V. Session Sitzung am 30. November 1977



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Eine weitere Regelung soll bei den Verhältniszahlen eintreten. Die Novelle bietet jetzt die Möglichkeit einer über den Verhältniszahlen eines Betriebes liegenden Einstellung von Lehrlingen, aber auch eine Reduzierung der für den jeweiligen Betrieb geltenden Verhältniszahlen. Bei positiver Entscheidung durch Bescheid können die nach Verhältniszahlen festgesetzten Lehrlingshöchstzahlen um bis zu 30% überschritten werden.

Außerdem sind die Pflichten des Lehrberechtigten und des Lehrlings hier geregelt worden. Die Aufzählung der Pflichten des Lehrberechtigten und es Lehrlings wurden dem heutigen Sprachgebrauch angepaßt. Als echte soziale Verbesserung kann die Verpflichtung des Lehrberechtigten angesehen werden, den Lehrling den vollen Differenzbetrag zwischen Lehrlingsentschädigung und den Kosten für Verpflegung und Unterbringung in einem Berufsschulinternat zu bezahlen. Mein Kollege Höfinger hat schon darauf hingewiesen, daß bisher dieser Differenzbetrag zwischen Lehrling und Lehrherrn aufgeteilt war. Auch bei der Beendigung und bei der vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses soll eine Änderung eintreten. Nicht gering war nämlich die Anzahl jener Fälle, wo der Abschluß eines Lehrvertrages durch die Verweigerung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Lehrlings nicht ermöglicht werden konnte. Bei zerrütteten Ehen trat dies besonders häufig auf. Die Novellierung wird hier eine Besserstellung in der Form schaffen, daß der Abschluß des Lehrvertrages bei ehelichen Minderjährigen nunmehr nur die Zustimmung eines Elternteiles verlangt. Diese Bestimmungen kommen auch in all jenen Fällen zum Tragen, wo bisher die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters verlangt wurde, zum Beispiel auch bei der Auflösung des Lehrverhältnisses. Die bisher im Berufsausbildungsgesetz vorgesehene dreimonatige Dauer der Probezeit wird durch die Novelle auf zwei Monate verkürzt. Mit der Verringerung der Probezeit von drei auf zwei Monate wird ein erster Schritt zur Angleichung an die Probezeit bei anderen Dienstverhältnissen vorgenommen. Als weitere sozialrechtliche Besserstellung kann der Entfall des vorzeitigen Auflösungsgrundes infolge Krankheit angesehen werden, Krankheit für sich allein wird also in Zukunft keinen Auflösungsgrund mehr darstellen. Nur dann, wenn der Lehrling unfähig oder untauglich wird, seine Verpflichtungen auf Grund der Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes oder des Lehrvertrages zu erfüllen liegt weiter ein Grund zur vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses vor. Eine weitere Veränderung des vorzeitigen Auflösungsgrundes wird dadurch vorgenommen, daß die Bestimmungen, welche festlegen, daß, wenn der Betrieb oder die Werkstätte auf Dauer in eine andere Gemeinde verlegt wird, oder die Eltern oder ein Elternteil, bei dem minderjährige Lehrlinge wohnen, in eine andere Gemeinde übersiedeln und dem Lehrling die Zurücklegung eines längeren Weges zur Ausbildungsstätte nicht zugemutet werden kann, dadurch ergänzt werden, daß auch bei einer Übersiedlung des Lehrlings allein in eine andere Gemeinde ein solcher Auflösungsgrund vorliegt. Die Bestimmung, daß in jenen Fällen, wo der Lehrling seinen Lehrberuf aufgibt, in demselben Beruf innerhalb von drei Monaten kein neuer Lehrvertrag abgeschlossen werden kann, wird durch die Novelle dahin geändert, da die Frist von drei Monaten entfällt und somit der Lehrling im selben Lehrberuf, ohne die Frist von drei Monaten abwarten zu müssen, wieder einen Lehrvertrag eingehen kann. Eine weitere rechtliche Verbesserung tritt dadurch ein, daß in der Novelle eine Bestimmung vorgesehen ist, die besagt, daß bei einvernehmlicher Auflösung des Lehrverhältnisses nach den ersten zwei Monaten eine Bescheinigung eines Einigungsamtes oder einer Kammer für Arbeiter und Angestellte vorliegen muß, aus der hervorgeht, daß der Lehrling über die Bestimmungen betreffend die Beendigung und vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses belehrt wurde. Also eine ähnliche Bestimmung, wie sie bereits das Mutterschutzgesetz hat. Bisher mußte der Lehrling die im Lehrvertrag festgesetzte Lehrzeit auch dann vollenden, wenn er die Lehrabschlußprüfung positiv abgelegt hat. Durch die Novelle wird nun bestimmt, daß in jenen Fällen, in denen der Lehrling die Lehrabschlußprüfung vor Beendigung der Lehrzeit abgelegt hat, auch die Lehre beendet ist.

