V. Session Sitzung am 30. November 1977



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Hohes Haus! Die von mir aufgezeigten Vorhaben werden mit Ausnahme der Subvention des Landes aus Spenden und der Allerheiligensammlung finanziert. Allen Spendern und Sammlern, aber auch allen Mitarbeitern sei herzlichst gedankt. Das Österreichische Schwarze Kreuz will gemeinsam mit der Schwesterorganisation aus der Bundesrepublik Deutschland, der VDK, die von mir erwähnten Initiativen bzw. Vorhaben durchführen. Wir glauben, daß wir als Kulturvolk verpflichtet sind, jenen Menschen, die in bester Überzeugung ihre Heimat und ihre Familien zu schützen, ihr Leben lassen mußten, eine ständige Ruhestätte zu geben und damit ihre Namen für immer zu erhalten. Für uns aber sollen diese Soldatenfriedhöfe Gedenkstätten sein, Gedenkstätten, die uns ständig mahnen, alles zu tun, um den Frieden zu erhalten. (Beifall im Hause!)


PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Zimper.
Abg. ZIMPER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Gruppe 1 des vorliegenden Voranschlages gibt uns Gelegenheit, neben den Fragen des Roten Kreuzes den Fragen des Zivilschutzes und ähnlichen Dingen ein Thema zu behandeln, von dem ich glaube, daß es gerade in den letzten Tagen und Wochen immer stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist, nämlich die Fragen der inneren Sicherheit in Österreich.

Sicherheit, meine Damen und Herren, ist eine zentrale Frage für die Gesellschaft und ich meine, sie ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für das menschliche Leben überhaupt. Ich sage das deshalb so deutlich, weil alle Anzeichen und Umfragen der letzten Zeit ergeben haben, daß das Sicherheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung deutlich im Abnehmen begriffen ist. Nach einer Umfrage vom Juli 1977 glaubt jeder zweite Erwachsene in diesem Land, daß seine persönliche Sicherheit in der letzten Zeit abgenommen hat, mehr als die Hälfte glauben, daß das persönliche Eigentum nicht mehr ausreichend geschützt ist, jede vierte Frau fürchtet sich vor überfällen und 71% der Befragten fordern wirksamere Maßnahmen gegen Kriminalität und Verbrecher. Wie sehr dieses Gefühl an sich stimmt und auch auf handfesten Vorkommnissen beruht und wie wenig Österreich auch auf diesem Gebiet keine Insel der Seligen ist, beweist ja die Kriminalstatistik. Meine Damen und Herren, derzeit passieren in Österreich pro Woche 200 Wohnungseinbrüche, 40 Pkw-Diebstähle, 30 Verbrechen gegen die Sittlichkeit, 15 Raubüberfälle und 40 Suchtgiftdelikte. Was uns besonders zu denken geben muß, ist die Tatsache, daß gerade die Eigentumsdelikte gewaltig und unübersehbar im Steigen begriffen sind. Die Steigerungsraten betragen allein vom Jahre 1975 auf 1976 plus 5% und von 1976 bis zur ersten Hälfte 1977 gar plus 8%.

Natürlich, meine Damen und Herren, kann man es sich gerade auf diesem Gebiet zweifellos nicht so leicht machen und glauben, daß staatliche Vorsorge allein ausreichen würde, um hier eine spürbare Abhilfe zu schaffen. Ich meine, gerade auf dem Gebiet der Eigentumsdelikte bin ich mir voll bewußt, wie wichtig auch die Eigenvorsorge gegen Verbrechen ist. Nichtsdestoweniger, meine Damen und Herren, kann man aber als Abgeordneter und Volksvertreter nicht darauf verzichten, zu verlangen, daß der Staat alle erdenklichen und alle möglichen Vorkehrungen trifft, um die Bevölkerung wirksam zu schützen. Ich behaupte heute, meine Damen und Herren, und ich werde das auch beweisen, daß der Staat respektive die derzeitige Bundesregierung und der dafür verantwortliche Bundesminister für Inneres derzeit nicht nur nicht alle Vorkehrungen trifft, sondern sich darüber hinaus echte Versäumnisse auf dem Sicherheitssektor zuschulden hat lassen kommen. Ich behaupte, daß die Bevölkerung über den tatsächlichen Stand der Sicherheitsvorkehrungen in diesem Land unrichtig informiert wird und ich halte es in diesem Zusammenhang für überaus bedenklich, wenn mit einer breiten Diskussion über utopische Vorschläge zum Strafvollzug, ja mit Vorstellungen, die teils bis zur totalen Abschaffung der Gefängnisse reichen, in diesem Land für ein geistiges Klima gesorgt wird, in dem schön langsam nicht mehr das Verbrechen, sondern die Bestrafung desselben als unanständig empfunden wird. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Dr. Brezovszky: Wie bei Schönau! Sie haben überhaupt kein moralisches Recht!) Ich kann mir schon vorstellen, meine Damen und Herren ... (Unruhe bei der ÖVP. - Abg. Anzenberger: Gestern hat er schön Demokratie gepredigt, heute hält er eine Moralpredigt! - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.)

