Theorien und modelle der verkehrsmittelwahl


Stellenwert der Ergebnisse, zusammenfassende Prüfung der Hypothesen sowie Ausblick



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6.4Stellenwert der Ergebnisse, zusammenfassende Prüfung der Hypothesen sowie Ausblick


Die Ergebnisse und Überlegungen dieser Arbeit sind für die praktische Anwendung von Bedeu­tung, da sie zum Verständnis der Determinanten der Verkehrsmittelwahl und speziell für die Zielgruppe der Jugendlichen beiträgt. Die Differenzierung der Determinanten in verschiedene Merkmale eröffnete unterschiedliche Ansatzpunkte für Beeinflussungsstrategien. Derartige Strategien können z. B. die Veränderung von objektiven Handlungsmöglichkeiten bewirken, sie können aber auch an der Wahrnehmung der Jugendlichen und ihren Motiven, Bewertungen, Einstellungen usw. ansetzen (vgl. HELD 1982, S. 247).
Wesentliche objektive Einflußfaktoren der Verkehrsmittelwahl, wie z.B. das Alter, die Familienstruktur oder das Einkommen entziehen sich weitgehend einer verkehrspolitischen und
-planerischen Einflußnahme. „Daß der Autobesitz politisch beeinflußbar ist, zeigen einige Beispiele wie der Stadtstaat Singapur, wo quasi eine Pkw-Zulassungsbörse existiert und zum Teil vierstellige Dollar-Beträge für eine Zulassung bezahlt werden. In Deutschland erscheint es heute ausgeschlossen, über derart prohibitive Gebühren den Pkw-Besitz und damit die Verkehrsmittelwahl beein­flussen zu wollen.“ (HAUTZINGER et al. 1994, S. 112) Es erscheint jedoch sinnvoll und machbar, den Zeitkartenbesitz, insbesondere bei den älteren Jugendlichen und zu Freizeitzwecken, zu erhöhen und dem Streben nach einem Pkw-Besitz bzw. einer Pkw-Verfügbarkeit bei Jugendlichen durch Car-Sharing entgegen zu kommen
Daß zur Erklärung der Verhaltensweisen von Jugendlichen bezogen auf die Verkehrsmittelwahl die klassischen Analyseinstrumente der empirischen Verkehrsforschung um die subjektiven Einflußgrößen erweitert werden müssen, konnte mit der empirischen Untersuchung bestätigt werden. Diese sind bei Jugendlichen von großer Bedeutung, erlauben einige davon den Jugend­lichen doch, sich der Erwachsenenwelt anzunähern. Jugendspezifische Angebote im Öffentlichen Verkehr und eine jugendspezifische Umgestaltung des Verkehrssystems haben eine Perspektive für die Beeinflussung des Mobilitätsverhaltens und damit des Verkehrsmittelwahlverhaltens und zur Bindung Jugendlicher an den Öffentlichen Verkehr. Aufgrund der großen Heterogenität der Gruppe der Jugendlichen und der Vielzahl an subjektiven Determinanten, die die spezifische Motivstruktur sowie die Freizeitgestaltung Jugendlicher ansprechen, sollten differenziert Angebote und Maßnahmen im Öffentlichen Verkehr bereitgestellt bzw. durchgeführt werden.
Maßnahmen, die das Bewußtsein, die Einstellungen und Anregungen zum Nachdenken über die eigenen Verhaltensweisen zum Gegenstand haben, sind bezüglich ihrer Wirkung weitgehend offen. Die getesteten Serviceleistungen (einer Mobilitätszentrale) stoßen bei den befragten Jugendlichen zwar auf große Resonanz, ob sie aber tatsächlich zu einer Beibehaltung bzw. Ver­änderung der Verhaltensweisen beitragen (können), konnte nicht abschließend geklärt werden. Auch die weiteren vorgestellten Interventionsstrategien können eher als Begleitstrategien angesehen werden. Daß sie dennoch von Bedeutung sind, kann insbesondere vor dem Hintergrund gesehen werden, daß die individuellen Reaktionsmöglichkeiten und Bewältigungs­strategien vielfältig sind (vgl. HAUTZINGER 1994, S. 113f.).