Ein weiterer Endigungsgrund des Lehrverhältnisses wird durch die Novelle dahingehend abgeändert, daß in jenen Fällen, in denen die Lehrberechtigten nicht mehr zur Ausübung der Tätigkeit befugt sind, in deren Rahmen Lehrlinge ausgebildet werden, zum Beispiel, wenn der Lehrberechtigte seine Gewerbeberechtigung zurücklegt, folgende Veränderung eintritt: Wenn ein Lehrverhältnis auf Grund der vorgenannten Bestimmungen endet und der Lehrberechtigte innerhalb von sechs Monaten nach Endigung des Lehrverhältnisses seine Tätigkeit wieder aufnimmt, so ist das Lehrverhältnis fortzusetzen, wenn der Lehrling innerhalb von zwei Wochen nach Verständigung von der Wiederaufnahme der Tätigkeit durch den Lehrberechtigten oder sonst innerhalb von zwei Monaten nach Wiederaufnahme der Tätigkeit eine diesbezügliche schriftliche Erklärung abgibt. Die vier Monate übersteigende Zeit zwischen Endigung des Lehrverhältnisses und seiner Fortsetzung ist auf die für den Lehrberuf festgesetzte Lehrzeit nicht anzurechnen. Durch diese Bestimmung wird dem Lehrling die Möglichkeit gegeben, bei seinem ehemaligen Lehrberechtigten das Lehrverhältnis fortzusetzen. Wir haben also hier wiederum eine Bestimmung, die wir bereits in unserem österreichischen Arbeitsrecht kennen, die nur bisher nicht auf Lehrlinge ausgedehnt war.

Eine Änderung der Behaltepflicht ist ebenfalls vorgesehen und zwar heißt es hier: Die bisher im Gesetz vorgesehene Verpflichtung des Lehrberechtigten, den Lehrling nach seiner Lehrzeit drei Monate in seinem Betrieb und in seinem erlernten Beruf weiter zu verwenden, wird durch die Novelle auf vier Monate erweitert. Diese Verpflichtung liegt auch dann vor, wenn der Lehrling vor Ende seiner diese positiv abgelegt und damit seine Lehrzeit endet. Darüber hinaus wird die im Lehrvertragsmuster vorgesehene Bestimmung des § 8, daß das Lehrverhältnis ein befristetes Dienstverhältnis darstellt, gestrichen.

Außerdem findet sich in dieser Neuregelung ein Passus, die Behörden betreffend. Im Gegensatz zu den bisher über 200 bestehenden Lehrlingsstellen in ganz Österreich wird es durch die Novelle nur mehr eine Lehrlingsstelle in jedem Bundesland geben. Diese wird jedoch weiterhin im Wirkungsbereich der Landeskammer der Gewerblichen Wirtschaft zu errichten sein. Den Lehrlingsstellen obliegt weiterhin in erster Instanz die Durchführung der ihnen durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben. Sie haben im Rahmen der Überwachung der Lehrausbildung festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Ausbildung von Lehrlingen gegeben sind und die einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten wurden. Ihre Organe können zu diesem Zweck die Betriebe besichtigen und im erforderlichen Umfang in die Aufzeichnungen der Betriebe Einsicht nehmen.