Herr Dr. Brezovszky, damit wir uns diese Diskussion gleich von Anfang an ersparen, weil Sie hier Schönau zitieren, damit wir das gleich von vornherein festhalten und klarstellen; es ist ja von Ihnen schon ein paarmal versucht worden, diese Diskussion zu provozieren. Ich habe es Ihnen auch das letztemal gesagt und ich sage es Ihnen heute durchaus noch einmal: Ich erinnere Sie daran, daß ich in bezug auf die von Ihnen in Schönau zitierten Dinge eine offizielle Entschuldigung der Sozialistischen Partei Niederösterreichs und des Herrn Landesparteiobmannes Hans Czettel habe, die bei einem Anwalt deponiert wurde und deren Veröffentlichung in der damaligen Postwurfsendung, deren Namen ich vergessen habe, verlangt und auch zugesagt wurde. Wir haben in der Folge über diese Dinge ja mehrfach geredet, auch über Gericht, und das war dann der Endpunkt. Ich stelle also fest, daß Sie noch einmal in die Versuchung kommen, Herr Dr. Brezovszky, Dinge zu behaupten, für die sich Ihr Landesparteiobmann bei mir persönlich entschuldigt hat. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Dr. Brezovszky: Denken Sie an das Volksblatt! Damit ist das Urteil über' Sie eindeutig!) Darum habe ich ja die Entschuldigung vom Herrn Landeshauptmannstellvertreter Czettel. Mir ist schon klar, Herr Dr. Brezovszky, daß Ihnen diese Diskussion nicht angenehm ist, und ich kann mir schon vorstellen, daß ein Mensch mit einem halbwegs natürlichen Rechtsempfinden hier, ganz egal, wo er politisch steht, auf die Palme steigen muß. Aber ich kann es Ihnen im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung nicht ersparen, diese Dinge schonungslos aufzuzeigen.

Über mangelnde Vorkehrungen im Sicherheitsdienst in Österreich, meine Damen und Herren, sind wir gar nicht auf Vermutungen angewiesen, sondern hier gibt es authentische und unleugbare Beweise. Eine Anfrage der Mitglieder des Bundesrates an den Bundesminister für Inneres hat erst vor kurzem ergeben, daß in Wien 50% der Funkstreifen wegen Personalmangel unterbesetzt sind und daß in Niederösterreich 8 bis 9% Gendarmen fehlen. Auch die Presse hat sich ja dieser Dinge letztlich angenommen: „Zu wenig Polizei für den Schutz der Bevölkerung“. In dieses Licht paßt durchaus auch die fast als Anekdote zu bezeichnende Affäre „Oberst tut im Innenministerium nur Daumen drehen“; er hat sich mit ein paar Briefen an den Minister gewandt, hat keine Arbeit gekriegt, jetzt hat er selber gekündigt, jetzt ist er beim Bundesheer. Ja es erheben sich selbst prominente sozialistische Stimmen, Herr Kollege Wedl! Der Chef der Arbeiterkammer und Bruder unseres Landeshauptmannstellvertreter Czettel meinte laut Arbeiterzeitung vom 25. Juni, die Polizei soll mehr gegen Überfälle tun. Aber auch der Polizeipräsident von Wien, Dr. Reidinger, dem Sie bestimmt nicht unterstellen können, daß er mit meiner Partei sympathisiert, sagt, die Leute haben Angst, 700 Polizisten fehlen. Ja was wollen Sie noch mehr? Ober solche Sachen kann man doch um Gottes Willen nicht hinwegschauen.

