ähnliche Ansicht über die guten Werke wie Luther und lehrte: Virginität, Viduität und eheliches Leben seien gleich verdienstlich, ebenso Fasten und das mit Dankgebet verbundene Essen; der im vollen Glauben Getaufte könne vom Teufel nicht überwäligt werden; Alle. welche die Taufgnade bewahren, empfangen gleichen Lohn im Himmel; Maria habe Christum zwar als Jungfrau empfangen, aber nicht als Jungfrau geboren, sonst müsse man mit den Manichäern sagen, der Leib Christi sei kein wirklicher, sondern nur ein scheinbarer gewesen. Jovinian, der seiner Lehre gemäß nunmehr ein ausschweifendes Leben begann, erwarb sich unter den weltlichen Frommen Rom's einen großen Anhang, gerieth aber auch auf großen Widerspruch, und man verlangte vom Papste Siricius die Verurtheilung des Ketzers. Siricius versammelte hierauf im J. 390944seinen Klerus zu einer Synode, auf welcher Jovinian und seine Anhänger als Häretiker verurtheilt und aus der Kirche ausgestoßen wurden. Diesen Beschluß sandte der Papst mit gegenwärtigem Schreiben durch drei Priester an den hl. Ambrosius nach Mailand, welcher schon früher ein eifriger Bekämpfer des Jovinian war, um ihn zur Zustimmung einzuladen. So Hefele.945Letzteres ist insoweit richtig, als aus der von dem durch Ambrosius versammelten Mailänder Concil erfolgten Antwort gewiß ist, daß unser Schreiben nach Mailand geschickt wurde; aber alle Handschriften bezeugen, daß es an „verschiedene" oder an „alle" Bischöfe gesandt wurde.

Text. 1. Die Lehre des Jovinian sei eine Einflüsterung des Teufels.
Ich wünschte, theuerste Brüder, euerer aufrichtigen Liebe und Friedfertigkeit stets Freudiges zu berichten, so daß auch umgekehrt durch die (von euch) eingehenden Briefe (die Freude) durch die Anzeige eueres Wohles erhöht würde. Allein der alte Feind läßt uns keine Ruhe mit seinen Angriffen, der Lügner vom Anbeginn, der Feind der Wahrheit, der Neider des Menschen, den betrügen zu können er sich selbst vorher betrog, der Widersacher der Schamhaftigkeit, der Lehrer der Üppigkeit nährt sich von Grausamkeiten, durch Enthaltsamkeit gestraft hasset er das Fasten, da er durch den Mund seiner Diener es für überflüssig erklärt, weil er auf die Zukunft keine Hoffnung hat und durch den Ausspruch des Apostels946 zurückgeschlagen ist, welcher sagte: „Lasset uns essen und trinken; denn morgen werden wir sterben."

2. Sie verbreitete sich zum größten Verderben lange insgeheim.
O unselige Verwegenheit, o Verschmitztheit eines verzweifelten Geistes! Schon kroch die Lehre der Häretiker ungekannt in der Kirche nach Art eines Krebses umher, damit sie, die Brust erfassend, den ganzen Menschen in den Tod stürze. Und wenn nicht der Herr der Heerschaaren die gelegte Schlinge zerrissen hätte, der Anblick eines solchen Übels und die veröffentlichte Heuchelei hätte die Herzen vieler Einfältigen in's Verderben gezogen, da sich der menschliche Geist leicht zum Schlechteren verführen läßt, indem er lieber auf weiter Straße einherfliegt, statt sich auf engem Wege mühsam durchzubringen.