Das also, meine sehr geehrten Damen und Herren, wären die wichtigsten Änderungen, die die Novelle zum Berufsausbildungsgesetz bringen soll. Es ist nur zu hoffen, daß die parlamentarische Behandlung nun in Bälde erfolgt, damit wir auf diesem Wege zu einer modernen Berufsausbildung wiederum ein gutes Stück weiterkommen. Denn wir wissen alle mitsammen, daß nur eine gute Berufsausbildung für die Zukunft gewährleistet, daß es uns nicht so geht wie anderen Ländern, die eine relativ sehr hohe Arbeitslosigkeit haben. Uns allen soll es stets zur Aufgabe und zur Pflicht gemacht sein, sich vielleicht noch mehr als bisher um unsere Berufsjugend zu kümmern, um unsere Jugend, die schließlich doch einmal die Zukunft hier sein wird. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Wallner.
Abg. Prof. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Niederösterreichischen Landtages! Herr Klubobmann Dr. Brezovszky hat einige Male in seinen Ausführungen Bezug auf die Schule genommen. Da wir jetzt beim Kapitel Schule stehen, darf ich mir erlauben, eine kurze Stellungnahme dazu als Einleitung zu geben. Er hat das im Hinblick darauf getan, daß auch nach Österreich nun bestimmte Vorstellungen langsam einsickern, und hat die Überlegung angestellt, wie es zu diesen Vorstellungen im Herkunftsland gekommen sei und was bei uns dazu führen könnte, daß sie Aufnahme finden. Ich möchte Sie daher bitten, alles, was ich hier zitiere oder vorlese, auf die Bundesrepublik zu beziehen, auch die Ausdrücke, die ich dabei gebrauche, haben mit dem österreichischen Schulwesen nichts gemein, insbesondere der Ausdruck „Gesamtschule" stimmt mit unserem Schulversuch „integrierter Gesamtschulen“ in keiner Weise überein, so daß wir uns Proteste, auch Pflichtproteste, hier ersparen dürfen und die Sache etwas akademisch betrachten können. Herr Klubobmann Dr. Brezovszky hat drei Personengruppen angezogen, bei denen überprüft werden müßte, ob sie mehr für die Erziehung der Kinder tun könnten. Er hat hier die Erwachsenen im allgemeinen in bezug auf die Familien gemeint. Erwachsene, meine Damen und Herren, sind wir alle, wir können jeder dazu Stellung nehmen, das muß hier nicht separat dargelegt' werden. Er hat weiter die Politiker gemeint. Nun, auch Politiker sind wir alle, die einen bedeutend als große, ich fühle mich eher als ein kleiner dabei. Wir hätten auch dazu alle Stellung nehmen können! Die dritte Gruppe allerdings, die Lehrer, die sind bei uns - obwohl manche der Meinung sind, daß im Landtag genug Lehrer vertreten sind - denn doch in einer bedeutenden Minderzahl und für sie möchte ich etwas sagen, damit hier nicht eine Vorstellung übrig bleibt, die mit unserem Schulwesen momentan nicht allzu viel gemeinsam hat.

Wollen wir festhalten, meine Damen und Herren, daß die Schule als Institution vom Staat gemacht wird. Man sagt heute auch öfter Gesellschaft, aber es weiß niemand so recht, wer und was die Gesellschaft ist, ich bleibe daher lieber bei diesem fest umrissenen Begriff Staat. Der Lehrer führt alles das aus, was ihm die Institution Schule aufträgt, soweit es nicht den freiheitlichen Bezügen überlassen bleibt, über die er im Rahmen seines Berufes verfügen kann. Nun ist es so, meine Damen und Herren: Gerade die Lehrer tragen sehr häufig dazu bei, daß die Sprünge der Unterrichtsverwaltung doch zu einem für die Schüler ertragbaren Kontinuum werden. Allerdings hat man, wenn Sie etwa die Literatur so seit den 20er Jahren verfolgen, es niemals außer acht gelassen, bei großen Ereignissen gerade dem Lehrer und der Schule Schuld daran zu geben, daß sie so oder so abgelaufen sind. Das war im Jahre 1919, das war im Jahre 1938, das war im Jahre 1945 so und das ist auch im Jahre 1977 nicht anders geworden: immer sind es die Lehrer und die Schule, die entweder auf einem Gebiet zu wenig oder zu viel getan haben.