Meine Damen und Herren, im Dunstkreis dieser Kritik findet sich, wie stets in Österreich, viel Lustiges, wenn nicht gar Halblustiges. Der Bundeskanzler weiß ja immer Rat, meine Damen und Herren, er predigt Naßrasieren als Antwort auf die Energiekrise, er preist Feuerzeuge für jeden an als Antwort auf die Wirtschaftskrise und er droht, meine Damen und Herren, den Banken mit Filialenstop, wenn sie nicht selbst in der Lage sind, die Sicherheitskrise in Österreich zu meistern (Kronzenzeitung, 28. Juni 1977). Ich zitiere in dem Zusammenhang nur den Chefredakteur der oberösterreichischen Nachrichten, Hermann Polz. Die Banken, sagt er, haben gewiß allen Grund - das war seinerzeit, als es zu den permanenten Banküberfällen gekommen ist -, etwas für ihren Selbstschutz zu tun. Wenn der Bundeskanzler aber von solchen Aktivitäten die Erweiterung ihres Filialnetzes abhängig macht, dann bewegt er sich auf sonderbaren Wegen. Ist der Staat überfordert, können seine Aufgaben nicht ohne weiteres auf andere Institutionen oder Privatpersonen abgeschoben werden. Nach diesem schlichten Muster aus dem Warenhauskatalog der Argumente könnte man ja auch die Aufbewahrung von Wertsachen in Privatwohnungen an die Bedingung der Errichtung eines Familienwachdienstes knüpfen. So meint Herr Polz in den oberösterreichischen Nachrichten. Aber es geht noch weiter. Für diese halblustige Atmosphäre im Sicherheitsdienst in Österreich sorgen ja, meine Damen und Herren, auch der Herr Justizminister und seine politischen Schrittmacher. Kurier, 11. Oktober: „Utopisten. Broda bleibt dabei weg mit den Gefängnisstrafen.“ Oder gar der Herr Keller, der politische Schrittmacher für den Herrn Justizminister, der meint, Ladendiebe sollten künftig nicht mehr bestraft, sondern lediglich zum Schadenersatz angehalten werden. Und warum? Er liefert auch die Begründung dafür:

„Weil durch die Selbstbedienungsläden bewußt die Willensfreiheit des Täters ausgeschlossen wird.“ Meine Damen und Herren, so abenteuerliche und utopische Dinge darf man heute schon in Österreich ungeschoren sagen. Zwangsläufig, daß sich alle Kommentatoren darüber lustig machen! (Abg. Romeder: Das ist Sozialismus! - Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen) Ich darf Ihnen sagen, daß sich die Kommentatoren der österreichischen Zeitungen über eine derartige Rechtsempfindung lustig machen. Zusammenfassend ein Kommentar, Kurier, vom 11. 10., ein Satz nur: „Wir fangen die Verbrecher ein und die Justiz Iäßt sie wieder aus, so murren die Polizisten seit geraumer Zeit.“

Meine Damen und Herren, ich bin mir durchaus dessen bewußt, daß Sie jeden, der diese weltfremden Philosophien als utopisch, als unrealistisch und gefährlich anprangert, mit der Unterstellung, er sei ein angehauchter Law and Order-Verfechter, einfach mundtot machen wollen. Aber ich sage Ihnen dazu in aller Deutlichkeit wirklich meine Meinung: Resozialisierung und Bewährungshilfe, meine Damen und Herren, kein Zweifel, verdienen unsere ganze und ehrliche Aufmerksamkeit. Doch bitte ich darum, dabei nicht zu vergessen, daß nicht nur der Gesetzesbrecher, sondern auch die Gesellschaft ein Recht auf Schutz besitzt. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Leichtfried: Wer hat das jemals in Frage gestellt? - Ruf bei der ÖVP: Der Herr Minister Broda. Den müssen Sie einmal wegbringen!) Herr Kollege, es ist Ihnen ja unbenommen, sich zu den Utopien des Herrn Broda zu bekennen. Wir werden gerne dafür sorgen, daß die niederösterreichische Bevölkerung davon Kenntnis erhält, keine Frage! (Abg. Ing. Schober: Broda ist das Unglück des Staates, mehr kann man da nicht sagen!) Weg mit den Gefängnisstrafen, Ladendiebe nicht mehr bestrafen, das ist Ihre Auffassung, das können Sie durchaus machen. Ich wäre Ihnen dankbar dafür, wenn Sie das hier unterstreichen.