Jugendliche erkennen zwar, daß ohne ein leistungsfähiges Öffentliches Nahverkehrssystem die heutigen Verkehrsprobleme kaum zu lösen sind, sie schätzen aber die individuellen Vorteile des Pkw, entsprechend ihren erwachsenen Bezugspersonen, deutlich höher ein. Nach den Ergeb-nissen der Befragung werden nahezu alle Jugendliche mit Erreichen des 18. Lebensjahr einen Führerschein machen und hauptsächlich auf den MIV zurückgreifen. Der altersbedingte Verzicht der Jugendlichen auf das, in der Gesellschaft immer noch ganz oben angesiedelte Prestigeobjekt „Auto“ bedeutet, so schnell wie möglich einen Führerschein zu machen und ein eigenes Auto zu besitzen. Dennoch hat sich gezeigt, daß die Verkehrsunternehmen, in diesem Fall die Dortmunder Stadtwerke, ihre Angebote und Bemühungen auf die Mobilität und Bedürfnisse von Jugendlichen ausrichten können und sollten. Volljährigkeit und Führerschein­besitz müssen nicht gleichbedeutend mit einer endgültigen Abkehr vom ÖV einhergehen. Die Betrachtung der Zielgruppe Jugendliche erhebt nicht den Anspruch, daß die öffentlichen Verkehrsbetriebe, die städtische Verkehrsplanung, die Deutschen Bahn AG usw. all ihre Angebote und Maßnahmen auf die Bedürfnisse von Jugendlichen ausrichten sollen. Die Bedürfnisse aller Nutzer sollten das Angebot bestimmen. Da Jugendliche eine bedeutende Nutzergruppe sind, wird es darauf ankommen, die Bedürfnisse der zukünftigen (und gegenwärtigen) Nutzer stärker als bisher zu analysieren, zu berücksichtigen und in planerische Handlungsansätze umzusetzen. Die Ausrichtung bzw. Einbeziehung von Interessen, Motiven, Bedürfnissen usw. der Jugendlichen darf nicht darüber hinweg täuschen, daß die jahre- und jahrzehntelangen Sozialisationsprozesse, in denen bestimmte Verhaltensmuster hervorgebracht werden, und deren enge Verknüpfung mit der Entwicklung von Persönlichkeit, Identität und Lebensstil (vgl. KALWITZKI 1994, S. 17) erahnen lassen, wie langsam und mit wievielen Zwischenschritten spürbare Veränderungen vollzogen werden können.
Nach Aussagen von Marketingexperten (vgl. GWINNER 1997, S. 28f.) bauen Jugendliche ihre Markenpräferenz im Alter zwischen 12 und 15 Jahren auf. Junge Erwachsene später von einer anderen Marke abzuwerben, ist schwer und teuer. Dies gilt auch für das Produkt Öffentlicher Verkehr. Nach den Ergebnissen der empirischen Untersuchung sollte eine Einbeziehung der jugendlichen Interessen, Motiven, Bedürfnissen usw. möglichst frühzeitig beginnen. Insbeson­dere die jüngeren Befragten haben großes Interesse an neuen Angeboten und der Berücksichti­gung ihrer Meinungen gezeigt. Aber auch die älteren Jugendlichen sind (noch) nicht als zukünftige Kunden verloren.
Zur Finanzierung ist festzustellen, daß relativ hohe Investitionskosten notwendig sind, sofern die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden. Diese Investitionen müssen jedoch vor dem Hintergrund betrachtet werden, daß die Jugendlichen als zahlungskräftige ÖV-Nutzer im Erwachsenenalter zu einer großen Einnahmequelle werden können. Jeder Jugendliche ist eine potentielle Einnahmequelle für die Verkehrsunternehmen, sofern der Schritt vom mehr oder weniger unfreiwilligen Fahrgast von heue zum freiwilligen Stammfahrgast von morgen durch die entsprechenden Maßnahmen unterstützt wird. Maßnahmen, die den Jugendlichen zugute kommen, sind jedoch nicht nur für sie relevant. Auch alle anderen Nutzergruppen des ÖV können von den vorgeschlagenen Planungsempfehlungen profitieren. Darüber hinaus führt eine Verbesserung der Verkehrssituation zu einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität für alle.