Herr Dr. Brezovszky hat dann die Überlegung angestellt, ob in unserer Schule genügend Verständnis für die demokratischen Bezüge vorherrschen. Ich möchte da zwei Dinge sagen, die mich nicht daran zweifeln lassen, daß es so ist! Erstens einmal die Person des gegenwärtigen Unterrichtsministers! Herr Dr. Sinowatz ist ein Badener Maturant und ich hatte die Auszeichnung, ihm auch in der Schule begegnen zu dürfen. Daß unter ihm ein autoritärer Zug in der Schule möglich ist, halte ich für unmöglich, obwohl ich vieles andere bei ihm für möglich halte. Nur das halte ich nicht für möglich, daß, wie der Herr Klubobmann gemeint hat, hier autoritäre Bezüge verhindern, daß die Kinder sich so oder so entwickeln können. Zum anderen habe ich eine gewisse Erfahrung auch als Vater, und unsere Nummer sechs unter den Kindern geht momentan in die siebente Klasse eines Gymnasiums und ist dort stellvertretender Schulsprecher. Was ich von ihm höre, wie sich dort die Schüler - ich bin jetzt zweieinhalb Jahre von der Schule weg - bewegen dürfen, das hat mir nicht den Eindruck gemacht, daß sehr autoritär vorgegangen wird.