Zum wirksamen Schutz der Bevölkerung, meine Damen und Herren, gehört aber vor allem eine wirksame und schlagkräftige Sicherheitswache. Diese Voraussetzung ist derzeit nicht gegeben. Eine unbefriedigende Personalsituation, gekoppelt mit einem unzweckmäßigen Journaldienstsystem verschärfen die Situation. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, über alle parteipolitischen Einwände hinweg doch einmal die Situation der Exekutive in Niederösterreich mit zu überlegen, und Sie werden selber zu dem Schluß kommen, daß hier tatsächlich in nächster Zeit irgendetwas geschehen wird müssen. Von der gleichen Anzahl der Beamten, meine Damen und Herren, die etwa 1953 zur Verfügung stand, wird derzeit insgesamt etwa nur mehr die Hälfte der Stundenzahl von damals im Außendienst zugebracht. Das ist etwas, was unsere Bevölkerung beunruhigt, daß man also für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung einfach keinen Gendarmen, keinen Polizisten mehr auf der Straße sieht, weil natürlich Arbeitszeitverkürzung oder ein Anwesenheitsdienst in einem recht unpraktisch gewordenen Journaldienstsystem das verhindert. Aber das ist ja Feine Erkenntnis von mir, das ist ja nicht etwas, das ich einfach leer in den Raum stelle! Das im Bundesministerium für Inneres, meine Damen und Herren, etablierte Gendarmeriezentralkommando hat bereits vor Jahren ein Konzept erarbeitet, wie das derzeitige personalintensive und außendienstkindliche Journaldienstsystem durch ein anderes ersetzt werden kann. Dieses Konzept wurde von allen Sicherheitsdirektionen in ganz Österreich gutgeheißen. Von allen Landesgendarmeriekommandanten gebilligt, nur im Ministerium ist in dieser Richtung nichts unternommen worden und nichts geschehen.

Auch das Landesgendarmeriekommando Niederösterreich, meine Damen und Herren, hat vor etwa zwei Jahren die Forderung erhoben, daß die Dienstposten im Bereich der Gendarmerie Niederösterreich um 200 bis 250 Mann aufgestockt werden. Es ist nicht, nur in der Richtung nichts geschehen, sondern seit 1. Jänner 1977 hat die niederösterreichische Gendarmerie sogar um 20 Beamte weniger a k vorher. Und in letzter Zeit, meine Damen und Herren, war in diesem Land auch die Diskussion um die Auflösung weiterer Gendarmerieposten gerade im Zusammenhang mit den Konzentrierungsbestrebungen im Verwaltungsbezirk Amstetten. Seitens des Sicherheitsdirektors von Niederösterreich wurde damals erklärt, wir haben keinen Grund anzunehmen, daß es sich hiebei um eine neue Auflassungswelle handelt, um den Beginn einer neuen Zusammenlegungswelle, sondern es handelt sich um das Nachziehen einer Konzentrierung, wie sie in den meisten anderen Bezirken da oder dort schon erfolgt ist. Ich würde aber sagen, meine Damen und Herren, daß bis zum heutigen Tage noch nicht der Nachweis dafür erbracht wurde, daß die mit der Auflassung der zahlreichen kleinen Gendarmerieposten angestrebte bessere Erreichbarkeit der neuen Großposten der Bevölkerung und dem Sicherheitsdienst überhaupt entscheidend Positives gebracht hat. Diesen Nachweis ist man uns noch schuldig. (Abg. Leichtfried: Werfen Sie das dem Landeshauptmann vor! Der hat überall zugestimmt. Es gibt keine einzige Auflösung, die ohne Zustimmung des Landeshauptmannes erfolgt ist!) Herr Kollege, wenn Sie mich ausreden lassen würden, dann würden Sie mir sicher recht geben. Ich knüpfe daran nicht mehr als den Appell, daß ich sage, jetzt bitte einmal einhalten und jetzt einmal stillhalten mit diesen Zusammenlegungen. Jetzt schauen wir uns das einmal an, ob es überhaupt etwas Positives gebracht hat, beobachten und untersuchen die Situation einmal genau, bevor wir zu neuen Schließungen und neuen Konzentrationen kommen. Ich glaube, daß das durchaus auch im Sinne des Gefühles der Bevölkerung ist. Irgendwann muß einmal Schluß sein, überprüfen wir doch diese Dinge einmal.