3. Die heimlichen Irrlehren werden entdeckt.
Daher war es sehr nothwendig, euch, meine Geliebtesten, von dem hier Geschehenen in Kenntniß zu letzen, damit nicht aus Unwissenheit irgend eines Priesters die Pest ganz verworfener Menschen sich unter dem Namen der Frömmigkeit in die Kirche einschleiche und sie verderbe nach dem Worte des Herrn in der Schrift:947„Viele kommen in Schafskleidern zu euch, inwendig aber sind sie reissende Wölfe; an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen." Das sind nemlich die, welche sich schlauer Weise als Christen rühmen, damit sie unter dem Schleier eines frommen Rufes einhergehend das Haus des Gebetes betreten und das Wort ihrer Schlangenlehre ausstreuen können, damit sie im Dunkeln schießen auf die, welche aufrichtigen Herzens sind,"948sie von der katholischen Wahrheit abwendig machen und zur Raserei ihrer Lehre nach Teufelsart verführen und die Einfalt der Schafe täuschen. Wir haben wohl die Bosheit vieler Häresien von den Aposteln an bis nun kennen gelernt und erfahren, nie aber haben solche Hunde das Heiligthum der Kirche durch ihr Gebell beunruhigt, wie die, welche jetzt plötzlich als Feinde der Kirche erstehen und durch die von ihnen geoffenbarte Gottlosigkeit, durch die Frucht ihrer Worte zeigen, wessen Schüler sie sind. Denn während andere Häretiker einzelne Fragen in ihrem Mißverstande zu verwerfen und aus der göttlichen Lehre zu entfernen suchten, verwunden diese, des hochzeitlichen Gewandes baar, die Katholiken, verwerfen, wie ich sagte, und verdrehen mit teuflischem Sinne die Enthaltsamkeit des alten und neuen Testamentes und begannen schon durch ihre verführerische und heuchlerische Rede so manche Christen zu verderben und für ihren Wahnsinn zu gewinnen, indem sie das Gift ihrer Schlechtigkeit in sich verbergen. Als sie aber entdeckt949 wurden, offenbarten sie ihre Gotteslästerungen durch eine vermessene Schrift, und von Verzweiflung und Wuth hingerissen veröffentlichten sie (dieselben) zum Vortheile selbst für die Heiden. Plötzlich aber wurde von sehr treuen Christen, von Männern, die durch Abkunft und Frömmigkeit ausgezeichnet sind,950meiner Niedrigkeit ein erschreckendes Schriftstück überbracht, daß die dem göttlichen Gesetze widersprechende entdeckte (Lehre) durch priesterliches Urtheil in einem eigenen951Ausspruche vernichtet werde. Wir verachten fürwahr das Ehegelöbniß nicht, sondern nehmen es entgegen und betheiligen uns dabei mit dem Schleier;952die Jungfrauen aber, welche den Ehen entsprossen und sich Gott weihen, belohnen wir mit größerer Auszeichnung. Vor der versammelten Priesterschaft wurde also constatirt, daß (jene Lehre) unserer Lehre, d. i. dem christlichen Gesetze zuwider sei.

4. Die Urheber der neuen Irrlehre werden verurtheilt.
Wisset also, daß wir nach der Vorschrift des Apostels, weil sie etwas Anderes verkündeten, als wir empfangen haben, alle, sowohl Priester und Diakonen, wie auch der ganze Klerus, einmüthig erklärten, daß Jovinianus, Auxentius, Genialis, Germinator, Felix, Plotinus, Martianus, Januarius und Ingeniosus, welche als Anstifter der neuen Häresie und Gotteslästerung befunden wurden, nach göttlichem Ausspruche und unserem Urtheile für ewig verurtheilt und ausserhalb der Kirche bleiben sollen. Indem ich nicht zweifle, daß euere Heiligkeit Dieß beobachten wird, sandte ich dieses Schreiben durch meine Brüder und Mitpriester Crescens, Leopardus und Alexander, damit sie das fromme Amt des Glaubens mit eifrigem Geiste erfüllen können.

8. Antwortschreiben des Ambrosius und der anderen Bischöfe an den Papst Siricius in der vorerwähnten Angelegenheit v. J. 390953


Dem geliebtesten Herrn Bruder Siricius (senden) Ambrosius, Sabinus,954Bassianus955und die Übrigen (ihren Gruß).
1. Die Bischöfe rühmen die Wachsamkeit des Papstes Siricius.
Wir ersahen in dem Briefe deiner Heiligkeit die Wachsamkeit des guten Hirten, da du sorgfältig die dir anvertraute Thür beobachtest und mit pflichtgetreuem Eifer den Schafstall Christi hütest und würdig bist, daß des Herrn Schafe dich hören und dir folgen; weil du also die Schafe Christi kennst, entdeckst du auch leicht die Wölfe und kommst ihnen als umsichtiger Hirt zuvor, damit sie nicht durch die Bisse ihrer Bosheit und ihr wildes Geheul die Schafheerde des Herrn zerstreuen. Dieß loben wir, unser geliebtester Herr Bruder, und preisen es alle von ganzem Herzen. Wir wundern uns auch nicht darüber, daß die Heerde des Herrn die Wuth der Wölfe verabscheute, weil sie in ihnen nicht die Stimme Christi erkannte.

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