Ich möchte aber noch etwas dazu sagen. Gerade, meine Damen und Herren, die Hypertrophie - und jetzt wende ich mich den Verhältnissen in der Bundesrepublik zu, von der diese Vorstellungen einsickern - gerade die Hypertrophie auf dem Gebiete der Antiautorität ist in meinen Augen als Bildungsproblem dort die Ursache, daß solche Vorstellungen überhaupt in jungen Menschen. besonders rege werden können. (Beifall von Abg. Fidesser.) Danke. Ich würde eher sagen, meine Damen und Herren, die große Fehlentscheidung liegt darin, daß wir - und auch wir in Österreich machen das so -, daß wir die Autorität mit dem Begriff des Autoritären verwechseln, daß wir jene damit verteufeln und damit in Frage stellen. Das ist in der Schule etwas ganz besonders Krasses, wenn man Autorität mit autoritär verwechselt. Sie alle, meine Damen und Herren, besitzen Autorität! Es würde aber jeder von Ihnen mit Recht einwenden, daß damit schon etwas Autoritäres verbunden wäre. Ohne die Autorität der Persönlichkeit könnte niemand von uns die Funktion bekleiden, die er hat. Daß damit automatisch etwas Autoritäres verbunden wäre ist nicht gegeben, dafür sind wir ohne Zweifel ein Beispiel! Nun hat man aber dieses Verwechslungsproblem gerade in Deutschland in einer sehr harten Form zum Ausdruck gebracht. Ich lese Ihnen bitte einige Beispiele vor, die das deutsche Projekt der Gesamtschule betreffen. Sie stammen aus „Erziehung und Kulturrevolution" von Prof. Dr. Brezinka. Sie kennen es wahrscheinlich. (Abg. Stangl: Aus welchem Jahr?) Bitte? 1'974, bitte. (Abg. Stangl: Sie kennen ja die neuen Bestrebungen jetzt!) Bitte. Wir sprechen über die Entwicklungen, die zum jetzigen Standpunkt geführt haben! Dort wird in Verbindung mit diesem Typ der Schule doch einiges gesagt, was ein bißchen die Sache erhellt ... „Als Schule für alle verbreitert die Gesamtschule die Basis für pädagogisch politische Arbeit von Schülern und Lehrern ... Durch die große Zahl von Lehrern und Schülern ist die Bildung fortschrittlicher, solidarischer Gruppen eher möglich ... Durch die Verlagerung der Schulzeit bis zum 16. und 18. Lebensjahr wird die Entwicklung von Widerstandskraft gegen die autoritäre und sozial integrative manipulative Betriebspraxis ermöglicht ... Wegen der unübersichtlichen und unbeweglichen Struktur der Gesamtschule erscheint es möglich, daß sich Schüler und Lehrer in solidarischer Praxis auch gegen die vorgegebenen Zwecke richten, daß heißt, gegen die von der Schulbehörde vorgeschriebenen Unterrichtsziele ..." Und so weiter! Beobachter erzählen darüber Dinge, die uns beim Schulwesen noch fremd sind und die auch, wenn sie nur teilweise stimmen, einen Zustand wiedergeben, der für Unterricht und Erziehung überhaupt unverwendbar ist. So stellt sich dort die Schulatmosphäre dar: zerschlagene Stühle auf drei Beinen, zersplitterte Fensterscheiben, zerbrochene Garderoben, Tapeten hängen in Fetzen von den Wänden, elektrische Drähte ragen aus den Steckdosen, Kaugummi sind massenweise auf den Teppichfliesen der Fußböden getreten Zigaretenkippen in Gängen und Fluren! Schüler, die in den Pausen auf dem Boden hocken, rauchen, Cola trinken, Skat spielen! Ein Lehrer berichtet, ich sage es inhaltlich, damit es nicht so lange wird, er fragte zu Beginn jeden seiner Kurse, wer anwesend bleiben wolle; es bleiben auch einige Schüler immer anwesend, während die anderen am Gang draußen Fußball spielen und einfach wegbleiben, wenn ihnen der Stoff zu schwierig ist. Nun, meine Damen und Herren, wenn also das der Inhalt von Erziehung und Unterricht auf weiten Strecken ist, ist es kein Wunder, daß man das als eine Revolutionspädagogik bezeichnet und daß der Gesamtunterricht zum Ausgangspunkt der Gegengesellschaft wird. Das, was wir im Terrorismus erleben, ist aber die Gegengesellschaft. Sie wird dort angestrebt! Und es ist daher nicht zu verwundern, wenn sie auch eintritt! Sie haben eben nur Erfolg gehabt, diese Erziehung und dieser Unterricht!

Das Kritische daran ist aber: wenn das nicht funktioniert, dann werden die Strukturen des kapitalistischen Systems dafür verantwortlich gemacht und versucht, das mit noch mehr Vehemenz durchzuführen. Diese Methoden sind eine lange Zeit jetzt nun, oder sagen wir vorsichtigerweise jetzt längere Zeit, auf die Jugend losgelassen worden und sehr viele Träger dieser Anschauungen haben den Marsch durch die Institutionen angetreten. Wir wissen momentan nicht, wo sie in der Blutzirkulation des Volkes stehen! Daß daher da und dort das so auftaucht, erweckt gar keine Verwunderung, meine Damen und Herren! Und ich würde Sie jetzt bitten, unter diesem Aspekt mein letztes Platozitat zu sehen: das habe ich gemeint, solche Konturen habe ich im Auge gehabt, wenn ich damals gesagt habe, daß eine Gesellschaft, in der das Gesetz als Belästigung und Einengung empfunden wird, auf dem Marsch in die Tyrannis sich befindet.