Ein weiteres Problem, meine Damen und Herren, ist die technische Ausrüstung unserer Exekutive. Vor 12 bis 15 Jahren hat man begonnen, den Funk zu nutzen und heute sind in Niederösterreich alle Gendarmerieposten am Sitze einer Bezirkshauptmannschaft, zusätzlich aber leider nur alle Hauptposten, das sind zwei bis vier pro Bezirk, mit einem Funkgerät ausgestattet. Von den rund 300 Patrouillenfahrzeugen der niederösterreichischen Gendarmerie sind nur ganz wenige, meine Damen und Herren, mit Funk ausgerüstet, was bedeutet, daß die Beamten in dem Moment, so sie sich in das Auto setzen, für die Dienststelle nicht mehr erreichbar sind, in dem Moment fallen sie also aus, was gerade bei Such- und Fahndungsaktionen ein Riesenhandikap bedeutet. Der Minister hat zwar auf parlamentarische Anfrage xmal versichert, es wird etwas geschehen, bis jetzt ist aber nichts geschehen.

Und an einer Frage, glaube ich, meine Damen und Herren, kann man auch in Niederösterreich, wenn man von Sicherheitsfragen redet, nicht vorübergehen, das ist die spezifische Situation der Bundesgrenze gegen die Oststaaten. Hier gab es seinerzeit rund 30 Grenzgendarmerieposten. Sie wurden alle aufgelöst und es wurden in der Zwischenzeit auch die Beamten der Zollwache verringert. Mir ist schon klar, daß es sehr schwierig wäre, hier neue Gendarmerieposten zu schaffen, hier neue Dienstposten an der Grenze zu etablieren, aber ich gebe nur einmal die Anregung, ob man nicht legistische Voraussetzungen schaffen sollte, die es den Zollwacheorganen an der Bundesgrenze ermöglichen, auch stärkere Exekutivhandlungen zu setzen, als sie das derzeit tun können. Derzeit können sie nur eingreifen, wenn sie einen Täter auf frischer Tat erwischen. Ob man nicht überlegen sollte, das zu erweitern, es käme auch durchaus einer sinnvollen Reform des Sicherheitswesens und einer Einsparung entgegen.

Das sind, meine Damen und Herren, die Fakten im Bereich der Sicherheitswache. Wir haben zu wenig Personal, es gibt eine mangelnde technische Ausrüstung und es gibt gewaltige Fehler im System.