Bezüglich der Realisierung der vorgeschlagenen Maßnahmen und der Förderung des Umweltverbundes kann sich dem Fazit von HORN (1996, S. 13) angeschlossen werden: „Das Engagement von Betroffenen, Initiativen sowie engagierten PlanerInnen und PolitikerInnen bleibt dafür (für die Realisierung, d. Verf.) eine entscheidende Grundvoraussetzung.“ Mit der praktischen Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen sind auch Probleme verbunden, da die Interdependenz der Verkehrsmittelnutzung zu berücksichtigen ist (vgl. HELD 1982, S. 248f.). Eine eindeutige Verbesserung kann die Bindung Jugendlicher an den ÖPNV bewirken und möglicherweise bisherige MIV-Nutzer, die aus dem Jugendalter heraus sind, zum Wechsel animieren. Wenn diese Veränderungen relativ stark ausfallen, verbessern sich damit die Bedingungen für die verbleibenden MIV-Nutzer. Durch diese indirekt bewirkte, relative Verbesserung der Bedingungen für den motorisierten Verkehr werden möglicherweise neue MIV-Nutzer angezogen bzw. die Abwanderung weiterer verhindert. Sofern Maßnahmen ergriffen werden, die zur eindeutigen Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs führen können, sollten gleichzeitig Maßnahmen angedacht und umgesetzt werden, die diese Interdependenz der Verkehrsmittelnutzung berücksichtigen.


Mit der quantitativ ausgerichteten Erhebung in der Dortmunder Innenstadt konnten Jugendliche und ihre Wünsche, Anregungen, Kritikpunkte berücksichtigt werden sowie Motive, Einstellungen u. ä. offengelegt werden. Wie zu erwarten war, hat sich gezeigt, daß mit einem standardisierten Interview nicht alle relevanten Aspekte aufgenommen werden konnten. Ein Methodenmix aus quantitativ und qualitativ ausgerichtetem Forschungsdesign ist für eine Diplomarbeit schwer realisierbar, ohne daß einer von beiden Teilen vernachlässigt werden muß. Für Untersuchungen, die eine längere Laufzeit bzw. umfassendere Forschungskapazitäten haben, wird vorgeschlagen dies zu realisieren. Weiterhin wird angeregt, daß bei der Konzeptionierung von (empirischen) Untersuchungen zum Themenfeld Jugendliche und Verkehr an unterschiedlichen Orten Kontakt zu Jugendlichen aufgenommen werden sollte. Um einen möglichst umfassenden Bereich der Lebenswelt von Jugendlichen abzudecken, sollten sie in den Schulen, in Freizeiteinrichtungen, in der Familie und an Freizeitorten wie der Innenstadt angesprochen werden.
Da eine Einschränkung des Untersuchungsraumes auf die Stadt Dortmund vorgenommen wurde, konnte den räumlichen Verhaltensmustern der Jugendlichen nicht umfassend gerecht werden. Es wird daher vorgeschlagen, zukünftige Untersuchungen auf das Ruhrgebiet bzw. allgemein auf Regionen hin zu konzeptionieren. Eine Ausweitung bzw. Berücksichtigung einer ländlichen Region würde eine ideale Ergänzung darstellen. Da für die Nutzung bestimmter Verkehrsmittel nicht nur eine bestimmte Determinante relevant ist, sondern die Verkehrsmittelwahl immer durch mehrere beeinflußt wird, sollte auch der Frage nachgegangen werden, wie diese Determinanten kombiniert werden bzw. wie sie kombiniert wirken.


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