So ist es bei uns nicht, daher haben wir auch diese Verbreiterung dieses Zustandes nicht! Ich würde allerdings eines sagen, meine Damen und Herren, und je älter ich werde, desto kritischer höre ich mir zu, wenn ich spreche, und höre auch anderen zu. Eines, glaube ich, ist in all den Ausführungen richtig gewesen, die heute gesagt wurden: Wir setzen bei sehr vielen Angelegenheiten und Gelegenheiten bei der Jugend Werte, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen voraus, die wir uns unter ganz anderen Umständen anerzogen und erworben haben und die. sie nicht besitzt. Daher sprechen wir in vielen Dingen über ihre Köpfe hinweg und finden hier keinen entsprechenden Bezug. Verstärkt wird diese Tatsache dadurch, daß die Jugend natürlich sehr vielen unkontrollierbaren Beeinflussungen ausgesetzt ist, die wesentlich intensiver, weil mit Lustgewinn betont, an sie herangebracht werden, als es etwa die Schule kann. Soviel zum Problem der Lehrer, der Schule und der Frage des Demokratieverständnisses. Ich glaube, daß eine Hypertrophie auf dem Gebiete der Antiautorität in Deutschland sehr viele dieser Zustände herbeigebracht hat, während sie in den Umständen, wie wir unsere Schulen führen, sicherlich nicht diese Voraussetzungen finden können, wie das dort der Fall ist. Zum Abschluß dieser allgemeinen Einleitung, die ein bißchen länger ausgefallen ist - ich bitte dafür um Entschuldigung - würde ich aber noch eines sagen: vor einer Frage oder vor einer Sache müßte man sich hüten; daß man im Falle der Kriminalität, und ich sage ausdrücklich der Kriminalität, die Zugehörigkeit von Tätern nun nach Klassen beurteilt. Ich würde es genauso mit innerster Überzeugung ablehnen, wenn man solche Untersuchungen und Proben auch auf sozial andere Schichten als das sogenannte Bürgertum ausdehnt, weil ich auch von dort her bin und weiß, daß niemand für seine Kinder, meine Damen und Herren, ab einem bestimmten Alter die volle Verantwortung übernehmen kann, genauso wenig wie die Kinder für ihre Eltern die volle Verantwortung übernehmen können. Hüten wir uns, hier einen Hintergrund soziologischer Art zu schaffen, der möglicherweise zu völligen Fehlschlüssen in der Lösung dieser Probleme führt.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum eigentlichen Thema und werde mich da kurz fassen, obwohl ich vorgehabt hätte, nahe darüber zu sagen: das sind drei Dinge aus dem Bereich der Gruppe 2, die Erwachsenenbildung, das Institut für Landeskunde und die „Gesellschaft für politische Bildung". Zur Erwachsenenbildung, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir vor einem Jahr ein Gesetz beschlossen, das 1977 in Kraft war und eine Erhöhung der Ansätze auf ca. 3 Millionen Schilling bewirkt hat. Damit war auch mit eine Art Sonderregelung verbunden, da für das Jahr 1977 eine Abwicklung dem Gesetze nach nicht durchführbar war. Die Voranschlagstellen im Voranschlag 1977 sind allerdings nicht ganz nach den Intentionen verschiedener Damen und Herren des Landtages gewesen, auch nicht nach den Intentionen des Gesetzes und des Ausschusses, der darüber beraten hat. Ich fasse das noch einmal kurz zusammen: die Gemeinden haben im Verhältnis wesentlich mehr Zuwendungen als die Verbände bekommen, die Aufteilung der Mittel für die Erwachsenenbildungsverbände haben sich zu einem Großteil auf Bildungs- und Heimatwerk sowie Volkshochschule erstreckt, die konfessionellen Verbände und die Bildungshäuser sind verhältnismäßig wenig oder weniger berücksichtigt worden und es wurde für 1978 um eine Änderung dieser Anschlagsposten gebeten. Wenn ich mir den Voranschlag 1978 ansehe, so muß ich bitte feststellen, daß dieser Wunsch überhaupt nicht berücksichtigt wurde, ja daß es wesentlich schlechter geworden ist! Eine Begründung konnte ich an und für sich nicht erfahren!