Meine Damen und Herren, wer in diesen Tagen allerdings von innerer Sicherheit spricht, darf zweifellos ein Thema nicht übersehen, den Terrorismus, jenes Verbrechertum, das seine verabscheuungswürdigen Taten politisch zu motivieren sucht. Kein Zweifel, daß für die konzentrierte Abwehr dieses neuzeitlichen Verbrechertums alle Mittel der staatlichen Autorität und jede Anstrengung aller demokratischen Kräfte eingesetzt werden müssen. Zu bekämpfen, meine Damen und Herren, ist der Terrorismus allerdings auf zwei Ebenen. Natürlich und ganz selbstverständlich im Rahmen einer schlagkräftigen polizeilichen Aktion, wenn es zu solchen verbrecherischen Handlungen kommt. (Abg. Wedl, nachdem die galeriebesuchenden Schüler den Sitzungssaal verlassen: Die Kinder haben auch schon genug! Kannst aufhören!) Auch dadurch, daß wir uns mit geistig gesellschaftlichen Strömungen befassen, daß wir die Ursachen ergründen, die Auswirkungen überlegen und öffentlich darstellen und alles unternehmen, meine Damen und Herren, um diese Pervertiertheit des politisch kriminellen Denkens gleich im Keime zu ersticken. Ich fürchte, meine Damen und Herren, wir müssen uns heute auch in Österreich den Vorwurf gefallen lassen, auf beiden Ebenen dieses Abwehrkampfes nicht alle Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen zu haben.



Ein Wort zur geistigen Entwicklung. Wie kommt es denn überhaupt dazu? Den Anarchismus als gesellschaftsphilosophische These gab es ja schon in vorchristlicher Zeit. Und dann ist sehr lange nichts damit passiert. Erst im 18. Jahrhundert hat sich daraus der Nihilismus entwickelt und wer weiß, ob es nicht mehr ist als eine zufällige Namensgleichheit, die man findet, wenn man ein Lexikon durchblättert, das schon im Jahre 1824 ein Freiherr von Baader von einem Nihilsmus spricht, der besagt, daß die Werte, die Wahrheit, die gesellschaftlichen Ordnungen letztlich nichts sind oder in nichts zerfallen. Im 20. Jahrhundert, meine Damen und Herren, hat sich die sogenannte neue Linke dieser Geistesrichtung bemächtigt. (Abg. Dr. Brezovszky: Es ist die Frage, wer Nihilst ist! - Abg. Wedl: Söhne von ÖVP-Funktionären!) Herr Kollege, wenn Sie hier die Kinder und Söhne von Eltern, von Funktionären meinen, so darf ich Ihnen sagen, selbst der Herr Bundeskanzler ist nicht in der Lage, die geistige Heimat seines Sohnes zu bestimmen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Dr. Brezovszky: Der ist aber kein Anarchist! - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Das hat er nicht behauptet!) Das habe ich nicht getan. Ich wiederhole es, Herr Dr. Brezovszky, damit es nicht bewußt zu Ihren Unterstellungen kommt. Ich habe gesagt und ich stehe dazu, selbst der Herr Bundeskanzler ist nicht in der Lage, die geistige Heimat seines Sohnes zu bestimmen und dabei bleibe ich. (Abg. Thomschitz: Reine Phrasen sind das!) Nur im Zusammenhang mit dem Zwischenruf des Abg. Wedl. (Abg. Wedl: Das sind Eure Früchte, die Ihr zu Hause erzogen habt! - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, im 20. Jahrhundert hat sich die sogenannte neue Linke dieser Geistesrichtung bemächtigt, aber vorerst hat man nur Bücher geschrieben, die von niemandem wirklich ernst genommen wurden. Wenn man diese Bücher, meine Damen und Herren, heute liest, im Lichte der Erfahrungen, die man inzwischen mit dem politischen Terrorismus gemacht hat, so erkennt man erschreckt, daß diese noch 1973 nicht ganz ernst genommenen Ideen des Anarchismus inzwischen bittere Realität geworden sind. Wir bilden uns immer ein, in Österreich sitzen wir auf einer Insel der Seligen. Ich zitiere Ihnen aus einem Bericht der dieswöchigen Ausgabe des „Profil“. „Natürlich“ - schreibt Chefredakteur Lingens – „gibt es auch in Österreich jene neurotischen Kinder aus gutbürgerlichen Häusern, die ihr Zerfallensein mit der eigenen Existenz in die Gesellschaft projizieren. Natürlich gibt es bei uns jene ultralinken Studentengruppen, die diese verlorenen Kinder auffangen und ihnen manchmal als libertinistische Kommune, manchmal als homosexuell angehauchter Männerbund ein neues Zuhause in rauchigen Buden und Cafes anbieten. Natürlich gibt es auch bei uns dieses seltsame Wiedererwachen des Marxismus mit allen seinen teils falschen, teils lebensgefährlichen Thesen.“ Auch die österreichischen Anhänger dieser Geistesrichtung, meine Damen und Herren, haben vorerst nur geschrieben und wir haben uns lustig gemacht darüber.