Ich sage Ihnen das ganz kurz, auch in Zahlen, weil mir das wesentlich erscheint. Wir haben hier bei „Volksbildung - Gemeinden" eine Erhöhung von 500.000 Schilling auf 1,320.000 Schilling. Das gilt den Büchereien, die brauchen das! Wie ich überhaupt hier nicht etwa eine Kritik über die Höhe oder die Frage nach dem Sinn dieses Anschlages geben will, sondern nur über die Verteilung. Hier würde natürlich noch mehr Geld viel besser sein! Das ist also für die Büchereien, das ist erhöht worden! Mehr, obwohl man gewünscht hat, daß es gerade auf dem Gebiet nicht so wäre! „Investitionen Gemeinden" sind gleichgeblieben mit 1,8 Millionen Schilling. Das betrifft eine Reihe von Kulturhäusern, wie mir gesagt wurde, wobei ich auf dem Standpunkt stehe, daß das vielmehr ein Problem der zentralen Orte wäre als etwa der Subventionierung durch die Erwachsenenbildung, die sowieso zu wenig Geld besitzt. Der Ansatz „Volksbildung, Institutionen", hat 2,2, Millionen Schilling gehabt und ist jetzt auf 2,090.000 Schilling abgesunken. „Volksbildung, Investitionen, Institutionen" ist um 500.000 Schilling auf 290.000 Schilling abgesunken und ein neuer Posten ist dazugekommen, Gesellschaft für politische Bildung mit 341.000 Schilling. Nun bitte, gerade bei den Verbänden der freien Erwachsenenbildung ist demnach heuer weniger angesetzt als das im Vorjahr der Fall war. Ich möchte daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß damit der Stand von 1977 nicht erreichbar ist, auch nicht in der Auszahlung von Subventionen. Denn die Summe, die hier angeführt ist, haben ja eigentlich Volkshochschulen und Bildungs- und Heimatwerk schon 1977 erhalten. Es wird für andere überhaupt nichts mehr übrig bleiben! Die konfessionellen Verbände werden heuer nicht berücksichtigt sein, wenn es so bleibt, und wir haben trotz eines größeren Ansatzes in dem gesamten Kapitel eigentlich für die Organisationen, auf die es ankommt, weniger drinnen. Ich weiß, daß in einer angespannten Budgetsituation niemand verlangen kann, daß ein Posten entsprechend ausgeweitet wird. Aber wenn man auch die Summe nicht wesentlich erhöhen kann, so kann man eine andere und bessere Aufteilung mit demselben Ausgabenumfang vornehmen.