Viele dieser geistigen Ausflüsse erschienen im Organ „Neues Forum“ des DDr. Günther Nenning. Aber, wie gesagt, die überwältigende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung hat das einfach nicht wirklich ernst genommen, umso mehr, als Nenning selbst vom Bundeskanzler als Wurstel bezeichnet wurde, wenngleich seine Zeitung trotzdem nach wie vor mit staatlichen Subventionen bedacht worden ist. Was wir alle, meine Damen und Herren, aber übersehen haben könnten, das deutet ebenfalls eine Passage des „Profil“ über den Terrorismus in Österreich an und ich zitiere wörtlich: „Man kann heute unter Beachtung der gebotenen journalistischen Sorgfaltspflicht und Vorsicht sagen, daß Nennings Neues Forum jedenfalls die Adresse war, bei der fast all die Leute, um die es geht, irgendwann einmal durchgingen, auch Leute von der RAF, von der Roten Armee-Fraktion." Und man muß sich nur vor Augen halten, was dieser Satz bedeuten könnte. Eine deutliche Unterschätzung, meine Damen und Herren, einer geistigen und politischen Entwicklung.

Es ist uns vielleicht auch passiert im Zusammenhang mit den Hochschulwahlen. Da wurde von nahezu allen demokratischen Gruppen verlangt, daß die Kanditatur der sogenannten linken Liste, deren Anhänger permanent für Unruhe, ja für Schlägereien auf der Universitätsrampe gesorgt haben, verboten wird. Das Innen- und das Wissenschaftsministerium haben das abgelehnt. Heute weiß man, daß die Kandidaten der Linken Liste zu den Hauptbeteiligten der Palmers-Entführung zählen und Kontakte zum „Neuen Forum'' ebenso gehabt haben wie zum Pariser Terroristenanwalt Croissant.

Es ist unleugbar, meine Damen und Herren, die linke internationale Terrorszene ist im Begriff, auch Österreich zu berühren. Wir können uns daher zumindest ab jetzt nicht mehr nur in Illusionen wiegen, denn man kann zumindest nicht ausschließen, daß diese internationale Terrorszene auch in Österreich den Versuch unternehmen könnte, zu testen, inwieweit dieses Land verängstigt, radikalisiert und verunsichert werden kann. Wir sollten daher etwaigen Versuchen entschlossen und vor allem wohl vorbereitet und bestens gerüstet gegenüberstehen. Genau das, meine Damen und Herren, ist in Österreich nicht der Fall. Nicht nur, daß man dem zuständigen Innenministerium echte Versäumnisse vorwerfen muß, finde ich es empörend, daß höchstverantwortliche Stellen den Versuch unternommen haben, die Öffentlichkeit über den wahren Grad der Sicherheitsvorkehrungen in Österreich zu täuschen. (Abg. Kosler: Hör auf!) Ja, ich werde Ihnen das gerne an Hand von Fakten beweisen. Ich habe dabei alles Verständnis, meine Damen und Herren, für den Wunsch und die Forderung des Bundesministers für Inneres, daß Fragen der Sicherheit und der Schlagkraft der Exekutive so wenig wie möglich in der Öffentlichkeit erörtert werden. Wenn diese Forderungen aber nur erhoben werden, um sich damit einen Deckmantel für Versäumnisse und Sorglosigkeiten zu verschaffen, so muß man diesen Wünschen ein klares Nein entgegensetzen. Das hat nämlich mit verantwortungsbewußter Sicherheitspolitik wenig zu tun, was in Ihren Erklärungen und Erläuterungen, Zurücknahmen und Aussagen über jene Einheiten der Gendarmerie gesagt wurde, die von den Massenmedien mit mysteriösen Begleitnamen und Formulierungen wie „Cobra“ und „Skorpion“ bezeichnet wurden und die eine sogenannte Antiterrorgruppe in Österreich darstellen sollen.


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