Ich möchte daher ganz kurz noch einmal die Forderungen darlegen, um die es hier geht. Sicherlich sprechen wir im Verhältnis zu unserem Gesamtbudget bei dem ganzen Kulturbudget, wenn ich auch die 2er Gruppe dazunehme, um einen Prozentsatz, der um 1,1 % liegt. Es könnte jemand sagen, wozu wird um eine solch geringe Anteilsumme überhaupt soviel Wasser gemacht? Wir werden das dann vielleicht bei der 3er Gruppe ganz kurz noch einmal besprechen können. Ich glaube, daß das eine Summe ist, die von ganz eminenter Bedeutung ist und deren Wirkung in der Öffentlichkeit für den Betroffenen, aber auch für die Publizität überhaupt in keinem Verhältnis zu ihrer Höhe steht, weil über dieses 1,1 % das Jahr über viel mehr geredet, geschrieben, gehört, viel mehr Aktivität entfaltet wird, als über viele Milliardenbeträge, die in diesem Budget enthalten sind. Diese aIten Forderungen, die wir alle gemeinsam immer wieder unterschreiben, heißen: eine bessere finanzielle Ausrüstung zur Erfüllung wichtiger, demokratischer Aufgaben! Denn die Öffentlichkeit, wir, die Gesetzgeber, die Verwaltungen, die Regierungen, haben ja die Erwachsenenbildung mit Aufträgen ausgestattet. Sie muß ja in die Lage versetzt werden, sie erfüllen zu können. Die Erhaltung der Vielfalt und der Freiheit der Organisationen, die freie Erwachsenenbildung, die gilt es zu erhalten, die gilt es auch zu fördern. Eine Vermeidung von Zentralismus und Verschulung ist ja nur möglich, meine Damen und Herren, wenn entsprechende Subventionen da sind, die an keine Bindungen geknüpft sind, Denn Geld, meine Damen und Herren, ist geprägte Freiheit! Wer über Geld verfügt der kann frei entscheiden! Das Geld, das hier von der Öffentlichkeit kommt, soll und darf an keine Bindungen geknüpft werden, wenn man es überhaupt bekommt, und dient der Stärkung der Allgemeinbildung und ihrer Einrichtungen gegenüber den berufsbildenden Einrichtungen, die ja von Haus aus aus einem ganz anderen Fundus schöpfen können und auch zum Teil ganz andere, sehr wichtige Aufgaben besitzen, die aber nicht dazu führen sollen, daß wir die Allgemeinbildung in irgend eine Ecke drängen lassen. Ich darf diesen Punkt zusammenfassen, meine Damen und Herren: Ich halte mit diesen Ansätzen - es wurde immer gesagt, sie sind changierbar, sie können verändert werden, dann weiß ich nicht, warum man sie immer so ansetzt - mit diesen Ansätzen den Forderungskatalog nicht für verwirklichbar. 1978 ist in dieser Beziehung ein Schritt zurück! Die Wünsche sind nicht berücksichtigt worden, das Gesetz scheint mir dem Sinn nach nicht erfüllt zu sein, die Aufteilung entspricht nicht den Erfordernissen! Hier gibt es eben die Möglichkeit einer Aushungerung der konfessionellen Verbände, wenn nicht eine Umgruppierung erfolgt! Ich würde daher bitten, daß ich die Aufforderung vorbringen kann, diese Ansätze wenigstens in der Praxis wieder zu verändern, aber doch für 1979 endlich eine andere Aufteilung zu geben! Ich bedanke mich dafür, daß diese Ansätze drinnen sind, bedanke mich bei allen, die im Rahmen der Erwachsenenbildung arbeiten, den tausenden freiwilligen Mitarbeitern, aber ich würde um eine Berücksichtigung dieser Dinge ersuchen.

Der Bund, meine Damen und Herren, hat eine neue Servicestelle eingerichtet, die sich nicht auf die Erwachsenenbildung allein bezieht, die aber dem Maßnahmenkatalog entspricht. Ich möchte Ihnen nur am Rande sagen, daß auch wir in Niederösterreich versuchen, eine solche Servicestelle in einem sehr bescheidenen Umfang zu machen, indem die „Niederösterreichgesellschaft für Kunst und Kultur" versucht hat, in einer wissenschaftlichen Zentralveranstaltung einen Impuls zu geben. Zu dem Thema „Agrar- und Industrieland Niederösterreich – Strukturen im Wandel" sind Topvortragende und Topmultiplikatoren nach Perchtoldsdorf gekommen, die zu diesem Problem eine bildungsmäßige Unterlage erarbeitet haben. Die Herren haben alle ein Skriptum erstellt, und es soll nun jetzt mit sechs Teams im nächsten halben Jahr in Niederösterreich versucht werden, durch die dort mitbeteiligten Organisationen 20 bis 30 solcher Veranstaltungen an die Basis heranzubringen, mit der Überlegung, daß das Landesbewußtsein auch durch die unmittelbare Aktualität, durch die Zeitgeschichte angeregt und gebildet werden muß und daß es gilt, Bewußtseinsbildungen herbeizuführen. Gerade dieses Thema beschäftigt den Landtag, beschäftigt die Regierung, beschäftigt die politischen Ebenen. Es sollte von der bildungsmäßigen Seite her so vorbereitet werden, daß es Entscheidungshilfen gibt, daß es aber auch überhaupt sehr vielen Leuten sagt: das ist ein echtes Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen!


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